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Wöchentlich erscheinen drei Nummern. Pränumeration^ Preis 22^ Sgr. (j THIr.) cnrteljahrlkch, 3 Thlr. sür daS ganze Jahr, ohne Er höhung, in allen Theilen der Preußischen Monarchie. Magazin für die Man xränumrrirr aus diese- Beiblatt der Allg. Pr. Staat«- Zcitung in Berlin in der Expedition (Mohren-Straße Nr. 34); in der Provinz so irie im AuSlandr bei den Wohllöbl. Post-'Zemtern. Literatur des Auslandes. 12. Berlin, Freitag den 26. Januar 1838. England. Walter Scott in Paris. Aus Cooper's Erinnerungen aus Europa ist im vor jährigen Jahrgange des Magazins (Nr. 32) eine Stelle nmge- lheill worden, die sein Zusammentreffen inii Wailer Scott in sehr interessanter Weise beschreibt. Der Letztere besuchte damals (es war im Jahre 1826) Paris, um Materialien zu seiner Geschichte Napoleon'- zu sammeln, und ward dadurch unter Anderen für den vielschrcibenden Bibliophilen P. L- Jacob Veranlassung zu seinen 8oire<^ 'le »tlltee Leott ü pari.-«, die im Jahre l829 gedruckt wurden. Weniger bekannt als diese Reise Scott's ist seine frühere nach Paris ^im Jahre I8IS geworden, deren auch die neueste Biographie Scott's, die aus guten Quellen mit vieler Genauigkeit in den „Zeitgenossen" iDritte Reihe Nr- XXXll.) erschienen ist, nur beiläufig erwähnt hat. Um so mehr werden einige De tails über dieselben aus Lockhart's Memoiren über Scott") hier aii ihrer Stelle scyn. Gleich nach der Schlacht bei Waterloo zeigte Scott die größte Lust, den Kontinent zu besuchen und die Felder zu bereisen, wo sein Licblingsheld Wellington sich neue Lorbeern.erkämpft Hane. Mit drei jungen Männern, seinem Vetter John Scon von Gala, Alexander Pringle von Wilhbank und Roben Bruce, zwei Rcchis- gelchnen, verließ er Edinburg am 27. Juli I8lv. Noch vor «einer Abreise hatte er den Plan zu den gleich darauf erschienenen ?uul'ü Iwtwrsto bix Xm-ch'lUü entworfen und mit seinem Freunde Ballantyne darüber abgeschlossen. Diese Briefe sind, wie wir jetzt erfahren, wirklich auf der Reise an seinen Bruder John Scott, Major auf Haldem Sold, seine Tanie Rutherford, Lord Somer ville und den Prediger Douglas geschrieben und nachher nur für den Druck durchgesehcn worden. Lockhart theilt nun außer manchen Auszügen aus dieser mit vielem Beifall aufgenommcncn Schr.fi noch andere Briefe Scott's mit, deren Inhalt die Bescheidenheit ihrem Verfasser in einer von ihm selbst herrührenden Schrift zu unterdrücken gebot. Einer von diesen ist an Scott's edeln Gönner, den Herzog von Buccicugh, gerichtet und enthält unter Anderem. Folgendes: „Am letzten Freitage ritt ich über das Schlachtfeld von Waterloo, das nun für immer der Unsterblichkeit geweiht ist. Die schrecklichsten Zeichen des Gemetzels waren freilich entfernt, Menschen sowohl als Pferde verbrannt oder begraben, aber der ganze Boden war noch von Kanonen- und Kartatschcnkugeln auf gewühlt und mit Patronen, alten Hüten, Schuhen und anderen Ucbcrbleibseln der Schlacht bedeckt, welche die Landlcme noch nicht hatten wegschaffen können. Diese haben in Waterloo und den umliegenden Dörfern einen ordentlichen Handel mit Küraffen, Helmen, Schwertern, Karabinern, Adlern von der Kaiserlichen Garde und ähnlichen Dingen angefangen, von denen ich denn auch zwei schöne Küraffe an mich gebracht, und hoffe ich, sie glücklich nach Abbotsford zu bringen, wozu mir Major Pryse Gordon (Scott's Begleiter auf dem Schlachtfelde) seine Hülfe zu- gcsagt hat. Für Ew. Herrlichkeit bringe ich eines von den kleinen Memorandum-Büchern mit, das ich" auf dem^Schlachifclde ge funden habe und in welches.jeder Französische Soldat seine Aus gaben und" Einnahmen, dielZahl seiner Dicnstjahre und sogar die erlittenen Strafen cimragcn mußte- Das Feld war ganz besäet mit solchen Reliquien, umcr denen ich auch eine handschriftliche hübsche Sammlung von Französischen Liedern entdeckte, die ver- mmhlich das Werk eines jungen Offiziers sind, und ein Kreuz der Ehrenlegion. Unter einem anderen Couvert sende ich eine Skizze der Schlacht, dw ich in Brüssel entworfen habe und die zwar nicht ganz genau, aber dock hinreichend ist, eine gute (Übersicht vom Schiachtfelde zu geben." Was nun Walicr Scott über die Schlacht selbst sagt, über gehen wir jetzt um so lieber, da das ganz kürzlich erst erschienene Werk des Generals von Grolman und Majors von Damitz eine eben so klare als würdige Beschreibung der Schlacht in allen ihren Details gegeben Hai. Walter Scott weiß übrigens nur von der Tapferkeit der Engländer, Hannoveraner und Braunschweiger zu sprechen (von den Belgiern sagt er wenig Rühmliches), aber «f tl.e life «f Kir IValten Nv Knu-ui-Iarv a»>1 «»xeuutor. lu tl>r«v Volum,-x. Vol t I^omlon, 183(> Vol n 1837- Die hier in, Auszuge mitgetheilten Stellen stehen Vol. u l>. 174-185. auch selbst wenn die Armee ganz aus Briten bestanden hätte, würde sic das Schicksal des Tages nicht entschieden haben, wie Scoic meint. Denn nach dem Geständniß des eigenen Oberfeld- Herrn waren die Engländer nahe daran, besiegt zu werden, wenn nicht das Preußische Heer rettend erschienen wäre. Die unpar teiische Darstellung in dem oben genannten Deutschen Werke giebt einer jeden Tapferkeit die gebührende Ehre. Auf der weiteren Reise bemerkt Scott, daß man Frankreich eigentlich nur im Zustande des Friedens sehen müßte- Denn die eng blvkirtcn Festungen, die zerstörten und abgcdecktcn Häuser, ohne Thür und Fenster, die Spuren von Äugeln in Städten, wie in Cambrai und Perronne, die finsteren Blicke der Männer und das Klagegeschrei der Weiber — alles dies giebt eben kein er freuliches Bild. „Oie, Höflichkeit und die'gute Laune dieses Volkes", schreibt er, „sind mit der Demüthigung ihres Stolzes aus dem Lande geflohen, und man blickte uns so an, als ob wir gekommen wären, um über sie zu lachen oder uns des Triumphs unserer Waffen über sic zu crfrcucn. Hcme früh bcgcgnctcn wir einer großen Anzahl der aus der Festung Eondö entlassenen Gar nison, die finstersten Gurgelabschncidcr lcm-tbromz, sie ich in meinem Leben sah und die die größte Lust hatten, sich recht inso lent zu betragen, wenn sie nicht gewußt hätten, daß alle Städte und Dörfer ringsum voll alliiricr Truppen wären. So begnüg ten sie sich denn laut, ihr vivo Io i.,i in sehr ironischem Tone zu rufen, zwischen den Lippen aber ihre Sucre li—, millo ä'uiblen und andere Schönheiten der Französischen Beredsamkeit hcrvorzu- prcffcn." An der Zerstörung der Gegend, an den Erpressungen und Eontributtoncn sind die Engländer nach Scott's Berichten durchaus unschuldig, sie bezahlen gut und leben in einer gar regelmäßigen, ordentlichen Weise. Dagegen kommen uiyere Preußischen Landsleute nicht gut weg. Scott thui uns übrigens die Ehre an, uns, trotz dieser Ungcbührniffe, für gulmülhige, nicht blutdürstige Leute zu erklären, die höchstens einmal mit dem flachen Säbel fuchtelten, sonst aber gegen die Frauen eine außer ordentliche Höflichkeit bewiesen und in beiderlei Beziehung such weil bester betrugen, als die Franzosen sich in Preußen betragen hätten- Freilich weiß auch unsere Kriegsgeschichte nichts von solchen Ausschweifungen, wie sic Englische Truppen in Badajoz und San Sebastian begangen haben. In Paris fand Scott nun viele Engländer. „Die jungen Leute", sagt er, „bilden sich etwas darauf ein, den Herzog von Wellington in der Kaltblütigkeit seines Charakters und in dem Sichgehenlaffcn nachzuahmcn, wandern in den Gaffen umher, die Hand in den Taschen ihrer langen Westen, oder reuen im leichten Galopp auf Kosaken-Pfcrdcn. ironiren durch die Straßen, pfeifend und sich umschend, als ob ganz Paris ihr eigen scy. Die Franzosen Haffen sic außerordentlich wegen dicscs Hochmuchcs und wegen ihrer Anmaßungen, aber der eigentliche Grund ihres Mißbehagens über uns liegt doch in der Geringschätzung, die ihnen gegenwärtig die anderen Mächte beweisen." In demselben Briefe erzählt er Folgendes; „Heute früh (6. September )8IS) sah ich' ein großes miliiairischcs Schauspiel. Ungefähr 2t),l><X> Mann Rusten wurden von den Monarchen und allen den Herrschaften, die sich jetzt in Paris befinden, gemustert. Der Kaiser, der König von Preußen, der Herzog von Wellington, mit ihren glänzenden und zahlreichen Gcncralstäbcn, hatten sich in der Mitte des Platzes Ludwig'? XV. ausgestellt, fast an demselben Punkte, wo Ludwig X>I. war enthauptet wor den. Der Blick in cinc lange Straße, die gerade auf diesen Platz sah, glich einem glühenden Hochofen, da die Sonnenstrah len mit außerordentlicher Kraft auf die Waffen der Truppcnmastc schienen, von denen die Straße erfüllt war. Ein Haufen Kosaken hatte sich mit seinen Lanzen vor uns ausgestellt und trug dcwch seinen wilden Aufzug nicht wenig bei, das Schauspiel noch auf fallender und ungewöhnlicher zu machen. Denn auf der cnicn Seile hatten wir'die lauge Fazade der Tuilcriccn, die wir durch den Garten und die Wälder von Orangenbäume» hindurch) er blickten, auf der anderen zogen die Truppen umer militachjscher Musik heran. Himer uns war eine lange Säulenreihe, die Fronte des Palastes der Oepulirten, und gerade vor den Monarchen er hob sich cinc prachtvolle Reihe von Gebäuden, unter venen man die bronzene Säule unterschied (auf dem Vcndüme Plage), durch welche Napoleon hatte seine Siege über die Monarchen von Nußland, Preußen und Oesterreich verherrlichen. wollen. Und