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Wöchentlich mckeinen drei Rnmm.r» Pranamer-tion«- Prei» 22; Sgr. (Z Tdlr.) viencljährliw, 3 Tylr. für da» ganze Jabr, ohne Er höhung, in allen Theilen der prcuoischln M-narckli. für die Man pränunierirt auf diese« Beihiatt der AUg. Pr. Staais- Zeiiung in Berlin in der Exoeditton fjriedriihs-Sera-e Nr. 72); in der Provinz so Ivie im Zustande dei den Woduovl. Post- llenttcrn. Literatur des Auslandes. 12z. Berlin, Montag den 14. Oktober 1833. Nord-Amerika. Eine Fahrt von Havre nach New-Dark. liluS den Briefe» eine« jungen Deutschen.! New-Aork, rr- Juli rsss. Seil vierzehn Tagen befinde ich mich in dem großen Empo rium der nördlichen Hälfte der Neuen Welt, in der eigentlichen Hauptstadt der Vereinigten Staaten; denn wer denkt in Europa nicht zuerst an New-Pork, wenn von Nord-Amerika die Rede ist? Hierher strömi fast Alles zusammen, was von Europa kömmt, und was die Umon dorthin sendet. Hier münden die größten Eommunicationslinien des inneren Landes. Der Fremde, der hier landet, empfängt sogleich den großartigsten Eindruck von der Mach« und dem Reichihum dieses jugendlichen Siaaienbundes. Und will er so recht mitten hinein kommen, so muß er seine Wohnung in Broadway nehmen, auf dem Breiten Wege, der belebtesten und wahrhaft majestätischen Straße von New-Uork. Hier logire ich jetzt, in einem Französischen Hotel, und betrachte dies rasche, hastige Treiben als müßiger Zuschauer. Gewiß haben diejenigen, welche mich in Gedanken auf meiner Reise begleiten, schon ausgerechnet, daß ich spätestens Mitte Juli in Charleston, dem Orte meiner Bestimmung, angelangi scyn müsse; unvorher gesehene Umstände aber halten mich wider meinen Willen noch hier zurück, und so kann ich denn einstweilen nichts Besseres lhun, als meinen Freunden in der Heimaih eine Schilderung von meiner Reise machen, auf der ich ein Ereigniß erlebte, welches gewiß zu den seltensten gehört, die auf einer Seefahrt vorkommen. Ich glaube aber fast, daß die drückende Hitze, die hier schon seil meiner Ankunft herrscht, — zwischen 23 und 26 Grad Reaumur abwechselnd, — mir nicht gestatten wird, meine Erzählung in Einem Zuge zu beendigen. Bei einer Reisebeschrcibung kann ohnehin eiiie etwas vesuliorifche Form immer erlaubt werden, und so will ich denn die einzelnen Bilder in bumer Abwechselung wiedergeben, wie sie vor mir aufsteigen und wie mir eine günstige Stunde kömmt. ' v i u Mein Brief von Havre ist, glaube ich, noch spater von da abgegangen, als ich selbst, der ich bis zum I. Juni dort ver weilte. Ich haue einen Platz in der ersten Kajüte des Paket- schiffs ,,die Herzogin von Orleans" genommen, welches an die sem Tage zwischen >2 und I Uhr Mittags die Anker lichtete. Auf der Jecee, einer Promenade, die eine Strecke ins Meer hineingehl, wiukie mit der letzte Bekannte den Abschied zu, und bald sah ich Europa'« Küsten immer mehr und mehr sich ver lieren. Die Trennung von Europa stimmte mich nicht traurig, vielmehr machte der Gedanke einen erhabenen Eindruck aus mich, einen ganzen Welttheil hinter mir zu lassen, einen Welnheil, auf welchem Mllionen von Menschen leben und sterben, ohne dessen Gränzen gesehen zu haben. Welttheil! Erst jey, habe ich dön Begriff dieses Wortes rech- gefaßt; diese gewaltige Ländermasse ist für mich jetzt nur ein Theil der Welt, während Manchem die Landschaft, ja die Stadt selbst, in welcher er geboren, schon die ganze Welt zu seyn schein,. Die Passage ist lheuer genug; sie koste« volle Alt) Thaler Preußisch Courant; indeß leb« man dafür auch so angenehm und bequem, wie man es auf einem Schiffe wohl nicht erwartet. Auf den Englischen Dampfbötcn beträgt der Preis noch min destens Sü Thaler mehr, wofür man freilich den Vvriheil Hai, nur halb so lange umerweges zu seyn Kaum halten die Mairo sen unter ganz eigemhümlichen Gesängen die Segel aufgespannt, und kaum war die Küste vor unseren Augen verschwunden, ich haue noch nicht Zeit gehabt, die Einrichtungen des Schiffs mir an zusehen, — io befand ich mich schon j„ einem Zustande, der mich fast Alles vergessen ließ, —^es war die Seekrankheit! Auf einen unbeiheiligten Beschauer mußte der Anblick eines solchen Schiffes einen gar wunderlichen Eindruck machen: wenn er sähe, wie von beiden Seiten des Fahrzeuges so zwanzig bis dreißig Menschen die Köpfe über Bord halten und mit bleichen Gesichtern wieder von sich geben, was sie eben noch inii großem Appetit gegessen. Da ich Erleichterung hoffte, wenn ich mich zu Bett legte," so stieg ich hmumer in mein Zimmer leuhano), wo ich meinen Stuben- genossen, einen jungen Französischen Kaufmann, ,chon auf seinem Lager vorfaud. L6. Juli. Ehe ich iveiier erzähle, wie es mir in meiner Seekrankheit erging, will ich vorher mein Zimmer beschreiben. Die Kajüte nimmt auf dem Pakeiboot die halbe Länge des Fahrzeuge« ein; unser Schiff aber ist ein Dreimaster von wenigstens tSv Fuß Länge. Am Ende der Kajüte, die hinten vom Steuerruder anfängi, also in der Mitte des Schiffs, ist noch eine besondere Abiheilung ge macht, von der Größe eines kleinen zweifenstrigen Zimmers und sehr elegant eingerichtet, mitten ci» Tisch und an den Seilen Sopha's. Man nennt diese Abiheilung ciuunhre «les clanwL, weil für den Fall, daß viel Damen miireisen, dieselben sich hier aufhaltcn. In dem anderen, größeren Theile der Kajüte befindet sich, der ganzen Länge nach, eine Tafel, an welcher gespeist wird. An den beiden Seiten dieser Kajüte sind nun die besonderen Zim mer oder Schlafgemächer der Passagiere, jedes von dem anderen durch eine Wand getrennt und mit einer Thür nach der Kajüte versehen. Wer zum erstenmal in die Kajüte eines solchen Pakeu boois tritt, muß über die Pracht und Eleganz erstaunen. Der Fußboden ist durchgehends mit Teppichen belegt, und die ganzen Wände, welche durch die Eingänge in die besonderen Gemächer gebildet werden, sind mit verschiedenen der feinsten Hölzer ausge- legi, wie sie Amerika nur liefern kann. Jedes kleine Zimmer Hai ein Fenster mit Jalousieen; die Thürklinken sind von Glas mit einer silbernen Platte, auf welcher die Nummer des Zimmers angebracht ist. Jetzt die Beschreibung der kleinen Zimmer: ein solches Hal freilich nur etwa S Fuß im Quadrat, ist aber sehr bequem einge richtet und mindestens 8 Fuß hoch. Alle» ist hier niet- und nagel fest, wie im ganzen Schiffe, weil sonst beim Schwanken des letz teren die Gegenstände hin und her rutschen würden. Oer Fuß boden Hai ebenfalls einen Teppich; die Wände sind mit weißer Oelfarbe angestrichen, und das Licht fäll, von oben herein, wo man zwei kleine längliche Spalten mit dickem geschliffene» Glase ausgelegt Hai. Das Zimmer ist nichtsdestoweniger ganz hell. Es Hal einen Tisch mit zwei Schubkasten, in welchen sich das Waschbecken und dergleichen befinde«. Ueber dem Tisch ist ein Spiegel. An der Wand des Schiffes sind die beiden Beilen, zwei Kasten, einer über dem anderen befestigt. I» diesen kasten ähnlichen Betten liegen zwei Macrazeu, einige Decken und ein Kopfkissen, Alles sehr gu« und steis höchst reinlich; auch haben beide Beiten kleine Gardinen, und die feinen Hölzer fehlen hier ebenfalls nicht. Ich war der Einzige, der mit Jemand zusam men logiren muß;e, weil die übligen Zimmer schon alle besetzt waren. Sind viel Passagiere, so werben immer zwei iü ein Zimmer logirt- Mein Kamerad hatte das untere Beu in Beschlag genom men, und ich mußte daher in das obere klettern, «vas bei dem Schwanken des Schiffs einige Virtuosität erforderte. Glücklich in mein Bett gelangt, hatte ich Muße, meinen unglücklichen Katzenjammer abzuwanen, denn weiter ist die See krankheit nichts, und zwar noch dazu ohne Kopfschmerz. Ein Muscnsohn aber hat eine zu vielseitige Bildung erlitten, als daß ihm dies etwas Neues seyn sollte, und die Ohren zarifühlcnder Leser will ich hier nicht weiter mit einer nähere«« Schilderung dieses Leidens belästigen. Zur Bedienung Hanen wir Schwarze oder vielmehr-gons «le enuleur, Farbige, gewöhnlicher Mulatten genannt. Es war Mittagszeit, man brachte uns Suppe, bald aber remiuirien wir dieselbe. Nach einigen Stunden hauen wir Ruhe, und den anderen Tag, einen Sonntag, war uns ganz wohl. Ich aß mi« Appetit, dachte dabei viel an Deutschland und hätte lieber eiiie Landpartie gemacht, als hier so abgeschieden auf dem Schiffe zu liegen. Tages darauf, als wir den Thee einge nommen hauen — hier wird Morgens und Abende Thee gewun ken — und uns ganz behaglich fühlten, glaubten wir die See krankheit überstanden zu haben und erhoben uns von unserem Lager. Aber die folgende Stunde fand uns schon wieder im Beu und in dem allen Zustande. Die Schwarzen, wenn wir sie fragten, wie lange denn die Geschichte daure, antworteten uns immer, übermorgen sey Alles vorbei; dies sagten sie jeden neuen Tag, und jeden Uebcrmorgen sahen wir uns getäuscht. Von-uns 13 Passa gieren der Kajüic waren indeß nur drei lange Zeit seekrank, und von diesen dreien war ich noch der gesundeste. Ich haue mir kerauskaB-lirt. daß man, um die Seekrankheit zu vermeiden, im Beu v>eiben müsse, uns legte mich daher, wenn ich einmal auf gestanden war und mich unbehaglich fühlte, sogleich nieder