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168 dieser Gesang sehr wohl, und sic lachten sogar lau« auf, als der Narr bei dieser Gelegenheit sich nicht enthalten konnte, augzuru fen: „Nu, nu, auch das Lied weiß schon, wie sie auf Geld versessen sind; nur immer nehmen, immer nehmen. Freigebig sollt Ihr seyn? Ja, freigebig, um Anderen zu schaden. Sollte auch ich doch vorher für nichts und wieder nichts Prügel erhal ten." — „Schon gut, schon gut, Narr", sagte lachend der Okolr nilsch; „wenn Du mich deshalb für geizig hältst, daß ich Dich nicht genug geschlagen habe, und wenn Du deshalb auf mich zürnest, so sey ruhig, ein anderes Mal werde ich Dich besser bedenken." Wo aber ist Sophia's Ringk Der vorletzte wird herausgenom men, und immer ist es nicht der ihrige: dieser blieb zuletzt nach; einem solchen legten Ringe wird gewöhnlich etwas Widerwärtiges prophezeit, obwohl es Leute giebt, die das Gcgemheil behaupten. Wie sollte dieser Zweifel nun entschieden werden? Die Näna wollte Sophia's Ring schnell herausnehmen, stieß zufällig an den Tisch, die Schüssel fiel zu Boden und ging entzwei, das Wasser strömte auf die Diele, und Sophia's Ring rollte vor Aller Augen dahin. Dies war ein schlechtes Zeichen; einen Mann bekommt sie schon nicht, und Goll weiß, welches Unglück ihr sonst noch be- vorstehl! Alle waren erschüilerl, am meisten aber die Näna. „So seyd doch ruhig", rief eine Frau aus; „wäre die Schüssel ganz geblieben und der Ring herausgefallcn, so würde es freilich nicht gut gewesen seyn; Ihr seht ;a aber, daß die Schüssel in Scherben daliegt: dies verkündet unserer heben Sophia eine glänzende Zukunft." „Wie freue ich mich, daß Du reich werden sollst", flüsterte eine Freundin ihr ine Ohr. — „Ach Liebe", antwortete Sophia, „an Reichthum denke ich am wenigsten, denn dabei ist man oft arm an Glück." Inzwischen war Mitternacht schon lange vorbei; die Gäste hatten sich herrlich belustigt. In Folge der eifrigen Bewirlhung der Hausbesitzer konnten der Okolnitsch und sein Schwager nur mit Mühe in ihre Schlafkammer gelangen. Sie legten sich zu Bette und schliefen wie die Todien. Am nächsten Tage wachten sie gegen Mittag auf. „Nun, Bruder, dagegen läßt sich nichts sagen, wir sind gestern gut be- winhel worden", sagte Trochaniowff zu seinem Gefährten, als er sich von seinem Lager erhob. „Und die Tochter, die Tochter, wie schön ist sic! Weißt Du wohl, Leomy", fuhr er mit leiserer Stimme fort, „daß es mich einigermaßen beunruhigt, daß sie so überaus schön ist; Du bist ein geschcidier Mensch und hast wohl gemerkt, daß unser Verwandler Ilja Miloelawski eine seiner Töchter gern als Zaarin sehen würde; ihm würde cs gewiß nicht angenehm^eyn, wenn wir mit einem so schönen Mädchen, wie Sophia, erschienen." — „Wahr ist es freilich", antwortete der Okolnitsch; „von ganzer Seele würde ich meinen Verwandten beistehen, wenn ich sähe, daß mir meine Dienste später zehnfach belohnt würden; wir müssen uns aber in Acht nehmen, daß wir uns nicht täuschen. Wie Du weißt, sind nickt wir allein zur Brauischau ausgesendet; cs kommen vielleicht bis 200 zusammen; wenn nun der Zaar eine Andere als Miloslawki'e Tochter er wählt, so haben wir das Nachsehen. Gefällt ihm aber Sophia, so kommt es uns zu gut, daß wir sie auffanden. Ist Miloslawski damit unzufrieden, so möge er seinen Verstand zusammennehme» und sehen, wie er seine Tochter anbringt, während wir das Um srige für Sophia ihun." — „Du hast Recht", erwiederle der Schwager; „wir wollen unserem Wirth den wahren Grund un seres Herkommens mitlheilen und ihm sagen, daß er mit seiner Tochter nach Moskau reisen solle. Doch, ich glaube, er kommt zu uns, ich höre seine Stimme." In diesem Augenblick trat Wsewolvschky ins Zimmer, erkun digte sich nach der Gesundhei: seiner Gaste und wie sie die Nacht zugebracht hätten? Nachdem er eine befriedigende Antwort erhal ten, ladeie er sie zu sich ins Zimmer ein, um ein Becherchen Kräuterbranntwein zu leeren und dazu zu essen, was der Himmel bescheert haue. — „Dank für Deine Güie, Ruf Wladimirowitsch", anwortelen die Gäste, „Dein Anerbieten schlagen wir nicht ab. Indessen wollen wir Dir zuvor den eigentlichen Zweck unseres Hierseyns minheilen: unser Vater, der Zaar, wünscht sich zu vermählen; wir sehen uns nach einer Braut um, die wir, ohne zu erröihen, Zaarin nennen können. Vielleicht bestimmt der Himmel Deine Tochter dazu; eine schönere sahen wir nicht und fordern Dich daher auf, mit ihr nach Moskau zu kommen." Der gute Wsewolvschky verlor fast die Besinnung, als er diese Neuigkeit hörte. Er liebte freilich seine Tochter über Alles, und für ihn war sie eine unübertreffliche Schönheit; jedoch war es ihm nie in den Sinn, gekommen, daß sie eine Zaarin werden könne. — Ohne mich über die hierauf folgende Unterhaltung wei ter auszulaffcn, sage ich nur, daß er bald foricilie, um seiner Frau und Tochter diese Nachricht mitzucheilen. Sie waren nickt weniger erstaunt als er. Die liebenswürdige, anspruchslose Sophia glaubte anfänglich, man habe seinen Scherz mit ihr; sie hielt sich gar nicht für so reizend, daß der Zaar sie allen Mädchen Rußlands verziehen und zu seiner Gemahlin erwählen könne. Ihre Mutter war vor Entzücken außer sich und die alte Näna nahe daran, vor Freude den Verstand zu verlieren. Der Okolnitsch und sein Schwager hatten die Absicht, sich gleich auf den Weg zu machen; aber der Hausherr überredete sie, noch einen Tag zu bleiben und sich von der Reise zu erho len, mit dem Versprechen, am nächsten Tage selbst mit seiner Familie nach Moskau zu fahren. Sie blieben. — Nach einem reichlichen Mittagsmahl ruhten Alle ein Stündchen aus und fuh ren dann spazieren. Nach ihrer Rückkehr bis zur Ankunft neuer, wie ain Abend vorher verkleideter Gäste gaben die jungen Leute sich einander Räihscl auf. Diese waren freilich nicht so kompli- ziri wie jetzt, aber gerade deshalb vielleicht um so schwerer zu erraihen. Zum Beispiel: Zwei Spitzen, zwei Ringe, in der Mitte ein Siift. — Klein und rund bewahrt es das ganze Hau«. — Das erste ist eine Scheere und das zweite ein Schloß. Es gab aber auch schwerere Räthsel. Eine von den anwesenden Frauen, die sich darüber ärgerte, daß ihre Tochter unter fünfzig nicht eines ernech, während Sophia oft so glücklich war, gab, um diese in Verlegenheit zu bringen, folgendes Räthsel auf: „Was fliegt ohne Flügel, was läuft ohne Füße, was brennt ohne Feuer, was ihm weh ohne Verwundung?" — Den Finger an ihre rosigen Lippen gelegt, sann Sophia etwas nach und rief dann aus: „Ich hab's, ich hab's! — Ohne Flügel fliegt der Sturm, ohne Feuer brennt die Sonne, ohne verwundet zu seyn, leidet das Herz der Wahrsager." — Alles rief ihr Beifall zu: auch der Okolniisch murmelte vor sich hin; „Wahrhaftig, bas ist ein Wunder und kein Mädchen; sie verdient Zaarin zu seyn." — . Doch genug von den ferneren Belustigungen dieses Tages; sie glichen den gestrigen Ich wollte nur mit einigen Worten unsere ehemaligen Swäiki schildern; wenn diese Schilderung gefällt, würde ich mich sehr freuen; ich fürckie nur, man könnte sick langweilen, wenn man es länger vor Augen behält. Wir wollen mit Wsewolvschky's nach Moskau und sehen, was von geschieht. England. Bibliographie. I'ke Lnxli.iluniui's 6reelc 6onevr62v6e. I^.e perxu»»«», or, >Vnmr»u'« L.ove tlie pavour. — 2 Vdt. l'Ke Lreek Mi-miou, or 8ixteen V^nr« !u KIsltL, 6reeee «nü tUe looiau — Pom Prediger S- S. Wilson- Illiiuevoe of tkv t'oru — Von I Wilson 1'Ue ^uvkuiie dlstursiist. — Von B. H. Draper. Olti l'ale Lull Otten Our Oreat Nixt» prie«t. — Von L Cvp. populär 8oox« ot Irelsuä. — Von T Crofton Croker- kndimeut» of ^relüterture. — Von I. Gwilt. 8ei>ool üvtauy, or uu LxplauLtinn ot tlie ^'l»»rart«»r sny Oikkeronoe» ak plant», tor tl»e u»o of 8tull«ut». — Vom Prof. Lindley. Mit 150 Holzschnitten. "prestise uu Itriäge«, Vttutt« LuN Grelle«. — Von E- Creasy. Erste Abthek- lung. Fol. Mannigfaltiges. Britisches Kolonial-Reich. Nach Herrn Montgomery Marlin haben Englands überseeische Besitzungen einen Flachen- Inhalt von 2,206,WO Engl. Omadraoneilen und eine Küstenlänge von 20,600 See-Mcilcn. Die Bevölkerung beträgt !05 Millionen Seelen, so daß eiwa 36 Köpfe auf die Engl. Ouadraimeile kom men. Ls befinden sich darunter 800,660 Lutheraner und Kalvinisten, 760,000 Dissenters, li Millionen Römisch-katholische, Griechisch, katholische, Syrer w., 26 Millionen Muhammedaner und 75 Mil lionen Hindus. Die Militairmacht in den Kolonicen betragt 56,000 Mann rcgulairc Europäische Truppen, I56M10 Mann re- gulaire KvloniabTruppen (Farbige) und 250,000 Mann Kolonial- Miliz (Weiße). Die S<aatS-Enmahmen und Ausgaben belaufen sich aus 23 Millionen Pfund Sterling; außerdem werden von Grvßbriianicn 225,000 Pfd. für Civil- und Gefängniß-Verwaltung und 1,800,000 Pfd. für die Armee verwendet. Steuern kommen ungefähr 4i Schilling Thaler) auf den Kopf. Das in den Kolonicen umlaufende Metallgeld beläuft sich auf ungefähr 5 Mil lionen und das Papiergeld auf 3 Millionen Pfund Sterling. Der Seehandel der Kolvnicen beläuft sich in den Ausfuhren auf 30 und in den Einfuhren auf 25 Millionen Pfd. S'crl. Groß« britanien erhält von seinen Kolvnicen für >5 und sendet dahin nur für 10 Millionen Pfund Waaren. Die Gesamnttschifffahrt umfaßt einen Gehalt von 8 Millionen Tonnen, von welchen allein 3 Millionen Tonnen auf den Verkehr mit Großbritanien ver wandt werden. Von 1814 bis 1837 wurden in den Kolonicen 8975 Schiffe mit einem Gehalie von 1,022,937 Tonnen erbaut. Die jährlich in den Koloniecn erzeugten Produkte werden auf 400 Millionen Pfd. Sierl. geschätzt, und der Gcsamnitwcrih des beweglichen wie des unbeweglichen Eigcnchnms daselbst soll 2500 Millionen Pfd. Sterl, betragen- Herausgegebcn von der Redaktion der Allg. Preuß. Staats-Zeitung. Rcdigirl von Z. Lehmann. Gedruckt bei A. W. Hayn.