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Wöchentlich erscheinen drei Nummern. Prinumeraiion»- Prei« 22 j Sgr. lt Lhlr.) rierteljährtich, Z Thlr. für das ganze Jahr, ahne Er- HSHung, in allen Tbcilen der PreuSisckcn Monarchie. Magazin für die Man prLnumeriri aus diese« Deidlatt der Allg. Pe Staat». Zeitung in Berlin in der Ekpedition (Friedrichi-Ttra-e Nr. 72); in der Provinz s» wie im Auslande dei den WohllSdl. Post - AenUern. Literatur des Auslandes. 70. Berlin, Mittwoch den 12. Juni 1839. Frankreich. Die Presse während der Revolutionszeit. Erster Artikel. Unstreitig ist der „klomeeur" die beste Quelle für die Rcvo- lulions-Gcschickt«, und auch die anderen Französische» Zeitungen von 1787 —I7S8 sind eine kostbare Fundgrube von Aktenstößen für denjenigen, der es unternimmt, die Geschichte dieses düsteren Zeitabschnittes zu schreiben. Gewiß findet man in den Büchern die Geschichte der Thaisachen, aber die Zeitungen sind di« Ge schichte der Ideen. In ihren Spaiicn findet man die vcrmuch- lichen Gründe der Erhebung de» Volks, seiner Bemühungen, den Thron Ludwig'« XVI. umzustürzen, so wie die Erklärung der stürmischen Scene», deren Schauplatz der Naliop.al-Äonoem war, und die bedeutsamsten Beweggründe zu den Metzeleien und Proscriplione». Marai's und Höben'» Einfluß auf die rohe Volksmasse während der Sckrcckcnszeii bedars kaum noch einer Erwähnung. Der „puhlioir-t« ?uri.>mm" de» Ersteren und der „l'öro DuoUrrmo" de» Anderen läuteten die Sturmglocke der Em pörung. „Ist der „i'öre Hucheunc" heule in Wuths" das war die erste Frage, die der Pariser Bürger that, wenn er sich mit den Tagcebegebenhcucn bekam» machen wollte. Selten was cs sich indcß, daß der ,,1'ör« Duclw-mn" guter Laune war, wenn er nicht am Tage vorher einige Köpfe umcr dem Beile der Guillo tine Hane fallen sehen. Täglich begab er sich in seinen Klub, um einige Aristokraten, Feinde des allgemeinen Wohls, zu demm- zircn oder um einen Ausstand für dw erst« beste Gelegenheit zu organisiren. Al» die republikanischen Armeen an den Gränzen Europa'» gegen die vereinten Kräfte Europa'» kämpften, waren die Zeitungen und Journale ein mächtiger Bundesgenosse der Eemral-Regierung. Alle Blätter des „pöro Duch^no" wurden den Soldaicn regelmäßiger als der Sold und die Bekleidung zugesendel. Der Mensch lebi ja nicht allein vom Brodie. Dl« teyien Artikel wurden im Lager gelesen und erörtert, und ne haben später viel zu den Siegen der republikanischen Heere bei- getragen. Im Konvente hallen die gemäßigten Parteien eben sowohl ihre Vertreter wie die überspannten. Brissac, Evndvrcci, Roland und die bedeutendsten Girondisten waren Journalisten. Nach sei ner Ausstoßung aus dem Jakobiner-Klub ließ Camille Desmou lins den „Vieux Owäelier" erscheinen, in welchem er in glühen den und beredten Worten da« Unglück seines Vaterlandes be klagte. Aber auf Seite der gemäßigte» Panci war die Zahl der Journale sehr beschränk, im Vergleich zu dencn, welche täglich aus der Mille der polnischen Fananker aufschossen. Es gab kein bedeutende« Mitglied des Konvents, keinen Führer der Jakobiner, der nicht sein Journal gehabt hätte, in welchem er gegen den König, den Adel, die Geistlichkeit oder seine eigenen Meimmgs- genossen loszog. Wenn man einen Blick auf die zahllosen wü, «higen pcriodi,cke» Plätter, wie bas ...Wurnal W h, zioncaxiw", die „^rintocratie ruch üuöo und mu-ctflöu", da« „Dehn <lu pulaix- Unzuil", das „äouriml äe.-> äacul>i»^" witst, so begreift man die Proscripiion der Girondisten, die Lyoner Metzeleien, die Erträn kungen zu Nantes und die SeptembenMvrdscenc». Einige Schriftsteller unserer Zeil haben c« für angemessen erachtet, die Französische Revolution al» das Werk ciniger wmh- embranmen Charaktere, einiger überspannten Geister darzustellen. Sie haben Robespierre und Damon auf einen Thron erhoben, von welchem dieselben auf das Chaos der Revolution mcder- blicken. Dennoch ist nichts lächerlicher, denn damals war die Thaikrafi eine allgemeine Gabe, und keiner dieser Mensche» hätte sie zurückdämmcn könne». Al« sie dieselbe in ihrem schreck lichen Aufschwung« aufzuhalien versuchten, verschwand ihr Ein fluß und ihr? Voikechümlichkeit, und sie fielen selbst als Opfer rincr höhere» Gewalt, sie wurde» vom Strudel for,gerissen. Warum wurden die Girondisten in die Wälder getrieben und wie wilde Thier« gejagt k Weil sic zu gemäßigt waren. Warum wurde Damon, dessen mächtige Stimme da« Zeichen zu de» Sepiember-Meyelcie» gab, vor bas Revolutions-Gericht geschlcppik Weil er gestammelt Hane und, als die Gelegenheit da war, sich nicht al« Man» zeigte; Camille Desmoulins würde von dem- selbe» Schicksale getroffen. Robeepierre selbst wmde sich länger gehalten haben, wenn er nicht zuletzt eine gewisse Neigung für die Grundsätze der Ordnung und Mäßigung hätte blicken lassen. Di« Partei, welche ihn stürzie, sah mit Schrecken, daß «r nahe daran war, von seinen Genossen eine strenge Rechenschaft der Gräßlichkeiten zu fordern, welche sie auf ihren Missionen in den Departement« begangen hauen. Es ist wohl erwiesen, daß Ro- bespicrre cs geihan haben würde, wenn er länger gelebt hätte. Diejenigen, welche nur seine demagogischen Ausschweifungen kennen, würden über die Prinzipien erstaunen, welche er acht Monat« vor seinem Tode angenommen haue, als cr schon nicht mehr zu den Ultra'« gehör,« und die neuen Männer über ihn hinausgegangen waren. Da« scheint phantastisch und unglaublich, obgleich cs wahr ist Es würde leicht seyn, die Proben von der Gewalt des rcvo- luiionnairen Oranges zu vervielfältigen. Die Blätter der Zeit wimmeln davon, und es ist interessant, zu sehen, welche Lobeser hebungen sie dem Patriotismus und der Thaikrafi der Redner er- iheiie», welche ihre fanatischen Ansichten verfochten. Das sicherste Mittel, populair zu werden, war, wo möglich, Marat und Höberl an Wmh zu überbieien. Diese beiden Männer waren lange Zeit Ideale, denen jedes Konvems-Mitglied iiachcifcrtc. Maral'» und Höben'« Haß gegen das Königlhum hatte zuletzt einen sol chen Grad von Ucbcr,panniheil erreicht und sprach sich auf eine so merkwürdige Weise aus, daß cs damals keinen Politiker gab, der ihnen nicht nachzuahmcn versuchte oder ihr Opfer zu werden befürchtete; so sehr beherrschten sie da» Volk. I» dem Artikel, der den „Vioux Oonielier" einleilet«, finden wir nachfolgende Stelle, die eine frischere Anschauung von dem Geiste der Französische» Rcvolmio» gewährt, als Alles, was man darüber gcjchriebcii hat. Camille Desmoulins hatte die Berg- Pariei abgegeben, um zu Prinzipien der Ordnung und Mäßi gung zurüßzukehren. Oie Sielle heißt: „Unsere Feinde haben kein anderes Mine! mehr, als da«, welche« der Römische Senat amvcndeie, nachdem cr sich von der Fruchtlosigkeit seiner Umtriebe gegen die Grachcn überzeugt haue- Er wählt« dasselbe, wie Samt-Röal sagt, um die Patrioten zu verderben. Es bestand darin, daß cr cmcn Tribun dingte, um über alle Vorschläge de» Grachus hinauszugchcn. Wenn dicser eine» populaircn Antrag machte, so mußte jener einen noch populaircren machen und so die Prinzipien und den Patriotismus durch di« Prinzipien und den bis auf die Spitze getriebenen Patriotismus eriödien." — Wen» man wissen will, wie weil die Ucberspanmhctt dieser Prinzipien ging, so maß man die Zeitungen mid Schmähschriften jener Zeit lesen, welche die Werke von Thiers und Migne« in unsere» Tagen wieder in« Leben, gerufen. Buchez und Roux haben in ihrer parlamentarischen Geschichte einige Auszüge daraus gegeben, aber sie scheinen nicht immer die populairstcn Schriften benutzt zu haben. Eine vollständige Sammlung aller rcvoluiion- nairen Erscheinungen zusammenzubringen, dürft« freilich seine großen Schwierigkeiten haben. Viele sind mit den Parteien uns icrgegangen, dencn sie dienten; andere haben nur in den Depar tement« cirkulirt. Manche konnten sich die Subskribenten nur nmcr dein Siegel de» Geheimnisse» verschaffe», wenn sie nick« in die Hände des rochen Manne» der Guilloune fallen wollten, denn cs ivar für einen Römer zur Zeit der Republik nickt mit mehr Gefahr verbunden, ci» Purpurklcid zu haben, al« für einen Fran zösischen Bürger, gewisse geächtete Journale zu empfangen. Beim Durchsuchen einer zahlreichen Sammlung von Zeitschriften haben wir einige Nummern der „Cemile äu äour" gefunden, welche über der erste» Spalte mit rochen Buchstaben die Worte führen: „Bürger, willst Du Dein Abonnement fonscyen? Der alt« Re« daclcur ist um einen Kopf kürzer gemacht." Ein General der Napoleonischen Armee"). Da« Sckloß Maulcvricr, einst der Aufenthalt de« großen Colbcri, war eine Beule der Flammen geworden, und die Mord- ') Der Herausgeber dcS 8,cv -»aottU?-»aearlno, dem dieser Artikel ent- lebnt ist, bcmerti in einer Nate- „Die folgende Er>adlung ist buchstäblich wahr, selbst in ihren geringfügigsten Detail« — die beiden Personen, weiche in dersetbcn d-e vornehmste Nölte spielen, wollen auS -inem leicht cu erklä rende» ZartaemlN ilire we hren Namen nicht genannt winen: daher wir ihnen nur falsche Namen deigelcgt haben."