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Wöchentlich «rfcheineu »r«> S!umn»rn. Prönumeranon» Mtw 22^ Sgr. (j T»>r.) vimeljahrlich, L Tblr. «ür da« ganz« Jahr, «hn« Sr Höhung, in allen Theilen der Preußischen Monarchie. Magazin für die Man prSnumcriri aus diese? Beiblatt der Mz. Pr. Siaa«»- Aeitung in Berlin in Ler Expedition tFriedricho Tiraile Ar. 72); in der Provinz so wir im Ausland« bei den Wobllöbl. Posi-Aemtern. Literatur des Auslandes. Bertin, Montag den 3V. Dezember !83Z. China. lieber die Möglichkeit einer Eroberung Ehina's. Randbemerkungen zu dem letzten Artikel des Herrn Ad Barro«.') Herrn Adolph Barrol's Raisonnemcnt über die wahrschein lichen oder so gui als gewissen Ergebnisse einer Invasion China'» emhäl« mehrere falsche Prämissen und Folgerungen, zu denen ihn lhellü Unkenmnlß der Chu>esi,chci! Gkschlchlc und anderenihcils auch das mögliche Schicksal der Französischen Kolonie in Algier verleim haben mag. Was er vom Zurückweichen der Bevölke rung, von noihwendiger Erweiterung der Gränzrn, um nur Ruhe zu haben, von Pairwliemu« und Religionshaß sprich«, würde in der Tha, ungleich besser an seine eigenen Landsleuie gerichiei ge wesen seyn, al« sie ihre Niederlassung an der Küste Nord-Afrika'» zu gründen im Begriffe standen. Die ganze Geschichie China'« lehn uns, daß nanonale Einhei« in diesem Reiche immer nur künstlich bewerkstellig« wurde, nie aus einem inneren Be dürfnisse der Ration heroorging — daß die Chinesen von Reli gionshaß und Fanatismus weit emferm sind — und daß ihr Pa- lrioiismu» nie riwa» Andere» als Anhänglichkeil an den heimischen Boden gewesen ist. Diese drei Ursachen haben, «m Vereine ml« der weil mehr arbeitsamen und häuslichen, als kriegerischen Sinnesart der Chinesen, die Eroberung de« Landes immer sehr «rleichier«. Nach dem Zeugnisse der Chinesischen Annalen selbst hauen die kriegerischen Barbaren im Nordosten, Norden und Nord- westen — Tungusische, Türkische, Mongolische, zum Theil auch wohl Germanische oder Slawische Wanderhorden — schon in grauer Zeil Invasionen in da« „Reich der Mine" versuch! und äusgeführl, ungefähr so, wie die Cellischen, Germanischen und andere Stämme des Europäischen Nordens zu verschiedenen Zeiten gegen den warmen und schönen Süden unsere» Weluheil« los- stürmten. Auch ist «0 jenen Wanderhorden, obschon sie an Zahl und Kultur den Chinesen immer sehr uniergeordnei waren, durch überlegene Tapferkeit und Taktik, so wie auch durch die Einheit ihrer Operationen, sehr häufig gelungen, ansehnliche Theile de» Reich« von dein Ganzen loszureiken und selbständig zu beherr schen; ja, seil dem tLien Jahrhundert u. Z. haben sie zwei Mal ganz China bi« zum südlichen Ocean mil mäßiger Heeresmachl und ohne seh, hartnäckigen Widerstand erobert und Jahrhunderie lang in seinem Besitze sich behaupte«.") Freilich gelangen solche Invasionen in der Regel nur dann, wenn ein« von Anbeginn wenig energische oder durch zu lange Existenz geschwächt and emarieie heimische Dynastie auf dem Throne fak'; aber selbst die kräsiigen Kaiser des Hause» Han (um Christ: Gcburi) mußien sich von den wilden Hiongnu manche Demüihigung gefallen lassen. Don einer Chinesischen Massenerhebung, wäre sie auch nur pariiell gewesen, kenn, die Geschichie kein Beispiel; Senn auch sie ruhmwürdigc Au»«reidung der Mongolen durch den Stammherrn der Dynastie Ming war im Grunde nur «in Ak«, w>e er sich auch bei den vielen einheimischen Negemenhäusern, sobald sie sich selbst überleb« Hanen, immer wiederholie. Kecke Empörer, die man, so lange sie nichis ausrichien, Räuber nennt, sammeln Banden von Abenteurern, die sich allmälig zu Armeen gestalten, geben der morsch gewordenen Dynastie den Todesstoß und bringen ihre eigene Familie auf den Throu. E«n gleiches Schicksal, wie den früheren einheimischen und auswär tigen Kaiser» Geschlechtern, droh« auch dem jeg« regierenden Mandschuischen Hause, dessen Zügel nach allen Indizien schon viel schlaffer geworden sind, al« früher; wie denn überhaupt keine Monarchie de, ganzen Oriems jemals auf Prinzipien ge gründet war, die ihre Smbllnä« verbürgen konnten. . Eine Massenerhebung der Chmesijchen Ration ist aber bei weitem nicht bloß darum, weil die Geschichie eines solchen Faktum« nicht gedenk«, sehr unwahrscheinlich; wir haben noch ') Herr r<i>. Barrot, »essen interessante Beobachtungen über das Leben in kan«vn wir in einer Reche von Artikeln mltgetheil«, war bisher Fraujöstscher Konsul in Manilla und ist ein Bruder des bekannten Franzöllscheu Advokaten und Devutirten, Herrn üdiion Parrot. ") Zuerst die Monq»«en unter Tschlnqgis-Chan's Nachfolgern, «in» seit 184» di« noch jeyt im Reiche »er Mitte wallenden Maurschu. stärkere Gründe gegen ihre Wahrscheinlichkeit. Es ist eine ganz falsche Voraussetzung, wenn man die 300 Millionen China'» nur wie Eine ungeheure, durch gemeinsame Inicressen verknüpfte Familie betrachtet. Schon die LHat fache, daß die sogenannten Provinzial-Dialekt« der Chinesen, obschon alle von gleichem Grund-Charakter, doch im Uebrigen erstaunliche Verschiedenheit zeigrn, beweist frühe Isolirung und in gewissem Sinne gcgen- seiiigr Entfremdung der einzelnen Provinzen des Rieseureiches, die auch hinsichtlich ihres Klima'» und der Cvnsiguralion ihrer Bodens einander sehr unähnlich, und von denen die meisten, ihrer Bevölkerung nach, mii Frankreich und GroAuiianien sich .messen können.') Das Idiom von FuNan zum Beispiel ist dem Idiome der nachbarlichen Provinz Can 10» noch mehr entfremde«, al« da» Schwedische dem Deulschen; und die Bewohner beider Provinzen können, wenn es ayf bloße mündliche Verhand lungen ankomnn, weder gegenseitig, noch mit denen von Kiaug- nan oder Peljchili sich verständigen. Nun gieb« es zwar eine gleichsam über allen diesen Provinziai-Sprachcn schwebende ver feinerte Universal-Sprache, ein Chinesische« Hochdeutsch, da« die Gelehrten und die höheren Würdenträger des ganzen Reiche» verstehen und mi« weniger dialektischer Nüancirung sprecheu; aber dieses Idiom ist der großen Menge nur in den wenigen Provinzen (Schaniung und einem Theile von Kiang nan verständlich, wo es mit der Volkssprache die meiste Verwandt schaft Han") Der lockere Zusammenhang aller größeren Glieder des Chine sischen Siaaiskörper« ergieb« sich aber am schlagendsten aus der inneren Geschichte China'», ganz abgesehen von seine» historischen Verhältnissen zum Auslande. Von o.n ältesten Zeiten ab, und also auch in Perioden, wo die Monarchie noch lange nicht ihre heutige Ausdehnung haue, sehen wir beständige Tendenz zur Zerstückelung, der nur von einzelnen Kraftmenschen auf dem Throne dann und wann durch Herstellung künstlicher Einheit gesteuert wird. Sehr selten ist eine Dynastie im unbestrittenen Alleindesisc de» kolossalen Reiche«; die meisten konmen c« nicht verhindern, »aß selbst in den Tagen ihre» Glanzes, besonders in entfernteren Theilen der Monarchie, Neben- und Af:cr>Dynasticrn sich behaupt««», deren Fürsten eben so echte Chinesen waren, wie jene; und mehrmals erfolgte eine Theilung des Reiche in die südliche und nördliche Hälfte. Von einigen Provinzen, die das heutige China arrondiren helfen, kann man sogar sagen, daß sie mit weniger Unterbrechung immer eine gewisse Selbständig keit behaupte, haben; so namentlich die Alpenlander in West und Südwest, deren am schwersten zugängliche Regionen zum Theil von Bergvölkern fremden Stamme» bewohn, sind. Der Chinesische Provinziale — wir meinen insonderheit den Bürger und Bauer — hängt mit Liebe an seiner besonderen Heimat, aber kcineSwegcS au dem Ganzen; die Bewohner der Nachbar-Provinzen sind ihm nicht viel mehr, al» Ausländer, mit den«» er höchsten» in lebhafte kommerzielle Berührung komm«. Er verläßt seine Provinz fast eben so ungern, al« wenn er ein fremdes Laud beziehen müß-e; und «Hut er es wirklich, so ge schieht cs nur aus Noch oder Speculasions-Meist, und nicht etwa darum, weil sein bisheriger Beherrscher oder Unterdrücker einem anderen Platz gemacht Hai- Aus bloßem Fremdcnhaß und ohne drohende Aufforderungen von Seiten der Regierung würden ') Aus amtlichen Tabellen in einer Ler neuesten Ausgaben des «roßen Staats-Handbuchc« ergeben «ich in runder Summen für Perfchili r«, S ch « »«u n g 2S, H o n a n 23, Kia n g si Zu, H u k u a n g g, Nh T sch et, a,, g 28, ksetschuan 21, Swen si 2L und Santo n w Millionen Seelen! Kiangnan, da« öbincstschc Mesovotamien, vrherberg« in seinen ocean-swen Tieflauden die ungeheure Summe von 72 Millionen, also ungr-adr ein Sechr- «bei! mehr, als das gan;e Russische Reich! Non den üdriqen Provinzen zahlt die am schwächten bevölkerte, Kunitschen, envas über S Millionen. In ichn«idendcm Konlrastc zu dieser erstaunlichen Populatlon und die unermeß lich ausacdehnten übrigen Bcsttzlmgen des Ehinesischcn Kaisers, vom Tunau- sischen Amurrtzande bis ilim westlichen Turkestan und von den Kränzen Sibiriens bis «um Himal,»a, >0 menschenleer, daß sie Ke lamm «za hl ihrer Bewohner vielleicht nicht über süns oder sechs Millionen betragt!!k "i Ein gemeinsame« Medium der Berstandiaung für alle Klassen aller Provinzen könnt« nur die geschrieben« Sprach« abgedcn, welche bekannt lich keine ElementarPaul« darstellt und von jedem Shwesen in seinem Dia lekte gelesen wirs. Da aber der Unterschied der Dialekte bei weitem nicht immer aus bloße moliststrke Aussprache ei,»es und desselben Wortes sich «e- ichrgnkt, sondern viele Wörter und Phrasen auch schon als solche gewissen Provinzen eigenthümlich stud, ,0 ha« auch jede Provinz sich gcnötbtgt ge sehen, für solche Ausdrst-ke ihre besondere» Schriftlichen zu erfinde», die niemals iu dic tiastsiche Schriftsprache übergehe».