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Wöchkntllch krschcinen trci Nummern. PrSnumcrction-- Preis 22^ Sgr. (; Thlr.) viettetudrtich, Z Lhtr. für La- ganze Jahr, ohne Er höhung, in alle» LheUcii der Preußischen Monarchie. für die Man v-änumcnrt aus diese- Beil'iatt der Allg. Pr. StaaiS- Zeitung in Berlin in der Expcditiou (Mähren-Straße Nr. 34); in der Provinz so >vie ini ÄuSlande bei den Wohltödl. Pcsi-Äcmtcrn. Literatur des Auslandes. 26. Berlin, Mittwoch den 28. Februar 1838. England. Die Quäker und die Shaker. (Nach lintn hl^arioe.) Diese beiden Gesellschaften, die nun seit längerer Zeil das Ziel von Angriffen und Spöttereien jeder Art sind, verdienen doch in vielen Stücken die Achtung und das Interesse Aller, denen der Fortschritt der Civilisation nicht gleichgültig ist. In der einen herrscht das Prinzip der Gleichheit und Gemeinschaft lichkeit in feiner vollsten Bedeutung; Jeder wählt sich nach Be lieben die Beschäftigung, die seinen Neigungen am meisten zu sagt, und statt Lumpen und Elend findet man überall die Sicher heit des nächsten Augenblicks und ein festes Vertrauen auf die Zukunft. Daher auch die große Sorgfalt und Aufmerksamkeit, womit der Shäkcr (Zitterer) alle seine Arbeiten betreibt, und wenn ihm nur die Anerkennung der ihn beobachtenden Gemeinde zu Theil wird, so scheint seine Eitelkeit befriedigt. Man be trachte seine Felder, seine Weinberge, seinen Ganen und seine Baumpflanzungen: nirgends wird die Kultur besser gehandhabt; seine Äcrndten sind fast immer reich und stattlich; er hat die besten Weine und die schönsten Früchte im Lande; die Möbel, die seine Wohnung schmücken und die alle von ihm selbst fabri- zirt werden, sind nicht ohne eine gewisse Eleganz; der Weg, der zu seiner Niederlassung führt, gleicht beinahe einer schönen Gar ten-Allee, nicht ein Steinchen ist darauf zu sehen; sein Tischlin nen und die Wäsche, die er anlegt, sind von blendender Weiße. Bei seinen Grundsätzen bedarf er nicht jenes ungeheuren Arse nals von Gesetzen, die.in unseren Gesellschaften das Eigenthum beschützen und die Ueberiragung desselben sichern müssen; da er Alles besitzt, was er noihwendig braucht, und sämmtlichc Mittel in Händen hat, seine Bedürfnisse zu befriedigen, so läßt er sich niemals einen Betrug oder einen Diebstahl zu Schulden kommen, und da er nie einem Anderen etwas zu Leide ihm, so denkt auch Niemand daran, ihn anzugrcifcn, und er bleibt immer frei von Furcht und Sorge. Was endlich seinen Verkehr mit den „Welt kindern" betrifft, wie er diejenigen nennt, welche nicht zu seiner Sekte gehören, so ist er gegen Alle eben so offen und ehr lich, wie sic cs gegen ihn sind. Fürwahr, dies ist ein Lebens- System, das, in einer Epoche wie die unsrige, nicht wenig Beachtung verdient. Der Quäker oder „Freund", wie er sich selbst nennt, un terscheidet sich insofern von dem Shaker oder „Zitterer", als er gern allein zu arbeiten pflegt; bei ihm gicbt es keine Güter gemeinschaft, Jeder für sich und Jeder nach seinem Verstand. Doch in Hinsicht auf materiellen Wohlstand sicht er dem Zitte rer durchaus nicht nach: ja es giebt fast keine Gesellschaft in der Welt, wo man so wenig Arme und so viel Reichthum findet, als bei den „Freunden". Nicht ein Einziger umer sämmilichen Mitgliedern, die diese Sekte bilden, bedarf fremder Hülfe, und vier Fünftel davon besitzen Millionen. Wie ist dies auch anders möglich bei Menschen, welche den Werth der Zeil so gewissen haft abschätzen und kein Pariikelchen derselben ungenützt vorübcr- gehen lassen, welche die Zeil überhaupt wie eine Art Glaubensarti kel, wie ein kostbares Geschenk betrachten, das ihnen der Schöpfer auf diese Welt mitgegeben und wofür sie ihm einst die strengste Rechenschaft ablcgcn müssen „Und ist cs nicht auch eine der ersten Pflichten gegen Gott selbst, mit Eifer und Beharrlichkeit für Vic Semigen zu arbeiten? Wer nicht für seine Familie sorgt, ist schlimmer als ein Heide", sprechen sie mit einem der zwölf Apostel, und vielem Grundsatz gemäß hören sie nie auf zu arbeiten, auch wenn,ihre Kisten von Gold überfüllt sind. Eine andere vortreffliche Eigenschaft der Quäker ist ihre musterhafte Rechtschaffenheit und Pünklichkcit. Nie brechen sie eine einmal gegebene Zusage; die Ehre, die Wahrheit ist ihnen heiliger als Alles. Zwar läßt sich nicht behaupten, daß ein Quäker durchweg so ehrlich >ey, daß über seine Lippen auch nicht die kleinste Lüge schlüpft; aber so viel ist gewiß, keine Klasse, keine Gesell schaft hält mit ihnen den Vergleich aus in Hinsicht der strengen Beobachtung des Wortes Auch gicbt sich keine Gesellschaft so viel Mühe, darüber zu wachen, daß ihre Mitglieder stets der Ehre und Rechtschaffenheit treu bleiben. „Sind auch alle „Freunde" in ihren Geschäften ohne Falsch und Hinterlist, erfüllen sie pünkt lich alle,ihre Verpflichtungen?" Dies ist die allgemeine Frage, die sich bei jeder großen vierteljährlichen Versammlung der Quä ker hören läßt, und sobald die Antwort negativ ausfällt, so wird das schuldige Mitglied zur Rechenschaft gezogen und muß sich im Angesicht der ganzen Gemeinde eine strenge Zurechtweisung ge fallen lassen. Daher genießt auch der Quäker bei so trefflichen Gesinnungen und Maßregeln die öffentliche Achtung; mit Ver gnügen geh« man zu ihm, weil man sicher darauf rechnen kann, ihn auf seinem Posten zu finden, man kauft ihm gern eine Waare ab, wofür er vielleicht einen guten Preis verlangen wird, aber niemals zu viel; ist der Gegenstand, den er dir anbietet, von ge ringerer Qualität, so wird er nie den Werth desselben anprciscn, und verspricht er dir etwas für den und den Tag zu besorgen, so ist es zur bestimmten Stunde in deinen Händen. Ich wieder hole es, nicht bei allen Mitgliedern der Gesellschaft der Freunde sind diese schönen Charakierzüge zu finden, aber man würde ver gebens eine andere Klaffe der Gesellschaft suchen, die so bedeutend an Zahl der Individuen, so wenig Lügner und Wortbrüchige zählt. Das ist noch nicht Alles; die Quäker zeichnen sich auch vor den übrigen Geschäftsleuten durch ihre Qrdnungslicbe und Spar samkeit aus. Sie hängen keiner von jenen kostspieligen Gewohn heiten und Zeitvertreiben nach, die den ärmeren Menschen so viel Stunden und so viel Geld rauben. Der „Freund" widmet weit mehr Zeit seinen Geschäften; ihnen schenkt er die anhaltendste Ausmerksamkcit. Dieser beharrliche Fleiß, diese Aufmerksamkeit ist cs, welche zuletzt über die glänzendsten Eigenschaften den Sieg davomragcn, und derjenige, welcher bei einer sehr kleinen Portion Gehirn nur diese beiden Eigenschaften besitzt, wird es viel eher zu etwas bringen, als der talentvollste Mensch, dem die gewöhn liche Tugend der Ausdauer abgeht. Bei dieser Liebe zur Arbeit, der ausgebrcitclstcn GcschaftS- kenntniß und dem Ruf der Rechtschaffenheit, dessen er sich ersrcut, wie sollte da der Quäker nicht schnell zu Rcichthum gelangen? Er verschwendet sein Geld nicht in prachtvollen Hotels; sein Haus ist einfach, beguem, elegant und sauber möblirt, von jenen frivolen Gegenständen, welche uns die Mode oder eine Laune zum ihcuren Vedürfniß macht, ist hier keine Spur. Er trägt weder Juwelen, noch irgend einen Schmuck; seine Kleider sind von der höchsten Einfachheit. Bei ihm gicbt cs keine Flügel, keine Guitarren noch Violinen, keine Schnitzereien, Vergoldungen oder Drapericen mit glänzenden Farben, und in seinem Zimmer findet man nur selten eine Ottomane oder einen Lehnsessel mit durch- wirktcm Ueberzug. Die Gemälde der alten wie der neuen Schule haben in seinen Augen keinen Wenh. Außer dem Friedensvcrtrag, den William Penn, einer der größten Männer ihrer Sekte, nist den rothen Männern in Amerika unterzeichnete, findet man bei dem Freund" kein einziges Bild, nicht einmal das allereinsachste Familien-Portrait- Endlich giebt der Quäker seinen Kindern weder in Tanz und Gesang, noch in Fechten, Malen oder Musik Unterricht, lauter Dinge, wofür wir so viel verschwenden, um sic unsere Kinder lernen zu lassen, ohne oft auf ihre natürlichen Anlagen Rücksicht zu nehmen. Man darf auch nicht glauben, daß ein Quäker jemals Geld auSgicbl, um die Wahl eines radikalen oder konservativen Mit gliedes zu sichern, dazu ist er ein viel zu abgesagter Feind von Bestechung und Betrug. Auch sind seine Gewohnheiten so sanft und friedlich, und er ist von jeher gegen alle Wuth und Heftig keit der Leidenschaften so sehr auf ;cincr Hut, daß er, der nie die Nacht zum Tage gemacht Hai oder umgekehrt, in dem Lärm eines repräsentativen Skandals oder eines polnischen Diners die sonderbarste Rolle von der Welt spielen würde. Was kümmert es auch ihn, ob das Peelschc oder Mclbournesche System lriumphirt, ob ein Radikaler oder ein Konservativer im Parlament sitzt. Seine Sympathieen sind auf ein anderes Ziel gerichtet, ein Ziel, welches ganz in Licbe, Glückseligkeit und Frieden besteht; und um dies Ziel zu erreichen, bedarf es nach seiner Uebcrzcugung weiter nichts, als ein rechtschaffener Mensch zu scyn und guten Willen zu haben- Er hält sich zwar auch Wagen und Pferde, aber auf seiner Kutsche, sicht man keine Wappen glänzen; die Heraldik ist in seinen Augen nur für die Narren gut. Den Weinhändlcrn und Bierbrauern ist er ein Abscheu, denn er trinkt nicht viel und braucht meist den Kaffee an der Stelle des Biers. Zuweilen, wenn auch nur selten, jagt cr Füchse und Hirschö, aber nie wirb er sein Pferd in einer Parforcejagd zu Schanden machen; cr riskirt nicht einen Penny in den Pferderennen von Ascolt und