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Wöchentlich erscheinen drei Rumniern. Pränumerations- PreiS 22j Sgr. s- THIr.) viertellöhrlich, Z Thlr. für das ganze Jahr, ohne Er höhung, in allen Theilen der Preußischen Monarchie. Magazin für die Man pränumcrirt auf dieses Beiblatt der Ällg. Pr. SlaaiS- Zeitung in Berlin i» dec Expedition (FriedrichS-Straße Rr. 72); in der Provinz so wie ini Auslande bei den Wohllöbl. PostiAemtern. Literatur des Auslandes. 6S. Berlin, Mittwoch den 30. Mai 1838. England. Walter Scott's letzte Reise"). Nachdem Sir Waller bereilg im November 1830 von Schlag anfällen heimgesucht worden, die seine Geisteskräfte bedeutend geschwächt und einzelne Functionen, z. B- Gedächmiß und Unheil für vorübergehende Momente, gänzlich gestört Hanen, und nach dem auch später noch körperliche Lähmungen hinzugelrelen waren, schlugen ihm seine Aerzie zur Wiederherstellung seiner Gesundheit eine Reise nach dem Süden vor, zu welcher er sich nur höchst ungern bequemte. Er saß noch im September 1831 in seiner Bibliothek zu Abbotssord, welches reizende Schloß er später nur wiedersah, um dorr seinen Geist aufzugeben, und sprach m schwcr- mülhigen Ausdrücken, wie er seither oft gethan, über den sonder baren Umstand, daß Fielding und Smollet ebenfalls ihrer Gesund heit wegen in die Fremde geschickt wurden und nicht wieder in ihr Vaterland zurückkehrten. Die Reise durfte jedoch nicht länger verschoben werden, zumal da so eben Scott's Lieblingssohn, der Major, einen längeren Urlaub erhalten halte, so daß er wie seine beiden Schwestern im Slande war, seinen kranken Vater zu be gleiten. Man Hane sich die Insel Malta als das nächste Ziel ge steckt, und die Gesellschaft begab sich im Oktober 1831 in kleinen Tagereisen zur Einschiffung über London nach Portsmouth. Die nun folgenden Ereignisse geben wir treu so wieder, wie Lockhari sie in seinen Memoiren miltheilt. Der bekannte Capilain Basil Hall hatte die Güte gehabt, den Reisenden von London aus voraufzueilen, um in dem Gasthof zu Portsmouth Alles zu ihrem Empfange einrichien zu lassen. Sie hofften, die Einschiffung würde schon am nächsten Tage nach ihrer Ankunft stallfinden, und Capilain Hall glauble, durch seine Erfahrung ihnen von Nuyen seyn zu können, was denn auch wirklich der Fall war. Als in Guilford die Pferde gewechselt wurden, stieg Walter Scott aus und entging nur mit genauer Noth der Gefahr, von einer Mailkutsche überfahren zu werden. Von allen seinen alten Gewohnheiten behielt er keine länger bei, als den heftigsten Widerwillen, sich von irgend Jemand führen oder nur unterstützen zu lassen. Es währte sehr lange, bevor er sich entschloß, den Arm seines treuen Dieners und Försters zu Abbotsford, Tom Purdie, anzunehmen, wenn er im Walde und auf den Feldern umherging, und der Leser wird sehen, daß dieser sonderbare Stolz, verbunden mit einer immer mehr überhand nehmenden Zerstreuung, ihn oft in die größte Gefahr brachte. Er mußte acht Tage in Portsmouth warten, bevor die ihm für die Reise bewilligte Königliche Fregatte „Barham" völlig segelfertig war. Während dieser Zeil verließ er kaum den Gast hof, um nicht der Menge von Leuten, die sich stets versammelten, sobald er sich irgendwo sehen ließ, seine Gebrechlichkeit zu zeigen; er nahm jedoch alle Deputationen der literarischen und wissen schaftlichen Gesellschaften der Stadl an, und der erste Lord der Admiralität, Sir James Graham, erschien in Person, um sich zu überzeugen, daß nichts am Bord der Fregatte versäumt worden, was nur auf irgend eine Weise zur Bequemlichkeit des Reisenden beitragen könnte. Am 2v. Oktober 1831 lichtete die Fregatte endlich die Anker. Hätte Capilain Pigol den Befehl gehabt, einen Prinzen von Geblüt „ach Malla zu führen, so könnten weder er noch seine Schiffsmannschaft sich artiger und bester benommen haben, als es gegen Scoii und seine Begleiter geschah. Als dieser, nachdem man den Biscayischen Meerbusen passirt, nicht mehr von der Seekrankheit belästigt wurde, saß er fast beständig auf dem Ver deck, um sich der Luft, der Umgebung und vor allen Dingen des schönen Schiffes und der auf ihm herrschenden Disziplin zu freuen. Oft änderte man die Richtung einzig und allein aus dem Grunde, damit er eine Ansicht von irgend einem merkwür digen Ort oder Punkt an den Ufern bekomme, und nur ein so eben aufspringender besonders günstiger Wind wurde die Veran lassung, daß inan nicht bei Algier anlegle. Am 2N. November erreichten sie jenes merkwürdige Phäno men, die Schöpfung eines submarinen Vulkans, welches wäh rend seiner kurzen Existenz den Namen „Graham's Insel" führte. Seit seiner Entstehung waren nun bereits vier Monate ver- *) Aus Lockharns Uemoirs ok tlle l.lko of 8ir V. 8ooN. flossen, und wenige Tage nachher verschwand es wieder. Die sonderbare Masse zerfiel jetzt schon, wenn man sie mit Hand oder Fuß berührte; nichts konnte jedoch Waller Scott vermögen, daran vorüber zu fahren. In folgender Stelle aus einem Briefe an James Skene in Edinburg beschreibt er selbst seinen Besuch: „Da ich die vulkanische GrahamS-Jnsel gesehen habe, die entweder noch m ihrer Ausbildung oder schon wieder in ihrer Auflösung begriffen ist, genug, der jedenfalls in kurzer Zeit eine große Veränderung bevorstehi, so hab' ich mich entschlossen, einen kleinen Bericht darüber für die lt.vv.nl 8ocietx aufzusetzen. Ich sah ein Stück von sechs bis acht Fuß Höhe hart am südlichen Abhange unter den Füßen eines unserer Begleiter loebrechen und sich sogleich in Staub auflösen, so daß wir nicht eher über das Geschick unseres Freundes Aufschluß erhielten, als bis der Staub sich gelegt hatte und wir ihn noch oben erblickten. Sie kennen mein Retter-Talent: da es für einen kranken und gebrechlichen Menschen äußerst schwierig war, auf der Insel fortzukommen, wo man bei jedem Schritt bis ans Knie einsank, setzte ich mich auf die Schultern eines Seemannes, der mich beinahe bis auf den höchsten Gipfel trug. Wir fanden zwei wdte Delphine, die wahrscheinlich durch die heiße Temperatur umgekommen waren, und ein Rochkehlchen, das wohl vom nächsten Lande herübergc- kommen seyn mochte, und nun hier, wo es weder Nahrung noch Master gab, den Tod gefunden Halle- Dies war also das Resul- tal des ersten Versuchs, die Insel mit Fischen und Vögeln zu versehen. An der Südseite schien das vulkanische Prinzip noch in voller Arbeit. Das fortwährende Plagen von Blasen, die aus der Tiefe nach oben hinauf getrieben werden, erzeugt einx Menge Dampf, der sich nach allen Seilen hin ausbrettel und die Insel mit einem Nebelmamel umgiebt. Ein Mann unserer Gesellschaft, der sie schon mehrmals besucht halte, war der Mei nung, daß sie an Umfang immer noch zunehme. Die Luft auf dieser neugeborenen Insel ist eben nicht die angenehmste; man erstickt fast vor Schwefeldampf. Jedes Loch auf derselben ist mir heißem oder siedendem Wasser angefüllt. Das bedeutende Auf wallen des Wassers in der Bai ist sicher ein Zeichen von dem außerordentliche» Arbeiten des submarinen Vulkans, der sich noch nicht beruhigt hat." Walter Scott erreichte Malta am '22. November und traf hier eine Menge Landsleute. Aus seinem kaum mehr zu ent ziffernden Tagebuche geht hervor, daß er mit besonderem Wohl gefallen die ritterlichen Alierthümer von La Valette, die St- Johan nes-Kirche mit ihren Denkmälern und die verlassenen Paläste und Bibliotheken des heldenmüthigen Ordens besuchte; als er gegen alle ärztliche Vorschrift die Feder wieder ergriff, war der Gegen stand seines neuen Romans auch den Annalen des Malteser- Ordens entnommen. Besonders häufig sah er hier die Tochter eines seiner Kollegen in Edinburg, Madame Davy, die Frau eines Arztes, die uns folgende Notiz über seinen Aufenthalt in Malta mitgeiheilt Hal: „Ende November machte — wie es auch nicht anders seyn konnte — die Ankunft Sir Waller Scott's auf Malla großes Aufsehen. Unser Gouverneur, Sir F. Ponsonby, war noch nichl wieder von einer Reise nach England zurückgekchrl, doch waren Befehle eingegangen, dem Reisenden alle mögliche Achtung zu erweisen und ein Haus, Pferde und Wagen u. ;. w. zu seiner Verfügung zu stellen. Wegen der in England herrschenden Cholera mußten damals alle von dorl kommende,Schiffe eine Quaranlaine halten; anstatt jedoch Walter Scon in das gewöhn liche Lazarelh zu schicken, Hane man für ihn und seine Familie in Fon Manuel einige Zimmer auf die neun Tage gut einrichten lassen. Hier hielt er täglich Leveen, um seine zahlreichen Freunde . und Besucher anzunehmen, und ich erinnere mich noch von einem ersten Besuch her, den ich ihn; mit mehreren Anderen machte, daß selbst der finstere Landungsplatz, das Marsa Muscet, des Quaramaine-Hafens, der an der Seile von La Valetta durch eine schwerfällige Bastion bestrichen wird, durch die Menge von an kommenden und abgehenden Böten Kunde gab von der Anwesen heit eines berühmten Mannes." „Sir Walter nahm weder das auf Befehl des Gouverneurs ' für ihn eingerichtete Haus, noch eines von den vielen Privat- Häusern an, die seine zahlreichen Freunde ihm anbolen, sondern trat in Bevcrlcy's Hotel, 8truilu Pimente, ab, welches unserem Hause gegenüber lag. Einige Tage darauf luden ihn die Offi-