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624 „Wenn sich eine Echo jeNt Dir zeigte, Machtest Du es wohl wie Dein Narciß?"") Sie schrieb darunter einen erdichteten Namen und gab an, wie er ibr die Antwort zukoinmen lassen sollte. Jene Worte enthielten nämlich eine Anspielung auf Castilho'S Briese der Echo und dcrNarciß, welche die Liebe der Nvmpbe, die das grausame Herz ihres Geliebten nicht zu bezwingen vermag, die Unannehmlichkeiten des Ehestandes und das Gluck derer schildern, die frei von dem Joche desselben leben. Es war daher sehr natürlich, daß Donna Maria, ehe sie sich entdeckte, erst zu erfahren wünschte, ob der Dichter etwa seinem Helden gliche. Die Antwort ent sprach jedoch einer Erklärung, die der Eigenliebe des Dichters in so hohem Grade schmeichelte, und es begann hierauf ein regelmäßiger Briefwechsel, der bereits geraume Zeit fortgedauert hatte, ehe der blinde Dichter den Namen seiner unbekannten Geliebten erfuhr. Als dies Ee- heimniß schwand, kannten sie sich bereits aus ihren Briesen vollkommen und wurden nun leicht inne, daß sie für einander geschaffen sehen. Mannigfache Hindernisse jedoch verzögerten von einer Zeit zur anderen ihre Bereinigung, bis im Jabrc 1834 der Dichter ganz unerwartet in Bairäo cintraf und bereits einige Tage darauf, mehr als je in seine -romantische Gatlin verliebt, mit ibr nach Lissabon zuruckkchric. Nicht lange jedoch währte das Gluck Eastilho'S; denn nach zwei Jahren schon entriß ihm der Tod seine Gatlin, die ihm das Licht seiner Augen er setzt und die Oede seiner Blindheit freundlich belebt halte; sie starb den l. Februar 1837, und er Hal versprochen, sein nächstes Erzeugnis, ganz ihrem Andenken zu weihen. Die Werke, die bis jetzt von ihm erschienen, sind folgende: Briese der Echo und des Narciß, der akademischen Jugend Coimbra'« gewidmet, nebst verschiedenen auf denselben Gegenstand bezüglichen Dich tungen. Der Frühling (X primuvera). Zweite sehr vermehrte und ver besserte Ausgabe. Lissabon, 1837. Portugiesischer Tribut für das Andenken des Befreiers. Lissabon, 1836. Die Schloßnacht feir nnile sie t-astelbc>). Ein Gedicht. Nebst Amaliens Bekenntnissen, nach Delphine Voit Gap. Lissabon, 1836. Worte eines Gläubigen (lbalabras sio un Oonlo). Aus dem Französischen des La McnnaiS übersetzt. Liebe und Melancholie (Xniar « molanen-ia), wovon jetzt eine neue Ausgabe vorbereitet wird. Dazu kommen nun noch eine Menge anderer Erzeugnisse in Prosa und Versen, die in den Zeitschriften, besonders in dem storna! ein saoioliasie eins Xmigns <!as lutras erschienen sind und von großer Gelehrsamkeit und tiefem Wisse-, zeugen. (llov. cio Nallrist.) China. Auf dem Chinesischen Meere. (Aus dem Schiffstagcbuchc eines Engt. Capitains.) Die finsteren und trüben Wogen des Chinesischen MeercS hatten noch nie ein fürchterlicheres Ansehen, als am Morgen des 12. Januars 1836. Unser Sckiff wurde von dem Orkane "pfeilschnell vorwärts ge trieben, und Wasscrbcrge ohne Zahl rollten über das.Verdeck' Die Wuth der Elemente lcgie sich nicht eher, als bi« wir unter dem Ilten Breitengrad angekommen waren, und beinahe zu gleicher Zeit entdeckten wir gegen Westen das Wrack eines Schiffes. Der Capuain ließ die Segel etwas cinziehen und befahl, auf das verunglückte Schiff loszu- steuern; cs war eine Chinesische Dschonke, deren Mannschaft stehcmlich um Hülfe rief. Bei unserer Annäherung gaben sic Zeichen der ans- gelassensten Freude, die aber schon im nächsten Augenblick wieder der Verzweiflung Platz machte; denn der immer noch anhaltende Sturm wind trieb unS schnell an dem Wrack vorbei. Wir mußten unser Schiff umdrehen; und als dieses Manöver glückiich ansgesührt war, ließen wir aus einem unserer Böte ein Tau mit einem Boscl-Knolen (bolvling- lcnnt) gegen die Dschonke werfen. Mit Hülfe dieses Taues wurden achtzehn Personen, Einer nach dem Anderen, aus der dringendsten Todes gefahr errettet und glücklich in das Boot gezogen, von wo sie denn eben so wohlbehalten auf unser Schiff gelangten. Freude und Dankbarkeit der Geretteten waren gränzenlo«. Sie warfen sich ibrer Länge nach auf das Verdeck und küßten bald die Füße der Mannschaft, bald die Planken des Schiffes. Sie gaben uns durch Ecbcrden zu verstehen, daß sie in acht Tagen keinen Tropfen Wasser getrunken hätten, und Einige boten ganze Börsen voll Dollars sür einen Schluck Wasser. Unser Schiffs-Chirurg verordnete ihnen weis lich nur kleine Quantitäten des erfrischenden Elementes; der Mannschaft aber wurde streng untersagt, von den Geretteten Geld avzunehmen. Es waren Chinesen aus einer Nord-Provinz des Reiches, meistens junge Leute von schönem 'athletischen Wüchse und einnehmender Gcsichls- bildung. Ihr Capilain, der ungefähr 33 Jahre zahlen mochte, Halle kohlschwarze Augen voll Geist und Feuer, denen ein dichte«, glanzend schwarzes Haar und eine prächtige turbananige 'Kopfbedeckung noch mehr Relief gaben. Da« ganze Acußere dieses Mannes und mehrerer seiner Gefährten überzeugten uu«, daß vollkommene männliche Schön heit auch mit dem Gesicht«-Typus der Mongolischen Rage vereinbar fcp°°). Seine religiösen Skrupel erlaubten ihm nur den Genuß de« , ") Unser Landsmann Gützlaff sagt von den Chinesen der Provinz Pe- dschi-li, daß ste in ihrer Plmtioanvmir viel mehr Europäisches habe», als die Bewohner des mittäglichen China. Besonders schön und anmuthig sand er in jene,, Gegenden die Mädchen und Frauen. Rindfleische«"); die übrigen Chinesen verzehrten unbedenklich Alle«, wa« man ihnen vorletzte. Leider konnten wir un« mit der ganzen Gesell schaft nur kümmerlich durch Paulomimcn verständigen; jede Europäische Sprache war ihnen unbekannt. Nach einer weilcren Fahrt von fünf Tagen ankerten wir vor Pulo Aor (unter 2" 40' N. B.). Hier fanden unsere Chinesen einen Lands mann, od'r wenigstens eine Person, die mit ihnen reden konnte. Wir trafen eine Ucbcrcinkunst mit dem Nadscha, kraft welcher die Schiff brüchigen, wie cs ihr eigencr Wunsch war, nach Singapshr befördert werden sollten. Bon dort ans konnte» sie in ihre Heunath zurückkchren. In Pulo Aor versorgten wir uns mit frischen Wasser-Bcrrälhe». Unsere schiffbrüchigen Chinesen duldeten es nicht, daß Einer von dec Britischen Mannschaft das Wasser hcrbeilrage, sondern beeifcrtcn sich, die Gefäße mit eigenen Händcz, zu füllen. Beim Abschiede sielen sie sämmtlich auf die Knie und küßten Jedem von uns mit Inbrunst die Füße. So schieden wir von siebzehn Personen, die neun Tage lang auf einem elenden Wrack ohne Masten nnd Ruder sich hcrumgctrieben halten nnd in dieser Zeil ohne Trinkwasscr nnd beinahe ohne Speise gewesen waren. Einer der Geretteten, ein aller Mann, starb noch am Abend vor ihrer Abreise in Folge der ausgcstandencn Strapazen; die klebrigen sind hoffentlich wohibchaltcn in ihrer Heimalh angclangt. (Xsiat. stauen.) Mannigfaltiges. — Geschichte Ludwig'« XlV., von James. Herr G. P. R. Jame«, der Verfasser der Geschichte de« schwarzen Prinzen, deren wir früher ausführlich in diesen Blättern gedacht, hat jetzt auch eine Geschichte des vierzehnten Ludwig hcrausgegebcn."") Bei Len vielen Französischen Memoiren- und Geschichlswerken, die in der neueren Zeit gerade über die Negierung Ludwig'S XlV. erschienen sind, kann wohl die Compilation eines neuen Buche«, und zwar eines solchen, da« ganz den Reiz eines OriginalwerkeS besitzt, eben nickt sehr schwierig seyn. In der Darstellung, die Herr James hier geliefert hat, sind, trotzdem daß sie nichts weniger als eine Uebeisetzung ist, doch die Französischen Ele mente, aus denen sie gebildet worden, kaum zu verkennen. ES giebl dieser Art auch manche neuere Deutsche Novellen und Reiseskizzen, deren Verfasser eS sehr übel nehmen würden, wenn wir ihre Originali tät in Zweifel zögen, die aber gleichwohl von Hugo, Duma«, Janin oder Sue nicht bloß die Farben, sondern oft ganze Figuren für ibro Gemälde sich geliehen haben. Doch er bleibt auch immer "noch ein Ver dienst, das hier und dort gesammelte geistige Material so geschickt zu verarbeiten, daß nur eben ein Kenner das Fremde, das nicht auf heimischem Boden Gewachsene, herauszusindcn vermag. So wird auch das neue Buch des Herrn James in England mit großem Vergnügen gelesen. Man unterhält sich an den zahlreich cmgcstreulcn Anekdoten nnd Hofgcschichten, deren cs eigentlich mehr zum Besten giebt, als solche Schilderungen, die das politische Leben des damaligen Frankreich und seine Verhältnisse zu dem übrige» Europa in das rechte Licht stellen. Das „Leben und die Zeit Ludwig'S XiV." nach der Eng lischen Bearbeitung gehört daher auch eigentlich mehr in die Kategorie der unterhaltenden, als der mehr belehrenden und streng historischen Schriften. — Romeo und Julia auf der Französischen Bühne. Eine freie Bearbeitung de« Shakespeareschcn Meisterwerke«, die früher bereit« dec bekannte Schriftsteller Fr. Souliö veranstaltet hatte, ist jetzt von neuem ans dem Theater de« Odeon in Paris zur Aufführung ge kommen. Herr Souliö Hal cs dem Französischcn Geschmacke noch immcr nicht zngeiraut, den Hero« mit seiner ganzen überwältigenden Kraft schön finden zu können, und so bat er denn z. B. von den fünfund zwanzig Personen de« Originals nicht weniger al« siebzehn gestrichen und die übrig gebliebenen acht ganz nach dem üblichen Zuschnitt des Französischen Theaterzettel« ausstaffirt. Neben Romeo und Julia, trete» in dem Souliöschen Stücke nur noch folgende Personen auf: der alle Capulet, Thbalt (Ler jedoch nicht, wie bei Shakespeare, ein Vetter, sondern der Bruder Julia'« ist), Graf Pari« (bei Souliö ein Spanischer Grande), der Fürst Escalu« von Verona, Paler Lorenzo (bei Souliö ein Siaats- Secrctair Talcrni) und die Wärterin Julia'« (bei Souliö natürlich ihre „Vertraute''). Von Shakespeare'« Bürger- und Parteien-Krieg kann unter solchen Umständen nicht die Rede sehn, und »S erscheint nur räthselhast, wie eine so massenhafte Handlung fünf Akte hindurch von diese» acht Personen, die ewig kommen und wieder gehen müssen, ge tragen werden kann. Janin, ein Freund Souliö'«, aber — wa« seinem Geschmacke gewiß zur Ehre gereicht — ein -noch viel größerer Freund de« Britischen Dichter-Heros, weist in einem interessanten Feuilleton de« flnurnal lies Debüts das Französische Publikum auf den Genuß hin, dessen es sich selber dadurch beraubt, daß cs sich solche Dramen, wie Romeo und Julia, noch immer nach seinem Geschmacke zustntzen läßt. Nur der letzte Akt de« Trauerspiels soll dem Französischm Bearbeiter, aber nur darum, weil er sich hier treuer an das ergreifende Original hallen konnle, vollkommen gelungen scpn. Dieser Umstand bringt uns auf die Vermuthung, daß jener Capltai» ein Chinesischer Muhammedaner war. ") 2'Uo lttv auU tluiv ok I,ouis tde b uurleoutb. 2 val«. Mit dem heutigen Blatte endigt der Jahrgang M7. Titelblatt und Inhalts-Verzcichniß zum letzten Semester werden nachgeliefert. Herausgegeben von der Redaction der Mg. Preuß. Staats-Zeitung. Nedigirt von I. Lehmann. Gedruckt bei A. W. Hayn. . - - . . ?