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392 Prinzen, den man so grausam verleumde! ha«, nur loben. — Der 2V. Marz zertrümmerte meine Aussichten in die Zukunft. Ich blieb nicht minder meinem Vaierlande «reu, und bei ihrer Rückkehr von Gen« bestraften mich der Prinz und der General mit ihrer Vernachlässigung für 14 Tage Dienstzeit, der ich wäh rend ihrer Abwesenheit in Paris mich unterzogen haue. Der Marschall Gouvivn St.-Cyr zog mich wieder aus dieser Un gnade, indem er mir in das Corps des Generalstabes Aufnahme verschaffte. 182Z in Folge der Ancienneiäi zum Escadron-Chef ernannt, wurde ich durch Herrn von Clermont - Tvnnerre zur Strafe für meine Epistel an die „Lumpensammler" von den Listen gestrichen. Die Juli-Revolution gab mir meinen Treffenrock wieder, und vier Jahre später wurde ich Oberst, nachdem zwölf meiner jüngeren Kollegen mir schon den Rang abgelaufen hauen. Ich befinde mich endlich im Ruhestande mit einer Pension von 2400 Franken. Mein literarisches Leben haue schon vor dem Zeitpunkte be gonnen, mit dem ich hier angcfangen. Als siebenjähriger Knabe reimte ich, und Go« verzeih mir die ersten Verse, die ich dem Publikum übergeben. Das erste Stück, das mir Ehre machte, war meine „Epistel an den Kaiser über seine Genealogie". Den ersten akademischen Preis erwarb mir im Jahre 1810 meine Epistel an Raynouard. Ueberhaupl habe ich deren 40 verfaßt, von denen Z2 gesammelt und von den Journalen vor I8L0 sehr gelobt worden sind. — Müde, als ein Dichter in der Provinz zu vegeliren, fühlte ich den heftigsten Drang, in der Hauptstadt zu leben, und es wax im Jahre 1814, wo ich auf das Siraßenpfla- ster von Pari» geschleudert wurde, mit der Aussicht auf halben Sold, zwei Tragödien und die Hoffnung in meinem Ränzel, beim Eintritt ohne Gönner, ohne Lobredner, ohne Freunde, ohne selbst einmal zu wissen, daß man deren bedürfe, wenn man zu Ruf kommen wolle. Aber schon im Jahre I8IZ, als mein Weg nach Sachsen mich über die Hauptstadt führte, haue ich meine Tragödie „Ehlodewig" umergebrachl, und dieser folgten die an deren: Alexander, Achill, Sigismund von Burgund, Arbogast und die Peruvianer. Die erste uud vierte sind gespielt worden, die anderen stehen auf dem lange» Register des Reperioirs, und andere sind im Begriff, ihnen zu folgen. Mil meinem Auftreten im Pariser Athenäum ärndme ich die ersten Beifallsbezeugungen der Hauptstadt. Ich las daselbst mein Gedicht „Parya" vor. Wiederholte Auflagen, Nebcrsegun- gen, Lobeserhebungen, Popularität, Alles brachte es, nur nicht Geld. Aber die Griechen hauen mein Gedicht bezahlt mit Lob, Achtung und Vertrauen, Hanen mich in das Geheimniß ihres Aufstandes eingeweiht. Auf ihrer Durchreise durch Paris besuch ten die Gesandten von Parya meine bescheidene Wohnung; Athens Dichter übersetzten mein Epos in die Sprache Homer's und beehr ten mich mit schmeichelhaften Briefen. — Darauf folgte die „Belagerung von Damaskus". Ich gestehe, um auch hierin ge wissenhaft zu seyn, daß es nicht gut war; „Sedim oder der Re- gerhandel" schloß sich an dieses, und um nicht wieder freimüihig zu seyn, bekenne ich, daß es Interesse und Poesie haue. Es er schien dann mein großes Gedicht „die Philippide". Die Kritiker waren parteiisch, ungerecht, bitter, der Lobeserhebungen wenige, schüchterne; ich haue schon die romantischen Empfindlichkeiten beleidigt. Das junge Frankreich rächte sich an dem wichtigsten Werke meines Lebens für meine Satiren; das zwei Monat darauf erfolgende Fallissement der Verlegers gab ihm vollends den Gna denstoß Aber was man auch sage, das Gedicht wird leben; die «riumphiren zu früh, welche behaupten, daß sie es ivdt gemacht und daß cs kein besseres Schicksas verdient Hal. Ein Werk in Prosa und Versen, betitelt „Spaziergänge auf dem Kirchhofe P-re-kachaise", wurde von dem Publikum und den Journalisten besser ausgenommen, die erste Auflage war in vier zehn Tagen vergriffen, der zweite Band befinde, sich seil zehn Jahren in meinem Portefeuille.') — Meine beiden Romane „der Thurm von Momhlöri" und das „Schloß Sn-Ange" sind hinlänglich bekannt. Nimmt man dazu meine Oper Aspäsia und meine neuste Komödie „die Schwüre", so ist das Register mei ner literarischen Production vollständig. Allee zusammen würde zehn starke Oktavbände fällen, rechnet man aber dazu, was sich noch in meinem Gewahrsam befindet an Dramen, Episteln, Fa beln und dergleichen, so würde dadurch die Zahl der Bände auf vierzehn anwachsen. Damit soll es stehen, wie es Golt, den Ko-' modiamen und Buchhändlern gefallen wird. Ich habe nur die Fähigkeit, zu produzire», aber nicht die, das Produzirie umer die Leute zu bringen. Ich darf nicht vergessen, daß ich Journa list war, was hätte ich sonst in Paris mir meinem bescheidenen Halbsolde anfangen sollen? Ich hatte zu wählen zwischen dem Vaudeville und Feuilleton- Ich entschied mich für das letztere und debülirte 181S im Aristarch. Nach dem plötzlichen Himritl desselben ging ich zu dem äonrnal Uo l'mi» über und arbeitete hier bis zu dem Tage, wo die ungeschickten Eigenihümer es an das Ministerium Decazes verkauften. Ich folgte den Abonnenten und ließ mich bei der Redaciion des l)on->tirutionnel eimragen. Seit 1810 führe ich nur noch die Feder für das Memoire. Als Mitarbeizer des äournsl -io l'arix kam ich in Verbindung mit dem trefflichen Grafen Sögur, der mir auf dem Sterbebette ') Der erste Dau» meiner Geschichte der RevolutionStrieqe im Norden" ist aus gleiche Weise vergriffen worden^ der »veile ist eSensaus der Seffent- ltchkeit enttogen. seinen Sitz in der Akademie vermachte und mich bat, sein Nach folger zu werden. Zwei Tage darauf erfuhr ich, daß Benjamin Constant sich darum bewarb; ich «heilte ihm die mir gewordene feierliche Einladung mit, und seine Antwort — bei dem Namen meines Vaters scy es geschworen — war grob und beleidigend. Ich sah ihn au, fand einen Sterbenden und entfernte mich, ohne etwas zu erwiedern. Ich unterließ, die übrigen Mitglieder der Akademie zu besuchen, nachdem ich es bei dreien gechan Halle- Die siebzehn, welche mich wählten, hallen von mir nur Karlen bekommen; keine Gönnerschaft unterstützte meine Wahl. Ich war glücklich, ich hatte dem Herr» von Sögur Wort gehallem Ich bekam den Auftrag, ihm ein Elogium zu halten, eine Herzens- schuld zu- bezahlen, den Lohn einer zwölfjährigen Freundschaft- Auch im Hinblick auf meine Vaterstadt fühlte ich mich glücklich, indem ich bedachte, daß ich der vierte Akademiker war, der dieser berühmten Körperschaft von dorther cinverleibl wurde. Esprit, Pelisson und Mairan waren Söhne Böziers. (Schluß folg« ) Bibliographie. tn/. — Doi?Cha»lt». b s I1i»toire äe» »oiences eu — Von G- LtvN. ^'eLpo-sition. — Von Lebouteillier. I'iuäurtrie et utUes. — VvN^ LehoUtkillitr- «ur le eoutiueut.y— Von Augustin Thierry, Mitglied des Instituts. NiLtoire 6e I» vie, äe» eerit« et üe« äoetriues 6» k^i»rtiu L«uttier. — Von I. M. V- Audtn- Mannigfaltiges — Literarisches aus London. Der Verfasser der „Pick- wickier" und des „Nicolas Nickleby", Boz-Dickens, der bekanntlich auch seine Romane in der jetzt so beliebten Art, in einzelnen Liefe rungen, herausgiebl, Hal für das nächste Jahr ein neues Werk „nach einem ganz neuen Plan" angekündigl; die erste Lieferung davon soll im März erscheinen. Man sieh«, er versteh! es, das Publikum in Spannung zu setzen. Sein „Nickleby" nahl sich endlich dem Schluß; der letzien Lieferung wird das Portrait des Autors, von Maclise genial« und von Finden gestochen, bcigefügl werden. Mistreß Trollope Hal durch ihren „Fabrik-Knaben" eben so die Eigenihümer der großen Fabriken in England gegen sich aufge- brachl, wie sie sich früher durch ihr Buch über die Vereinigien Staaten die Amerikaner zu Feinden machle; und so wie hier har sic auch dorl Federn zur Verrheidigung der Angegriffenen in Be wegung gesetzt. „Mary Ashley, das Fabrik-Mädchen", wird als die bedeutendste unter diesen Emgegnungsschriflen genannt. Unbefangene erklären die Uebenreibungcn auf der einen Seile für eben so groß als auf der anderen. — Republikanische Courlvisie eines Theater-Di- reklors. Al« im Frühling des Jahres 1800 zu Paris der Be ginn der Vorstellungen des Theaters der Republik und der Künste auf eine spätere Stunde verlegt werden sollte, zeigte der dama lige Direktor dieser Bühne, Herr Devismes, dem Publikum diese Veränderung in folgender Weise an: „Paris, 2t>. Floreal (18. Mai) im Jahre VIII. der Republik. In der Jahreszeit, wo die Sonne ihre Macht offenbart, in der Jahreszeit, wo Flora ihren glänzenden Schmuck entfaltet und ihre süßesten Wohlge- rüchc in die Lüfte ausstrvmi, da wäre es unvernünftig, dem Menschen, der die nur zu flüchtigen Gaben ergreifen muß, welche die Rückkehr der schönen Tage ihm darbieiei, zu- muihen zu wollen, daß er sich gerade in den schönsten Abend stunden in einen Schauspielsaal einschließen solle. Es geziem« sich, zu warien, bis die Nach« mit ihren Schauen die Reich- lhumer des großen Pan bedeckt Hai; dann und nur dann dürfen dem Publikum die Schöpfungen des Genius und der schönen Künste dargeboicn werde»; so geistreich sie auch scy» mögen, sie müssen doch immer gegen die Wunder der Natur zurückstehen. Andererseits Hai die Französische Nation auch eine neue Art der Tages-Lmcheilung angenommen. Damit also die Vernunft den Gebräuchen und der Ordnung der Jahreszeiten sich an- schließe, schien es mir angemessen, daß in der ganzen Zeit der Sommerhitze das Theaier der Künste erst um l> Uhr Abends gc öffnet wurde, nachdem des Tages Last vorüber ist. Ich hoffe, daß diese Anordnung dem Publikum genehm seyn wird; sie wird seine Genüsse vermehren, indem sie die Reihefolge seiner Vergnügun gen regel«. Die Bürger und die Künstler (d. h. die Theaier-Mii gliedcr) werden so ihr Diner in ihrer Gesellschaft mn Ruhe ein nehmen, dann die Promenaden und Gänen besuchen und dort das bezaubernde Geschlecht bewundern können, dessen Anmuih und zierliche Toilette den Schmuck derselben erhöht; sie werden dann, gestärkt von der frischen Luft, nach der Oper gehen, deren Schau spiel erst beginnen soll, wenn die Natur das ihrige geschloffen Hai. Ich erlaube mir demnach, das Publikum zu benachrichtigen, daß-mu der ersten Dekade des nächsten Prairial die Oper um 9 Uhr Abend« anfangen wird." Line Fluih von Witzworien und Epigrammen ergoß sich über dies bombastische Manifest des Bür ger Devismes; es wurde in Verse gebracht und nach einer be liebten Melodie in einem Vaudeville auf dem Theaicr Favart gesungen. -eran-gegeben von der Redaktion der Aslg. Preuß. StaatS-Zeitung. Rrdrgirt von Z. Lehmann. Gedruckt bei U. W. -a»nl