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194 ist dann auch nicht erlaubt. Welches ist nun der Paragraph des Natur- oder Völkerrechts, der uns gestattet, in Friedenszelten nicht weniger als im Kriege Kaperbriefe gegen alle fremde Schrift« steiler auszustellenk Wenn ein Fremder ein materielles Produkt seiner Arbeit ins Land bringt, so empfangen mir ihn gastfreund lich, woher er auch kommen und von welcher Ari fein Pro dukt seyn mag, und bewilligen ihm und seinem Eigenchum gleichen Schutz. Warum sollen wir ihn also dann berauben, wenn er ein nicht materielles Produkt, ein literarisches Erzcug- niß bringt? — Es ist dies offenbar ein Mangel unserer Bildung, welchem die nächste Zukunft abzuhelsen berufen ist. Da ist in Philadelphia von einem gewissen Nicklin eine kleine Schrift erschienen, welche ebenfalls die vorgeschlagenc völkerrechtliche Anerkennung des literarischen Eigenchums zu be kämpfen sucht. Zuerst spricht der Verfasser den Wunsch aus, man möchte das Eigcmhumsrechl Amerikanischer Schriftsteller auf cine längere Zeit ausdehnen, wahrscheinlich weil er.für die Rechte armer, fleißiger Schriftsteller sehr liebevoll besorgt ist. Woher aber diese Sympathie für Amerikanische Schriftsteller, wenn tr mit der größten Ruhe zur Beraubung der Fremden räch? Fast alle Rechte an literarischem Eigenchum sind in den Händen der Verleger, und diese können nur dabei gewinnen, wenn die Dauer der vorhandenen Verlagsrecht erweitert wird. Daher der Eifer des „Handels" für eine angemessenere Bc< schügung des inländischen literarischen Eigenchums. Ist aber von armen fremden Schriftstellern die Rede, da wird der Fall ein anderer. Von den literarischen Besitzchümern, die durch diese produzier werden, besitzen unsere Verleger keines; daher sieht man ihre Liebe zur Literatur und ihr Interesse für die Rechte der Literaten in Bezug auf jene Klasse von Schriftstellern wun derbarer Weise verschwinden. Herr Nicklin berechnet in seinem Buck die Zahl einiger tausend Personen, dis als Papicrmachcr, Drucker, Buchbinder, Verleger u- s. w. von dem Wiederabdruck ausländischer Bücher in diesem Lande ihren Unterhalt ziehen und die alle, wie uns Herr Ricklin zu verstehen gicbi, ihr Brod verlieren würden, wenn ein Gesetz durchgehen sollte, welches das literarische Eigenchum der Fremden schützt. Es wäre wirk lich zu beklagen, wenn wir einige Tausende von würdigen und industriösen Bürgern hänen, deren Existenz von der Nichtaner kennung der gerechten Ansprüche fremder Schriftsteller auf den Ertrag ihrer eigenen Arbeit abhängt. Doch dies ist gar nicht der Fall: der ganze Einwand wird dadurch beseitigt, daß man die Verlagsansprüche der Fremden nur auf diejenigen Werke be schränkt, deren bei uns zirkulirende Exemplare auch bei uns ge druckt sind. So kann man fremden Schriftstellern ihr Recht zu kommen lassen, ohne darum unsere Mitbürger ihrer Beschäfti gungen zu berauben. Oder man kann verlangen, daß Exemplare, die in den Vereinigten Staaien gedruckt iverdcn, zu billigen Preisen verkauft werden, während auf Exemplare, die vom Aus land imponiri werden, ein hoher Zoll gelegt wird. Irgend eine Maßregel sollte getroffen werden, ehe inan die Schriftsteller um den Lohn ihrer Arbeiten bringt. Man wird vielleicht cinwcnden, daß die ausländischen Be sitzer des Verlagsrechts einen zu hohen Preis für die Abtretung desselben verlangen werden. Aber dieser Einwand läßt sich eben so gut auf das Verlagsrecht unserer Mitbürger anwendcn, als auf das der Fremden. Die Erfahrung zeigt, daß ein billiger Preis für den Eigenchämer in beiden Fallen am vvrcheilhaftcsten ist. Doch darin hat der Eigemhümcr freien Willen. Die Menschen haben das Recht, auf die Baumwolle, den Taback oder das Mehl, bas sie prodnziren, einen übermäßigen Preis zu setzen und so sich selbst durch ihre eigene Habsucht zu schade»; und warum nicht auch Schriftstellern dasselbe Recht einräumen? Ist aber wirklich Gefahr da, daß das Publikum hierdurch um den Genuß der Werke von Schriftstellern kommen sollte, so wäre dies kein Grund, ihnen ein Vorrecht zu nehmen, worauf sie, nach gemeinem und natürlichem Recht, Anspruch haben, sondern nur den Gebrauch, den sie davon machen könnten, gesetzlichen Bestimmungen zu unterwerfen. Wenn es wahr ist, könnte man fragen, daß die Schriftsteller, sowohl fremde, als einheimische, so starke Ansprüche auf ein aus gedehntes Verlagsrecht haben, welches, so weit sie selbst dabei betroffen sind, einem pcrennirenden gleichkäme, warum sind diese Ansprüche nicht in den Gesetzen der gebildeten Nationen aner kannt? Hierauf ist zu erwiedern, daß das Eigenthum der ein heimischen Schriftsteller in einigen civilisirien Ländern, wie in Schweden und den meisten Deutschen Staaten, nach seiner ganzen Ausdehnung und in jedem in sehr bedeutendem Umfang aner kannt wirdi Auch glauben wir nicht, daß die Rechte der frem den Schriftsteller in civilisirten Staaien überall verkannt werden. Wir haben nicht in Erfahrung bringen können, daß in England ein Unterschied in Bezug auf das Verlags-Privilegium zwischen einem fremden und einem Britischen Untenhan gemacht wird- Das Statut aus dem achten Jahr der Königin Anna macht einen solchen Unterschied nicht. In Demschland und Frankreich ist dieser Gegenstand kürzlich viel zur Sprache gekommen- Vor unserem Gesetz von 183l hat kein Land daran gedacht, auf eine Reziprozität des Schiffswnnengeldes zwischen den verschiedenen Staaien zu dringen. Die Vereinigten Staaten machten damals den Vorschlag, diese Zölle in allen Ländern auszugleichen, und die bedeutender» Handelsvölker haben ihn angenommen. Dies war ein großer Fortschritt im Völkerrecht, wodurch die Quelle einer Menge von Handelshemmungen und Mißhclligkeiien zwi schen den Staaien verstopft worden. Wenn das Völkerrecht in Hinsicht der Bestimmungen über das literarische Eigemhum ein gleich offenes Feld böie, wie ehrenvoll wäre es nicht für die Vereinigten Staaten, auch hier die Initiative zu nehmen und mit de» Völkern, die darauf eingchen wollen, ei» gegenseitiges Verlagsrecht abzuschließen. Doch dazu kommen wir zu spät, da man uns in Großbriiamen, wo nicht anderswo, bis auf eine» ge wissen Grad zuvorgckommen ist; doch nie wird cs zu spät seyn, unserem Lande Ehre zu mache», indem wir weiter suchen, Schrift stellern ihre gerechte!! Ansprüche zu sichern. Man kann Lie Frage aufwcrscn, ob wir nicht bei einer sol chen Gegenseitigkeit im Verlust sey» würden? Angenommen, cs wäre dies der Fall; sollen wir darum Individuen durch die Wei gerung gesetzlichen Schutzes ihrer Rechte berauben, weil wir da bei gewinnen könne»,wenn wir ihnen Unrecht amhun? Doch inwiefern sollen wir verlieren? Wird etwa das Licht der Wissen schaften erlöschet: und die Finstcrniß vergangener Jahrhunderte zurückkchren, wenn d-e Leser eines in Zukunft im Auslande ge schriebenen Buchs, das man für würdig hält, bei uns abgedrnckt zu werden, auch dem Schriftsteller, so gut wie dem Papiermacker, Drucker, Buchbinder und U»lernchmer, für den Genuß und die Belehrung, die seine Produciionen gewähren, etwas zahlen wer den? Jedenfalls wird man nicht behaupten, daß dadurch der allgemeine Fortschritt der Wissenschaft und Bildung gehemmt werden könnte. Von »eueren Büchern ist ein sehr großer Theil, der jetzt im allgemeinen Gebrauch ist, nämlich die unserer eigenen Autoren, durch das Vcrlagsgescg gegen Nachdruck geschützt. Wenn nun die zukünftigen Werke fremder Schriftsteller, die man für bedeutend genug halten wird, um sich das Verlagsrecht dafür konirakilich zu sichern, zu der Liste der ersteren hinzukommcn, so wird der Unterschied im Preise oder in der Verbreitung von Kenntnisse» und Unterhaltung kaum merkbar seyn. Auch würde man jedenfalls Le» Preis der einzelnen Exemplare viel gelesener Werke Herabseyen können, indem die Herausgeber im Stande wären, große Auflage» zu machen oder eng drucken zu lassen, was sie ;etzt nicht können, weil sie so sehr zu eile» gezwungen sind, uni anderen Ausgaben zuvorzukommen; und je größer die Zahl der Exemplare ist, die man von einem Werk drucken kann, desto billiger kann man sie verkaufen, wie Jeder weiß. Aber wie dem auch seyn mag, Ehren halber müssen wir dem Auior etwa» zahlen für seinen Theil an der Arbeit und den Koste», denen man sich unterziehen mußte, uni uns mit Unterhaltung und Kenntnissen zu bereichern. Er hat sicherlich gegründete Ansprüche auf uns nach Billigkeit und nach dem Gesey, wenn anders Gesetz und Billigkeit Synonyma sind; und cs ist nicht cinzusehen, inwiefcrii cs für uns weniger unehrenhaft ist, uns mit Büchern auf seine Kosten zu versehen, als für einen insolventen Kunden, sich auf Kosten seines Schneiders Röcke machen zu lassen. Doch die Verleger, der Buchhandel, würden sic nicht ver lieren? Es scheint, daß einige von ihnen dies vorauösetzen; wenig stens fürchten sie, gleich de» Druckern, Buchbindern u. s. w. Scha den zu machen. Aber wir sehe» wirklich nicht ei», inwiefern sie durch das vorgeschlagene Gesetz verlieren würden. Verlieren sie jetzt, wenn sie Bücher herausgebc», für deren Verlag sie bezah len müssen? Im Ganzen gewiß nicht; denn wäre dies der Fall, so wäre es cine Thorhcil, so viele hcrauszugcben, und cs will uns nicht einleuchicn, inwiefern sic eher zu verlieren in Gefahr sind, wenn sie Bücher von Ausländern unter Kontrakt mit den Besitzern des Verlagsrechts herausgebc», als wenn sie die von Amerikanischen Bürgern nach Abschluß eines solchen Kontrakts verlegen. Zwar ist es durchaus nicht iwlhwendig, zur Vcrcheidi- gling des vorgeschlagenc» Gesetzes zu beweisen, daß sie dabei nicht verlieren würden; denn wir könne» »ichl genug protestircn gegen das unredliche Sweben, durch Nnrechllhun gegen Andere gewinnen zu wollen. Sollten gerechte Maßregeln gegen fremde Schriftsteller, wodurch ihnen der verdiente Lohn für ihre Arbei ten gesichert würde, eine Klasse unserer Mitbürger außer Stand setzen, da zu ärndlen, wo sie nicht gcsäet haben, so wäre dies kein guter Grund gegen jene Maßregeln. Aber wir können wirk lich nicht einschen, wie man beweisen will, daß sie einen Verlust erleiden würde». Und wir müssen gestehen, daß uns dieses Re sultat sehr lieb ist, denn die Verleger bilden eine sehr wichtige und nützliche Klasse im Staate, und das ganze Publikum ist bei ihrem Wohlstand gewiß nicht weniger als bei dem der anderen Klassen inleresstrt. Es ist zu erwarten, daß die meisten Verlags- rechw, die man in Amerika den Ausländern für ihre Werke be willigen wird, in die Hände Amerikanischer Verleger fallen wer den, so gut wie jetzt die der Amerikanischen-Schriftsteller, und man Hal keinen Grund, anzunehmen, daß sie bei den ersteren nicht eben so gute Geschäfte machen werden, wie bei den letz teren. (l^. k.) England. Die Englische Literatur der Gegenwart. N. DaS Drama- Das Studium oder vielmehr die Anbetung Shakespeare'« ist nicht im Stande gewesen - dem Englischen Theater neue Lebens kraft zu verleihen. Die Tragi-Komodien von Sheridan Knowles, Bulwer, Shicl, diese wohl oder übel zusammcngeflickicn Melo dramen, diese Schöpfungen eines Abends, entbehren vor allen Dingen der wahrhaften Wirklichkeit, der Beobachtung, der Kraft und der Natürlichkeit. Wordsworth ist der wahrhafte Eon, de»