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620 Waaren wird von der Britischen Consunttion viel gebieterischer verlang!, al» von dem kaufmännischen Jniercsse China'». Der Thee ist für England einer der noihwendigsten Consumtivus-Arii- kel geworben; er unterhält einen bedeutenden Verkehr, und die aus vemselben ruhenden Abgaben liefern dem Schatze unermeß liche Summen; der Thee wird also für die Engländer noch lange «in Beweggrund zu kluger Mäßigung scyn, wenn sie es jemals versuchen sollten, Maßregeln gegen China zu ergreifen. Die gänzliche Unterdrückung des Theehandels würde übrigens nicht einmal den schwächsten Einfluß auf die Einschließungen des Chi nesischen Gouvernements haben, denn dieses weiß, daß in Er mangelung Britischer Schiffe eine bedeutende Anzahl von Schiffen anderer Nationen komme» würde, um Chinesischen Thee zu kaufen. Erwägt man endlich, welche Maßregeln die Chinesische Regierung schon ergriffen ha», so wird man ohne Mähe begreifen, daß die ser Siaai, selbst auf die Gefahr, alle Durcheile des Handels mit dem Auslande zu verlieren, keinen Augenblick zögern würde, ihm seine Thore zu verschließen, wenn er nur irgend annehmen kKnnie, seine politische Unabhängigkeil oder die Integrität seines Gebiete« dürften wohl durch diesen Handel gefährdet werden. Da nun dieses Wiedervergeliungs-Mittel den Briten abge< schnitten ist, können sie wohl zu dem einzigen, das ihnen noch blieb«, zum Kriege ihre Zuflucht nehmen? Dieses Problem ist vielleicht schwieriger zu lösen, als das erste. Ich für meinen Theil behaupte unbedenklich, daß ein Krieg mit China so gut als unmöglich ist. Ich werde nicht sehr lange bei Erörterung der Gründe verweilen, die heutzutage eine Invasion de« Chinesischen Gebietes den Briten, trotz ihrer gewal tigen Seemacht, unausführbar machen würden: England selbst kennt diese Gründe bester, al» jede andere Nation. Erstlich würde ein solcher Krieg ein ungerechtes Prinzip zur Grundlage haben. China ist bis jegi noch nicht in den Coder der civilisinen Reiche eingetragen; es stehi nur in solchen Verhältnissen zum Auslände, die «» einzugehen für zweckmäßig hält. So Hai dieser S«aat den Ausländern gestalte«, in Eamon Handel zu «reiben, aber auch zugleich ihnen Bedingungen gestellt; und es ist die Sache der Ausländer, zu erwägen, ob diese Bedingungen ihnen genehm sind. Wenn nun die Nationen, welche mit China Handel «reiben dür fen, dem himmlischen Reiche ihre Gesetze und ihre Sitten aus dringen wollen, so ha« diese», meines Erschien», ein Rech«, sich zu widersetzen, und sein Rech« wird noch einleuchtender, wenn man gar einen Artikel, der dem Chinesischen Volke nur Unheil bringen kann, ein Gift, da» sie demoralistrt und zum Vieh her- abwürdigt, ihrem Handel al» vornehmste Basis unterlegen will.') Jeder feindliche Angriff von Seiten einer auswärtigen Macht wurde also, nach dem Verhältnisse der Maßregeln, die dieses Land ergreift, um dem Opiumhandel zu steuern, höchst ungerecht seyn. Es wäre aber solch ein Schritt nicht bloß eine Ungerechtig keit, sondern ein arger politischer Fehlgriff. Ohne Zweifel würde eine Landung und momentane Niederlassung an jedem Punkte der Chinesischen Küste sehr wohl ausführbar seyn; man bcdürfie zu diesem Zwecke nur einer kleinen wohibemamuen Flotte. Aber jede Niederlastungmuß auch behaupte« werden, und da erwüchse eine Legion von Schwierigkeit», deren unvermeidlicher Ausgang die Schande wäre, nicht» ausgcrichict zu haben. Zunächst müßte man ein bedeutendes Terrain erobern, um freie Hand zu haben und die nvlhwendigen Lebensmittel sich verschaffen zu können. Wäre aber das Terrain an sich schon hinreichend? Bedürfte man keiner Arme, um es anzubaucu? Es läßt sich mit Gewiß heit (?) vvraussctzen, daß die ganze Bevölkerung den eroberten Distrikt verlassen und somit in eine Oede verwandeln würde. Noch vor wenigen Jahren wurde ein Küstenstrich von hundert Stunden bis fünf Stunden landeinwärts auf Befehl der Chine sischen Regierung durch Feuer verheer«, und warum? weil man einigen kecken Seeräubern da» Handwerk legen wollte! Was würde diese Regierung nun vollends «Hun, um einen unberechen bar gefährlicheren ausländischen Angriff abzuwehren? Gewiß kostet es ihr keine große Ueberwindung, acht bis zehn Millionen Seelen von der Bevölkerung ihrer Küstenländer aufzuopfern. Setzen wir nun den Fall, die Niederlassung auf Chinesischem Gebiete wäre wirklich organisiil, und man wäre dahin gelangt, sich ohne Mühe die Bedürfnisse des Lebens zu verschaffen. Da» eroberte Gebiet muß noihwendig Tränzen haben, und diese Gränzen wird man gegen unaufhörliche Angriffe verlheidigen müssen. Man wird sich gezwungen sehen, sie immer weiter zu rücken, und schon nach wenigen Jahren wird die Kolonie ansehn liche Heere und ein Budget nöihig haben, um nur existiren zu können. Dann aber bleivi immer noch ein Kontinen« mit einer Bevölkerung von zwei- bis dreihundert Millionen im Hinter gründe!! — mit einer Bevölkerung, welcher Haß und Ver achtung des Auslandes nicht bloß »Herzogen, sondern auch durch ihre Religion (?) zur Pflicht gemacht ist. Diese ganze Bevölke rung würde wie Ein Mann sich erheben (?). Man hätte er dann nicht, wie in Ostindien, mit isolineti und oft in gegen seitiger Feindschaft lebenden Völkerschaften, sondern mit einer kompakten einträchtigen Nation zu ihm». Wie niedrig man auch die Energie der Chinesen anschlagen möge, ein solche» Eindrin gen in ihr Gebiet würde den Naiionalstvlz des ganzes Landes unfehlbar empören. Man weiß, welche Kraft die Wort« Vater land und Glauben (!) einer Nation einzuhauchen im Stande sind: von lausend örtlichen Umständen begünstigt, künme die Ueberzahl auf die Länge sehr wohl über Muth und Geschicklich keit inumvhiren. Die Aufgabe wäre also schwer und der Erfolg wenigstens zweifelhaft; aber gesetzt auch, er wäre gewiß: würde» wohl die Voriheile, die aus der Eroberung von ganz China (einem so ungeheuren Unternehmen, daß ich es keinen Augenblick für möglich halten kann) resultinen, ein Ersatz für Alles, was sie gekostet, seyn? Dürfte England mit Aussicht auf so erschreckende Chancen, selbst im Falle güten Erfolgs, ein Unternehmen wagen, dessen erstes Ergebnik der Ruin der Ostindischen Compagnie seyn müßte? Dürfte cs geneigt seyn, seiner eigenen Jndu'stne, die ihre nach China exponirlen Produkte auf sich selbst zurückge drängt sähe, einen unheilbaren Streich zu versetzen — den Schatz einer jährlichen Rente von 12«) Millionen zu berauben, und den Preis des Thee's in England um das Fünffache zu steigern? Und endlich: würde nicht dieser unermeßliche Britische Slaal«- körper, eben wegen seiner unermeßlichen Ausdehnung, sich schwächen, an vielen Oricn verwundbar werden und aus wen stärkerer» Grunde, als bisher, seine Auflösung und Zerstückelung befürchten müssen?') Mannigfaltiges- Hindustanische Literatur in Frankreich. Wahrend England die blühendsten Anstalten für den Umerrichi und die Ver breitung der Hindustanischen Sprache besitzt, hat Frankreich bi» vor kurzem noch nicht das Geringste für diese Sprache gechan, obgleich es durch seine Ostindischen Kolonieen mit ihr in Verbin dung stehi. Erst in diesem Augenblick macht der berühmte Orien talist Garcin de Tassy seine Landsleute mit dieser Sprache be kannt, indem er ihr in dem 680 Seiten starken Buche: tiisloir« äe la lättörnture bimioui el kimluusraoi (Paris, 1839), einen Stand punkt im Kreise der Sprachwissenschaften anweist, der auf gleicher Höhe mit den gebildetsten und wichtigsten Sprachen ist. Herr Garcin de Taffy zeigt in der Vorrede, daß sie, außer ihrer mer kantilen und politischen Wichtigkeit, noch ein dreifaches Imereffe in Bezug auf Poesie, Geschichte und Philosophie darbiele,. Nach der Behauptung der orientalischen Schriftsteller, genießt sie in Asien, wegen ihrer Reinheit und Eleganz, ein Ansehen, wie es keine andere Sprache besitzt. Das Hindustanischc ist in dem weilen Indien das, was das Französische in Europa ist; es wird nicht nur in einem Landstriche als Landessprache gesprochen, sondern cs giebt auch dort schwerlich eine Stadt, in der man sich durch dasselbe nicht verständlich machen könnie- Der Reisende Victor Jacgue- minot Hai den Franzosen seine Geringschätzung dieser Sprache mil- geiheiln aber dieser gelehrte Mann hielt jede Zeil für verloren, dl« er nicht auf Geologie verwenden konnte, und ihm war auch da« Sanskrit verhaßt. Herr Garcin de Taffy hat sich in Frankreich um die Hindustanische Literatur sehr verdient gemacht. Seinem Eifer verdankt man die Gründung eine« Lehrstuhl« für sie in Paris und die Herausgabe der Werke des Tahcin uddin und de» Wal», der einzigen bisher in Frankreich edirren Hindusta nischen Autoren. In dem jetzt erschienenen Buche beschreibt er das Leben von mehr als 780 einheimischen Schriftstellern und den Inhalt von mehr als 900 Büchern. Die Einrichtung des Buches ist sehr zweckmäßig und für das Aufsuchen der vorkommenden Personen und Dinge jede Erleichterung durch aursührliche Re gister aufs sorgfältigste geboten. Es wäre zu wünschen, daß auch für das Persische, Türkische, Chinesische «c. solche Bücher erschie nen. Im Arabischen besitzen wir zwar die liidliotheca Arabien unseres Gchnurrer, aber sie ist schon 30 Jahre all und bedarf jetzl einer radikalen Umarbeitung. Da» Werk de« Herrn Garcin de Taffy gehört zum Theil auch England an; denn nur durch eine umfassende Subscriplion von Seiten des Englischen Comiie's für Ueberseyungen aus morgenländischen Sprachen wurde er in den Stand gesetzt, es herauszugeben. Das eben erschienene Buch bilde« zwar «in Ganzes für sich, doch nennt e« der Verfasser erster Theil, weil er bald als zweiter Theil eine Anthologie folgen lassen will. ') Wir behalten un« vor, einen Theil der hier von Herr» 4ld- Barrot aufgeworfenen Fragen zu beantworten. Das mit dem 3Isten d. M. zu Ende gehende Abonne ment wird Denjenigen in Erinnerung gebracht, die m dem regeimüßigen Empfange dieser Blätter keine Unterbrechung erleiden wollen. ' ') E» ist nicht zu leugnen, »ast England (wie noch mehrere andere Eurovaische Staaten) oster Versuche aemacht hat, in Verhältnisse mit China «u treten, wie sie zwischen zwei civilisirten Staaten besteben. China hat sich jede» Mal mit konftqucntcr Hartnackiakeit geweigert; da aber die Briten gleichwohl einem kaufmännischen Verkehre mit diesem Reiche nicht entsagen wollten, so muhten sie auch allen Pedinaungen sich fügen, Lie da« Chinesische Gouvernement ihnen vorschricd. Die« ist bekanntlich nicht geschehen - Eng land hat nicht bloß verbotene Artikel unbedenklich eingeschmuggelt, sondern auch eine andere Bedingung, nur in Canton mit China zu verkehren, einge standenermaßen oster zu überschreiten versucht. Was Wunder also, wenn ein solche« charakterlose« Benehmen die Briten bei Ler Chinesischen Regierung in äußersten Mißkredit gebracht und endlich zu energischen Maßregeln ge führt hat, die mau jest mit dem Stemvel der Barbarei brandmarken machte! A. d. Ueb. HeranSgcgebeu von d«r Redaktion dtr Allez. Preuß. Staat«-Zeitung. Redigirt von Z. Lehmann. Gedruckt bei A. W. Kahn.