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nur Stucke auf, die aus dem Französischen übersetzt find; denn Spanien ist eben so arm an Schriftstellern, als Frankreich deren zu viel hat. Während acht Jahren wurden nur ungefähr zwei oder drei Spanische Original-Werke von einiger Bedeutung aus- gefuhn. Martinez de la Rosa, der ausgezeichnetste unter Spa niens jetzigen Schriftstellern, ha» die Quelle seiner dramatischen Produelionskraf» bei seinen politischen Beschäftigungen cimrocknen lassen. Seine „Verschwörung zu Venedig", die auf dem Thea ter de la Cruz mit Beifall gegeben wird, läßt bedauern, daß er nicht lieber auf die Triumphe der Rcdncrbühne, mit denen er doch nicht viel ausrichtet, ganz Verzicht geleistet und sich mit den Triumphen der Brcncrweli begnügt Hai. Lin junger Mann, der sich lange in Paris aufgehalten, der mit den dortigen drama tischen und literarischen Celebritäten umging und von ihnen sehr geschätzt wurde, ein junger Mann voll Bescheidenheit und Talen,, der sich in Paris nach den besten Mustern bildete, der junge Jose Lara, der vor zwei Jahren in Madrid als Opfer einer edlen, aber unglücklichen Leidenschaft starb, Hal der Bühne eine Menge eben so treuer als geschmackvoller Ucbersetzungen hinter lassen. Diesem anmuihigcn Schriftsteller verdankt man die Ucber- lragung von „Benrand und Raton", „Lucrezia Borgia" und dem „Thurm von Ncslc", so wie einer großen Anzahl komischer Opern und Vaudevilles von Scribe. In diesem Augenblick ist Madrid stolz auf Herrn Marlin los Herreros, den Verfasser des Orama's „Troubadour", welches vor kurzem mit außerordentlichem Erfolg auf dem Theater del Prinzipe anfgcführ, wurde, und einer Uebersetzung der „Kinder Ednard's." Sonst aber fehlt es in Madrid jeyl sehr an ausge zeichneten Literaten, und cs wäre eine moralisch und politisch mlcrcssame Aufgabe, den Grund dieses Mangels nachzuweiscn. Italien. Römische Berichte eines Deutschen. ll. Wer wollte hier nicht gern von Musik schreiben! Ist doch des Singens und Klingens kein Ende von früh bis spät. Die Pifferari finden sich schon bei guter Zeit ein. Wer ein Madonncn- bild unter seinem Fenster oder doch in der Nähe hat, und allzu weil ist's nirgend hier zu einem solchen, der wird, lange ehe der Tag graul, durch das Morgenftändchcn aufgewcckl, welches sie der Muter amats et virgo inteiuerattl bringen. Eine Stunde spater kommen andere Pifferari, und aber andere etwa wieder nach Verlauf einer Stunde. Sic habcn nicht Alle dieselbe Art und Melodie. Ein gemeinsamer Typus aber geht hindurch. Sie kommen zu Zweien oder Dreien. Einer spielt Lie Sackpfcife in tiefen Schnarr- und Orgeltönen, die in größerer Hohe sonderbar spitz klingen. Oer Andere oder die beiden Anderen blasen auf kurzen Klarinetten, die dem timbre nach unseren Hobocn näher stehen. Sie sind Leute aus dem Gebirge, weil genug her aus den Abbruzen, arine Leute, die sich hier ihre Christbcschcrung zusammcnblasen. Sie kommen eigentlich in kurzen braunen oder blauen, sehr verfärbten und zerfetzten Mänteln, die Beine Mil kreuzweise überschnürten Tüchern umwickelt; sie kommen in brau nen spitzen Hüten mit brandbrauncn schwermüihigen Gesichtern, wie solche Jedermann bekannt sind vom Roberischen Schäfer aus der Campagna her- Zu Anfang schauen sie aber ein wenig bunter aufgcputzt. Sie stehen da den Malern zu Akte, denn die Kunst geht nach Brod, beiderseits. Später durchwandern sic die Straßen und Gaffen und blasen kurze Klauseln in wunderlichen und selt sam abgebrochenen Läufen. Damit melden sie sich den Besitzern der Marien an, um zu täglicher Devotion vor den wohlüberzelie- len, zierlich geschmückten und mit immer brennenden Laternen vcncrinen Bildern der Straße» bestellt zu werden. Neun Tage musizircn sie der dw.-ilr» llonna und andere neun Tage dem ttamdino (denn „das Kind" kurzweg wird hier das Christ-Kind- lcin, so wie die Mutter kurzweg „die Frau", oder „meine" oder „unsere Frau" genannt). Sie sind noch unvcrsälschl dic- selbigcn Leute, die an das Kripplein in der Wundernacht vor etlichen und achizehnhundert Jahren traten, wie solche von Raphael getreulich abgeschilden zu schauen sind auf jener Tapete, die der Hirten Anbetung darstellt, ja gewißlich treu, denn sie ist sehr göttlich. Man kann, was sie da auf der Tapete musiziren und ivas sie an guten Fugen oder doch Kontrapunkten ciwa einmischen, leider nicht vernehmen und leider also derselben Autorität zum Beweise der auch, unverfälschten Melodei sich nicht bedienen. Im klebrigen aber möchte ich auf eigene Verantwortung behaupten, daß hinter dieser Melodei eine uralte Tradition stecke, denn cs ist etwas darin, was das Herz gar eigen bewegt und wirklich wie von einem heiligen Gcheimniß singt, kurz etwas, das nicht gerade in jeder Sackpfcife von selber steckt, und woran zwölf Dutzend miserer Komponisten alle ihre Gänsefedern zerkauen könnten, ohne cs hcrauszukauen. Hierzu kommt noch ein besonderer Umstand. Der eine von den Musikanten singt nämlich sein Marien- oder Christlicdchen, zu dessen schlichter rührender Melodie die rauhe unpolirtc Fcldstimme sich gar gut schickt; der Andere begleitet ihn auf der Sackpfeife, indem er die Oberstimme zum Theil in der Melodie mit gehen läßt, jedenfalls aber während der ganzen Strophe die Quime der Tonart aushält. Diese Quinte und die Diffoiianzen, die ihre Hartnäckigkeit herbeiführl, nebst dem eigen «hümlichen Klang de» Instrumentes, bringen das ganz Unge wöhnliche der Pifferari-Musik hervor. Sobald die Liedstrophe auegcsungen ist, greift der Sänger zu seiner Klarinette und be ginnt, zu der Weise, welche die Sackpfeife fonfühn, anmmhig und fröhlich zu komrapunktiren. Er bringt in diesem Refrain, welcher jeder Licdstrophe gleichmäßig folg», so kühne Wendungen und Rhythmen a», die doch nichts weniger als wüst und will kürlich sind, und fügt insonderheit nach der letzten Strophe als Coda einen so gefühlvollen Adagio-Say und einen so brillanten Schluß hinzu, daß ein hiesiger musikkundiger Freund sich gewiß nicht mit Unrecht wiederholt an Becchovenschc Motive gemahnt fand. Es wäre als Resultat solcher Erfahrung nur etwa dies zu ziehen, daß manche überraschende Erfindung Beelhoven's, die dem in Gewohnheit eingewurzelten Uriheil gesucht, vielleicht bizarr bedünkcn kann, in Wahrheit doch der Natur und dem ur sprünglichsten Gefühl viel näher liegt, als Theoriecn zugcstchen mögen. Zur Purifizirung indcß der ehrlichen Pifferari und neben her unseren musiklicbcnden und übenden jungen Damen zur War nung vor der gefährlichen und übrigens, »rog Nicolai, ewigen Roma, sey hier bemerkt, daß, ungeachtet es des Ortes Musik- Handlungen giebi, sogar (man denke!) eine, die eine Art von Leih-Institut macht, dennoch in ganz Rom, so viel wenigstens Schreiber dieses vermocht hat, sich keine einzige Bcechovcnsche Symphonie in irgend einem Arrangement aufireiben läßt. Dafür sind aber die Pifferari auch nicht zufrieden, sich früh Morgens hören zu lassen. Man kann die Straßen zu keiner Tageszeit bc- lretcn, ohne ihre durchdringende Musik zu vernehmen; und auf die Länge wird's auch dein gesteigertsten Interesse für ihre Eigen- thümlichkcit doch des Gesanges und Getönes allzu viel. Nerven schwachen Damen wäre dieserhalb und wegen des Glockenläutens der Aufenthalt hier in der Advemszeit zu widcrralhcn. Für die Engländerinnen, die Rom in dieser Zeit überschwemmen und es in diesem Jahr besonders zu unerhört hohem Wafferstande ge bracht habcn, ist nichts zu fürchten, da sie selbst die Acgyplischen Hieroglyphen a la Champollion heißhungrig und ohne alle Nach- ihcile genießen, und für die alleinreisendcn Damen anderer Na tionen ohnehin nichts. Die Pifferari aber müssen in lächerlicher Menge hier scyn und sind auch ihrerseits aufs Ueberschwcmmen aus. Ls ist, ivie wenn die Vögel im Frühling erst einmal an gefangen haben, dann schlägt's und lärmt's von jedem Baum, von jeder Hecke. Sv hier vor jedem Bild, an jeder Ecke, in jeder Wcin-Bollaga, und hat kaum mit dem .^vo ,V1»ria sein Ende erreicht. Bibliographie. G-^S. — Mailand. »Dem Verfasser wird nachqkruhmt, dass er »ne grosser Unparteilichkeit zu Werke gegangen und sich eben so vor den na tionalen Vorurtheilcn eines Walter Scott, wie vor den antinationalen Vergötterungen heutiger Kosmopoliten, gehütet habe.) Opree eliite e inedite. — Gesammelte Werke des Philosophen Antonio Resmini-Serbatt. Mailand. Luclelopessia itaiiaoa e sslri'unario Nella coarer«ar>one, opera originale ltaliana. — Erster Band Venedig. , g , , richt von Ignacio Cantu. 4? Mailand. Mannigfaltiges. — Oagucrre und Humphry Davy. Daguerre's, des Pariser Dioramen-Malers interessante Erfindung, die Bilder der Camera obscura auf chemischem Wege, mittelst der Einwirkung des Lichtes selbst, festzuhalle», giebt Englischen Blättern Anlaß, daran zu erimiern, daß schon vor IS Jahren der verstorbene Sir Humphry Davy ähnliche Versuche gemacht, indem er eine Platte von Silber-Nitrat, auf welche Licht und Schauen gewisse Wir kungen hcrvorbrachlen, zu solchem Zwecke mit den vom Sonnen lichte rcflektirien Gegenständen in Verbindung gebracht. In zwischen hatten diese Versuche kein Resultat, denn die auf der Metall-Plaue hcrvorgcbrachie Färben-Veränderung war zu flüch tiger Natur, um das Bild selbst festhalteii z» können. Herr Daauerre aber ha« das Mittel gefunden, jenen Eindruck minder flüchtig zu mache», und dies ist das Wichtigste seiner Erfindung, von der jetzt die Engländer de» ersten, aber minder praktischen Theil für sich in Anspruch nehmen. — Englische Encyklopädie. Die Buchhändler Longman und Comp. in London kundigen so eben ei» „Wörterbuch für Wissenschaft, Literatur und Kunst" ai^), dessen Mitarbeiter ein Werk von großem W.enhe erwarte» lasse». Folgendes sind die Namen vieler Mitarbeiter: Professor Brande für Naturwissen schaften und namentlich für Alles, was sich auf Chemie bezieh,; Herr T. Galloway für Mathematik, Mechanik ic.; Herr Joseph Gwill für Baukunst, Musik und schöne Künste überhaupt; l)r. Lindley für Botanik; Herr I- C- Loudon für Ganeiikunst und Landbau; Herr I. R. Mackulloch für Statistik und allge meine Gegenstände der Literatur; Herr H. Merrivale für Juris prudenz, und Herr Richard Owen für vergleichende Anatomie und Zoologie. *) OietivuoLi'^ ot 8cieoo«, Literatur« Luü ^rt. HerauSgegeben von der Redaktion der Allg. Preuß. StaatS-Zeittmg. Redigier von I- Lchinann. Gedruckt bei A. W. Hayn.