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Wöchentlich erscheinen drei Nummern. PränumeralionS- Prcis 22^ Sgr. (j Thlr.) vierteljährlich, Z Thlr. sür da» ganze Jahr, ohne Er höhung, in allen Theilen der Preußischen Monarchie. M z i n a g a für die Man pränumerirt auf diese» Beiblatt derMg. Pr. Staatk- Zcitung in Berlin in der Expedition (Mehren - Straße Nr. 34); in der Provinz so wie im AuSlande bei den Wohllöbl. Post-Acmtern. Literatur des Auslandes. 23. Berlin, Mittwoch den 21. Februar 1838. England. Die verschiedenen See-Wege nach Ostindien. Die Britische» Besitzungen in Ostindien enthalten auf einem Flächenraum von ungefähr 70,000 Quadrat-Meilen eine Bevöl kerung von 00 bis too Millionen Seelen. Das vereinigte König reich Großbritamcn und Irland, dessen Areal beiläufig 10,000 Quadrat-Meilen und dessen Volkszahl 24 Millionen beträgt, be sitzt also in Asien, und zwar in einer Entfernung von mehreren tausend Meilen, eine Kolonie, die beinahe fünf Mal größer und volkreicher ist, als das Mutterland. Das Indo-Britische Reich würde uns aber voch weil größer erscheinen, wenn wir die mittel baren Besitzungen und die Schutz-Slaaien hinzurechncn wollten. Alsdann ergäbe sich ein Areal, das dem ganzen westlichen Europa an Umfang gleich käme. Und über dieses ungeheure Ländergebicl sind nur ungefähr 30,000 Briten verbreitet, namentlich: die Euro päische bewaffnete Macht — gegen 21,000 Mann — 4000 bis 8000 Ofsizicre, welche im Indischen Heere, dessen Starke 100,000 Mann beträgt, Dienste thun — die Beamten der Regierung, an der Zahl 1100 —. und endlich 2000 bis 3000 im Lande ansässige Pri vatleute. Dennoch muß man sich hüten, die Wichtigkeit Indiens für das Mutterland nach dieser geringen Zahl abmeffen zu wollen. Man berechne vielmehr den Werth der Terriwrial-Einkünfte, das Verhälmiß derselben zu den Ausgaben, den Belauf des jährlichen Austausches zwischen England und Indien, und vor Allem die Vorcheile, welche ihre Suprematie in den östlichen Meeren, von China bis Vandicmens-Land und bis zum Kap der Guten Hoff nung, den Engländern verschafft. England betrachtet Alles, was seiner Seehcrrschaft gefährlich werden kann, mit eifersüchtigen Blicken. Vor beinahe vierzig Jahren schickte es Flotten und Heere nach Aegypten, um die Franzosen in diesem Lande zu bekämpfen und ihren Projekte» auf Jndic» sich zu widersetze». Heutiges Tages macht ihm Rußland viele Sorge». Welches aber auch der Gegenstand sey, dem sich die Aufmerksamkeit der Britische» Regierung hauptsächlich zu- wendet — immer gehen ihr wichtige Berichte aus Indien zu, und immer wird sie aufgefordcrt, Befehle dahin zu schicken; cs muß ihr also viel daran gelegen sey», daß die Besorgung so schnell als möglich von statten gehe. Vor der Entdeckung des Kaps, gegen Ende des ibicn Jahrhunderts, wurde der Handel zwischen Europa und Indien bekanntlich über das Rothe Meer und den Persischen Meerbusen getrieben. Artikel von geringem Umfang und große», Werche, wie z. B- die kostbarsten Spezereien, Perlen u. s. w-, transportirte man »ach Bassora, dann nach Bagdad und von dort nach einem Hafen von Syrien. Die voluminösesten Waaren kamen über das Rothe Meer nach Alexandrien- Aus de» verschiedenen Häfen des Mittelländischen Meeres führten die Venclianer und Genuesen diese Produkte des Orients dem übrigen Europa zu. Die Entdeckung des Vorgebirges der Guten Hoff nung bestimmte Europa's Kaufleute allmälig, den alten Handels- wcg aufzugeben, und erst in der neuesten,Zeit ist man mit dem Pläne umgegangc», die Communicalion über das Rothe Meer und de» Persische» Golf wieder zu eröffne». Nur handelt cs sich heutzutage weniger um Herstellung des Handels zwischen Europa und Indien in alter Form, als um Begründung eines schnelleren und regelmäßigeren Verkehrs. Die Dampf-Maschine war die vornehmste Veranlassung zu diesen Projekten, deren Ausführung sonst ein Ding der Unmöglichkeit, seyn würde. Im Jahre 1828 fuhr das Dampfschiff die „Enlcrprize" um das Kap der Guten Hoffnung und langte in Kalkutta an, nach dem cs eine Strecke von 13,700 Enal. Meile» i» 113 Tagen zu- rückgclcgi halte. Ungefähr zehn dieser Tage haoe das Schiff in verschiedene» Hafen verweilt. Es machte die Fahrt abwechselnd mit Dampf und mit Segeln. Gewöhnliche Segel-Schiffe brauchen nur 120 bis 130 -vage, und man hat sogar das Beispiel eines Schiffes, welches in 81 Tagen die ganze Strecke zurücklcgtc. Zwar hat die „Enterprize" erst am Kap neue Kohle» eingcnvm- men, und es wäre wohl denkbar, daß man »och mehr Zeit er sparen könnte; aber im besten Falle würde das Dampfschiff nicht weniger als 70 oder 80 Tage gebrauchen, und es fragt sich noch, ob jemals eine regelmäßige Dampfschifffahne-Verbmdung zwischen London und Kalkutta zu organisire» sey? Der See-Weg von London nach Bombay ist zwar kürzer, Von Falmouth nach Malta - Von Malta nach Alexandrien Bon Alexandrien »ach Suez Von Suez nach Bombay - . Wir zweifeln nicht, daß die zu dieser Fahrt bis jetzt erforderliche Zeit noch abgekürzt werden könne, sobald die Ankunft und Ab- fahn der Pakeibötc erst bequemer geregelt sind. Die Station bei Malta wird überflüssig werden, wenn die Reise über Aegypten nach Indien diejenige Vollkommenheit erreicht hat, deren sie fähig ist. Vielleicht dürfte man auch eine Linie von Dampfschiffe» zwischen Marseille oder Neapel und Alexandrien errichten ')- Da die Dampf - Communicalion bis jetzt nicht regelmäßig von sich geht, so darf cs uns kaum Wunder nehmen, wenn wir erfahren, daß nach Indien abgehende Reisende nicht immer davon Gebrauch machen können und öfter genöchigt sind, auf gewöhn liche Fahrzeuge sich cinzuschiffen. Dieses Schicksal hatte noch ') Öcffentlichen Blättern zufolge glebt es »»»mehr wirklich Damok- Paketböte, die von Morieillc »och Alexandrien und wieder zurück fahre». Sie niochen den Weg hinnen einen, Monate dreimal. aber ebenfalls sehr bedeutend. Die kürzeste Linie, welche ein Dampfschiff auf dieser Fahrt beschreiben könnte, würde 10,700 Engl. Meilen ausmachcn; man darf aber nicht weniger als 12,000 an- nehmcn. Die bloße Vermehrung der Schnelligkeit wird den Britischen Kaufmann schwerlich dazu bestimmen, daß er sich den Unkosten unterzieht, die mit einem Transporte auf Dampfschiffen verbunden sind; der Reisende aber und der Ueberbringer offizieller Depeschen wird dem viel kürzeren Wege über das Rothe Meer oder den Persischen Golf den Vorzug geben. Der geradeste und kürzeste Weg von London nach Bombay ginge über Konstantinopel, die Syrische Wüste, Bagdad u. s. w. und betrüge ungefähr 8000 Engl. Meilen. Diese Distanz würde um 1X10 Meilen vermehrt, wenn man sich in London nach einem der Häfen Syriens, die Aleppo zunächst liegen, wie z. B- Alcxan- dretle oder Laiikia, einschiffle, von da zu Lande bis Bir am Euphrat reiste und den genannten Fluß bis zu seiner Mündung hinabsegelte — um 1300 Meilen aber, wenn man den Weg über das Roche Meer cinschlügc. Der erstere Weg ist also der kürzere von beiden, allein er bicicl große Schwierigkeiten dar. Man, müßte mit Mehmed Ali unterhandeln, der über die Communicalion zwischen der Küste und dem Euphrat gebietet — mit der Pforte, welche die Ufer des Euphrats den, Namen »ach beherrscht — und mit den am unteren Euphrat sich herumtreibcnden Beduinen- Stämmen, die entweder bekämpft oder durch Geschenke beschwich tigt seyn wollen. Dann bleiben noch die Schwierigkeiten der Beschiffung des Euphrat selbst, die Capilain Chesney neulich ver sucht Hal. Dieser fuhr mil zwei Dampfschiffen, welche man stück weise zu Lande nach Bir lransporlirt und daselbst flott gemacht hatte, den Fluß hinab. Das eine Schiff ging in einem fürch terlichen Sturm zu Grunde, das andere ist glücklich angclangt. Von den Details der Expedition haben wir »och keine Kunde; aber so viel scheint uns ausgemacht, daß die Rcälisirung eines regelmäßigen Verkehrs auf diesem Wege noch ziemlich fern liegen dürfte. Von dem Rothen Meere sagte man, ehe die Dampfschiffe erfunden waren, daß der Schiffer während sechs Monaten des Jahres nicht hinein und während der sechs anderen nicht heraus könne. Wenn nun gleich dieser Ausspruch nicht buchstäblich zu nehmen ist, so kau» er doch eine» Begriff davon geben, mit welchen Schwierigkeiten ein bloßes Segel-Fahrzeug in diesem Golfe zu kämpfen Hal. Auf Dampfschiffen läßt sich die Fahrt von Suez nach Bombay in jeder Jahreszeit zurücklcgcn; cs steht aber noch dahin, ob man die umgekehrte Fahrt (von Bombay nach Suez) in der drei- bis viermonatlichcn Periode des südwestlichen Monsuhn's eben so bequem aueführen könne- Nach mehreren vorgängigen Versuchen ist eine regelmäßige Communication über Aegypten zu Stande gekommen. Jeden Monat, wenn das Pakei- boot aus England in Malta ankommt, fährt ein Paketboot von Malta nach Alexandrien. Von dort gelangt man binnen drei Tagen über den Isthmus nach Suez, wo man sich dann nach Bombay einschiffl. Die totale Entfernung bis Bombay ließe sich ungefähr so laxircn: Engl. Mkilcn. 860 210 3000 6270 Ungefähre Zeit. 18 Tage. 3 - 21 - 40 Tage.