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Wöchentlich erscheinen drei Nummlrn. PriinumcraNonS- Preis 22j Sgr. Tdlr.) vierteljährlich, 3 Tdlr. sür daS ganze Iadr, ohne Er höhung, in allen Theilen her Preußischen Monarchie, Magazin für die Man pränumerirt aus diese« Beiblatt der Mg. Pr, StaatS- Aeitung in Berlin in der Expedition (FriedrichS-Straß: Nr, 72); in der Provinz so wie im Auslände bei den WohllSbl. Post-Acmtern. Literatur des Auslandes. 79. Bcrlin, Mittwoch den Z. Juli 1839. Ungarn. Fiume und seine Umgegend. Die Sonne ging eben auf, als am 14. August 1837 die Rader des Wagens, in welchem ich müde und verwunde« saß, auf den gepflasterten Straßen,von Fiume raffelten. Um diesen Punkt zu erreichen, waren mein Sohn und ich über jenen Zweig der Julischcn Alpen gereist, der Kroatien von Krain trennt und immer tiefer hinabflnki, bis er die Küsten des Adriatischen Meeres am unteren Ende von Dalmatien berührt. Es war eine herrliche Fahrt gewesen in einer köstlichen Jahreszeit und während einer Nacht, deren erfrischende Kühle für unsere erhitzten Glieder höchst wohlchäng war; doch weder er noch ich konnten auf die Schönheiten achten, die jede neue Biegung der Straße uns erschloß. Was den Knaben betrifft, so schlief er glücklich und gesund auf den Kniecn unserer Freunde. Seine Schmerzen waren alle vergessen, und in seinen Träumen schienen ihm mehr Bilder der Heimaih vorzuschweben, als Er innerungen an die seltsamen und gefährlichen Abenteuer, die wir eben bestanden hatten; bei mir aber war es nicht so. Ich konnte nicht einmal meinen Kopf auf den Sattelkiffen des Wagens aus ruhen, und in einer ganz aufrechten Stellung schlafen, ist nicht sehr leicht. Wie freute ich mich daher, als einer meiner Reise gefährten mir meldete, daß der Gipfel der Bergkette erreicht wäre, und daß noch eine Fahrt von ein oder zwei Stunden uns an das Ziel unserer beschwerlichen Reise bringen würde. Ich muß meinen Lesern noch bemerken, daß mein Sohn und ich, kubz bevor diese Fahri unternommen worden, aus den Händen der Räuber befreit wurden, die uns in den Bergen von Kroatien so schrecklich zngerichicl hatten. Unsere Begleiter waren Herr Hill, der Britische Vice-Konsul in Fiume, dessen Bemühungen wir unsere Freiheit verdankten, ein Diener des Gesetzes, den der Gouverneur miigcschickt, um den Konsul mit seinem Rath zu unterstützen, und ein Arzt, ein Neapolitaner von Geburt, der in der Französischen Armee unter Napoleon gedient hatte und jetzt in Fiume praktizine. Ich hoffe, man wird nicht glauben, daß ich meiner Verpflichtungen gegen den Legieren uneingedenk bin, wenn ich gestehe, daß mich sein Betragen wahrend der ganzen Nacht höchlich ergötzte. Seine Phantasie war von Räubern und Banditen ganz erhitzt. Er bat mich, ihm eine meiner Pistolen zu geben, was ich lhat, und obgleich sie nicht geladen wm, ließ er sie nicht aus der Hand, bis wir die Stadl crbeichien. Dann bewachte er auch jede Bewegung meines Kopfes und Körpers, und wenn ich nur die geringste Miene machte, zu schlafen, so bat er mich, ich möchte um leinet-, wo nicht um meinetwillen, mich hüten, die Bandagen zu verrücken. Doch ich kann nicht ins Einzelne entgehen, ich kann nicht den Ton seiner Stimme beschreiben, seine raschen, unruhigen Bewegungen und seine un verstellte Ängst, wenn ein- oder zweimal der Schatten eines Felsens oder eines Baums über den Weg fiel; dies Alles muß man gesehen haben, um sich eine Vorstellung davon zu machen. Ich muß gestehen, daß ich, trotz Wunden und Quetschungen, nicht immer mein Lachen unterdrücken konnte, obgleich die Be friedigung meiner Lachlust mich schmerzlich daran erinnerte, daß, wenn die Hirnschale offen liegt, der Mund am besten ge schloffen bleibt. Obgleich ich bei dieser Gelegenheit auf die Natur um mich herum nicht viel achten konnte, so will ich doch einige Worts da von sprechen, weil ein längeres Verweilen in der Gegend mir erlaubte, die interessantesten Punkte zu besuchen. Man fährt von Dalniza nach Fiume über eine ununterbrochene Erhebung von ungefähr >2 bis iS Engl. Meilen, wo die Straße fortwährende Biegungen macht, um jedes Thal, dem sie begegnet, zu benutzen. So wird man bis auf eine Höhe von nicht weniger als vier- bis fünftausend Fuß über dem Meeresspiegel getragen, aber nicht, wie in vielen Tyroler Pässen, in so allmäliger Weise, daß man gar nicht merkt, wie hoch man gekommen ist, sondern sehr rasch und merkbar durch Zickzacks, deren Neigung nicht weniger be trägt, als 33 Grad. Inzwischen breitet sich ein Panorama vor Dir aus, das so eigemhümlich ist, als irgend eines im südlichen Europa. Zu Deiner Linken sind wilde Hügel, dürr und steinig, und unter Dir rechts Thäler und Schluchten, bald reich und grün, mit Wiesen und hier und da einer rnenschlichen Wohnung, die an einem Strom erbaut ist, bald so finster, tief und steil, daß jeder Versuch, hinabzustcigen, dem, der ihn wag», den Hals brechen würde. Schon die Vorsichtsmaßregeln, die man gegen Unfälle getroffen Hai, beweisen, wie gefährlich der Weg ist. Eine starke Mauer begränzl die ganze rechte Seite des Weges, und der Postillon erzählt Dir, wenn man diese wegnähme, so würde man nicht dafür stehen können, ob man eines von den beiden Enden mit ganzen Knochen erreicht. Denn es ist ein Wind, der Bora heißt und mit solcher Heftigkeit dies« Abhänge hinumerfährt, daß weder Mensch noch Thier widerstehen kann, und nicht selten haben Beide ihre Rettung der Mauer verdankt, welche die Klugheit und Sorgfalt der Ungarischen Behörden daselbst er baut hat. So fährt man gegen zehn Engl. Meilen hinaus; je näher man dep Kuppe kommt, desto einsamer wird die Gegend, bis eine Felsenwand jeden weiteren Schritt zu hemmen scheint. Da ist nirgend« eine Spur von Menschen-Aufenlhatt; so weil das Auge reich«, sicht man nichts als Spitzen über Spitzen ragen. Es wird wohl selten Vorkommen, daß Einem in solcher Lage nicht fast ängstlich zu Muihe wird. Doch wie soll ich den Anblick beschrei ben, den man vom Gipfel aus genießik Einen Moment vorher ist Alles wie ein verschlossenes Buch; dann biegt inan um eine Ecke, und vor Dir lieg« jener köstliche Theil des Adriatischen Meeres zwischen den Vorgebirgen Melada und Pola, der den Golf von Fiume bilde«. Wie schön lieg« er da mit seinen blauen, bewegungslosen Gewässern und seinen bergigen Ufern, die auf der Spitze kahl und felsig, an ihrem Fuße und auf mehr als der Hälft« ihrer Höhe mit Gräsern jeder Ar« bedeckt sind. Der Golf ist mit Inseln besäet, die ihn fast von dem übrigen Meer abson dern und ihm das Ansehen eines Binnensees geben. Sobald der Reisende diesen Gipfel erreicht hat, so verläßt ihn gewiß jede Unruhe, die er während der Auffahrt haue; denn'jeder Schritt, den er «hu«, zeig« ihm Schönheiten, auf die er nicht gerechnet haue. Die Umgegend ist ganz verändert; man sieht nicht mehr eine Reihe von Bergkippeln und kahlen Felsen, sondern an den Seiten der Hügel hängen Wein- und Oltven- gäricn, während mehr in der Nähe Ruinen und moderne Bauten- abwechselnd die Aufmerksamkeit des Reisenden fesseln. Auf einer isolirien Spitze, welche die S«ad« übersieht, links von der Straße, sieht man die Ruinen eines alten Kastells, in welchem, wenn ich mich recht erinnere, die Familie Franghani lange gewohnt Hai. In Hinsicht der Architektur ha« es nichts Merkwürdiges, aber seine Lage ist wunderschön, und Graf Nugcm, der cs neulich an sich kaufte, hat gezeigt, daß er dies zu schätzen weiß. Ec Hal cs so eingerichtet, daß es ihm zum Aufenthalt dienen kann, wenn er Geschäfte halber oder zum Vergnügen diese Straße reist, und damit cs etwas mehr Interesse biete, als das bloße Alterchnm zu gewahren vermag, ha« cr eine Reihe von Zimmern in eine An Kunst-Galerie verwandelt. Da stehen in wohlgeordneten Gruppen Abgüsse von den besten Slawen, die Italien hat, Apollos, Venus-Statuen, Gladiatoren und Nioben, die von ge schickten Händen auegeführi sind. Sie stimmen vortrefflich zu dem Charakter des Oris; nur Schade, daß man, um sic zm er reichen, mehr Beschwerden ertragen muß, als ein unbefangener Reisender für einen solchen Zweck gern auf sich nehmen wird. Das Schloß der Franghani begegnet dem Auge in dem Mo- meni, wo man sich anschickt, nach Fiume selbst hinabzufahren. Doch ist es nicht der einzige Gegenstand, nach welchem man unwillkürlich den Blick richtet. Man fährt jetzt über einen Weg, der aus dein Felsen besser ausgehauen ist, als irgend ein Theil der bisher zurückgelegien Straße. Es ist in der Thar eine Ga lerie, die an der Seite des Berges ausgchöhlt ist, zu welchem Zweck Sleinbrüche an Stricken von den Spitzen und Kuppen, die in die Höhe ragen, Herabgelaffen wurden. Hier wird man versucht, in die Tiefe eines weiten Abgrunds hinabzuschauen; denn der Rand desselben fällt so senkrecht wie ein Bleiloch hinab, und außerdem hör« man aus der Ferne das dumpfe Rauschen eines Stroms. Dieser Strom ist der Fiumara, der sich seinen Weg nach dem Meer durch diese Schlucht bricht und an dessen Ufern in den letzten Jahren eine ausgedehnte Papier-Fabrik er richtet worden, welche einen großen Theil Deutschlands und fast ganz Ungarn mit Papier versorgt, wobei man den gmen Ge schmack gehabt hat, die Gebäude, die dazu gehören, so cinzurich,