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und es überfiel ihn ein heftiger Krampfanfall, der den Zuschauern nicht entging, obgleich Moliere ihn unter einem erzwungenen Lachen zu verbergen suchte- Am Schluß des Stückes, das er dennoch zu Ende spielen ließ, wickelte er sich in seinen Mantel und begab sich in Baron'« Loge; sein Gesicht war vom Schmerz völlig entstellt, und seine Füße trugen ihn kaum. — „Sie scheinen mir jeyl noch angegriffener als vorhin", rief Baron aus, der heftig über die unheildrohende Abspannung Moliere'S erschrak. — „Das ist auch der Fall", erwiederle dieser; „eine Todeskälie rinnt durch meine Adern." —7 Baron ergriff seine Hände, und da sie eiskalt waren, so hüllte er sie zur Erwarmung in seinen Muff, rief dann sogleich die Sänftenträger herbei, ließ ihn schnell nach Hause bringen und ging zu Fuß neben der Sanfte, aus Furcht, es möchte dem Kranken unierwege» etwas Schlimme« zustoßen. Als sie in Moliere'S Wohnung angelangl waren, bot ihm Baron etwas Bouillon an, welche Madame Moliere au- großer Sorge für ihre Person immer vorrälhig hielt. — „Nicht doch!" sprach Moliere, „die Fleischbrühen meiner Frau sind sür mich wahres Scheidewasser; Du weißt, was für Ingredienzien sie hineinmischl. Bringe mir lieber ein Stück Parmesankäse." Man reichte es ihm; er aß ein wenig davon auf einem Stückchen Brod und ließ sich zu Belt bringen. Kaum lag er einen Augen blick in demselben, so schickte er nach einem Kräulerkissen, das ihm Armande für die Nacht als schlafbefördernd versprochen hatte- — „Ich versuche Alles recht gern", sagte er, „was ich nicht in meinen Körper Hineinbringen muß; ich fürchte mich vor allen Arzneimitteln; ein Stäubchen würde hinreichen, meinen kebensrest zu verzehren." Als er diese Worte gesprochen, befiel ihn sein Husten von neuem, und dieser heftige Anfall erschütterte seine Lungen dergestalt, daß ihm eine Ader in der Brust zersprang und das Blut ihm aus Nase und Mund hervorströmte. Freitags den 17. Februar 1673 lag Moliere im Sterben, in der Straße Richelieu, in einem Zimmer, das die Aussicht auf den Palast des Kardinals Hane. Die alte Wanduhr schlug zehn Uhr, weinende Freunde umringien das Beil des Sterbenden; zwei barmherzige Schwestern knicien am Fußende und beteten heiß und inbrünstig zu Golt. Mit Ehrfurcht Haxe man diese beiden heiligen Frauen im Krankenzimmer begrüßt, und sie üblen eifrig jede Pflicht, die ihnen ihre fromme Sendung auferlegte. Als Moliere seinen Tod nahe fühlie, Haxe er nach einem Priester verlangt. Sein Diener eilte nach der S>- Eustachius- Kirche und bai um den Trost der Religion für seinen Herrn; aber die beiden diensxhuenden Geistlichen weigerten sich, zum Kranken zu gehen, der Diener war genölhigl, einen barm herzigeren aufzusuchen, und wie er endlich mit einem solchen anlangle, bedurfte sein Herr keiner Tröstung mehr; der Tod war dem Priester zuvorgekommen. — Al» es zehn Uhr geschla gen Haxe, verlöschte Moliere'S Lebensfunken; er war 81 Jahr, einen Monat und zwei Tage alt geworden. Die beiden Geistlichen, welche so wenig der christlichen Barmherzigkeit eingedenk waren, daß sie einem Sterbenden den Beistand ihrer Religion verweigern konnten, verdienen für alle Zeilen als Elende gebrandmarkl zu werden; ihre Namen waren Lenfant und Lechal. Der gule Priester, der gern zum Tröste des Sierbenden seinen Schlaf unterbrach, hieß Paysanl. Moliere'S Kameraden wollien ihm einen prächligen Leichen- zug anordnen, aber der Pfarrer von Sl. Eustachius, Herr Mer lin, widersetzte sich diesem Vorhaben. Der Erzbischof von Paris, Harlay de Champvalon, der später an den Folgen seiner Aus schweisungen starb, Haxe den Befehl gegeben, daß einem Manne, dessen Leben eine ununterbrochene Reihefolge von guten Werken und dessen Tod der eines guten Christen war, keine feierliche Be stallung zu Theil werden solle. „Was", rief Madame Moliere cmrüstel aus, als man ihr den Befehl des Erzbischofs himerbrachie, „man verweigert dem jenigen hier ein Grab, dem man in Griechenland Altäre erbaut häxe?" Sogleich begab sie sich nach Versailles, in Begleitung des Pfarrers von Auteuil, warf sich dem Könige zu Füßen und beklagte sich über den Schimpf, den man den Manen ihres Galten zufügen wollte. „Wenn mein Gaue straffällig ist, Sire, so wurde er von Ew. Majestät selbst zu seinen Sünden berech tigt." Ludwig XIV., der sich von diesen kühnen Worten ge troffen fühlte, entließ sie sehr kurz, indem er ihr sagte, daß diese Angelegenheit einzig vom Erzbischof von Paris abhingc. Doch ließ der König dem Harlay von Champvalon bedeuten, daß er sich nicht länger der Bestattung Moliere'S widersetzen solle. Der Erzbischof mußte gezwungen nachgeben, aber er verbot dem Pfarrer von Si- Eustachius, den Leichnam in die Kirche aufzu nehmen; nur zwei Geistliche begleiteten ihn nach dem Kirchhofe. „Der Pöbel", sagt Voltaire, „der in Moliere bloß den Schauspieler sah, und der nicht wußte, daß der Verstorbene auch ein trefflicher Schriftsteller, ein Philosoph und in seiner Art ein großer Mann war, versammelte sich am Begräbnißiage in großer Masse vor der Thür seines Hauses. Seine Witwe warf aus dem Fenster Geld umcr die Menge, und diese Elenden, welche, ohne zu wissen, weshalb, die Begräbniß-Feierlichkciten gestört Haxen, folgten nun mit der größten Achtung seinen irdischen Ueberresten." Am 21. Februar Abends wurde die Leiche nach dem St. Josephs-Kirchhof in der Straße Montmartre gebracht. All- Freunde des Verstorbenen folgten mit Fackeln in der Hand und 60 mit entblößtem Haupte stillschweigend der Bahre. Als der Zug durch die Straße Montmartre kam, fragte ein Vorübergehender eine Frau, wen man hier zu Grabe trüge. „Nun, das ist ja der Moliere", war die Antwort. Bibliographie. älphoo»-, »» «l I'Lx?pt- «0 tM. k-r l'-ut-m Ü-» l.slira, »or I» — 2 Bde. IS Fr. I T. E. Dionne" Gezeichnet von H. Dufour" «' verute« äe» virtoire, et vollquete, üei Krsuexi». — Von E. de la Bedolliölt. r Bde. » Fr- Lsnr» a'eeolloniie ill<ioetri«u«. - Von Blanaui. Gesammelt und mit An merkunzen herausgegeben von A- Blaise. « Je. Griechenland. Bibliographie- es; /-er« ovi-onrix^; /ka? X. r. 1. (Geschichte de» alten Griechenland», MU einer kurzen lieber ficht der Griechischen Archäologie.) Au- dem Deutschen übersetzt ovn I. A. Cdawiara». Wien, 1817. körperliche Erziehung der Kinder.) Don I. ÜlnmrioS. Athen, 1817. rre^l xß; snuxttvrclvscv; '/fllceste-c, uun io l820 vf/v, roü !8Lt x. r. >. (Denkwürdigkeiten über den Griechischen Aufüand von 1820 bi- IW.) Vom Erzbischof von Patra», Germanos, niedcrgsschricbcn, von Kailintko« Kastorchis herauSgegeben. Athen, 1817. Voro^s« rovrvxrixvv ordert ad tssc'/sz-loüo;, v7ior»;<:^lvpy;ova„-n?cv; rav x«„! ra IW /-Hy, rmr IM. (Geschichte der regelmäßigen Truppen in Griechenland, von ihrer Errichtung im 1.1821 an bis IM.) Don Christoe S. BpzantioS. Athen, 1817. Aleugriechhche Xebersetzung der lu^cltuNvne» Iustloisoi, nach der Ausgabe von Reitz. Athen, IM. DeSgl. des Lehrbuchs d-S Römischen Rechts von Marte,den, von G. R. Rallis und M. RenieriS. Äthen, 1818. VZtj» -ktt/u^sov vlav (lieber Zacharias, den Sohn de» BarachiaS.) Don Tbeokl PharmakidiS. Athen, >818. (Eine theologische Streitschrift gegen den Presbyter Konstant. LikononwS) , Von Lehrbüchern für die Griechische Jugend erschienen in den lebten Jahren ; eine Griechische Chrestomathie in fünf Banden und eine Griechische Grammatik von Gennadios, eine Lateinische Grammatik und ein Lateinisches Elemeutarbuch lnach Jacobs und Döring) von Ulrichs, die heilige Geschichte von M- ApostolldiS, die Geographie von Kokonis, die Muthologie von K- Kontagonis, eine Mathematik, Lie Gnmnastik von G- Paaon, mehrere Fran- zösische Sprachlehren, ein Auszug aus dem Anacharsts von Bartholemy u- s. w- Ferner wurden übersetzt: Groß, Naturrecht, von Polyzoidis, und der 6«äe eivil von Napoleon t die Ausgabe des Plutarch von Korais ward neu ver anstaltet; Mavrokordatos (Prof, an der Universtlal in Athen) gab ein aus führliches vehrbuch der Anatoniie, und Prolefsor Wamwas Elemente der Philosophie heraus. Von Zeitschriften sind zu erwähnen eine theologische (Lvr-7/-1ixy eine juristische (vom Advokaten Arelos in Nauplia redigirt), eine medizinische, die archäologische u. s. w. Mannigfaltiges. — Vorlesungen in Frankreich. Wir «heilen hier das diesjährige Verzeichniß der Vorlesungen im Vollöge cle krunc« und in der t'ueulce äes lereres der Sorbonne mit, weil diese die maß gebendste Uebersichi von dem gegenwärtigen Zustande der Wissen- fchaft und insbesondere des höheren Unterrichts in der Französischen Hauptstadt gewähren: vollexe äe Trance: Astronomie, Binne«; Mathematik, Lacroix; Physik und mathematische Geo graphie, Bioi; Experimental-Physik, Favart; Medizin, Magendie; Chemie, Thenard; Naturgeschichte der unor ganischen Körper, Elie de Deaumom; Naturgeschichte der organischen Körper, Duvernois; Völkerrecht, de Por- lvlS; Geschichte und Ethik, Michelei; Hebräische, Cal- däische und Syrische Sprache, Quairemere de Lluincy; Arabische Sprache, Caussin de Perceval; Persische Sprache, Am. Jauberl; Türkische Sprache, Alex. Des- granges; Chinesische und Tatarische Sprache und Lite ratur, Stanislas Julien; Sanskrit-Sprache und Litera tur, Eug. Burnouf; Griechische Sprache und Literatur, Boiffonnade; Griechische und Lateinische Philologie, Ban. S.aint - Hilaire; Lateinische Beredsamkeit, Bur nouf d. A; Lateinische Dichtkunst, Tissot; Französische Literatur, Ampere; Siaais-Wirlhschast, Rossi; Archäo logie, Lelronne; Vergleichende Geschichte der Gesetz gebungen, Lerminier (lcgtgedachte Vorlesung ist bekanntlich in Folge eines Studenten-Tumults suspendin worden). — h'v- culte äs« lottre^: Griechische Literatur, Boiffonnade und Jules David; Lateinische Beredsamkeit, Le Clerc und Charpentier; Lateinische Dichtkunst, Patin; Französische Beredsamkeit, Villemain und Gheruzez; Französische Dichtkunst, Sl. Marc Girardin; Philosophie, Iouffroi; Geschichte der alten Philosophie, Cousin und Aacheroi; Geschichte der neueren Philosophie, Royer Collard und Damiron; Alte Geschichte, Lacretelle; Neuere Geschickte, Guizol und Lenormand; Erdbeschreibung, Euignaut; Aus ländische Literatur, Fauriel; Phrenologie (nach Broussais' Tod, interimistisch), Felix Voisin. HerauSgegeben von der Redaktion der Allg- Preuß. StaatS-Zeitung- Redigirt von Z. Lehmann. Gedruckt bei A. W. Hayn.