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Wöchentlich erscheinen drei Nummern. Prönnmeralionö- Prcis 22^ Sgr. Tblr.) nicrteljökrlich, 3 Tblr. für d->S ganze Jahr, ohne Er höh ung, in alle» Theilen der Preußischen Monarchie. Magazin für die Man »rLnumerirr auf dieses Literatur-Blatt in Berlin in der Expedition der Allg- Pr. StaatS Zeitung (ZriedricbSstr. Nr. 72); in der Prooinz si- wie im Auslände bei den Wohllöbl. Post - Aemtern. Literatur des Auslandes. 22 1840 Berlin, Mittwoch den 19. Februar Frankreich. Die Bergwerke zu Framont in den Vogesen. °) In den Vogesen vernimmt der Reisende, der Frankreichs Boden den Rücken kehrt, zum ersten Male die Töne der Deutschen Sprache, obgleich die Mundart, deren sich die Gebirgsbewohner bedienen, eine sehr verderbte ist. Diese Gegend ist eine der reizendsten, die man finden kann. .Zwar empfangt man hier keine jo überwältigende Eindrücke, wie in den Alpen und Pyrenäen, aber es entrollt sich dem Auge des Beschauers eine Reihe der reizendsten landschaftlichen Bilder. Vor der Schweiz hat dieser Landstrich das zum voraus, daß er nicht von dem Schwarme der Neugierigen heimgcsuchl wird. Seine Unberühmthcit schützt ihn vor dem Besuche der Engländer und Handlungs-Reisenden. ES ist, so zu sagen, ein jungfräulicher Boden, wo man das Vergnügen einer schönen Aussicht noch ungestört ge nießen kann. Nichts hindert uns, den wunderbaren Stimmen der Einsamkeit zu lauschen, welche die Seele in eine so träumerische Stimmung wiegen. Nur zuweilen vernimmt man von den Ufern der Bäche her tönende Schwingungen, welche von den Sägen der Brett-Schneidemühlen herrührcn. Außer dem ununterbrochenen oochäumen der Gußbäche, deren Laus sich an den Felsspitzen bricht, ist dies das einzige Geräusch, welches hier ertönt. Man kann indeß ganz unbesorgt scpn, denn der Rauch, welcher über den Gipfeln der Bäume aufsteigt, die Lichter, welche Abends durch das Waldesdunkcl hervörblitzen, das Bellen der Hunde verkünden überall die Nähe menschlicher Wohnungen und geben die Aussicht auf eine gastliche Aufnahme für die Nacht. Fast jeder Flecken enthält ein Hüttenwerk, welches das Interesse in mehr als einer Beziehung in Anspruch nimmt. In diesem Falle läßt das Gasthaus nichts zu wünschen übrig, denn die Beamten, welche cs besuchen, sorgen dafür, daß Alles reinlich und in gutem Stande gehalten werde. So kommen dem Reisenden die Borrheile der Bildung, die Wunder der Industrie und die Schönheiten der Natur zu gute. Ich erinnere mich, daß ich einst eine Thalscnkung durchwanderte, ccrcn AuSgang ich sowohl wie meine Rcisegcscllschaftcr sehnlichst herbeiwunschtcn. ES war ein schreckliches Wetter, der Regen goß in Strömen, und die Wege verwandelten sich unter unseren Füßen in Bäche. Zum größten Unglück batte uns die Nacht überfallen. Wir befanden uns in der Thgt in keiner erfreulichen Lage, und wenn wir mehr Anlage zum Aberglauben gehabt hätten, so würden die bleichen Schatten, welche sich auf den Abhängen der Berge schaukelten, un heimliche Gefühle in uns erweckt haben. Endlich vrang ein dumpfes Pochen zu unseren Ohren, und weit entfernt, uns hierdurch, wie Sancho durch das Klappern der Walkmühlen, schrecken zu lassen, fühlten wir uns zu neuer Anstrengung crmuthigt. Wirklich sahen wir bald den Schein von Lichtern, und in kurzem saßen wir Alle ganz behaglich in der Nähe eines großen Ofens, der mit den Dar stellungen des Todes des Holophernes, des Unterganges von Sodom und der drei Männer im feurigen Ofen geziert war. Hier erfuhren wir, daß ganz in der Nähe eine bedeutende Eisengrube sey, welche nicht weniger als I2W Menschen beschäftige. Wir beschlossen, die selbe zu besichtigen, und begaben uns zu diesem Zwecke am folgenden Morgen nach dem Versammlungshause der Bergleute. Da diese nur während eines Theiles des Tages arbeiten, so bringen sie den anderen hier zu. Wir muhten zuerst alle nur irgend entbehrliche Kleidungsstücke ablcgcn und unseren Kopf mit Tüchern umhüllen; dann erhielt Jeder von unS eine Lampe. Geführt von einens alten Bergmanne, kamen wir zu einer niedrigen und dunklen Ocffnung, dein Eingänge des ersten Stollens. Der Anblick, der sich uns hier bot, war nun nichts weniger als crmuthigcnd: das Gewölbe war höchstens drei Fuß hoch, und um in dasselbe zu gelangen, mußten wir uns bücken und bis an die Knöchel ins Wasser gehen. Je weiter wir vordrangen, desto dichter wurde die Finsterniß um uns her, und vergeblich suchten wir vaS Ziel unserer Wanderung zu erspähen. Endlich erweiterte sich '> Aus A. Michiels ««uSp» «ns I — Herr M hat, wie Littig, seine Smdit« DcunchlandS schon im Euan begonnen, denn wie ichr auch dort Lie FranjosisLc CenlratisativnS- und DcnaiionaiilirunqöiPolitik Lie an- geborne Deunche Geinütboart zu unterdrücken bestrebt üb, giebt sie sich Loch noch bei Niiignd Gelegenheiten und unter unzähligen äoemrn kund. Hier in framont sind es Lie arbeitsamcu Bergbewohner Ler Nogesen, die unseren Ver, zuerst mit Deutschem Ernst und Deutschem FleiK bekannt machen. der Raum nach allen Richtungen, und wir konnten wieder aufrecht gehen. Vor nns sahen wir die Pumpe, welche das Wasser aus dem Grunde der Grube ausschöpft. Dicht daneben eröffnete sich ein Ab grund, dessen Tiefe nicht abzusehcn war und über den wir auf einer schmalen und schlüpferigen Leiter hinwcgklettcrn mußten. Unseren Führer mitgcrcchnct, waren wir fünf Personen; ich war wohlweislich der Hinterste geblieben, um mich der geringstmöglichen Gefahr aus zusetzen, denn wenn einer von uns einen'Fehltritt that, so riß er unfehlbar auch seine Vorgänger mit sich hinab. Ich hatte schon mehrere Sprossen betreten, als ich zu bemerken glaubte, daß mehrere zerbrochen scyen. In dem Augenblick, wo ich diese angenehme Ent deckung machte, erlosch meine Lampe, und die dichteste Finsterniß um hüllte mich. Ich konnte weder vorwärts noch zurück, ohne mein Leben aufs Spiel zu stellen. Man versetze sich in meine Lage. Links die Pumpe, welche mit einem furchtbaren Lärm ihr Geschäft ver richtete und welche mich bin Klafter tief hinadgrstürzt haben würde, wenn ich ihr zu nahe gekommen wäre; über mir undurchdringliche Nacht, unter mir die Lampen meiner Gefährten, welche sich immer mehr entfernten. Dabei sielen beständig Tropfen eisenhaltigen, rötb lichen Wagers auf mein Gesicht und bedeckten es mit blutähnlichen Flecken. Glücklicherweise war mein Vordermann auch nicht frei von Furcht und gern crbötig, mir zu leuchten, während ick die Leiter hinausklimmtc. Wir erreichten das obere Ende der Leiter und waren beide entschlossen, unsere Neugierde nicht wieder um einen so hoben Preis zu befriedigen; aber der Bergmann suchte uns wieder auf; wir zündeten also noch einmal unsere Leuchten an und machten uns von neuem auf den Weg, mit dem festen Entschlusse, nun nicht eher anzuhaltcn, als bis wir tovl oder lebend auf dem Grunde dieses Tartarus angelangt wären.' Diesmal trat uns kein anderes Hiuvcr- niß entgegen, als die Schwierigkeit des Weges. Bald mußten wir von einer Leiter auf eine andere übertreten, bald auf schwankenden Brettern über dreißig bis vierzig Fuß tiefe Gruben hinwegschrciten. Einmal sogar mußten wir über einen Brunnen, ohne eine andere Bci- hülfe, als die Behendigkeit unserer Füße, hinwegsctzcn. Dazu kam bei unserer Unerfahrenheit noch die Furcht vor einem plötzlichen Erv stürze. Und in der That sind die Stützen, aus welchen die Ausböh langen ruhen, nicht von der Beschaffenheit, daß sie großes Zutrauen cinflößcn könnten. Es war uns unbegreiflich, wie ein Lohn von 28 Francs monat lich Menschen bewegen konnte, sich dreißig Jahre lang tief unter der Erde zu begraben. Man glaube aber gar nicht, daß sic das «schreck liche ihrer Lage fühlen: der Sohn folgt dem Vater in seinem Ge werbe ohne das mindeste Widerstreben. Ihre unterirdische Welt birgt alle Elemente des Lebens: Hoffnung, Freude, Schmerz. Wenn sie sich auch eme Woche lang dein Anblicke der Natur entziehe«, so denken sic darum mehr minder an den Duft, der Alpenblumen, au das Rauschen ihrer geliebten Quellen. Kommt dann aber der Sonn- lag, so haben sie vollkommene Freiheit, sich im Waldesdunkcl zu er gehen. Ist auch ihr Geist ungebildet, so haben sie doch eine desto regere Phantasie, und der Aufenthalt unter der Erde giebt dieser die reichste Nahrung. Wie der Mond, wenn man Ariosi glauben darf, sich von dem nährt, was er von der Erde aufsaugt, so zieht auch der Ocean der Intellcktual-Welt Alles ein, was sich aus der Welt der Wirklichkeit verflüchtigt. Einige Monate später erbiclt ick einen sehr überzeugenden Beweis davon. Ich begegnete nicht weit von Rudolstadt einem Greife, der dies Gewerbe seit seiner Kindheit üble. Er saß aus einem Granitblockc, und seine ganze Scelcntbätigkeit schien in seinem Blick konzcntrirt. Ich sah mich nach dem um, was ihn so sehr fesselte. Es war ein kleines einsames Thal, welches man in der Ferne am Horizont be merkte und welches die letzten «strahlen der Sonne mic einem rosen farbenen Lichte anhauchten. „Wackerer Mann", sagte ich zu dem Greise, „Ihr denkt wohl an das Lcbc», was Ihr an einem solchen Orte geführt haben würvetk" — „O, gewiß!" antwortete er; „was für rin Leben!" Es war der Mühe werth, zu hören, mit welchem Tone der Begeisterung er diese Worte sprach. Bekanntlich spielen die Bergleute in den Deutschen Sagen eine wichtige Rolle. Diese Menschen, welche nur in Zwischenpausen und wie vic Bewohner einer anderen Welt auf der Erve erscheinen, machen einen starken Eindruck aus das Gemütb des Volks. Dieses legt ihnen thcilweijc die Attribute der Gnomen zu. Und in der That .gewährt eine Grube, erhellt vom Scheine der gackeln, einen phan tastischen Anblick! Rembrandt hat gewiß nie fremdartigere Licht