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Wöchentlich erscheinen drei Nummern. PränumerationS- Preis 22; Sgr. (- THIr.) rierteijährU», Z Tblc. für da« ganze Jahr, ahne Er höhung, in allen Theilen der Preußischen Monarchie. Magazin für die Man vrönumerirt auf diese» Literatur-Blatt in Berlin in der Expedition der Mg. Pr. Staats-Zeitung (FrictrichSilr. Nr. 72); in der Provinz so wie im AuSlande hei den Wohllöbl. Posl - Aemtern. Literatur des Auslandes. Berlin, Montag den II. Mai 1840.' Italien. Nom im Sommer. (Aus dem Tagebuch eines Deutschen.) Blumenfest. PaUonespiel. Tombolä. Theater.") Um die tiefsinnige Betrachtung über den Dienst, welchen die heutigen Römer augenscheinlich Noch dem Feuer und dem Wasser während des (sommers erweisen, wieder auzuknüpsen, würden wir, wofern zu dein veelbeliebteu Mystv-Mythischem, Jdentsfizire» und Symbolischen uns nicht der erhabene Flug verfügt wäre, ohne Zweifel Nachweisen können, daß darin die unverlöschlichcn Spuren eines auf den Natur-Urelcmenren, denen dieser Boden seine Consigu- ration verdankt, gegründeten aitheiligen Kultus sich erhalten hätten. Wenigstens hat der Fcucrriese von seinem furchtbaren Kaups mit unserer alten Mutter den Römern die Trophäen dicht genug vor die Nase gepflanzt und sich mitten auf der schönen großen Ebene zwischen Gebirg und Meer 30M> Fuß hoch das schwarze Schlacken- Mouument aufgerichtet, welches heutzutage die Albanerbcrgc ge nannt wird. Kaum aber hatte der grimme Erberschütterer zu täu- scudiährigem Schlafe sich nicdergcstreckt, so hat der kluge Wassergeist hcruievergelauschr und alsbald von den alten Fcuerkcsseln friedlichen Besitz genonuncn, und auch die alte Mutter athmete auf, fing an, sich zu rühren und mit wirklicher Acmsigkcit zu schaffen, und wob von den stillen dunkeln Spiegeln der Seen aufwärts ihren dichten Teppich von Gehälm, Gehölz und Laub und Blumen über die schau rigen St.einlager her und hin. Dies Alles kann ein Spaziergang lehren, hinüber zum Monte Cavo und zu den reizenden Seen von Albano und Nemi. Indessen haben die Römer einen viel zu soliden und praktischen Sinn, als daß sie auf dergleichen brodlose Phanta- sieen verfallen sollten, und weit entfernt, dem Wasser und dem Feuer Dienst zu erweisen, wissen sie sehr gut, daß diese vielmehr selber zum Dienen da sind, nämlich für Küche und Haus, und wenn ja draußen auf der Campagna: vas eine zum Tränken der Felder, das andere zum Reinigen der Lust und zum Seifekochen. Darum hüte sich, wer nicht brav ausgelacht seyn will, dem Römer darüber ein Kompliment zu machen, daß seine Lustbarkeiten, Spiele und Feste auf die Verherrlichung der Elemeutar-Mächtc zielten, denn er wird hören: Unsere Wasserkünste und Feuerwerke sind dazu da, daß wir uns amüsiren. Dieselbe Bewandtniß wird es denn auch wohl mit einigen anderen Festen und Spielen haben) welche in einer gewissen Beziehung zur Erde und zur Lust stehen, ungeachtet das eine der selben, daS Blumctifest von Genzano, wirklich auf dem verführerischen Schauplatz, dcffeu wir so eben gedacht haben, nämlich am Rande des Nemi-Sees, seine Stätte hat. Die Bürgerschaften dieser kleinen Städte der Umgegend, welche ihrer Metropolis bei Gelegenheit der Villeggiaturen und auch sonst allerlei Vortheil und Gewinn verdan ken, unterlassen nicht, derselben durch Feste, welche sic gelegentlich / veranstalten, ihre Liebe und Dankbarkeit an den Tag zu legen, son derlich während der Herbst-Saison, wo die Donnerstage und die Sonntage von Pferderennen, Lottcricen und Lustfeuerwerken glühen und sprühen. Unter ihnen zeichnet sich von Alters her Genzano da durch aus, daß es die Städter zu sich einlädt, um die große Neuig keit ihnen festlich mitzutheilen, daß jetzt der Frühling mit seinem Prunk im Laude erschiene» sey. Die Schwierigkeit, eine solche Auf gabe zu lösen, wird jeder Kenner leicht ermessen. Den klngen Mannern von Genzano aber ist der Wurf gelungen; denn denen, welche zwilchen allen den Tausende» vo» Pfirsich- und Mandclblüthcn, zwischen grünen Hecken und über tausend und tausend Schlüffel- blmncn glücklich hinkutschirt sind, ohne zu merke», waS das bedeute, legen sie kunstreiche Bilder p^r, de» Heiland mit allen zwölf Apostel», oder die Htmmclsko»igl„ mit dem Weltenschöpscr auf dem Schoße und Sankt Joseph nebst Ochs und Ciel mW dem ganze» himmlischen Heer, oder alle Heiligen und Märtyrer zumal, das Alles aus Millionen Blümchen und Blättchen in den allerschönsten Farben zu sammcngcfügt. Da steht man doch, daß es Blumen gicbt! Wir würden gern unseren freundlichen Lesern das Blumenfcst von Gcn- zano, welches ihnen gewiß schon so von weitem sehr gefällt, recht umständlich und Zug für Zug malen, wen» wir nicht, mit Erröthen zu gestehen, an der allerdings so ziemlich altmodisch gewordenen ') Vergl. die ArMel in Nr. 2, 16 und ei des Magazins. Unbequemlichkeit eines etwas ängstlichen Gewissens litten. Denn wir selbst leider habe» in der Nähe dieses Fest nicht gesehen und haben, was wir davon wissen, nur von Hörensagen. In diesem Jahre (I>39) nämlich haben die klugen Männer von Genzano gedacht, es wäre doch billig, daß die anderen Orte der Nachbar schaft, die mit davon den Nutzen und die Freude habe», auch ein Weniges zu der Mühe und den Kosten steuerten; diese aber, als rechtschaffene Untcrthauen und gute Christen, entgegneten, indem sie den Beutel zuknöpftm, daß sie jeglicher Neuerung von Herzen abqc- in'izi und zuwider wären: worauf van» Jene von Genzano fich höchst rcvölutionair in ihre» Eigensinn wickclrcn und sprachen: Wohl! Wenn ihr's nicht auf die neue Art wollt, so sehet selbst zu, wie ihr zu dem Alte» komme» mögt. Daher ist es den» geschehe», daß die Romer dieses Jahr um ihren Frühling kamen. Wir Anderen aber, die wir ihn nicht misse» mögen, meine Freunde, mem' ich, und ich, wir reisten aus, um ihn zu suchen, und haben ihn auch glücklich in Messina noch angetroffe». Er freute sich, uns zu sehen, und empfing uns mit der liebenswürdigsten Zuvorkommenheit, kurz, das Beste und Schönste that er uns zu Lieb und zu Gute. Dan» aber, als wir Abschied für dicscsmal von einander genommen hatte» und wir nach einigem Reisen in Rom wieder »»längten, war cs gerade um bas Fest von S. Peter und Paul. Siche, da hattc irgend eine gute Seele, oder der Schutzgeist, welcher cS um miscrcr frcundliche» Leser willen mit uns gut meint und dieser gute» Seele cs emgcqebcn hattc, in S. Peter, wohin wir ja zum Feste kommen mußten, es so veranstaltet, daß uns von den Herrlichkeiten des Geuzano-Zestcs ein allerliebstes Pröbchen gegeben wurde; den» wen» ma» sich durch die dichten Reihe» des Volkes zur Ko»fessio» hindurchgedräugt hattc und irgendwo zwischen den >22 ewige» Lampen nicdcrschanre,' so sah man auf dem Boden der tiefe» Vorhalle, da, wo Pius l l. seit einem halben Jahrhundert kniet, statt des schönen Steingetäfels ein weit schöneres Blumenmosaik, welches zwischen Kraut und Bäumen Vie beide» Apostel des Tages vorstclltc, wie sie einander bei der Hand hielten und freundlich auswärts schauten, als wollten sie die Leute oben zu sich cinlaben. Aber die Einladung schien doch nicht für die Krüppel und Lahmen und die von de» Zä»nc» und Wegen, sondern per Visiten-Karten zu sey», siiitemalc» wir nur einige purpürirtc Herren und einige Andere von jenen Auserwählten, welche in den Himmel schwerer als ein Kamcel inS Nadelöhr eingebcn, dort hinab- stcigen sahen, um die unterirdischen Apostel in größerer Bequemlich keit zu schauen. Die Römer, und besonders die Römerinnen, stehe» mit Unrecht in dcm Ruf des Dlumcnhasscs. Man vernehme nur die Dichter: Wie viel herrliche Abenteuer an de» klaren Quellen, deren Ränder voll rvlhcr, gelber und weißer Blumen stehe», Und was anders sind jemals die holden Gesichter der Heldinnen, als PU,puree ras»! und bimmln pixä? Und in den süßen Schäfcrstundcn des Parrhasischcn Boskets <wir reden durchaus vo» nichts Unchr- barem, sondern nur von den parfümirteu und bcifallgcübtc» Reunionen der Arkadischen Akademie), wie viel mcilenlange Kauzoncn macht der Silberton eines schönen Mundes kurzweilig, die nichts weiter sind, als immer dünnere Aufgüsse des alten Und um zuletzt den Beweis aufs bündigste zu siibren, wird den» »icht je das Beste in seiner Art ausdrücklich als die „Blume" derselben bezeichnet? Jeder heisere Gaffcnsänger preist den Uutcrrock seiner Huldiu als die Blume der Untcrröckc, und de» Zeug, den sie vorfich- lig weit zum Fenster hcrausschüttell, als die Blume der Zeuge, und in jedem Vorkostladc» ist kein Mehl so schwarz, das vor der Thür »icht als ilor <li > wiim prangte. Aber Eines muß zur Steuer der Wahrheit bekannt werden: um Eines sind dcm Aömervolk Vic Llumcn verhaßt. Die Blumen, sagt Dir Jedermann hier, wären schön und durchaus untadclbaft, wofern sic nur nicht röche». Sie liebe» die Blume, aber hasse» de» Duft. Dieses ist ganz iu ihrem Eharaktcr. Das greiftich Swnlichc ist überall ihne» recht, doch jene Sentimen talität der Blumen, vas Duften, ist ihnen eben so unbegreiflich, als dasjenige an uns Deurschcn, was bei uns Eemüth heim, oder, mit etwas vornehmerem Namen, Geist, ein Stoff, aus weichem wir uns »ach Beliebe» unsere eigene» Lustschlösser zu baue» pflegen. Wie aber auch die Römer über Blumen urrheilen mögen, der Frühling