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472 — „Nein, keine Gnade fü' Dich, treuloser Fürst", e.wiederlr Wilhelm, hieb ihm in den Hal» und befahl einem seiner Beglei ter, ihn vollends zu lödte .. Der Körper des Bischofs rollte in eine nahegelegene Pfütze und blieb dort mehrere Stunden im Koth stecken, ohne daß Wilh lm von der Mark ihn zu beerdigen gestattete. Auf so ele .se Weife endete Ludwig von Bourbon, der während der erst n Hälfte seiner Regierung der Henker sei nes Volkes war, später aber gern der Wohlthcher seiner Umer- ihanen werden wollte, wenn nur seine von den schmachvollsten Jugend,Ausschweifungen entnervte Seele sich zu hohem Berufe häne erheben können. Er Hane anfangs über ein blühende» Land geherrscht und hinterließ bei seinem Tode nicht» al« Schutthaufen. (ä. ä. 1,.) Frankreich. Beaumarchais und die Schauspieler seiner Zeit.") Die erste Aufführung des „Barbiers von Sevilla" haue bekanntlich dem Autor wenig Ruhm erworben — das Stück war durchgefallen; ob mit oder ohne Recht, bleibe hier unentschieden. Als Beaumarchais nachmals einen Aki wegstrich, wurde es vier zehn Mal hinter einander aufgeführl, und das Eigemhumsrecht des Verfassers blieb ihm also gesichert. Es entspann sich aber ein Streit zwischen Beaumarchais und den Schauspielern; und die Sache nahm eine für jeden dramatischen Dichter in Frank reich wohlthäiige Wendung. Darf man einigen Nachrichten aus jener Zeil Glauben schen ken, so war die Veranlassung dieses Streites recht seltsam ge wesen. Als der Barbier von Sevilla guten Erfolg haue, kün digte Beaumarchais, den seine Speculauonen reich gemacht, den Schauspielern an, daß er kein Honorar nehmen wolle- Die Schauspieler von ihrer Seile fühlien keinen Beruf, einem Auior an Delikaiesse nachzustehen, und schicklen ihm, trotz seiner Ver- zichileistung, das Geld, welches ihm zukam. Entrüstet über diese unzeilige Großmulh, wollie Beaumarchais nun wenigstens eine Summe zugeschickl haben, deren Empfang sich besser verlohnte. Er verlangte ein viel ansehnlicheres Honorar und erneuerte den alten Krieg wegen der Jahres-Logen, den seine Vorgänger zu schläfrig geführt. Die Wichtigkeit der Frage an sich., die bedeu tende Anzahl und der Stand derjenigen Individuen, die dabei inleressin waren, der Charakter, der Geist und die Lage des Vorkämpfers hielten die Aufmerksamkeit des Publikums in großer Spannung. Man erwartete mit Ungeduld, was für Skandal und Klatscherei dieser Prozeß erzeugen würde; es verdient aber Beach tung, daß Beaumarchais nirgends ernsthafter zu Werke gegangen ist, als hier; seine Di»kussioncn sind voller Zahlen und statistischer Data, und man erkennt in denselben weit mehr den gewandten und schlauen Finanzier, als den geistreichen und eleganten Schriftsteller- Nachdem Beaumarchais seinen Federkrieg eröffnet Hane, wollie er die Frage den Rcchlsgelehncn und seinen literarischen Milbrüdern vorlegcn. Er lud eine Anzahl dieser Herren zu einem Souper in seiner Behausung, setzte ihnen seine Beschwerden aus einander/ las ihnen die Korrespondenz vor, welche er in Betreff seines Barbier« mit den Schauspielern geführt hatte, und bat sie um ihre Meinung. Die ganze Gesellschaft billigte seine Verfah- rungsweise, und seil jenem Abende wurde Beaumarchais' Hoiel ein Ort regelmäßiger Sitzungen, ein Bureau der dramatische» Gesetzgebung. Man revidirie die bestehenden Theater-Slaiulen, man brachle diejenigen, welche die Schauspieler aus bösem Willen unterdrückt halten, wieder in Kraft; Beaumarchais war Präsiden« der Socieiäl geworden, und seine Meinung trug immer den Sieg davon. Das unter Beaumarchais' Auspizien entworfene neue Regle ment wurde dem Herzog von Duras vorgelcgi. Dieser Kammer herr lheilie es den Schauspielern mit, die ein wahres Zeterge schrei erhoben und beiheuenen, daß sie in so Hane, ihrer Ehre, wie ihren Interessen zuwiderlaufende Bedingungen nimmermehr einwilligen könnten. Freilich war das Interesse der guten Leute elwas kompromitliri; allein über Verlegung ihrer Ehre hallen sie nichl zu klagen, wofern sie nicht diese Ehre in die Umer- drückung ihrer Gegner setzten. Der Marschall von Duras erklärte ihnen, man ließe ihnen die Alternative, entweder jenen Bedingun gen sich zu fügen, oder die Anstellung einer zweiten Schauspieler- Truppe sich gefallen zu lassen. Von diesem Vorschläge noch mehr bestürzt, baten sie um Erlaubniß, über das Mcmoire diskuiircn zu dürfen, und um eine bestimmte Frist, damit sie ihren Gegnern antworten könnten. Was die Schauspieler bei dieser Fehde am meisten befürchte ten, war Beaumarchais' stechender Witz, der ihm in so reichem Maße zu Gebole stand. Sie wehnen sich übrigens mannhaft; Beaumarchais zwang sie, wegen der Honorare seines Barbiers mil ihm zu rechnen, konnte aber für die kleinen Logen nichts erlan gen. Stolz auf seine errungenen Voriheile, beschied er seine Kolle gen in Apollo von neuem zu sich, erzählte ihnen Alles, was er für sie aeihan, und verkündigte ihnen, daß seine Berechnung für den Barbier von Sevilla hinführo das Muster jeder ähnlichen Berech nung seyn sollte. Die anwesenden Autoren gerielhen über das ') S- Nr. l«7 des Magazins. schöne Lrgebniß in solchen Enthusiasmus, daß sie ihrem Amphi- tryo den Titel eines Wohlihäiere der Literatur zuerkanmen- Da der Streit, trotz der gefälligen Intervention des Mar schalls von Dura», nicht beigclegi werden konnte, so brachte man ihn endlich vor die Herren Ldelleuie der Kammer, welche bei dem Marschall von Richelieu zusammemralen. Beaumarchais begab sich als Advokat der Autoren ebendahin und verfocht seine Sache in eigener Person; allein hier stand ihm ein gewaltiger Mann des praktischen Rechtes, Herr Gerbin, gegenüber. Der Verfasser des Barbiers konnte der Beredsamkeit seines Gegners nichl viel mehr al» bloße Berechnungen enigcgenstellen und wurde ganz und gar aus dem Felde geschlagen. Die Pariei der Schau spieler triumphirie einen Augenblick; aber Beaumarchais, der nicht so leicht den Muth sinken ließ, hielt eine neue General-Ver sammlung der Autoren und staneie ihnen von seinem Verfahren Bericht ab, ohne die Niederlage, die er erlitten, zu verhehlen. Drei Monate später Hane er durch neue Listen und neue Jmrft guen die Schauspieler so weil gebrachl, daß sie seine Bedingun gen mil einiger Milderung und Modificalion wirklich annehmen mußien. Die Bühnendichter erfreuten sich in Folge dessen einer regelmäßigen Stellung, eines drei Mal bedeutenderen Honorars und gänzlicher Unabhängigkeit von den Bühnenhelden. E- Louben«. Bibliographie. Lä. Lckmslr: ^rsite äe Is Conservation äe l/ou'le. karii., Oonäres et Oeiprie, 1839. Lee. eilit. eorrixee et suxmentee. ^vec III plancbe« xravees. VIII u. S- 66 in 8. Diese Schrift eines als Gehör-Arztes sehr voriheilhaft be kannten Praktikers zu Dresden ist für Aerzie selbst und noch mehr für Gehbrkranke recht lehrreich, weniger durch die anatomischen und physiologischen Seilen des Gegenstandes, als durch die Ab schnitte über die diätische Pflege des Ohres und die Anweisung zum Gebrauche eigemhümlicher Instrumente für die Erleichterung des Gehörs. Mannigfaltiges. — Der Pariser Buchhändler. Jules Janin entwirft in einem seiner neuesten Feuilletons ein Bild von einem Fran zösischen Buchhändler, ein Bild, das allerdings karrikirl ist, in dem aber doch auch diejenigen Züge leicht zu erkennen sind, die, au» dem Leben gegriffen, den traurigen Zußand des Fran zösischen Buchhandels nur allzu treffend darstellen. „Es gab einmal", sagt Janin, „einen Französischen Buchhandel; es war dies das ehrenvollste, das umfassendste Geschäft der Well. Der Pariser Buchhändler mußte vor allen Dingen ein Mann seyn, der Geist, Geschicklichkeit und Much besaß; er mußte den Leiden schaften, den Bedürfnissen, den Abneigungen und den Liebhabe reien seiner Zeil stels nachspüren und ihnen emgegenkommen. 'Rasch, wie der Gedanke, mußte sein Ueberblick seyn;, was das Publikum morgen verlangen würde, das mußte er gestern schon erralhen haben. Vor allen Dingen aber bedurfte er einer Aus dauer ohne gleichen, um den wenigen Leuten, die noch Bücher lesen, endlich den Glauben an, die Berühmtheit seiner Verlags- Artikel beizubringen. Wenn wir sagen, es gab einmal einen Französischen Buchhandel, nun ja, so meinen wir, daß die Buchhändler immer mehr verschwinden und verschwinden müssen. Es gab solche Leute, die den täglichen Gebunswehen des moder nen Genies als Hebammen assistinen, die auf ihre Kosten und Gefahr neue Bücher drucken ließen, mtt der Aussicht, sie nicht zu verkaufen; die von einem Roman auf ein Geschichiswerk, von dem Geschichiswerke auf ein Drama sich warfen und immer heute ein wenig ärmer waren, als vor acht Tagen. Diese armen Ga leerensklaven des lfterarischen Lebens opferten jenem Geschäft ihre Tage und ihre Nachte, ihre Gesundheit, die Milgift ihrer Frau, das Brod ihrer Kinder, das Hans ihres allen Vaicrs. Und wenn sie dann endlich die dicksten Bücher und die größten Repu tationen des Jahrhunderts fabrizirl halten, so hielten sie mit einemmale inne, denn sie konnten nicht mehr weiter, ihre Kräfte waren erschöpft, ihre Umstände ruinirl, sie hatten sich total zu Grunde gerichtet. Wer an ihnen vorüberkam und die armen Teufel erblickte, die so honett und so unglücklich aussahen, der wollte ihnen helfen; sobald man aber erfuhr: das sind Buchhändler, verschwand auch sogleich alles Milleiden, und Niemand wollie helfen. Nicht ein einziger Banquier wagle zehn Thaler auf die größten Bücher des neunzehnten Jahrhunderts, die da in der Niederlage des Buchhändlers aufgespeicherl sind. Mil Einem Worie, cs ist so weil gekommen, daß der Buch händler als der Aussätzige der modernen Gesellschaft erscheint; es ist eine Schande, ihn zu beklagen, ein Verbrechen, ihm die Hand zu reichen; kaum,wagt man es, ihn anzusehen, wenn er vorübergeht. Der Unglückliche! Wenn er, anstatt mit aller Ge walt Prosa verkaufen zu wollen, oder Verse, phantastische Er zählungen, Romane, Lustspiele und wie das Zeug sonst heißen mag, womit das schöne weiße Papier verdorben wird, lieber den vierten Theil seines Verstandes, seiner Thäiigkeil und seiner ehrlichen Haut darauf verwandt hätte, Wein zu verkaufen, oder Oel, chemische Feuerzeuge oder Futterkattun, so wurde er jetzt eben so reich seyn, als er arin ist; er würde Mitglied des Sladt- raihs seyn, Wähler und Capilain der Nationalgarde, nicht mehr und nicht weniger." Herausgegeben von der Redaction der Allg. Preuß. Staals-Zeitung. Redigirt von I. Lehmann. Gedruckt bei A. W. Havn.