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304 Geist und mir dem ihm eigemhümlichen Paiho« durchdringen und beherrschen. England. Zur Geschichte der Liebhaber-Theater. IN. In England. In Italien und Frankreich gab es früher Liebhaber-Theater, al« öffentliche; in England dagegen Hane man schon sehr früh besoldete Schauspieler. Erst unter der Regierung Iakob'« I. war es, wo Liebhaber-Theater aufkamen und Hof und Adel an den Schwänken Theil nahm, jenen reichen, phantastischen Schauspie len, auf welche die Vere'«, die Derby'«, die Bedford'«, die Clif ford'«, die Arundel'« und andere historische Namen so viel Glanz werfen und die durch Johnson'» und Milion's Federn in unserer Literatur unsterblich geworden sind. Der Hof der Gemahlin Jakob's, Anna von Dänemark, hat sich vorzüglich durch die Aufführung der Johnsonschen Poffenspiele ausgezeichnet. In der zwölften Nacht des Jahres 1608 ward sein „schwarzer Schwank" mit einer Pracht aufgeführt, von der uns die 3000 Pfund Kosten nur einen schwachen Begriff geben. Die Hauptrollen spielten die Königin, die Gräfin Lucy von Bed ford und zehn andere Hofdamen, welche die Mohren darstellien und, wie Sir Dudley Carleton uns erzählt, „Gesichter und Arme bis zum Ellenbogen schwarz gefärbt Hanen." „Aber Nicht«", fügt er hinzu, „stand ihnen so gut, als ihr eigen Roth und Weiß." Der „Hymensschwank", der „ Schönheiisschwank", der „Schwank der Königinnen", der „Gegenschwank der Hexen" und viele andere folgten einander, an welchen kein gemeiner Schauspieler Theil nehmen durfte. In dem „Oberonsschwank" fand man, wie Sir John Finnel erzählt, „den kleinen Herzog Karl (Karl I.) mitten unter den feenhaften Tänzern." Die „Jagd auf Kupido", die im Jahre 1608 zu Lord Harrington'« Vermäh lung aufgeführi ward, kostete jedem von den eilf Herren, die darin mitspielien, 300 Pfund. Die Unruhen im Staal und die Sorgen Karl'« l. verbann ten fast alle theatralische Vergnügungen von dem Hofe während seiner Regierung; doch fanden sie eine Zuflucht in den Häusern des Adels. Zwei Schwänke, die damals gegeben wurden, wer den die Namen derjenigen, die darin auftraten, unsterblich machen, die „^restlos" und der „Lomus" von Milton. Da« erstere wurde von den Kindern der verwitweten Gräfin von Derby auf ihrem Landsitz Harefield Place gegeben, und das andere von den Söh nen und Töchtern des Grafen von Bridgewater in Ludlow, der damaligen Residenz des Lord Präsidenten von Wales im Jahre 1634. Der letzte Versuch, diese Art von geselligen Vergnügungen zu erneuern, fand unter Karl II. statt, wo die beiden künftigen Königinnen, Maria und Anna, nebst vielen adligen Personen bei der Geschlechter, den Schwank „Callisto", der von Crowne ge schrieben war, bei Hofe aufführten und wo der unglückliche Her zog von Monmouth unter den Tänzern erschien. Von Karl II. bis in die Mine des I8ien Jahrhunderts bieiel da» Englische 1'köstr« äs 8ociete wenig Interesse. Maskeraden kamen gleichzeitig mit dem Hause Braunschweig auf und waren während der Regierungen der beiden ersten George im fashiona- beln Leben äußerst beliebt. Sie waren ein Liebliimg-Vergnügen Georg'» II-, der sich oft unter die mehr als 2000 Personen starke Menge der Subscripnons-Bälle in Ranelagh und dem Opern hause zu mischen pflegte- Auf einer solchen Maskerade war es, wo der König, der ein altes Englisches Kleid anhatte, sich an einer Gesellschaft ergötzte, welche ihn aufforderte, ihr am Thee- tisch aufzuwarten. Lady Dalkeich, die Tochter des großen Herzogs von Argyle, brachte die Englischen Liebhaber-Theater wieder in Schwung. Sie sammelte 1748 eine Gesellschaft Schottischer Großen um sich, und das erste Stück, das sie auffähren ließ, war die „Rache", wobei der Prinz und die Prinzessin von Wales zugegen waren. Walpole sagt, „daß die Darstellung nicht ausgezeichnet war." Derselbe Schriftsteller erzählt, daß im Jahre 1781 das Unter haus sich vertagte, damit die Gesetzgeber Drury-Lane besuchen könnten, wo Othello von einem Herrn Delaval und seiner Familie gegeben wurde, welche das Theater zu diesem Zweck gemiechel hallen. Der Zudrang der eleganten Welt war so stark, daß die Lakaien-Galerie mit blauen Bändern geschmückt ward, um sie aufzunehmen. Als der Prinz und die Prinzessin von Wales von dem Hofe ihre« Vater« verbannt wurden, war es unter dem Adel, der da mals in der Opposition war, Sitte, ihnen glänzende Feten zu geben. Zu diesem Zweck brachte die Herzogin von Queensberry Liebhaber-Theater zu Stande, wo der Liebling dieser Königlichen Personen, Lord Bute, seine schönen Beine, auf die er nicht wenig stolz war, als Loihario zeigen konnte. Nächstdem ist das merk würdigste Liebhaber-Theater jener Seit das in Wimerslow, wo keine geringere Person auf der Buhne des Lebens, als Charles James Fox, den Horatio in der „schönen Büßerin" und Sir Harry in „Ilixfi lüke bolow 8t»ir«" gab. Noch ist aus der Vergangenheit das Liebhaber-Theater in Richmond House zu nennen, welches Pitt selbst besuchte und um deffemwillen einmal die Sitzung des Unterhauses abgekürzt ward. An diesem Abend brachte die Schaulust Fox, Pix und Sheridan in eine Mieihkuische zusammen. Um dieselbe Zeil, wo die Liebhaber-Thealer in England wieder Mode wurden, regle sich ein ähnlicher Geschmack unter den höheren Ständen in Irland. Im Jahre 178S ward eine Reihe solcher Vorstellungen in Lurgan gegeben, in der Grafschaft Armagh, dem Sig des berühmten Mitglieds des Irischen Par lament«, William Brownlow. Dieser Bühne verdankt die dra matische Literatur den Volksschwank „Midas", bei dessen Auf führung der Verfasser Kane O'Hara die Rolle des Pan gab. Diesen Darstellungen folgte im nächsten Jahr eine Art theatra lischen Jubiläums in Castlelown, dem Sitz des Herrn Thomas Conolly, wo nach der Aufführung des ersten Theils von Hein rich IV. ein Epilog von Hussey Burgh gesprochen ward, einem der ausgezeichnetsten Rechlsgelehrten, die Irland je hervorge bracht. Um dieselbe Zeit gab Irlands einziger Herzog, Leinster, seine fürstliche Wohnung in Cariown zu einer^ Reihe von drama tischen Vorstellungen her, wo der Diakonus Marly den Lockit in der „Bettlers Oper" gab, was hernach der Erhebung dieses ausgezeichneten Mannes zum Bischof von Waterford keinen Ein trag ihai. Zu den interessantesten Irländischen Liebhaber-Theatern des vorigen Jahrhundert« gehört das, welches im Jahre 1774 auf den Landsitzen des Sir Hercules Langrishe und des Herrn Flood zu Stande kam, wo die beiden berühmten Redner Grattan und Flood zusammen auf der Bühne erschienen und, indem sie die beiden feindlichen Häuptlinge Macbeth und Macduff darstellien, eine Ari poetischer Vorübung zu ihrem künftigen politischen Kampf hatten. Graiian's Name kommt dann wieder bei einem Liebha ber-Theater im Jahre 1776 vor, wo er nach einer Aufführung des „vomus" auf dem Landsitz David Latouche's einen von ihm selbst verfaßten Epilog in Versen sprach. Im Jahre 1788 bildete sich ein Liebhaber-Theaier in Slanes Castle, unter dessen Schauspie lern der Name Lord Edward Fitzgerald's aufgeführl wird- Im Jahre 1802 gründete der verstorbene Richard Power, „ein Mann, der sich nie einen Feind machte, noch einen Freund verlor", wie der beredte Oberrichier Bushs von ihm sagte, ein Liebhaber- Theaier in Kilkenny, wo jährlich mit geringen Unterbrechungen bis zum Jahre 18IS Vorstellungen gegeben wurden, an welchen die Herren Grattan, Curran, Thomas Moore, Corry u. s. w. Theil nahmen. Mit dieser Theater - Gesellschaft zu Kilkenny endete die Zeil, die man die gesellige Periode von Irland nennen kann. (K. M. !U.) Mannigfaltiges. — Shakespeare'« Heinrich V. Durch die Bemühungen Macready'» ist dieses Drama vor einigen Tagen zum erstenmale (wenigstens in der neueren Zeil) auf dem Eovemgarden-Theaier in London aufgeführl worden. Dem Stücke fehlt es bekanntlich an einer eigentlich dramatischen Jntrigue. Heinrich V., dessen Jugendjahre uns so ergötzlich in den beiden Abtheilungen Hein rich'» IV. vorgefühn werden, tritt darin als der Held von Azin court auf; ihm gegenüber erblicken wir Karl VI. und den Fran zösischen Hof. Kämpfe und Verhandlungen um die Ansprüche Englands auf die Herrschaft über Frankreich bilden den Kern dieses abwechselnd in beiden Ländern spielenden Drama'«, in welchem zwar noch Falstaff'« Compagnie, nicht mehr aber der tapfere Sir John selbst, den Humor der Schenken Alt-Englands repräsemirt. Dagegen fehlt es nicht an reichen Aufzügen, präch tigen Belagerung»- und Schlachi-Scenen, Festlichkeiten aller Art; diese sind durch einen kernigen Dialog und durch einen Chor ver bunden, der zu Anfang jede» Aktes wiederkehrt und, wie in der Griechischen Tragödie oder wie in Schiller'» „Bram von Messina", die Begebenheiten historisch erläutert, sie durch seine Betrachtun gen hervorhebt und endlich die Moral zu der Fabel liefert. Nun Hal Macready Musik, Malerei und Kostümirkunst aufgeboien, um dieses Drama so würdig als möglich in Scene zu setzen und den Engländern einen vollständigen Begriff von dem Leben ihrer Alt vordern im Mittelalter zu liefern. Die Musik zu den Chören hat Herr T. Cooke komponin; die Decorationen lieferte der berühmte Maler Stanfield, und in Betreff der Kostüme, Wappen und Waf fen ward Alles in Anspruch genommen, was die Kunstkammer des Tower und was die ältesten Chroniken Erläuterndes dazu an die Hand geben. Die Worte des Chors wurden von Herrn Vander hoff gesprochen, während lebende Bilder und Decorationen, Ge sänge und Märsche die obligate Begleitung lieferten. Macready spielte den König Heigrich V. und soll auch in dieser Beziehung einen großartigen Eindruck hervorgebrachl haben. Eine Scene dieses Stückes haben wir übrigens kürzlich in Berlin gesehen, nämlich auf A. Schröter'« Gemälde, wo Capitain Flueuen den würdigen Pistol zwingt, den Lauch aufzuessen, den Jener al« Feldzeichen auf seinem Hui getragen haue. Das mit dem 30sten d. M. zu Ende gehende Abonne ment wird Denjenigen in Erinnerung gebracht, die in dem regelmäßigen Empfange dieser Blätter keine Unterbrechung erleiden wollen. Herausgegeben von der Redaction der Mg Preuß. Staats-Zeitung. NediHirt von Z. Lehmann. Gedruckt bei A. W. Hayn.