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Wöchentlich erscheinen drei Nummern. Pranumerations- Prei« 22j Sgr. (j Thlr.) vicrreMrlich, Z Thlr. für da« ganze Jahr, ohne Er höhung, in allen Theilen der Preußischen Monarchie. für die Man reünumerirl aus diese» Beiblatt der ANg. Pr. Staats- Aellung in Berlin in der Expedition (Mobrcn-Straß» Nr. Z4); in der Provinz so wie im Auslände bei Le» Wohllobl. Posi-Aemtern. Ltt cratur des Auslandes. 43. Berlin, Sviinabcnd den li. April 1838. England. Die Dame von Lyon oder Lieb' und Stolz, von Bulwer. Von dem bereits im Magazin erwähnten Dulwcrschen Stück ,,die Dame von Lyon", welches seit vier Wochen an jedem Abend im Eovem Garden-Theater bei vollem Hause gegeben wird und schon im Druck die dritte Auflage erlebt Hal, «heilen wir hier einige der interessantesten Scenen mit. Im ersten Akt sind die Bewerbungen Beauscam's und Glavie' von Pauline Dechapcllcs, der Dame von Lyon, zurückgewiesen worden; auch Claude Mel- notte, der Sohn des ehemaligen Gärtners von Pauline's Aeltern, ein übrigens durch Talem und wissenschaftliche Bildung hochge stellter Mensch, hat schriftlich seine Liebe zu erklären gewagt, doch hat man seinen Boten mit Schlägen und seine Verse mit Hohn zurückgewiesen; alle Drei sind empört. Die beiden reichen Freier beschließen aus Rache, den jungen Melnoue mit Eguipagcn und Dienern zu versehen und ihn als Prinz von Como bei der Dame von Lyon einzuführen; von Pauline's Eitelkeit, besonders von der ihrer Mutier und der Gewandtheit Melnotte's, hoffen sie das Beste für ihre Pläne. So schließt der erste Akt. (Zeit der Handlung 1798 — 98.) Z w e i t e r A k t. Erste Scene. Der Garten hinter De ch apelles' Haus in Lyon. Das Haus im HintergruuL. Beauseant und Glavis treten ein. Bcauscanl. Nun, was denken Sie von meinem Plank Ist er nicht vortrefflich gelungen? Von dem Augenblick an, wo ich Se. Hoheit den "Prinzen von Como der aufgeblasenen Mutter und der stolzen Tochter vorstellte, war es mit ihnen vorbei: er kam — sah und siegte, und — obgleich die Sache kaum eingefädelt ist, so haben sie ihm bereits Pauline's Hand zugesichert. Glavis. Es ist sehr gut, daß Sie ihnen erzählten, der Prinz reise inkognito, aus Furcht vor dem Direktorium, welches die Hoheiten nicht eben liebt, dxnn Melnottc Hal die größte Lust, seine Rolle mit allem möglichen Anstand durchzuführen; er wirft unser Gold mit einer Kaltblütigkeit um sich, als begösse er seine Blumentöpfe. Beaus. Es ist wahr, er zeigt sich äußerst freigebig; ich glaube, der Schlingel ihm es aus Malice gegen uns. Man muß indeß gestehen, daß er seinen Umerchanen Ehre macht und gar keine üble Figur in seinen feinen Kleidern spielt; besonders weiß er meine goldene mit Diamanten besetzte Dose gehörig zu -eigen — , . Glavis. Und meinen Diamaniring! Doch glauben Sie, daß er fest bleiben wird bis zuletzt? Mir ist, als bemerkte ich Zeichen von Reue. Wenn sein Gewissen einmal erwacht, möchte «r schwerlich seine Rolle zu Ende spielen. Beaus. Sein Eid zwingt ihn dazu; er kann nicht zuräck- trelen, ohne meineidig zu seyn, und die gemeinen Leute sind dann äußerst abergläubisch- Ich zitiere jedoch vor der Möglich- einer Entdeckung. Der barsche Oberst Damas, der Veiler Madame Dechapcllcs, hat ihn auf jeden Fall schon im Verdacht; wir mässen uns beeilen, der Farce ein Ende zu machen; mein Pia» jst schon entworfen, — noch heut soll cs geschehen. Glavis. Noch hem? — Arme Pauline, — wie bald wird ihr Traum vorüber sey„! Beaus. Ja, noch heul soll er sie heiralhcn; seinem Eide gemäß soll er sie dann gegen Abend nach dem Gasthof zum Goldenen Löwen fuhren, und dort mögen dann Pomp, Titel, Dienerschaft; Equipagen und Alles plötzlich ein Ende nehmen; dann soll Ihre Hoheit die Prinzessin entdecken, daß sie den Sohn eines Marquis ausgeschlagen, um den eines Gärtners zu heirathen. O, Pauline, die ich einst liebte, jetzt Haffe, aber noch nicht aufgcbe, — Du sollst den bitten, Kelch bis auf die Neige leeren, — Du sollst fühlen, was es heißt, gedemüthigt werden! Zweite Scene. Melnotte als Prinz von Como, Pauline an slintn. Arm, Madame Dechapeltes und Oberst Damas kommen aus Lem Hause. Beau- scant und Glavis trenn ehrerbietig zurück. Pauline und Mcl- notte lustwandeln allein. Mad. Dechap. (suips-ichcrnd). Guten Morgen, meine Herren; ich bin so erhitzt vom Lachen, der liebe Prinz ist so höchst unter haltend. Welch brillanter Witz! Man sieht auf der Stelle, daß er sein ganzes Leben an Höfen zugebrachl. Damas. Was weißt Du denn von Höfen, Cousine? Ihr Weiber verfahrt beim Beurcheilen der Männer eben so wie beim Bücherkaufen: ihr seht nicht auf den Inhalt, sondern nur auf Einband und Titel. Mad. Dechap. Wie ungeschliffen Du bist, Veiler! Voll ständige Kasernen-Manieren; — Du verdienst nicht, zu unserer Familie zu gehöre»; wir muffen in der Thal auf Deinen Um gang verzichten, wenn Pauline den Prinzen geheiraihei hat. Ich werde keinen Verwandten in meinem Hause scheu, der meinem künftigen Schwiegersohn, dem Prinzen von Como, Schande macht- Melnotte (oorir-t-»d). Diese Gärten sind ausgezeichnet schön, Madame, (Beauseant »ud Glaois treten zurück) — Iver legte sie an? Mad. Dech. Ein Gärtner, Namens Melnotte, Ew. Hoheit, — ein ehrlicher Mann, der seine niedrige Stellung nie vergaß. Von seinem Sohne kann ich das nicht rühmen, — ein anmaßender Bursche, der — hahaha! — sich herausnahm, meiner Tochter Verse — abscheuliche Knittelverse — zu übersenden. Pauline. Ja, denken Sie, Prinz, — wie würden Sie darüber gelacht haben, Sie, der selbst so reizende Verse schreib«! Meln. Dieser Melnotte muß ja ein höchst unverschämter Schlingel seyn! Damas. Jst er hübsch? Mad. Dech. Ich nehme nie Notiz von der Kanaille, ein häßlicher, gemein aussehender Bauerlümmcl, wenn ich mich recht erinnere. Damas.» Dein Portier sagte mir, er sey Sr. Hoheit auf höchst merkwürdige Weise ähnlich. Meln. (Taback nehmend). Sie sind sehr verbindlich. Mad. Dech. Schäm' Dich, Vener! — dem Prinzen, wahrhaftig. Pauline. Ihnen? — Mutter, unserem schönen Prinzen? Ich spreche nie wieder ein Won mit Ihnen, Onkel. Meln. (bei Sei». Rang macht schön! Man hat mich nie für einen Appollo angesehen, als ich noch Gärtner war. Bi» ich schon als Prinz so schön, was würde ich erst als Kaiser seyn? (Lau«) Monsieur Veauscam, kann ich Ihnen dienen? — (cx reicht ihm die Dose). Beaus. Ich danke Ew. Hoheit, — dies kleine Laster hab ich nicht. Meln. War' es ein Laster, so hallen Sie es bestimmt- Mad. Dech. Wie beißend! — hahaha! — wie witzig! Beaus, (voll» Wuth bei Seit). Verdammte Impertinenz! Mad. Dech. Welch' kostbare Dose! Pauline. Und welch' schöner Ring! Meln. Die Dose gefällt Ihnen? — Ein unbedeutendes Ding — vielleicht interessant als ein Geschenk Ludwig's XIV. an meinen Urgroßvater. Erzeigen Sie mir die Ehre, sie anzunehmen. Beaus, (ihn am Rockschoss zupfend). Was zum Teufel — meine Dose! Sind Sie toll? Sie ist 800 Louisd'or werth. Meln. (ohne aus ihn zu achten, sich an Pauline wendend). Und Ihnen gefällt der Ring? Ah — er hat erst ein Läster bekom men, seil er Ihre Auge» zurückstrahlt. (Er steckt ihn auf ihren Mn' ger.) Von jetzt an, holde Zauberin, betrachten Sie mich als den Sklaven des Ringes. Glavis (ihn zupfend). Halt, halt! — was thun Sie da? Das Vermächmiß einer alten Tante — ein Diamänt vom ersten Wasser! Ich bringe Sie als einen Schwindler an den Galgen! Meln. (als hörte er nichts). Dieser Ring hat für unsere Fa milie besonderes Interesse: cs ist derjenige, mit welchem mein Großvater, der Doge von Venedig, den« Adriatischen Meere sich vermahlte. (Muller und Tochter besehcn Lon Ring.) Meln. (zu Bcauscan« und Glavis). Pfui, meine Herren, — Prinzen müssen freigebig seyn. (Sich an Damas wendend, der sic genau