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390 von Katharina Sedley, Gräfin von Dorchester, — die sich auf ihre Herkunft nicht wenig zu Gute lhai. Eben so anmaßend, hartnäckig und rückhaltlos wie Lady Marlborough, ohne den männlichen Geist der Letzteren zu besitzen, scheute die Herzogin von Buckingham keine Anstrengung, um ihren Halbbruder, den Prätendenten, wieder cmporzubringen. In dieser Absicht reiste sie öfter auf den Kontinent; sie verweilte gern mit kindlicher Ehr furcht vor Iakob'« Grabe und benetzte das verwitterte Leichentuch mit ihren Thränen; allein ihr kindliches Pflichtgefühl erstreckte sich nicht so weil, daß sie für Anschaffung eines neuen und kost bareren Grabschmuckcs gesorgt hätte." „Sara Marlborough mußte von Pope'« satirischer Lauge viel ausstchen, besonders in einer Epistel, die Bolingbroke für die beste erklärt, die der Dichter geschrieben Hai. Jene berühmten und iti ihrer Art wohl unvergleichlichen Zeilen an „Aiossa" wurden der Herzogin von Marlborough mit dem Bemerken vorgelegt, daß ihre Rivalin gemeint sey. Aber die schlaue Sara erkannte das ireue, obschon etwas karrikaiurmäßige Portrait. Sie unter brach ihren Vorleser und sagte mit großem Nachdruck: „Ich weiß, wie es gemeint ist — scyen Sie überzeugt, daß ich mich nicht düpiren lasse." Pope mußte einen derben Verweis hinnchmen, doch söhme sie sich später mit dem großen Satiriker wieder aus. Einige wollen wissen, sic habe ihin lausend Pfund gegeben, damit er jene Epistel unterdrückte; allein das gleicht ihrem «rotzigen Charakter nicht. Auch konnte die Geißel der Satire dieses Weib kaum noch unpopulaircr machen, als sie schon war." Wir schließen mit einer summarischen Schilderung des Cha, rakiers der Herzogin, welche uns vorzüglich gelungen scheint: „Neben ihrer ungemeinen Fähigkeit zu Geschäften besaß die merkwürdige Frau eine seltene Gabe, sich mitzuiheilen und An deren begreiflich zu machen, wie sie etwas meinte. Schon im zartesten Alter war ihr Geist über die Neigungen und Liebha bereien ihrer Gefährtinnen erhaben. Die kindischen Ergötzlichketten eines Hofes konnten sie nicht herabstimmen; ihrer starken Seele ,Haien die Fesseln der Etikette kein Leid an. Obschon die Um stände sie zwangen, die Gesellschaft einer von ihr verachteten Fürstin zu ertragen, so sank sic doch niemals bis aus das Niveau der friedlichen und anspruchslosen Anna. Selbst während der me chanischen und beschwerlichen Dienste, die sie, ihre Stellung zu folge, einer gulmüchig-beschränkten Gebieterin erweisen mußte, bildete sich ihr so lebendig empfänglicher Geist Meinungen über politische und andere Gegenstände, bei denen ihr eigenes und ihres Gatten Interesse beiheiligi war." „Mil keiner anderen Bildung, als die Gesellschaft ihr gegeben Hane, wurde Sara schon in jugendlichem Alter einem Manne verbunden, der, gleich ihr selbst, nur praktisch, nicht wissenschaft lich gebildet, ein Zögling der Welt und des Schicksals war. Da mals besaß sie neben ihrer geistigen Lebendigkeit auch die ganze äußere Liebenswürdigkeit ihres Geschlechtes. Noch Hanen die Welt und der Hang zu politischen Jniriguen, dieses tödiende Gift aller weiblichen Anmuih, ihre Natur nicht verhärtet und die Reizbarkeit ihres Temperaments nicht gesteigert. Jetzt wurde sie Marlborough'« Weib, die Gefährtin seiner Gefährten, die Freundin von Männern, welche durch Beredsamkeit, literarische Verdienste oder Tapferkeit glänzten. Ihre Fähigkeiten eniwik- kelicn sich in dieser Sphäre verwandter Geister; ihre Beobach tungsgabe übte sich an würdigen Gegenständen. Sie lernte durch Gesellschaft und Erfahrung denken und argumemircn. Viele Jahre nahm sie an den öffentlichen Begebenheiten, welche die Nation beweg ten, nur geringen Antheil; allein es entging ihr keine bedeutsame Erscheinung. Godolphin, von dem sie viel seltener getrennt war, als von ihrem eigenen Gemahl, konnte ihr zu Wilhelm dem Dritten, der seinen Abfall großmmhig verziehen hatte, keine An hänglichkeit bribringen; aber sein Umgang wirkte wenigstens mil dernd auf ihr heftiges Temperament; erst nachdem der kord- Schatzmeister einer schrecklichen Krankheit unterlegen war, wurde die Herzogin ganz abstoßend in ihrem Wesen und verlor dadurch die Zuneigung ihrer meisten Freunde. Da« weiche Gemüih und die geistige Beschränktheit Anna'« flößten ihr Verachtung ein, und sie duldeie nur mit großer Selbstüberwindung die Gesellschaft einer Gebieterin, deren ganze Unterhaltung darin bestaiid, daß sie eine und dieselbe Liebling«,Idee beständig wiederholte; und aller dings haben solche Reden eine lähmendere Wirkung, al« absolu te« Stillschweigen." Bibliographie. I'ea, it« effket, mor»! knä melNcio»!. — Von G G. Sigmond, vr der Medizin. 5 Sh. pkzkiie ; live« of eeiekrateri mesio»! meo. — 2 Bdt- 24 Eh. ok ll. 6r:Utr»u, ki« »on. — 2 Bde. 1 Pid- 8 Eh. «zkuopsi« of 1k« Kir^ ol Xortk-^merio». — Von I. I. Audubon. 12 Sh. Nistorx of reptile«. — Von Pros. Bell. 8) Sh- 1'ke Mnoe: traditiou* ete. <)v!<»8ll« to — Von I. Snowt. 2 Bde. 1 Pfd. 12 Sh. Kzkä tk« kkoooauoer. — 3 Vdk- 1 Pfd- 1 Sh. Ilsmilton Kiups, kzk tk« Olä 8»>Ior. — 3 Vde- 1 Psd. 11» Sh. 1'ke msnor ot Olenmor«, or tk« Iris!» peasaot. — 3 Bde. 1 Prd 11) Sh^ ^levk metkoü vt kee-pinx kooks'k^ ,!o«!»Ie «ntr^. — Von S Satte 10) «vH- V'trsätfin, a ^scri^riv« poem — Von Mistreh Bowen- 7 Sh- 'Niree montks in Ilie ^ortk. — Von G- Downes 5 Sh. PsrOoron^K» tke miser. — Von W- Carleton 10) Sh Urtiers trom <»erm»n^ »ns k«!yjum. — Von einem Hert'st.Reisenden. 5 Sh. Sports ok 8out!ü-ro — Von Capitain M C- Harris 10) Eh. Hiekar«! llook«r,s isorks. — r Bde. 18 Sb-- Kolrrrt's Kast Ii lii» Vo)k«^«r. — 74 Sh. 1'ke HrLklso Aistkts in Trakte — Von W. H. Macnaghten- 1ster Band. 30 Eh — liito traosiatikli !i)l n 1'orr«vs. — Ister Bd. 104 Sh. Gravels in iVestrrn lnäig. — Vom verstorbenen Oberst^Lieutenant I- Tod. Hto. 3Pfk-13Z EH. Australien. Die Sandwichs-Inseln. (Schluß.) In Honolulu halten sich vier» bi« fünshunden Europäer auf, während in Ke-ara-Kakua nur einer oder zwei leben. Fast alle Personen der höheren Stände sind Amerikaner, und der Handel mit sämmtlichen Sandwichs-Jnseln wird hauptsächlich von dieser Nation betrieben; die Arbeiter und Handwerker sind größten» theil« Engländer. Ueberall wurden wir sehr gut ausgenommen, und fast jeden Abend veranstaltete man uns zu Ehren irgend ein Fest- Ich machte hier die Bekanntschaft eines Spaniers, Don Francisco Marini, der ungefähr vor vierzig Jahren nach den Sandwichs-Inseln kam, sich an Tamea-Mea anschloß und ihm in allen seinen Eroberungskriegen zur Seite stand. Er soll ziem lich seltsame Abenteuer bestanden haben; unter Anderen erzählte man uns, daß Tamea-Mea, der bedeutend krank wurde und sei nem Französischen Arzic Rives nicht so recht traute, diesem befahl, von jeder Arznei eine doppelte Portion anzufcrngen und die eine derselben in seiner Gegenwart dein Spanier Marini einzugeben, damit er an diesem erst die Wirkung des Mittel« erproben könne. Ein andermal wurde Marini gezwungen, einem Gefangenen den Kopf abzusägen; er selbst bestätig,e uns die Wahrheit dieser schauderhaften Thalsache. Doch war Tamea - Mca eigentlich nicht grausam, denn er hob den seit undenklichen Zeilen einge- führten Gebrauch guf, alle Gefangene nach der Schlacht zu er würgen; eben so vernichtete er auch das grausame Gesetz, das den Tod derjenigen anbefahl, die, wenn auch aus Unwissenheit, einen heiligen Ort (tabu) beiraten. Marini schien übrigens hier recht zufrieden gelebt zu haben; er Halle L2 Kinder, denn er war kein solcher Anhänger der Monogamie wie der gute Landprediger von Wakefield. Auf unsere Frage, ob er sich nichl nach Europa zurücksehne, anlworlele er verneinend und fügle hinzu: „Dieses Land war so schön, als ich es zuerst beirai; da war noch gule Zeil für alle Europäer; die Sillen waren einfach und nalürlich, und die Fremden standen in großer Achtung. Jetzt aber weiß man nichl mehr, woran man ist, die Wilden haben sich civilisirl, und die Civilisirien sind verwildert; die Missionäre haben Alles verdorben, sie haben den Charakter der Bevölkerung herunlerge bracht und Scheinheiligkeil und Heuchelei bei uns eingeführk, die man sonst hier gar nicht kannte." Und als wenn er fürchlele, zu viel gesagt zu haben, setzie er begüligend hinzu: „Indessen sind ihre Einrichtungen dock gut, sic haben die beste Absicht gehabt." Obgleich der Europäische Luxus schon anfängl, in Honolulu zu herrschen, so sieht man doch erst sehr wenige Wagen; nur einige dort ansässige Europäer und Amerikaner haben Kabriolet« und anderes Fuhrwerk; Kauikeauli selbst Hal eine Kutsche, deren er sich aber nie bedien«. Die reichen Häuptlinge und ihre Frauen, welchen das Gehen ihrer Beleibtheit wegen sehr schwer wirb, lassen sich in einer Art Karren von Menschen ziehen. Einstmals begegnete ich auf der Straße dem Statthalter der Insel Mauwi mit seiner Frau, die im Begriff waren, Besuche abzustatten; beide lagen ausgestreckl auf dem Bauch nebeneinander, das Kinn auf ihre Hände gestützt, und von der Bewegung ihres Karren« schaukelten die beiden ungeheuren Körper hin und her. Eine zahlreiche Menge von Dienern folgte ihnen und ging vor ihnen her; der eine «rüg einen Sonnenschirm, der andere eine» Fliegen wedel, ein dritter den Erben dieser edlen Familie. Die Leute, welche dieses interessante Paar zogen, gingen im starken Trabe; es waren aber auch acht bi« zehn starke Bursche vorgespannt, die von Zeil zu Zeit durch andere ersetzt wurden. Der Statthalter von Mauwi ließ stillhaltcn, um mit mir zu sprechen; er benachrichtigte mich, daß er den folgenden Tag vor dem Hause des Königs große Heerschau hatten werde, und lud mich ein, derselben bcizuwohnen. Ich wollte eine so schöne Ge legenheit, die Streitkräfte der Sandwichs-Insulaner kennen zu lernen, nicht verabsäumen und stellte mich also pünktlich ein. Die ganzen Linien - Truppen bestanden aus hundcriunddreißig Mann, die in drei Reihen aufgestellt waren; ein jeder der Solda ten trug eine Flinte ohne Bajonett aus Englischen oder Amerika nischen Fabriken; Einige waren ganz nackt, nur mit dem Maro umgüriel, Andere hatten breite Stücke Zeug auf Römische Art über der Schütter hängen, und noch Andere waren mit Kokus, oder Bananenblättern bekränzt- Den Linien-Truppen gegenüber und ebenfalls in drei Reihen geordnet war die Stadt-Miliz von Honolulu ausgestellt; man konnte sie nur schwer von den regulai- ren Truppen unterscheiden, weil ihre Bekleidung ganz gleich war, doch hatten nur wenige von diesen Bürger-Gardisten Flinten, und die ganze Art, wie sie mit dieser Waffe umgingen, verriech, daß der empfangene Ererzier-Umerrichi nicht viel bei ihnen gefruchtet hatte. Dor der Thür de« Palastes stand die Königliche Leibgarde; sie bestand au« eilf Mann, die alle in weiße Hosen und Jacken mit scharlachnen Aufschlägen und Zierralhcn gekleidet waren; je der haue eine Flinte mit Bajonett, und da« war ohne Zweifel die Elite des ganzen Heeres von Owahu. Sie schienen mit tiefer Verachtung auf die Linien- und Stadt - Truppen herabzublicken; ihr stolz erhobener Kopf und ihr miliiairischer Anstand zeigten, daß sie ihre Ueberlegenheit fühlten. Ein Trommelwirbel verkündete den Anfang der Parade. Ein Offizier las eine lange Rede vor, von der ich natürlich nicht« verstand; inan sagte mir, es hätten auf der letzten Parade mehrere Mann gefehlt und daraus bezöge sich diese Anrede. Dann sing die Ucbung an, bei welcher sich aber das ganze Heer, mit Lim