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Wöchentlich erscheinen trri Nummern. Pränumeration«. Preis 22; Sgr. (j Thir.) viertel,äNrlich, Z Thlr. für da- aan,e Jahr, ohne Er, Höhung, in allen Theilen der Preußischen Monarchie. Magazin - , für die Man prännmeriN auf diese« Literatur-Blatt in Berlin in der Expedition der Allg. Pr. Staats-Zeitung (Aricdrichsstr. Nr. 72); in der Provinz so wie im Auslande bei den Wvhllöbl. Post-Aemtern. Literatur des Auslandes. 28. Berlin, Mittwoch den 4. Marz 1840 Lappland. Dillon's Reise nach Lappland.") Bon JSland zprückgckehrt, besuchte Herr Dillon die Polar- Gegcnden der Skandinavischen Halbinsel. Das Klima Nord- Bothnicn'S, derjenigen Schwedischen Provinz, welche den erstarr ten Regionen der Wappen oder Samolazen zunächst liegt, ist schon hart und stiefmütterlich genug. Der Bauer ärndtet oft un buchstäb lichen Sinne Stroh für Korn, und namentlich in den letzten zwölf Jahren svll dies immer der Fall gewesen sepn. Dennoch fährt inan unverdrossen fort, die Felder zu bestellen, und behilft sich mit einem Brodte, dessen vornehmste Bestandtheile Spreu und Stroh sind. Zum Glücke hat Nord-Bothnien fettes Weideland; die Sümpfe er zeugen gutes Futterkraut im Uebcrflussc, und so findet inan in trcff- llcher Milch und Butter einigen Ersatz für das schlechte Brod. Eine große Quantität Butter wirb nach den Kupscrwerken in Finmark verschickt. Da Lappland sehr menschenleer ist und die Wohnorte sehr dünn gesäct sind, so hat die Schwedische Regierung an verschiedene« Orten eine Art von nordischen Karawanscrai's bauen lassen, wo der Reisende die Nacht zubringcn kann. Wir wollen unsere Leser mit einem dieser Häuser bekannt machen. „ES mochte" — so erzählt Herr Dillon — „um die cilfic oder zwölfte Nachtstunde sepn, als wir die angenehme Knude erhielten, daß unser Tagewerk für heut beendigt ftp. Der WapphuS band mein Reunthier loS; da der Riemen, womit ich das Thier lenkte, um meine Hüsten befestigt war, so zog cs mich bei dieser Gelegen heit halb ans der Pulka (dem Schlitten), und ich erwachte vollstän dig aus meinem schlaftrunkenen Zustande. Der WapphuS erbot sich, uns nach dem Gamma zu führen, wie cs in Finmark heißt; wir krochen unter seiner Leitung durch einen vier Fuß hohen Eingang und einen Flur von entsprechender Größe, bis wir die Thür der Herberge erreichten. Das „Gamma" selbst ist kegelförmig und hat eine Oeffnung in der Mitte, nm den Rauch hindurchznlaffcn. Im Ccntrnm deö kleinen Raums, wo das Feuer augezündet wird, standen vier Pfähle mit Lrcuzstäbkn, nm die Kessel daran zu hängen. Auf dem Boden lag viel Schnee; wir brauchten aber nicht'zu besorgen, daß er aufthaute; denn obgleich wir mit dürrem Gestrüpp ein lustiges Feuer anzündctcu und wacker unterhielten, so zeigte das Thermometer doch über lü" unter Null." Die folgende Schilderung einer Lappländischen Familie niederen Standes scheint uns sehr naturgetreu: „Wir hatten, dem Laufe des Munio folgend, ungefähr Sb Engl. Meilen zurückgclcgt, als unser Führer fich'S cinfallcn ließ, vor einer kleinen Barrackc Halt zn machen. Ich sprang aus meinem Schlitten und stieß die Thür der Küche auf. Der erste Gegenstand, auf den meine Blicke fielen, war eine Lappische Frau in Pclzklcidern mit dem schmützigstcn Gesichte, das ich jemals gesehen. Ihr gläsernes, schlaf trunkenes Auge verkündete großen Haug zu einem Getränke, das stärker ist als Rcnnthiermilch. In einer Ecke des Gemachs krümmte sich eine andere Frau, die über Kolik und Rückenschmcrzcn klagte, und am Boden krochen ein Paar- Kinder, die sich in ihren Pelzröckchen wie kleine Bären auSnahmcn. Bald darauf trat der Herr des Hauses, ein Finnländer, in die Küche; dieser sagte mir in gebroche nem Schwedisch, die Frauen gehörten zu einer wandernden Lappen- Familie. Ihre Männer waren aiiSgcgangcn, um nach der Heerde zu sehen, die ungefähr Stück zählen sollte. Da ich ein Fremder war, so bezeugte mir die schmutzige Alte große Aufmerksamkeit und ersuchte mich sogar, ihr jüngstes Kind (als Geschenkt) an mich zu nehmen. Ich hatte große Müde, ihr begreiflich zu machen, daß eine solche Gunst bec mir sehr übel angebracht sey, indem ich zur Ver pflegung kleiner Kinder gar schlecht mich qualifizirtc. Endlich kehrte sie mir schmollend den glücken und vertrieb sich die Zeit oder die üble Laune mit ihren Kindern und mit ein Paar ausgcmergelten Hunden, die sic jämmerlich am Boden hcrumzcrrte." Das Aeußerc der Lappländer scheint nicht immer so widerlich zu scpn, wie man gewöhnlich annimml. „EincS Tages" — so er zählt Herr Dillon — „traf ich in der Hauptstadt eine Lappländische Familie, die aus Malm, Frau, Sohn und Tochter bestand. Das alte Paar gefiel sich noch in seiner vaterländischen Nnrciulichkcit und hatte rin abscheuliches Ansehen; cic beiden jungen Leute aber ver- ') S- Nr- rv des Msg-uin«. wendeten, allem Anschein nach, viele Sorgfalt auf ihren Körper. Die Züge des Mädchens waren sehr angenehm, und ihr schwarzes Haar fiel in zwei langen Zöpfen den Rücken hinab. Sie hatte ein dunkles durchbohrendes Auge und sehr niedlich geformte Hände und Füße. WaS unserem Europäischen Geschmack in der Phystognomio der Lappländer, auch wenn sie sonst wohlgestaltet, nic zusagen will, daS sind die stark hervortretcndcn Backenknochen, ein Kennzeichen, welches die sogenannte Finnische Ra^e mit der Mongolischen thcilt. Von Hcirathcn zwischen Schweden und Lappländern bört mau selten." Der Verfasser beschreibt uns das Kostüm der Lappländer sehr ausführlich: „Die Lappländische Kleidung hat den Vorzug, daß sie sehr warm hält und dabei leicht ist und den Gliedern volle Freiheit läßt. Das vornehmste Stück ist die Mudda, ein rings herum geschlosse ner Pelzrock oder Kittel, der bis über die Knice reicht. Der Kragen ist mit rothen Tuchstrcifcn geziert; die Acrmel sind ziemlich kurz, da man in Lappland sehr lange Handschuhe trägt, die den Halden Unter arm verhüllen. Beide Geschlechter tragen lange Beinkleider (Pussa) und um Vic Knöchel wollene Bänder, welche die Schuhe mit der übrigen Klcidung verbinden und das Eindringen des Schnees ver hindern. Diese Bänder (Wudatka), ein Substitut für die feh lende» Strümpfe, sind gewöhnlich buntfarbig und zwölf bis vierzehn Fuß lang. Die Handschuhe werden immer auS demjenigen Stücke Fell gemacht, das die Füße des Rcnnthicrs bekleidet, da die Spal tung des Hufes dem Theile der Hand zwischen Daumen und Zeige finger entspricht; dagegen verarbeitet man daS Fell des Gesichtes zu Schuhen, und zwar so, daß die Nase des ThicrcS die Fußspitze des Menschen schirmt. Da die Lappen, gleich den ESkimo'S, sehr kleine Hände und Füße haben, so wird der Raum zwischen letzteren und den ziemlich weite« Schuhe« mit Hcn ausgcfüllt. Dicse Schuhe (Kalloka) eignen sich trefflich zu Wanderungen über dichten Schnee; im Sommer trägt man lederne Schuhe." „Die rauche Seite der Felle wird nach Außen gekehrt. Bei sehr strenger Kälte trägt man unter der gcwöhnlichcn Mudda noch eine zweite, an welcher der Pelz nach Innen gekehrt ist. Auf ihren Wande rungen durchs Gebirge werfen die Lappländer von Finmark gewöhnlich einen großen Kragen anS Bärenftil über ihre Schultern, so daß die Zähne oder die Klanen des ThicrcS übcr der Brust hangcn. Diese Art von Dolman ist ihr kostbarstes Kleidungsstück uuv zugleich eine wahre Zierde, wenn das FcU eines jungen Silbcrbärcn dazu verwendet wird. An dem Gürtel, der die Mudda um die Hüftcn befestigt, hängen, außer einem ungeheuren Schlächtcrmesser, ein Feuerzeug und eine kurze Tabakspfeife. Die Drannlwcin-Flasche und alles Uebrige, was nicht gefrieren darf, wird in eine Busenfaltc gestcckr. Dcr weib liche Anzug unterscheidet sich nur darin von dem männlichen, daß die Mudha bei den Frauen tiefer hinabrcicht und der Gürtel höher sitzt. Die KopfbcNcidung ist in verschiedenen Gegenden verschieden: der Bewohner von Lule« Lapmark trägt eine Mütze aus rothcm oder blauem Tuche; in Kutvkcino sieht man hochrotbe ^weibliche Mütze», mit Flittergold geziert; u»d in Finmark männliche Mützen von konischer Forni,' die init Hmidcfell verbrämt sind." Die dcr Schwedischen Krone unterworfenen Lappländer werden im Christcnthum erzogen; aber dcr Bcrgbcwohncr hegt noch seinen alten Aberglauben und treibt seine Herenkünste und Beschwörungen, wie alle hppcrborcischc Völker vom Bvtnischen Meerbusen bis nach Kamtschatka. Die an de» Küsten des Eismeers wohnenden Lappen verkauften den Schiffern eine lange Periode hindurch günstige Winde. Ein Strick mtt drei Knoten enthielt den Zauber, der günstigen Wind sicherte. Sobald dcr erste Knote» gelöst zvar, durfte dcr Käufer einen gclindcn Wmd erwarten; löste cr den zweiten Knoten, so nahm dcr Wind an Stärke zu; wagte cr cs aber, dcu dritten zu lösen, so entstand ein Orkan, dcr daö Fahrzeug unsehlbar zerschmetterte. Jeder Zauberer konnte aber nur über denjenigen Wind verfügen, der im Augenblicke seiner Geburt geweht hatte; daher nannte man den Einen „Herr des OstwindcS",' den Andere» „Herr des Westwindes" u. s. w. „Die vornehmsten Werkzeuge bei ihren Hexenkünsten" — so er zählt Herr Dillon — „waren: eine Trommel (Kanus oder Quob- daS), ein Bündel Ringe (Arpa) und ein Hammer, dcr als Klöpfel diente. Eine diescr Trommeln befindet sich in dem Raritätcn-Kabinct zu Kopenhagen. Das Material derselben war dcr Stamm einer Tanne oder Birke, an welchem die Fiber« so laufen mußten, daß man einen mystische« Rapport des Baumes zu dem Laufe dcr Sonne