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Wöchentlich erscheinen drei Nummern. Pränumeranonk- Prcik 22^ Sgr. (r 2d!r.) ricneijahrtich, 3 Lhlr. für daS ganze Jahr, ohne Er höhung, in allen Tbcikcn der Prcukischcn Monarchie. für die Man prZnumcnrt aus riese« Beiblatt dcrAllg. Pr. Staats- Zeitung in Berlin in der Expedition (Mohren - Strafe Nr. 34); in der Provinz so wie im Auslände bei de« Wobllöbl. Pest - Acnttcrn. Literatur des Auslandes. 17. Berlin, Mittwoch den 7. Februar 1838. D -ä n e m a r k. Die Universität und andere wissenschaftliche Institute in Kopenhagen. Von T- Marmicr. Oie Gründung der Dänischen Hauptstadt reicht nicht, wie die vieler Städte des mittäglichen Europa, bis über die Zeiten des Mittelalters hinauf. Noch vor sechs Jahrhunderten war Kopen hagen ein schlichtes Fischer-Dorf, wo die Seeräuber an stürmischen Lagen Obdach suchten. Die ersten Könige Dänemarks wohnten in Lcire bei Jssestord, wo Skjold, der Sohn Odiu's, sich einen Palast gebaut haben soll. Dori kämpften die Krieger, sangen die Skalden, schlachteten die Priester die Opfcrthiere auf Odin's Altären- In Leire hausten Rolf Krake mit seinen zivölf Rei sigen, Harald Hildciand und Regnor Lodbrok, die Helden der Saga'e. Leire ist der klassische Boden, das Latium, das Troja Dänemarks. Als aber die 'christliche Religion in diesem Lande cingc- führt wurde, da verließen die Könige ibrc heidnische Wohnung, da zerstörten Römische Priester die Denkmäler des alten Kultus. Jetzt erblickt man in Leire nur noch Grabhügel und verwitterte Mauern. Oie Könige wählten Rocskildc') zu ihrem Aufenthalt, und Kopenhagen gehörte den Bischöfen an. Bischof Absalon, der die vortreffliche Lage dieses Orics erkannte, versah ihn mit Festungs werken. Nach und nach wurde der Hafen berühmter, und die Stadt vergrößerte sich-)- Im I4tcn Jahrhundert fand Walde mar lll. Kopenhagen so schön, daß er seine Residenz dahin ver legen wollte. Der Bischof von Roeskilde erlaubte ihm dies; aber Waldcmar'S Nachfolger wollten die Stadl als ihr Eigcmhum be handeln und gerielhcn deshalb in große Streitigkeiten mit den Bischöfen. Das endliche Lrgcbniß dieses Streites war, daß die Könige Kopenhagen behielten, aber dem Klerus zu seiner Entschä digung die Insel Moen abtratcn. Dom litten Jahrhundert an wurde Kopenhagen die Königliche Residenz, und seitdem haben alle Souvcrainc Dänemarks zu der Verschönerung dieser Stadt beigclragen. Das Meiste verdankt sie Christian IV., der die Straßen brcncr machte, Kanäle grub und das Schloß Rosenborg, die Börse, die Sternwarte und verschie dene andere Gebäude aufführen ließ. Das heutige Kopenhagen ist eine große, zierlich gebaute Sladt init schönen Kaien, prächtigen Straßen und einer Bevöl kerung von hunderttausend Seelen. Zweimal durch Feuersbrünste verheert, ist sie imposanter als zuvor aus ihren Trümmern er standen'"); zweimal von feindlichen Flotten belagens), verdankte sie dem aufopfernden Muche der Einwohner ihre Rettung, und die reichen Hülfsquellen des Landes haben sic für alle ihre Ver luste schadlos gehalten. Im übrigen Dänemark findet man keine Städte von Be deutung, keine Schulen von Belang: Kopenhagen hat Alles absorbiri; Kopenhagen ist die unumschränkte Monarchin Däne marks und seine Universität die wissenschaftliche Metropole des Nordens. Seitdem wir Franzosen auch geistig über unsere Gränzcn schreiten und mit freierem Blicke um uns schauen, haben wir erst England und Deutschland etwas näher kennen gelernt. Wagen wir uns noch einen Schn« weiter, und kommen wir nach Dänemark, so werden wir mit Staunen wahrnchmcn, welche Schätze der Wissenschaft in einer Stadl, «»gehäuft sind, die uns bis dahin ziemlich unbedeutend vorkam, und wie viele hochgebildete Menschen einem Lande wohnen, das noch kürzlich von einem unserer Journale ein pnzs prvsguv l-urbaro genannt worden ist- Hier m Kopenhagen gicbi cs große Biblioihcken und reiche Museen; hier huldigt inan der Wissenschaft mit Ernst und Ausdauer; hier liebt man sie recht eigentlich uin ihrer selbst willen. Die Professoren bekommen nur kleine Gehalte, und die ') Dieser Name wird mit Unrecht durch „Rothschild" über,"ent, da er vielmehr aus Deutsch „Roe's Brunnen" Heinen sollte ") Der Ursprung Kovcnhagcnt iti noch deutlich in der unpcrsiümmeltcn l^orm des Namens zu ersehen; denu Kiodenhavn bedeutet Kaus-Hafen. In den Jahren I7L! und 1794 Die erste Feuersdrunss hat 1«P, die gndcre '».4 Hauser nein dem Palasse ChriNiansdorg in Asche gelegt > so Im Z. isL8 von den Schweden und 18U7 von den Engländern. Schriftsteller werden nicht reich von ihren Arbeiten. Wenn in Frankreich, in England und in Deutschland ein Dichter seiner Begeisterung Sprache leiht oder ein Gelehrter seine tiefsinnige» Forichlmgcn bekannt macht, so schreibt er für die ganze gebildete Welt. Sein Buch ist in kurzem angezcigl, übersetzt, durch ganz Europa verbreitet. In Dänemark werden von jedem Buche nur ein paar hundert Exemplare abgezogen; ein paar Journale zeigen cs an; cs wandert von Kopenhagen in die Provinzen und dann etwa mit genauer Noth bis Norwegen und Schweden. In Hol stein bleibt cs unbekannt; die Deutschen Universitäten nehmen keine Notiz davon, und Frankreich erfährt nicht einmal den Titel des neuen Werkes. Hätte Ochlcnschlägcr seine Werke nicht selbst ins Deutsche übertragen, so würden wir vielleicht auch von Ochlcnschlägcr, einem der größten Dichter unserer Zeit, nichts wissen. Wer kennt in Frankreich Finn Magnussen, der eine noch gelehrtere und ticserc Mythologie, als Kreuzer geschrieben hatk Nicht mnidcr fremd sind uns die Namen Oersted, Schle gel, Roscnvingc, die das Labyrinth der Gesetzgebung des Nordens beleucht« haben. Wir wissen nichts von Grundlviq, dem originellen Dichter, dem religiösen Philosophen — nichts von Rask, der den Genius aller Sprachen erfaßt haue') — nichts von Müller, dem scharfsinnige» Skandinavische» Alter- ihumsforschcr- Alle diese ausgezeichneten Männer und noch viele andere Dänische Gelehrte, die eben so viel Eifer als Gründlich keit besaßen, habe» in ihrer Muttersprache geschrieben; ihre Kol legen im Ausland lesen sic nicht (s), und der Buchhändler gicbr ihnen säst gar kein Honorar. Woher also diese rastlose, kein Opfer scheuende Thätigkeit, wen» der Dänische Gelehrte nicht einem Impuls gehorchte, der großartiger ist, als literarische Ruhmsucht und jedes materielle Interesses Woher so viele Lei- stungcii, von denen die Welt keine Notiz nimmt, wen» ihn nicht die uneigennützigste Liebe zu seinem Berus erfülltes Man darf übrigens zum Ruhme der Dänen sagen, daß der Dänische Gelehrte in seinem Vaterlandc Etwas gilt und, wenn ihn gleich das Ausland unbeachtet läßt, am heimischen Heerde große Aufmunterung findet. Der Umerncht ist hier bis zu der unterste» Klasse des Volkes gedrungen; jeder Matrose, jeder Bauer kann wenigstens lese», und der Bürger steht auf gleicher Bildungsstufe mit dem in Deutschland. I» den meisten gebilde ten Familien Kopenhagens sprechen die Kinder drei oder vier lebende Sprachen. Da in den höheren Ständen jede Frau wohl unterrichtet ist, so bildet sich keine auf ihre Kenntnisse etwas ein. Ich habe in Kopcnbagcn viele Damen kennen gelernt, die mit der Französischen, Deutschen und Englische» Literatur vertraut waren; aber eine gelehrte Dame im gehässigen Sinn des Wor tes ast mir nicht vorgekommcn. Die Erziehung der Jugend dauert lange und wird mit Ernst betrieben. Kein junger Maim darf sich um ein Amt bewerben, bevor er mehrere Prüfungen bestanden Hal. Er muß sechs Jahre auf dem Gymnasium und vier Jahre aus der Universitär zubnngcn. Christian I., derselbe Monarch, welcher die Oldcnburgschc Linie auf den Dänischen Thron erhob, stiftete 147'.» die Universi tät Kopenhagen. Er ließ ihr durch de» Erzbischof von Lund Statuten geben, bewilligte ihr mehrere Privilegien und dorinc sie mit einigen Ländereien. Allein Christian Halle das Geld nicht in Ucberfluß; als seine Tochier Jakob III. von Schottland hei- ralheie, verpfändete er, um ihre Mitgift zu bezahlen, die Orka- dischen und die Shetland-Insel», konnte aber seine Pfänder nie wieder einlöscn. Die Universität fühlte den Mangel an allen Hülfsquellen; während eines Zeitraumes von sechzig Jahren gab sie kaum ein Lebenszeichen von sich. Erst im Itzlen Jahrhundert, als die Reformation in Dänemark Eingang gefunden haue, nahm Christian III. die arme, so lang vergessene Hochschule in Schutz- Er bereicherte sie mit den cingczogcncn Gütern des Klerus und- gab ihr IL39 eine neue Verfassung. Im Jahre 1788 vcrmehnc Christian VII. die Zahl der Professoren, hob die alten Statuten auf und ersetzte sie durch ein Reglement, das mit wenigen Modi fikationen noch jetzt Geltung hat- - (Schluß folgt.) ') Rask un» Rasmussen find den Französsschcn Orientalisten eben ko de, kavni, wie den Deutschen Der Derb hatte im Zdo-m-t öfter kru ¬ den können , daß Ihrer mit Ruhm aedacht wird. Auch OersseddS Name ist, in dm Sitzungen der Franjössschen Akademie oft genas genannt worden.