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der Arena, ans den Stufen de« großen hölzernen Kreuzes, sieht man sie in Gruppen durch des Zufalls Spiel oder durch dir angeborene Schicklichkeit der Haltung und Bewegung, oder durch vic Gunst des zauberhaften Lichtes malerisch geordnet, lehnen, fitzen und stehen, während Andere im Offnen und zwischen den dunkeln Bögen gespen stisch wandeln. Dort pflegen sie des erfreulichen Gespräches, halb im Geflüster, bald voll von schalkhaften Beziehungen, dem Uneinge weihten räthselhaft, bald tändelnd in seiner unverhüllten Anmuth der Sinnlichkeit, welche dem Süden anständig und eigen ist, bald ge würzt mit verständigen Betrachtungen, wie sie von der Ehrwürdig keit des Ortes, der allgemein verbreiteten Ueberlicserung ihn be lebender Sage und den lieblichen Schauern der Stunde eingcqcben werden. Uns, die wir leider längst und in Allein zn Kostverächtern worden sind, muß die erbauliche Zuversicht und der wie Berge Thatsachen versetzende Glaube, mit denen der belehrende Frennd seiner Gesellschaft die Weisbeitsschätzc unserer Schulbänke aufschließt, muß die naive Spannung, Andacht nnd Befriedigung der sicher alles dies nicht hent zum erstenmal vernehmenden Versammlung befrem dend treffen, ja das Herz unS rühren. Zn ähnlicher Weise hörte ich oftmals über Tisch Novelle» des Ariosto, des Boccaccio in aller AuSsülwlichkcit und mit Feuer, mit Laune, mit Geschmack erzählen, die, obgleich Jedermann bekannt, fast mehr mit staunendem Vergnü gen verfolgt, als gleich alten wertsten Bekannten begrüßt wurden. Sonn- und Festtags ist der Corso schon um die Mittagszeit be lebt, besonders von Damen, die in der Messe andächtig gewesen sind. Junge Leute pflegen alsdann ihn zu besuchen, um üver die Schön heiten der Stadt , v. h. über die Stadt-Schönen, Revüe zu halten; denn man ist gewiß, dort Schönheit in Fülle und in ihrem vollen Glanze anzutrcsten, beides, man möge den ivlanz nun oder die Boll- hcit betonen. Das Embonpoint der Römischen Frauen ist bekannt, nur ist die Neigung dazu viel allgemeiner und auffallender, als vielleicht vcrmnthct wird. Die Phasen aber sind zu unterscheiden, welche sich denen dcS Mondes vollkommen vergleichen lassen. Man merkt der behenden Tochter, welche der neben istr sich wiegenden Mutier in allen: Nebrigcn gleicht, dies schwerlich an, daß sic auch in dem, was Beide noch so sehr unterscheidet, einst ihr gleichen werde. Die Toiletten würden jetzt viel civilisirter als an den Abenden er scheinen, indem man bei ihrem Anblick ein Movcn-Jvurnal zu durch blättern glaubt, wenn nicht die Trachten der Umgegend gar reizend sich cinnnschten. Die Püppchen, welche in diesen letzteren stecken, verdanken freilich ihnen am wenigsten den glänzenden Sieg, den sie über die städtischen Puppen davöntragen. Nachmittags scheint die Straße wiederum zur Promenade für den Mittelstand zu werden. Gemächliches Verweilen begünstigt der Corso alsdann durch hinläng lichen Schatten, welchen er seiner Lage fast von Nord gegen Süd bei seiner vcrhältnißmäßig geringen Breite und der Höhe seiner Häuser nnd Paläste verdankt. Dem Nordländer, der gewohnt ist, nur im Innern des Hauses zn leben, die Straße aber einzig als Passage zu benutzen, bleibt lange Zeit die Unbefangenheit auffallend, mit welcher hier im Freien der Geselligkeit gepflogen wird. Man begegnet einander, begrüßt sich mit der ausgesuchtesten Höflichkeit, knüpft eine weitläuftige Unterhaltung an, bleibt stehen, geht auf und nieder, scherzt und lacht nnd führt die Conversation ganz laut, als wäre Niemand sonst zugegen. Die ZcitungSlescr sitzen vor den Cafö's, wenigstens bis gegen Z Uhr. Denn nach dieser Stunde find an den Festtagen die Casc'S, Trattorien und alle Läden mit Ausnahme der Lotto-Bureaus geschlossen und werden erst gegen Abend wicdcr er öffnet. An Wochentagen dagegen ist Alles über Mittag und bis etwa gegen Z Uhr geschlossen, weil während der heißeßcn Zeit, wer es irgend möglich machen kann, seine Siesta hält. Die Sonntagsspa ziergänger wandern eines Theils zur Porta del Popolo hinaus und ergehen sich bis gegen Abend, bis die gefürchtetc Feuchtigkeit den tiefgelegenen Garten gefährlich macht, in der Billa Borghefe, oder verthcilcn sich in den Ostericn, Andere besuchen die schon erwähnte Acqna Paola und die dicht dabei gelegene Terrasse der Kirche von S. Pietro in Montorio, Andere die Billa Panfili, oder die Ostrrien auf dem Wege dahin, Andere fahren nach S. Paolo und den Ostericn dieser Straße. Die Osterien sind schmutzige, düstere, stallartige Räume, mit einigen schmalen Tischen und halbzerbrochenen glattgesessenen Bän ken vor der Thür, haben auch bisweilen einen freien Raum beian, welcher mit ähnlichen Bänken nnd Tischen besetzt ist. Je düsterer nnd abschreckender ein solcher Ort die Miene macht, desto besseren Wein hofft man daselbst zu finden, eine schöne Seele in einem häß lichen Körper. In entfernteren Straßen der Stadt vernimmt man das eintönige ruckwcis auSgestoßene Geschrei der Moraspicler. An einsamen und öden Orten stößt man auf junge Bursche, welche sich mit aller Leidenschaft am Bocciaspiel ergötzen. Da hat der Vor übergehende Schultern und Beine vor dem Werfen zn wahren. Die Spieler findet man gewöhnlich von Zuschauern umringt. In Trastevcre kann man an irgend schattigen Stellen Gruppen von Männern, Weibern, Kindern gelagert sehen, welche Karten-Lotterie spielen, auch wohl auf einem auSgebreitetcn Laken eine Gruppe von Mädchen, welche hockend ihr pechschwarzes Haar strählen und ein ander gegenseitig behülflich find, die Lese zu halten, der zu Liebe daS weiße Tuch untcrgebrcitet worden ist. Gegen Abend füllen sich die Ostericn nnd Bntiken immer mehr, und das Vergnügen wird bis in die, Nacht verlängert. Bald entbrennt dann jene gefährliche Allegria in den tiefen Augen und kocht im Blute, welche leicht mit blutigen Libationcn das Bacchanal beschließt. Durch die stillen Straßen heim- kehrcnd, vernimmt man den gezogenen Ton der Ritornellc, den klim pernden Klang der Mandolinen und an manchen Orten mehrstim migen Gesang. Des Singens überhaupt ist am Abende kein Ende. Alt und Jung, ein JevcS singt in Chören oder einzeln; besonders in der Gegend des Forums rastet der Gesang nicht bis spät ii die Nacht hinein. Oft fingen sie dasselbe Liedchen hundert- und hundert mal, ohne sein überdrüssig zu werden, wie etwa die geistreiche Canzoncine: A X-ä. ««-8. n o 0! ^roxpero, 6irö. 6uore mi», cuorv tuo! (v. (?. ln !nüalto.) Im vorigen Winter hat noch Niemand diese Strophe gesungen. Erst in diesem Sommer kam daS Liedchen auf und lief in kurzem durch die ganze Stadt. Es erhält sich im Munde des Volks, bis es von einem anderen verdrängt wird. Das Volt nimmt wohl auch Opernweisen auf, wenn sie genug ins Ohr fallen, doch sind die Re pertoire jetzt vollkommen entblößt von Neuigkeiten, und Alles ist vergessen. Nach dieser Abschweifung kommen wir zum Schluß des Ab schnittes noch einmal aus feinen Anfang, aus die Fontaine», zurück. Der erfrischenden Getränke bedarf Jedermann so fehr als der kühle ren Luft, doch nicht Jedermann kann die thcurcn Sorbette bezahlen. Dafür nun, daß auch dem Armen das Labsal werde, sorgen die Waffcr-Vcrkäufcr, welche an den Quellen sich ansiedeln. Sie kühlen ihr Wasser nicht künstlich mit Schncc, aber sie empfangen es frisch und kühl, wie die Wasserleitung es herbeibringd, und da nicht alle Fontainen ihm in gleichem Grade seine Frische erhalten, so suchen sie für ihr Gewerbe die besten aus. Um ein GlaS nnvermischten Wassers durch ihre Vermittelung zu erhalten, reicht ein halber Bajoc hin. Aber sie begnügen sich nicht damit, das Trinkgeschirr bereit zu halten. Auch bei diesem kleinen Betriebe werden verschiedene Grade der Verfeinerung angetroffen. Kleine offene Buden oder Gestelle sind aufgcschlagcn, laubcnartig mit Blätterwcrk, Buchsbaum oder Mvrtheuzweigen nnd Orangcmanb durchflocbten. Avsclüncn blinken dazwifchen, nnd Gnirlandcn vcm Citronen verketten die Stabe des Spaliers. Zu größerem LuruS stehen Krystallflaschen in Reihe, mit gefärbten Säften zur Hälfte angesüllt. Und Röhren, von der Fon taine m die Bndc hincingeleitet, wiederholen dort im Kleinen das Spiel LcS Brunnens. Von dem springenden Strahl getragen, gau kelt ein Citrönchen auf und nieder. RingS sprudelt der Bor» in Schalen, die sich immer füllen und überströmen. Mchts Ein ladenderes ist zu denken. Den Durst, den zu stillen diese kleine An stalt da ist, erweckt sie. Citronen liegen in der Presse bereit. Es bedarf nur eines Druckes, so sprüht aus einer feinen Röhre der duftende Saft hervor. Wer leckcr ist, läßt Zucker dazuthun, doch ist am meisten die reine Säure beliebt. Anderen wird das Wasser mit einem Spiritus, Anderen mit einem Kräuter - Ertrakt gemischt. Die Kinder halten es mit dem Syrup. Ein kleiner Fratz im dreieckigen Hute, größer denn er selbst, in Eskarpins und Schnallenschuhen, der mit der affektirtesten Ehrbarkeit einherschreitet, tritt an den Tisch, langt den geschenkten Bajoc hervor und fordert: 8eirnpp<>. Er nippt in aller Ernsthaftigkeit, nippt noch einmal, sein Gesicht verklärt sich, er leckt die Lippen, schnalzt, zieht ein Bein in die Höhe, und indem er schmunzelnd der Verkäuferin zuntckt, sagt er: bi b»<>m>! Dann trinkt er ans, blinzt mit den Augen, wiederholt: bi bwmo und stapft gravitätisch weiter, indem er sogleich wieder altklug schaut und nur die Lippen noch einigemal beleckt. DeS Abends, mit Lichtern besetzt, erfchcincn diese Limonadicreii am zierlichsten. Diejenigen, welche an frequenten Passagen liegen, wie am Platz Colonna oder auf dem Borgo zwischen St. Peter und der Engelsbrückc, sind stets von Dürstenden nindränat. Bon den Neapolitanischen Limonadieren un terscheiden die Römischen sich vornehmlich dadurch, daß sie nicht, wir jene, in festen gezimmerten Buden stabil sind, sondern mit dem Som mer entstehen iind mit dem Sommer vergehen. Den größeren Vor zug aber giebt ihnen die anmuthigc Lage an den Fontainen und die Vortreffiichkeit dcS Wassers selbst. Der Wafferreichthum Roms und daS Bedürfnifi der Abkühlung haben in Vereinigung zu einer eigenthümlichcn Volksbelustigung Ver anlassung gegeben, deren Schilderung die Beschreibung des Ortes, an welchem sie statthat, vorauszuschicken erlaubt scpn möge. J-S. Frankreich. Der Aufruhr in den Cevennen. °) Bruchstück aus einer historischen Erzählung, von Fr. Souliö. Nicht weit von dem Flecken Saint-Nndi'ol-de-Clergnemont in den Nieder-Cevennen, an den östlichen Gränzen der Diözese Mende °°) in Languedoc, erstreckt sich eine große Ebene, welche die waldigen Ab hänge des Apgoal, eines der höchsten Berge der Cevennenkette, gegen die kalten Winde des Nordens und die feuchten des Westens schützen. Nach Süden zu offen und im Osten von dem Gardon d'Anduze be wässert, ist dieses Thal so fruchtbar, daß es früher im Patois deS Landes der IInrt-l)>«u (Garten Gottes) hieß. Die Protestanten, welche die Mehrheit der Bewohner jener Diözese bildeten, hatten ihm den biblischen Beinamen „Klein Kanaan" gegeben. Der Gardon d'Anduze ist ein munteres, klares Wasser, das aber nicht sehr breit und tief ist; nachdem er die Ebene in zahlreichen Win dungen bewässert, verschwindet er unter den Schatten eines hundert- Wir »heilen diese« Prucbllnck hauvtscichlich deshalb Mik, weil ,« Deut scke» ve>crn von gnkcrene seyn mochte, die Weise, i» welcher »er rranwiicche Schriftsteller diesen Stoff behandelte, mit der ,» vergleichen, die vudwm Tieck seiner leider noch immer unvoNendeten Novelle »um Grunde legte Nachstehen des ist al» die Erorsition de» Gamen »u betrachten. ") Im heutigen Deoartemen« de la Lot-re-