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W-lch-nUich «scheinen drei Nunuu-rn. Pränum«nü,n«- Prei« 22^ Sgr. Tbtr.) vierteljährlich, z Lhlr. für da« ganze Jahr, ohne Er höhung, in allen Theilen der PreuSischen Monarchie. Magazin für die Man prZnum«i« auj diese« Knolatt der »llg Pr. Staal«- Aeilung in Berlin in der Expcdiiicn (zriedrichi-Sirahe Rr. 72); in der Provinz so >vi« im Ausland« Hel den Wohllöhl. Post - Aemlern. Literatur des Auslandes. 103 Berlin, Mittwoch den 28. August 1839. England. Lady Esther Stanhope, die Königin von Palmyra. Von Henri Eornille. In den Zeitungen la« man neulich mit kurzen Worten fol gende Anzeige: „Lady Esther Stanhope ist nach einet langwie rigen Krankheit, 64 Jahr alt, zu Dschuni in Syrien gestorben." Und der gleichgültige Leser erinnerte sich vielleicht gar nicht ein mal, wer diese Frau war, die ihr Leben an den Gränzen der Wüste, mitten unter den Drusen und Turkomanen beschloß, über welche diese Tochter der Ungläubigen einst einen so seltsamen, ja fast wunderbaren Einfluß ausübtc. Es gab in dem Leben der Lady Stanhope eine Phase, wie sie vielleicht nie wieder in die Jahrbücher des Orient« eingetragen wird. Man denke sich vier- zigtausend Araber, die sich plötzlich auf den Ruinen Palmyra'« versammeln, unbezähmie Nomadenstämme, feurig wie die Gluth der Sonne, die mit ihren Strahlen auf dem Syrischen Sande brenni; diese wilde Schaar stehi unbeweglich und schweigend vor einem fremden Weibe; von Erstaunen und Bewunderung er saßt, rufen Alle mu einem Mal die Tochter der Smans zur Beherrscherin der Wüste, zur Königin von Palmyra aus. Man versehe sich im Geist auf den Schauplatz diese« fabelhaften Triumphe«, und man wird das Wesen jener Frau begreifen, welche e» verstand, dem muselmännischen Fanatismus Schweigen zu gebieten und sich durch sich selbst eine wahrhaft zauberische Herrschaft auf dem Boden Mahomeds zu begründen. „Lady Esther Smnhvpe", sagt Lamartine in seinem herr lichen Werke, „war Pm'e Nichte. Nach dem Tode ihres Oheim« verließ sie England und durchreiste Europa. Jung, schön und reich, wurde sie überall mit dem Eifer und dem Anchcil ausge nommen, welche ihr Rang, ihr Reichihum, ihr Geist und ihre Schönheit ihr sicherten; doch verschmähte sie es standhaft, ihr Schicksal an das eines ihrer ausgezeichneten Verehrer zu knüpfen, und nach einigen in den vorzüglichsten Hauptstädten Europa'« verlebten Jahren schiffie sie sich mn einem zahlreichen Gefolge nach Konstantinopel ein. Den eigentlichen Beweggrund zu dieser Auswanderung Hal man Nie erfahren können; Einige haben sie dem Tode eine« jungen Englischen Generals zugeschrieben, der damals gerade in Spanien gefallen war, und 'dessen Andenken eine immerwährende Trauer im Herzen Lady Siauhope's zurück lassen sollte; Andere aber nur dem Geschmack an Abenteuern, und der unternehmende muihige Charakter der jungen Dame sprach für diese lcyie Meinung. Wie dem auch sey, sie reiste ab, hielt sich mehrere Jahre in Konstantinopel auf und schiffie sich dann auf einem Englischen Fahrzeuge mit dem größten Theil ihres baaren Vermögens, mit ihren unschätzbaren Kleinodien und mit Geschenken aller Art nach Syrien ein. Ein Sturm aber übersiel das Schiff auf dem Wege nach Karamanien, im Meer, busen von Makris, es scheiterte, und die Wellen verschlangen alle Schätze der Lädy Stanhope; sic selbst entging kaum dem Tode." Nicht« konnte indeß den Entschluß der. Lady Esther wankend machen; sie kehn nach London zurück, sammelt die Ueberrcste ihres Vermögen», schiff« sich von neuem ein, steuert nach Syriens Küsten hin und steigt bei Laiakia, dem asten Laodicea, ans Land. Erst wollte sie sich in Bruffa am Fuße de« Olymp niederlaffen; aber Bruffa Hai scchzigtausend Einwohner und ist eine an den Landstraßen von Konstantinopel belegene Handelsstadt, und Lady Sianhope sehmc sich nach der Unabhängigkeit und Einsamkeit der Wüste- Sic wählte sich also die Einöden des Libanons, dessen Ver zweigungen sich miiien in Sand-Ebenen verlieren. Das in Trüm mer gesunkene Palmyra, die aste Siad, der Zenobia, rcizie ihre Einbildungskraft, und ihr neuer Wohnsitz sollte an jene vergessenen Ställen gränzen, wo die Vergangenheit mst all' ihrem Zauber, mit ihrer ganzen Eigenlhumlichkcn sich offenbart. Da ist sie nun im Dorfe Dschuni, die edle Verbannte, deren Leben von nun an allen Abenteuern de« Zufalls geweiht seyn soll. „Europa", sagt sie, „ist ein langweiliger, einförmiger Aufenthalt; da sieht man nur Völker, die der Freiheit unwenh sind, und die Zukunft bieiei mir dort nur endlose Revolutionen." So siedest sie sich dann in ihrem Theben an, sie studirl da« Arabische und müh« sich, den Charakter der Syrischen Völkerschaften zu erfor schen. Eines Tages sieht man die Fremde im Türkischen Kostüm sich aus den Weg nach Jerusalem, nach Aleppo, nach Damaskus, nach der Wüste begeben, in der Miste einer mit Reichlhümern, Zellen und Geschenken für die Schelks belasteten Äaravane; bald sammeln sich um sie die Stämme, und cs neigen sich vor ihr alle Völkerschaften, wie einst in Spanien vor Ruy Diaz de Vibar. Man giebi ihr den Namen „Cid", und keine Stimme widersetzt sich ihrem Triumphe. Nicht bloß durch ihre Freigiebigkeit haue sich Lady Esther die Bewunderung der Araber gewonnen; mehr als einmal war auch ihr Much auf Harle Proben gesetzt worden, doch immer haste sie der Gefahr mit kühnem Muche und mit einer Kraft getrotzt, deren Andenken die Stämme bewahrten. Auch verstand cs Lady Stanhope, den muselmännischen Vorurlhei- len zu schmeicheln; weder mit Christen noch Juden stand sie in der geringsten Verbindung; ganze Tage lang weilte sie in der Grone eines Derwisches und ließ sich den Koran erklären; nie zeigte sie sich öffentlich andere als mit jener begeisterten, majestätischen und ernsten Miene, welche bei den Orientalen immer als Kennzeichen der Propheten gal«. Bei ihr war jedoch dieses Wesen und dieser Ausdruck weniger die Wirkung einer klugen Berechnung, als jenes besonderen Hanges zu allem Ueberspanmen und Absonderlichen. Der Aufenthalt der Lady Stanhope, der anfänglich nur eine Einsiedelei war, .verwandelte sich plötzlich in einen orientalischen Palast, mit Pavillons, mit Orangen und Myrlhen - Gebüschen, überrag« von dem Laubwerk der Eedcr, wie sie auf den Bergen des Libanon wächst und gedeiht. Der Reisende, dem Lady Esther den Eintritt in ihr Hciligihum gestattete, sand die Dame mit einem Turban geschmückt, der aus einem weißen oder rochen Kaschmir Shawl gewunden war; sie trug eine lange Tunika, mit offenen fliegenden Acrmeln, weite Türkische Beinkleider, die auf ihre mst Seide gestickten Stieseln aus gelbem Maroquin her- absielen, und am Gürtel den Datagan. Lady Stanhope hatte einen ernsten und gcbie-cnden Ausdruck, über ihre edlen und sanften Züge war eine Majestät verbreitet, die durch ihre hohe Gestalt und ihren würdevollen Anstand noch gesteigert wurde. Doch leider erbleichte plötzlich dieser wu so großen Kosten unterhaltene Zauberglanz. Lady Esthers Angelegenheiten geriechen durch ihre Abwesenheit in Unordnung, mit jedem Jahre vermin derten sich ihre Einkünfte, die^e positiven Hülssquellen, die eine Zeit lang die Magie ihrer seltsamen Herrschaft so wohl unterstützt hatten. Die Königin von Palmyra stieg wieder zum Range der gewöhnlichen Sterblichen herab; sie, die einst alle jene unum schränkten Fermans unterzeichnet haue, welche dem Reisenden gestatteten, nach seinem Gefallen das Gebiet von Palmyra zu durchstreifen, sie, deren Herrschaft die hohe Pforte selbst still schweigend anerkannte. Bald sah sic ihre Allmacht nicht mehr von allen ihren Völkerschaften anerkannt. Man ließ ihr den Ti'el Königin, doch war er fortan nur ein Erinnerungszeichen, und von neuem herrschte klösterliche« Schweigen in Dschuni'« Einöden. Lqdy S'anhope, ihres nur so kurze Zeit getragenen Diade me» beraub«, stirbt durch ein Spiel de» Zufalls gerade in dem Augenblicke, wo der Orient wankt, wo aus dem wurmstichigen Throne Mahomed s II. der Erbe Achmeds den letzten Seufzer aushauchi; sie stirbt einsam und vergessen, ohne daß ihr Name sich in diese großen Begebenheiten gemischt Hai, beim Donner der Kanonen, der in Nisib's Ebenen rolli, als sollte ihr zu Ehren, wie einst beim Tode Alexanders de» Großen, eine blutige Leichen feier begangen werden. Bibliographie. e»ut«»--t<»i» of » Ttu-i-. — Don Sayitaln Meadows Taylor » Bde. Drotlromu«, or au inhmrzk ivto tt»c 6r«t nrnieiplex ok reL«ooiv^. — Von Str G. Haughton ^voature» «turinx >«te nsr. — Von D- H. O'Vkien. 2 Pdt. I'l" trattF'iix ot ^'ouut o« — Von D'Israeli — Trauerspiel von I. E- Reade. Msuoiie «f Navarre. — Drama von R P James. Dt»«- I^oni« ot killuscham. — Historische- Drama von H. Svieer DK«- l^an^rave anä otker <trLma«. — Von Mist E- L- Montagu. DemptLtiou, or » vite'« — Roman in Z BdN- Dde I^ion, a tLle ot tlie coterie». — Z Pde. <totc§i an6 trsititivu«, Munlrallve ot carlv kneli-ch hi«torv anä IitcrLt«rc. — Von W. I Thoms. 8cleet lll>r»rzk of kovtti«ti Divine«. — Von I. Cochrane. Pd- 1 5 Sh. Driti«tl t>i«torzk eliroi>oios?ic;,l!v »rrau^cit. — Von John Wade 1 Pfd. 10 Sh. of onc tiuo6re6 vozkaxe, to »nä trom lotst», etc. — Vo» Henn) Wyse. 14 Sb. 1^0 Vk»), of äyio« kor » t»o-ch»ail. - Zwei Schauspiele von N. P. Willis. 8 Sh.