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Zeichen aus „Stein" und „umwickeln, in sich fassen" zusam mengesetzt ist, was offenbar so viel sagen will, als: „Maschine, die einen Stein (zum Werfen) in sich faßte". Aach der Erfindung des Schießpulvers und der Feuerwaffen ging, es aber den Chinesen, wie den Lateinern, die, well ihnen ein passendes Wort für unser Ka none fehlte, des Altrömischen Wortes rormenwm sich bedienten, das ebenfalls, wie Pao, für Balista und Katapulte gebraucht worden war, und, um einer Zweideutigkeit auszuweichen, igninim oder >g»i- vomum (feurig, feuerspeiend) hinzusetzten." Eben so haben denn auch die Chinesen für Kanone ihr altes Wort »ao beibehalten und nur noch das Wort bä (Feuer) bcigefügt. Das Seetrcffen, dessen wir oben gedachten, erfolgte im Jahre H6I. Visdelou bemerkt ferner, er habe in allen Geschichtswerken der Chinesen dem ersten Erfinder des Schießpulvers und der Kanonen vergebens nachgeforscht: allem Anschein nach sind die Chinesen selbst über die genauen Data dieser Erfindungen nicht ganz im Klaren. Der gelehrte Bischof zitirt, um dies zu belegen, folgendes offizielle Faktum: „Unter dem letzte» Kaiser der vorigen Dynastie (Ming) war ganz China in Alarm. Die Rebellen hatten sich der schönsten Provinzen des Reiches bemeistert. Der Kaiser wußte keinen Rath und keine Hülfe mehr. Gegen Ende des Jahres 1640 berief er alle Mag naten seines Hofes, um mit ihrer Hülfe für das schon unheilbar ge wordene Uebel ein Heilmittel auszudenken. Iana-Schokiao, Gcneral- Jnquifitor des Reiches, bezeichnete Seiner Majestät den Pater Adam Schall (auch einen Jesuiten) als einen im Artillerie-Wesen sehr er fahrenen Mann. Ein anderer Staatsrath, Lcu-Tsungtscheu, trat heran und sagte: „Vor den Zeiten der Dynastie Tang hat man nie von Feuerwaffen gehört. Seitdem aber diese Art von Waffen bei uns eingeführt worden, haben wir in ihrem Gebrauche unser ganzes Heil gesucht. Die Feuerwaffe ist an der Feigheit unserer Leure Schuld; und Feigheit bat die jetzige bedenkliche Krisis herbeigetührt." Ter Kaiser nalm die Rede dcS Lcu-Tsungtscheu scbr ungnädig ausi „„Geh", sagte er, „und wisse, daß die Feuerwaffe zu den Bortheilcn gehört, welche das Himmlische Reich über alle Rationen besitzt."" Diese ganze Stelle ist den Annalen der Dynastie Ming (Buch 72, Fol. Sl) entlehnt; sie belehrt uns über zweierlei Dinge: erstens erfahren wir, daß die Chinesen selbst den Erfinder der Feuerwaffen und das Datum ihrer Erfindung nicht kennen; zweitens, daß die Er findung ins Zeitalter der Dynastie Tang, also jedenfalls vor 907 fallen müsse. Dennoch geben uns die Annalen dieses mächtigen Kaiserhauses keinen Wink über eine so wichtige Entdeckung. Dagegen scheint eine Stelle in den Annalen der Sung (in demjenigen Buche, das von Waffen überhaupt handelt) für unseren Gegenstand sehr entscheidend zu fcyn. Im Jahre 970 u. L. über reichten Fund-Kitsching, Präsident des KriegSrathS, und seine Kolle gen dem Taitsu (Srammherrn) der Dynastie einige Proben von neu erfundenen Feuer-Piken; und im Jahre 1000 legte ein See- Offizier, Namens Tan gfu, neu erlundene Feuer-Pfeile, Feuer- Kugeln und Feuer-Fallen zu den Füßen des Kaisers Tschint- sung. Drei Jahre später (1002) zeigte der Festungs-Kommandant Leu-Jun gsi sogenannte Hand-Kanonen bei Hofe vor. Sollten jene Feuerkugeln und Feuerfallen nicht Bomben oder andere Sprengkugeln, und die sogenannten Hand-Kanonen (sckeu- pso) nicht Sack-Pistolen gewesen seyn? Im Jahre l2S9 überreichte die Stadt Schcutschun-Fu dem Kaiser Litsung feuerspeiende Stangen oder Piken (t'»-llä- rsianß). „Drese Stangen (so sagt die Geschichte) bestanden ihrer größeren Länge »ach aus einer Röhre von Bambus, in die nian eine Kugel lud. Durch Einwirkung dcS Feuers wurde die Kugel heraus- getricben, und es erfolgte dabei ein Knall ähnlich dem eines Pao (Kanone), der fünfzig große Schritte weit gehört wurde." — Ziese letzte Stelle, gleichfalls den Annalen der Sung entlehnt, läßt gar keinen Zweifel darüber, baß damals echte Kanonen im gewöhnlichen Gebrauche waren; denn die Vergleichung des Knalls einer feuerspeienden Stange (Muskete) mit dem eines Pao beweist zur Genüge, daß die hier erwähnte Maschine dieses Namens keine Balista oder Ka tapulte seyn konnte. Die Muskete oder Büchse wird übrigens jetzt nicht mehr feuerspeiende Pike, sondern Vogel-Pike genannt. Das erste ganz authentische Zeugniß von der Anwendung roth glühender Kugeln im Kriege datirt sich auö dem Jahre 1232, in welchem die Mongolen bei der Belagerung von Kaifung-Fu (damaligen Residenz des Hauses Kin) dieses fürchterlichen Wurfge schosses sich bedieyten. (II. 8. s.) Frankreich. Schuldgefangniffe und deren sittlicher Einfluß auf die Gesellschaft. (Fortsetzung.) „Wenn man", sagt der Verfasser, „die Auge» auf den Rest der zwanzigsten Tabelle wirft, so überzeugt man sich bald, daß nicht die Unordnung, sondern das Unglück Witwer oder Ehemänner ins Schuld- gcsängniß bringt. Man sehe, wie bedeutend die Zahl der Gefangenen dieser Klaffe niit den Lasten, die sie zu tragen haben, zunimmt: Witwer ohne Kinder.... 29 Witwer mit Kindern.... 63 Ehemänner ohne Kinder. . l7i Ehemänner mit Kindern. . 380 „Kinder, eine Fra«, eine ganze Familie, das sind die Ursachen der Gefangenschaft! Allein kannst Du gegen das Uuglück ankämpfen, aber wenn Du für Wesen zu sorgen hast, die Deiner Hülfe bedürfen, 42 dann mußt Du unterliegen. Wer kein anderes Wesen zu retten hat, kann getrost gegen den Strom kämpfen, er wird das Ufer er reichen; mußt Du aber Anderen mit Deinem Arm helfen, dann bist Du verloren. Was Dem Schicksal bemillcivenswerlher mache» sollte, beschleunigt nur Deinen Ruin. Flehe nicht um Mitleid, sage nicht, Du bist Gatte und Vater; je nothwendiger und wichtiger Deine Freiheit ist, desto schneller wirst Du sie verlieren." Schade, daß diese Betrachtungen, die so geeignet sind, Eindruck zu machen, ans einen Kalkül basirt sind, der durchaus nicht zu ihrer Rechtfertigung genügt. Es hätte vor Allem gesucht werden müssen, wie sich die Elemente dieses Kalküls in der Bevölkerung überhaupt zu einander verhalten; vielleicht hätte man gefunden, daß die vier genannten Klassen nicht bloß im Schuldgefängniß, sondern überall in gleichem Verhältniß zu einander stehen, und was würde dann aus dem Beweise werden? Was uns zu der Annahme berechtigt, daß dem so sey, bas ist der Unterschied zwischen der Zahl der Witwer mit Kindern und der der kinderlosen Ehemänner. Eine Frau sollte also eine größere Last seyn, als Kinder? Denn so müßten wir ja schließen, da der Verfasser mehr kinderlose Ehemänner als Witwer, welche Kinder haben, im Schuldgefängniß findet? Ist nicht die Frau vielmehr sehr oft eine Helferin, welche den Gewinn der ehelichen Verbindung vermehrt, besonders unter den handeltreibenden Klaffen? Aber es ist sehr wahrscheinlich, daß cs überhauvt mehr kinderlose Ehemänner als Witwer mit Kindern in der Welt gicbt, und wenn dieses Verhältniß diese beiden Zahlen erklärt, sollte man nicht schließen können, baß cs auch die anderen erklären wird? Gleichwohl glauben wir, daß an der Folgerung res Verfassers etwas Wahres ist, und wir bcdaueru nur um lo mehr, daß er nicht die gehörigen Berechnungen gemacht, damit sie aus den Zahlen, wo rauf er sie stützt, init Notbweiidigkeit heroorgehc. „Man bat gesagt", fahrt der Verfaffer fort, „baß die körper liche Halt am me.üra junge Verschwender trifft. Wie falsch diese Behauptung ist, mag man aus Folgcnbem sehen. In dem Zeitraum von 2 Jahren und 10 Monaten, die ich mit besonderer Sorgfalt studirt, fand ich: Gefangene in einem Alter von 21—23 Jahrcn ... 93 j - - - - - 25 — 30 - ...Ei'"- - - - - -30 — SO - ... 403 j „. „ - - - - - 40 und darüber ... 537 j „Also nicht, wenn der Mensch jung ist, wenn er noch Aeltern hat, die ihm Helsen, oder wenn er Erbschaften zu hoffen hat, nicht da trifft ihn die körperliche Hast am meisten, sondern gerade dann, wenn er keine Hülfe mehr erwartet, wenn er alle seine Hülfsquellen in fruchtlosen Versuchen erschöpft und zu Grunde gerichtet, wenn ihm, um seine Familie zu erhalten, Nichts als die Arbeit übrig bleibt, eine Arbeit, die bei zunehmendem Alter langsamer und durch das Gefängniß unmöglich wird." Ist es nicht klar, das unsere Einwände hier noch mehr anwend bar sind, da der Verfasser Perioden mit einander vergleicht, deren eine immer größer ist, als die andere; die erste umsaßt 4, die zweite 5, die dritte 10 Jahre, und die vierte ist ganz unbestimmt. Und doch hätte er sich ohne große Schwierigkeit die Zahlen der in diesen Perioden begriffenen Individuen odcr wenigstens das Verhältniß die ser Zahlen zu der Total-Bevölkcrung verschaffen können. Ungeachtet dieser Einwände gehen wir doch nicht so weit, zu be haupten, daß die Berechnungen, um die es sich handelt, Nichts be weisen, und baß die Schlüsse, die der Verfasser daraus zieht, ohne Gewicht sink. Um die Wirkungen der körperlichen Haft zu be- urtheilen, kommt es nicht durchaus darauf an, zu wissen, wie viel sie verhältnismäßig die verschiedenen Klassen der Gesellschaft trifft; man braucht nur überhaupt zu wissen, welche Klaffe von Menschen mehr im Schuldgefängniß zu finden ist als andere, und kann daran die wichtigsten Folgerungen knüpfen. Nehmen wir an, daß es in der Welt mehr Familienvater als Hagestolze, mehr Leute, die auf fich selbst angewiesen sind, als junge Verschwender, die sich auf ihre Aeltern stützen, giebt, und daß man darum im Schuldge- sängniß mehr Leute von der letzteren Klasse findet, so ist ja eben dies die Härte und Ungerechtigkeit der körperlichen Haft, daß sie z. B. mehr Familienväter als junge Verschwender bedroht. Wenn ein Gesetz gegen die eine Klaffe härter und ungerechter ist als gegen die andere, wird etwa diese Ungerechtigkeit dadurch gemildert, daß die erste Klasse zahlreicher ist als die zweite? Interessant in Betreff der abschreckenden Wirkung der Schuldcn- hast ist die Frage nach der Größe der Summen, um dcrcnwillcn sie eintritt. Diese Summen sind im Allgemeinen sehr schwach; nir gends überschreitet die Durchschnittszahl m einem Zeitraum von drei Jahren 3000 Franken, und für einige Summen, die bei weitem darüber hinauSgehcn, gicbt es eine Unzahl von kleinen, die tief un ter ihr sind. Herr B- hat in den Gefängniß-Registern der Provinzen Summen von 10, 15, 25 Franken als die Ursache der Haft a»ge- zeichnet gesunde». Einer der einsichtsvollsten Gegner der Schulden- hast, der Herzog Decazes, sagte 1829 in der Pairs-Kammer: „Die Kammer wird es kaum glauben, daß vor wenigen Wochen in den Gefängnisse» des Königreichs fünf Gefangene faßen wegen einer Schuld von weniger als 25 Franken, ja daß bei Einem derselben die Schuld sich auf nicht mehr als 5 Franken belief!" In Paris waren von 1232 Gefangenen 435 wegen weniger als 500, 269 wegen weniger als 1000 Franken jm Gefängnis, und diese beiden Zahlen zusammen machen schon mehr als die Hälfte fämmt- lichcr Schuldner aus. In ken Provinzialstädte», die der Verfasser vornehmlich durch forscht hat, beträgt der mittlere Durchschnitt der Summen 1440 Frankcn, überall aber ist die Zabl der kleine» Darlehen sehr bcdeu-