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Wöswnllich krschcinm drei Rummrrn. Pränumeration», Preis 22; Sgr. Thlr.) vierteljährlich, 3 Thlr. sür da« ganze Jahr, ohne Er höhung, in allen Theilen der Preußischen Monarchie. a g a für die Man prännmerirt auf diese« Literatur-Blatt in Berlin in der Expedition der AUg. Pr. Staats-Zeitung (FeieLrichrslr. Nr. 72); i» der Provinz so wie im Auslande bei den Wohllöbl. Post-Aemtern. Literatur des Auslandes. Berlin, Montag den Li. Februar 1840 Rußland. Die Theebuden in St. Petersburg. Von I. G- Koht. Zn den vielen befreundeten Nachbarn, mit denen der Russe an den weitreichenden Gränzcn seines Vaterlandes verkehrt, zählt er, außer den Schweden, Deutschen, Perlcrn, Mongolen, Mexikanern und Engländern, auch die Chinesen, deren lieblich duftendes Getränk das Entzücken von ganz Rußland ausmacht. Ler Reisende hat kanm die Gränzcn des Reichs überschritten, so riecht und schmeckt er an dem herrlichen Thee, der ihm überall servirt wird, sogleich die Nähe China's durch. ,,'I^obui" (Thee) ist einer der drei mächtigsten Ab- götter der Russen geworden, die alle drei in dem beständig in Ruß land wiederklingenden Refrain: „uachm, inoUm, »obi", °) lauten. ist das Morgen- und Abenvgetränk der Russen, wie „6n^mlli, pomüui" („Herr, erbarme dich") ihr Abend- und Mor gengebet; „Gebift" ist ihre Medizin in hundert Krankheitsfällen, ihre Leidenschaft und Freude, zuweilen ihre einzige vtahrung, und die gefüllte Theetaffc neben dem vollen Braumwemglase das Meer, in welchem sie alle ihre Sorge» ersäufen. Ja, es gicbt sogar ganze Völkerschaften in Rußland, deren all tägliches und vornehmstes NahrnngSmftiel der Thee ist, deren Sup pen, Brühen, PurveS lauter Thmuppen, Lhec-Sauccn und Thcc- PuröeS sind, »nd die kein Glas Lasser trinken, eS sey den» init Thee gewürzt. In der ganzen Mongolei, wie bei einigen Sibiria- ken, ist für die Köche dieser Nomaden zu jenem Zwecke der soge nannte ..Kirpftnvbm r i h.u" (Ziegelthce) verbreitet, der, mit anima lischen Bestanbiheilen und einigen anderen Kräutern gemischt und, wie unser Bouillon-Extrakt, in feste Ziegelstcinformen gebracht, in Wasser ausgelöst eine lehr nahrhafte uns weit und breit beliebte Speise gieot. °°) I->^ »o loucllvnr, nnv daher mag es ssch erklären, daß dasselbe Volk, welches so leidenschaftlich dem pikantesten aller Getränke, dein Branntwein, zuspricht, auch eben so innig das flaueste vou allen, den lauen Thee, liebt. — Als Prometheus die verschiedene» Nationen schuf und der Grieche sich auf Befragen ein schönes Weib erbat, der Jialiäncr Makaroni, der Engländer Beef- stcakes, da nahm der Russe vor dem Mcnschcnschöpser höflich den Hut ab und erbat sich ein Trinkgeld „umxümP," (zum Thee). — Und man wird zugeben müssen, daß er nicht das Schlechteste forderte, wenn man erst einmal von dem echten Chinesischen Karavanenthee, wie er in Rußland getrunken wird, kostete. Wir machen bei uns unter dem Namen „Thee" ein Gebräue, das jeder Russische Gaumen Mühe haben wird für etwas besser als Spülwasser zu halten, und von dem es schwer ist, zu begreifen, daß cm solcher Handels-Artikel sa viele Millionen Thaler, Hände, Schiffe und speknlircnde Köpfe beschäftigen konnte. Sep es, daß England und Amerika ihren Thee aus denjenigen Chinesischen Provinzen beziehen, die der Entwickelung dieser Pflanze weniger günstig sind, als die nördlichen, mit denen Rußland in Berührung kommt, sey cs, daß der See-Transport den Duft dieser Blume verdirbt, genug, eine Taffe Thee, wie sie Dir in Petersburg bei der Gräfin F. oder der Fürstin K. von schöner Hand servirt wird, ist das edelste Getränk, das in einem Gefäße schwim men kann, und in begeisterten Theeliedern könnten seine zarten Eigen- thümlichkcitcu nicht weniger schön besungen werben, als in Dithy- ramben die des Gersten- und Rebell-Gastes. Bescheiden wie das Vcilchcu duftend, lauUch die Kälte bannend, freundlich dem Gaumen schmeichelnd, dnrchhaucht es den Nervcngcist mit süßer Würze und be lebt das Gedanke,ispicl mit stillem Zauber. Wenn Bacchus, der Gott des Weins, ein freilich kräftiger, aber lärmender Gott ist, so ist die Thce- Göttln ein jungfräuliches, zauberisches Wesen, von dem zarten Gewebe des blumigen Zephyrs, cm ätherisches Gebilde, eine Freundin der Psyche. Sie zankt nicht, sic poltert nicht, sie lispelt wie eine AeolS- harfe und tanzt allenfalls, fern von den Ausschweifungen der toben den Bacchanten, eine graziöse Franpaise im Gen änn^m. In China, wo diese Göttin geboren ist, wo die Leute ihr das ganze Leben wid- -) „Rana — Thee — Kohlsmwe" Dieter „kiirpim.'Imi r-vlu-i" ist feit uralten Zetten unter lenen Völkern gebrauch»«, Seit wie lange und aut welchen Wege» vor der Errichtung »eö «tachtaschen Handel». Emvormnch Clanen scher Thee nach Rußland ge kommen und sich den Runen als Bedurmlß an,gedrängt haben mag, ist wohl kau», genau m bestimmen, klebrigen« tranken und trinken die Russen auch, außer dem EhiuelüLcn Thee warme Aufgusse von einer erstaunlichen Menge getrockneter Blüthen nnd Beeren, die ne in ihrem eigenen Vaterlande Süden. men und die schönsten Tempel bauen, wo dem rauhen Bacchus in nichts gehuldigt wird, ist daher die schönste Thee-Temperatur in allen Gemüthern. Die Leute scheinen dort nur Theegewäffer in ihren Adern fließen zu haben, sprechen unter allen Umständen artig, blumig, gebildet und zart, halten jeden wcintrinkcndcn Fremden mit Recht für einen Bacchanten und finden unser ganzes ungestümes, Bier und Wein athmendcs Wese» rauh und barbarisch. — Von den Euro päischen Ländern ist, wie gesagt, Rußland das einzige, wo man von allen diesen ^wunderbaren Dingen noch einiges Berständniß er- langcu kann. Die hübschen Thecläden Petersburgs in der Perspektive und anderen schönen Stadtthcilen sind so zierlich und elegant, daß sie ge wiß nicht als die schlechtesten Tempel erscheinen, welche man der Thce- göttin' erbaute. Sie find vielleicht das Hübscheste, was man dieser Art in der Welt finden kann, da Europäischer Geschmack, Peters burger Luxus und Chinesische Zierlichkeit sich hier vereinigen, um die Räume zu schmücken und die Waaren wohlgefällig zu ordnen. — Denn da die Russen es in der Feinschmeckerei des Thees zu einem hohen Grade von Gourmandie und Kennerschaft gebracht haben und die Waare delikat und höchst kostbar ist, so kommen die vornehmsten Herrschaften selber in diese Läden, um ihre Einkäufe persönlich zu machen, und cS muß Alles in ihnen salonartig geschmückt sepn. „Hier verkauft man alle Sorten Chinesischen Thees", steht ge wöhnlich mit goldenen Buchstaben an den Fenstern einer solchen ,.tzekainiza Das will viel sagen. Denn der Gattungen, Klaffe» und Varietäten, welche die Russen bis jetzt aus diesen Waaren hcrauSgcschmeckl, sortirt und benannt haben, sind schon mehrere Hun dert, und die eleganten Preis-Courante, welche die Kaufleute ihre» Kunden zuschickcn, gleichen den Pflanzcn-Gcschlechts-Verzeichniffen der Botaniker. Die gemeinsten Sorten kosten 8 bis 10 Rubel, und von hier geht eS hinauf bis zu den edelsten, die 100 Rubel das Pfund gelte». Kaum hat man die Theebuden geöffnet und zieht den Fuß vom Straßenpflaster, so verläßt man Europa und tritt in das leibhaftige China cm. Der Boden ist mit Chinesischen Teppichen belegt und die Wände mit Chinesischen Tapeten behangen von der zierlichsten Stickerei. Der lieblichste Duft erfüllt die Atmosphäre, und aus bunten Chinesischen Papier-Lampen erleuchten matte Lichter das Ganze mit Mondscheinschimmer. Alle Sachen und Möbel sind von echter Chinesischer Arbeit, und es fehlte nur, daß die Verkäufer sich auch noch Chinesisch maskirt hätten, um die Täuschung vollständig zu machen, daß man sich mitten im „Reiche der Mitte" befände. Auf den dickstosfigen Seiden-Tapeten steht man Chinesische Gärten dar gestellt mit manierlich gemeißelten Felsen, artig beschnittenen Bäumen und hübsch gedrechselten Häusern. Hier beschäftigt sich ein Arbeiter mit Zubereitung der gepriesenen röthlichcn Thccblüthe, dort lauschen ein Paar Mädchen dem Gesänge eines im Käfig zwitschernden Vo gels; hier überreicht ein Chinesischer Schöngeist und Liebhaber einer lungen Dame ein Blumen-Bouquet, von schönen Redensarten be gleitet, und dort empfängt im Beiscyn eines Mandarins ein Arbeiter die Bastvnnade. Der lieblichste Wohlgeruch erfüllt die Räume, in denen es sich so leicht und «»genehm athmct, daß man wünschen möchte, ewig in einer Petersburger Theednden-Atmosphäre athmcn zu dürfen. Der Thecdust schmeichelt den Sinnen auf die gefälligste Weise und erfüllt die Seele mit Heiterkeit, ohne den Kopf zu be nehmen und die Nerven zu überreizen. Nur ein Holländischer Käse händler, der sür nichts enthusiasnnrt ist, als für den Geruch seines Edammer und seiner Häriggsschwänze, kann ohne Begeisterung diese Thceluft genießen. («Schluß folgt.) Schweden. Die periodische Presse in Schweden und Norwegen. Wenden wir uns nach Schweden, so stoßen wir auf ganz andere Verhältnisse, als in Dänemark. In jenem Lande find die Finanzen wohlgeordnet, die Schulden sehr vermindert, und das jährliche Budget bezeugt ein beständiges Wachsen des Wohlstandes. Die Volksver tretung, welche auf den alten Gewohnheiten und den alten Gesetzen des Landes begründet ist, bietet alle wünschenSwrrthe Bürgschaften, ohne das Ansehen des Herrschers übermäßig zu schmälern. Die Presse ist hier frei; die Herausgeber der Journale brauchen keine Caution zu stellen, keine Stempel-Taxe zu entrichten, und der Post- Aufschlag sür ein täglich erscheinendes Blatt beträgt nicht mehr als