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Wöchentlich erscheinen drei Nummern. Priinumerations- Pr-is 22; Sgr. (z Thlr.) vierteil Irlich, Z Thlr. für daS ganze Jahr, ahne Er höhung, in allen Theilen der Preußischen Monarchie. für die Man prönumcriri auf dieses Beiblatt der Wg. Pr. Staais- Zeirung in Berlin in Ler ExrcLino» fFriedrichS-Siraße Nr. 72); in der Provinz so wie im AuSIandc bei den Wohllöbl. Pon-Aemrcrn. Literatur des Auslandes. 55. Berlin, Montag den 7. Mai 1838. England. Lagebuch aus dm Zeiten Georg's IV. *) Die Erscheinung des in der Anmerkung naher bezeichneten abgeschmackten, einfältigen und schmachvollen Buches") liefen einen neuen Beweis von den immer mehr überhand nehmenden Mißbrauchen der Presse, denen seit den Tagen des Prinzen- Regemen und seiner unglücklichen Gemahlin nicht mehr gesteuert worden, da sich die höchsten Personen damaliger Zeit dergleichen Mißbrauche zu Schulden hatten kommen lassen. Eine Dame vom höchsten Range — wenigstens der Geburt nach — wird öffentlich als die Verfasserin desselben genannt; wenigstens ist ihr Name zu wiederholten Malen in den Zeitungen, als zu dem Buche ge hörend, angeführt worden, ohne daß weder sie noch ihr Mit schuldiger, der Buchhändler, dem widersprochen hätten. Ein hochgeachtetes Journal politischen und literarischen Inhalts, die ttusrcerlz-.Uevievv, Hal in einem Artikel über dieses Buch seinen größten Unwillen über die darin enthaltenen Nichtswürdigkeiten auögedrückt und ganz unumwunden Lady Charlotte Campbell (jetzige Bury) mit Namen genannt; aber auch hierauf ist keine Ablehnung, weder von ihr noch vom Buchhändler, erfolgt. Daß Herr Eolburn lausend Pfund für das Manuskript gegeben, und daß es von einer Dame herrühre, hat er selbst verralhen, und zwar einem hochgestellte» Manne vom Militair, welcher ihn wegen einer auf eine seiner Verwandten bezügliche Unwahrheit in diesem Buche zur Rede setzte. So viel steht fest, daß Lady C Campbell (oder Bury) und ihr Buchhändler im Stande sind, in jedem Augenblick die obwaltenden Zweifel zu beseitigen; und da Beiden die öffentlichen Bermnlhungcn hinreichend bekannt sind, aber Keiner von Beiden einen Schritt lhut, ihnen widersprechend zu begegnen, so darf man annchmcn, daß sie entweder wirklich die Verfasserin ist oder dem Buchhändler gestattet Hal, sie dafür gellen zu lassen: in beiden Fällen verdiem sie den strengsten Tadel. Wenn Jemand ganz bestimm! behaupleie, die angeführte Dame sey nicht die Verfasserin dieser skandalösen Schrift, so würde es der Buchhändler gewiß äußerst übelnehmen; denn alle darin ent haltene Details sind nur etwas werth — wenn solche Schänd- lichkeiten überhaupt Werth haben können — insofern sie von Jemand herrühren, der zum Haushalt der Königin gehörte, sonst aber wären sie völlig nichtig. Hier fängt nun der Grund zu allen Vorwürfen an, denen jenes Weib durch ihre schamlose Jn- discrcnon sich ausgesetzt Hai. Lady C. Campbell gehörte zum Haushalt der Königin, als diese noch Prinzessin von WäleS war, und sie wurde aus Gnade und Barmherzigkeit in denselben aus genommen, was den menschenfreundlichen Neigungen der stets wohllhätigen Prinzessin ganz entspricht. Da sie nämlich wußte, daß Lady Charlotte durch den Tod ihres Mannes mit einer großen Familie in dürftige Umstände geratheN war, nahm sie Rücksicht auf die von ihr cingereichte Bittschrift und bewilligte ihr eine Stelle mit mehreren hundert Pfund jährlich. Man sägt — es ist sehr natürlich, sich bei der jetzigen Gelegenheit dergleichen wieder ms Gedächtniß zurückzurufen —, die Prinzessin habe vor der An stellung der Lady Charlotte einen ihrer eigenen Freunde gefragt, ob die Bittstellerin wohl eine zuverlässige Person und nicht etwa eine wiche sey, die durch Klatschereien in ihrem mit Spionen umstellten Palais Unglück anrichten könne, und der Freund habe darauf mit Unwillen geantwortet: „Prinzessin, sic ist eine Edel frau und die Schwester des ehrenwenhesten und liebenswürdigsten Mannes seiner Zeit." Mu» denke sich nun das Erstaunen dieses Freundes der Prinzessin, wenn er bis jetzt gelebt und nun plötzlich das Gerücht von der Verräthcrei dieser hochgeborenen Dame ver nommen Haire. Ihm hat cs gewiß dainals nicht geträumt, daß sie ihre Mußestunden darauf verwendete, Alles zu Papier zu bringen, was sie sah, Höne, mißverstand oder gar nicht begriff, um diese Notizen später einmal zu Geld zu machen und das Zu trauen ihrer gütigen Herrin zu verkaufen, nur damit sie im Stande sey, ihre verblühten Reize mit dem bunten Flitterstaat der Jugend zu bedecken- ') vl-rv »t Nm" ot t»«arxe tö, ponrlö, intvper««<i «Nk orixivai trom ti»v lute Caroline onü froin varivnn vtöer xninLeü perevn«. r rok. 8>o. Colburu. I.o»<I„n, 1838. ") Wir lmbcn desselben bereits unter der Ueberschrift- „Zur Cbroniqno in Nr. 18 des Magazins, Art. „Mannigfaltiges", gedacht- Wenn in diesem Buche, wo es überall an Sinn und Ver stand, an Rechtlichkeit und Gefühl mangelt, eines noch einfältiger seyn kann als das andere, so ist es der abgeschmackte Streich, es für das Werk eines Mannes auszugeben. Wie elend ist diese Unwahrheit durchgeführt! Man darf weiter nichts zum Beweise dagegen nehmen, als die vertrauten Briefe und Billets der Prin zessin (die mit der größten, unverschämtesten Frechheit publizirt werden), in denen sich diese nämlich mit einer Zutraulichkeit aus drückt, wie sie es nur gegen eine Person ihres eigenen Geschlechts thun konnte. Jeglicher Zweifel über diesen Punkt wird jedoch durch einen Brief von Herrn C- K- S- aus Orford an die für einen Mann ausgegebene Verfasserin des Buches beseitigt, einen Brief, in welchem sich folgende Phrase findet, die gewiß nicht von einem Manne an den anderen gerichtet wird: „Ich habe Ihr Bild gemalt, es ist aber nicht ähnlich ge worden, daher hat es das Geschick aller seiner gemalten Vor gänger gehabt. Jndcß wäre es vielleicht nicht ganz unmöglich, die Züge Ew. Herrlichkeit zu treffen, wenn das Galvanische System verbessert und vier Maler der alten Zeit dadurch so be weglich gemacht werden könnten, wie eine Floßfeder. Ich möchte Titian aus seinem Todesschlafe wecken, damit er Ihren Kopf, — Peter Lely, damit et Ihren Nacken, — Vandyke, damit er Ihre Hände, und endlich Rubens, damit er die Draperiecn und den Hintergrund des Gemäldes malte; alsdann möchte vielleicht etwas Sehenswerlhes daraus werden; so wie die Sachen jetzt stehen, muß ich jedoch bekennen, daß ich mich in der größten Verzweif lung befinde." Das Erste, was einem Jeden aufsällt, der das Buch liest, ist das unerhörte Benehmen einer Person in der ersten Gesell schaft, die es sich zum Geschäft macht, jedes unüberlegte Wort, jede sorglose Handlung genau aufzuschreiben und jedes flüchtige Billet zu kopiren, um später Alles des Gewinns halber der Oeffemlichkeil preiszugeben. Hal sich der Unwille darüber etwas gelegt, so gerälh man zunächst in Erstaunen, daß eine Person von Rang für eine elende Summe Geldes im Stande ist, ihre gesellige Stellung hinzuopfcrn und cs allen Leuten von Anstand und Besonnenheit um ihrer eigenen Sicherheit willen unmöglich zu machen, sie ferner bei sich zu sehen, gerade als hätte sie das gemeinste Verbrechen begangen. Man sagt sogar, sie bedrohe die Gesellschaft mit einer neuen Schamlosigkeit, nämlich mit der Herausgabe der Briefe aller ihrer Bekannten. Jedermann, der ihr jemals einen Brief geschrieben, sollte eine Klage bereit halten und diese gleich nach dem Erscheinen des Buches gegen sie anhängig machen. Der Brief gehört zum Theil dem, der ihn schrieb, und der Empfänger Hal kein Recht, ihn ohne die Erlaub- niß des Absenders dem Druck zu übergeben. Ein Buch, wie das in Rede stehende, kann gar kein Eigemhumsrecht haben, und wir sprechen nur das Gutachten unserer ersten Juristen aus, wenn wir erklären, daß ein Jeder es ungestraft nachdrucken könne, — denn die Gesetze schützen keine An solcher verleumderischen lügen haften Publicationen. Herr Eolburn Hal daher sein Geld weg geworfen und wird sich gewiß nicht zum zweitenmal auf eine solche Spekulation einlaffen. Aber die Stupidität und grobe Unwissenheit, welche auf jeder Seile des Buches vorherrschen, sind allein schon hinreichend, den Absatz desselben zu verhindern und dem Buchhändler jeglichen Vortheil zu rauben. Jedes Bla« beweist, daß sie niemals mit der guten Gesellschaft der damaligen Zeil umgegangen war. Ihr ist der^Ton und die Bedeutung der in der feinen Conversanon eingebürgerten Wörter so unbekannt, als käme sie vom Dorfe und häne sich niemals in einem feinen Residenz-Zirkel bewegt. Sic befand sich durchaus nicht in ihrem Element. Erstaunt über Dinge, die allgemein bekannt sind und in jedem Augenblick vor kommen, — ohne Verwunderung Dinge aufnehmend, die einen Jeden stutzig machen würden, der an den feinen Ton gewöhnt ist, — gänzlich unfähig, Männer und Dinge zu begreifen, die allen denen als das A-B-C bekannt sind, die in den höheren Kreisen leben, — beweist jede Zeile, daß eine Person Zutritt zu einer Gesellschaft erlangt Hal, die ihr gänzlich neu ist, — daß sie sich unrer Solchen befindet, deren Gewohnheiten ihr fremd sind. Endlose Mißverständnisse, lächerliche Verwechselungen von Per sonen und Sachen, fortwährende Unfähigkeit, das zu begreifen, wovon die Rede ist, dies sind die natürlichen, unvermeidlichen Folgen davon. Aber die Auslegung der schwierigen Passagen ist