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Wöchentlich erscheinen drei Nummern. Pränumeration«- Preis 22 j Sgr. (; Thlr) vierteljährlich, 3 Thlr. für das ganze Jahr, ohne Er höhung, in allen Theilen der Preußischen Monarchie. Magazin für die Man pränumcrirt auf dieses Beiblatt der Allg. Pr. Staat«- Zeitung in Berlin in der Expedition (Mohren-Straße Nr. 34); in der Provinz so wie im AuSlande bei den WvhUöbl. Post - Aemtern. Literatur des Auslandes. 156. Berlin, Freitag den 29. Dezember 1837. Frankreich. Bonaparte'« Depeschen aus Ober-Italien. (Nach dem lluiteä Service 3ouru.) Groß ist der Unterschied zwischen einer bloßen Biographie — mag ste nun von dem Helden selbst geschrieben oder das Werk seiner Freunde und Bewunderer scvn — und zwischen einer Korrespondenz, die während eines langen, lhäligen, wildbewegte» Lebens in emchic.ccnen Ländern und in jedem Wechsel des niililairischen Glückes geführt worden. Hier kann der Verfasser nichts verschweigen, nichts zurückhaltcn — hier ist keine Entstellung von Thatsachcn möglich. Die Instructionen kom men gerade so unzcschmückl ans Licht, wie sie in einer Lauerhüne oder bei dem Feuer eines BioouacS niedergeschrieben worden. Die Unruhe des Helden, wenn er sich in kritischen Lagen befindet, offenbart sich eben so rückhaltlos wie sein stolzes Selbstgefühl, wenn er eine Siegesnach richt ertheilen kann. Die gedruckten Korrespondenzen der beiden große» Feldherren unserer Zeit, die sich in England und Frankreich einander gegenüber standen, sind mehr als jede Biographie und jede Sammlung von Denkwürdig keiten geeignet, uns von ihrer wahren Gestnnztng, von den Motiven ihres Handeln» ein treues Bild zu geben. Die Korrespondenz Napo- leon'S, welche l»I9 in Paris gedruckt wurde, entfaltet uns neben seinem militairischkn Genius und allseitigen Scharfblick überall auch jenen un ersättlichen Ehrgeiz, dem Patriotismus und Begeisterung für die höheren Ji>lrrkffe.ii der Menschheit nur als Maske dienten, während aus den Depeschen Wellington'« der wahrhaft redliche Zweck und die echl pa triotische Gesinnung des Herzogs am unzweideutigsten hcrvorgeben. Die Korrespondenz Napoleon's beginnt mit dem Frübjahr 1796, als Bonaparte zu Nizza den Oberbefehl über die gegen Italien bestimmte Armee erhielt. Außer den eigenen Depeschen des Ober-Generals finden wir in derselben viele Instructionen des Direktoriums und viele Rap porte dir subalternen Befehlshaber. Anfänglich setzte man einige Zweifel in die Echtheit dieser UrkundemSammlung; allein es lebten im Jahre 1819 noch sehr viile von den Offizieren, die während des dcnlwüedigen Italiänischen Feldzugs unter Bonaparte gedient hallen, und doch wurde keine Zeile der Korrespondenz für untergeschoben oder verfälsch! erkläre. ES sprechen aber auch starke innere Gründe für die Aulheniiziläl dieser Urkunden. Alle nachmals so berühmt gewordene Personen, die in den selben siguriren, verleugnen ihren individuellen Charakter vom Anfang bis zum Ende nicht ein einziges Mal. Sie klagen osl und bitterlich Einer über den Anderen; aber in keinem dieser Berichte finden wir auch nur einen indirekten Borwurf, der dem Ober-General gälte, oder einen Versuch, gegen seine Autorität anzukämpfen. ES scheint, als hätte sich's von selbst verstanden, daß Bonaparte srei von Schuld sep, selbst dann, wenn die fürchterlichste Noth aller Zucht und Subordination ein Ende zu machen drohte. Dem allgemeinen Plan zufolge, welchen das Direktorium dem Ober- General vorzcichnele, sollte er zunächst Sardinien augreiscn, die Trup pen des Königs auf Turin zurnckwerfcn und ihn selbst halb mit Gewalt und halb mit List zu einem Waffenstillstand oder vielmehr zur Unter werfung bewegen. Die Republik Genua sollte Bonaparie einstweilen ruhig lassen, bis er Nord-Italien von den Oestcrrejchern befreit haben würde. Er war ferner angewiesen, den Papst und die Neapoli. «aner mit allerlei Drohungen im Zaum zu halten, damit sie nicht, falls das Französische Heer eine Niederlage erlitte, die Gelegenheit benutzten, ihm in den Rücken zu fallen. Nachdem man den Plan des Feldzug« entworfen hatte, kam die Subsistenz der Armee, welche schlecht bekleidet, ohne Sold und ohne Lebensmittel war, zur Sprache. Wie sollte dieser Noth äbgeholsen werden? Einer von Bonaparte'« ersten Briesen lehrt uns das Mittel kennen: „Oncglia, den 4. Avril 1796. „Der Ober-General befiehlt eine Eontribution von 4W Säcken Mehl u. s. w. Er beauftragt den General Easalla, besagte Eontribution zu erbeben. Der Ober-General befiehlt ferner, daß diejenigen Dörfer, die nickt binnen24 Stunden dem obigen Befehle gehorcht haben, für jeden Sack Mc den sic nicht geliefert, IW Franken al« Geldbuße entrichten sollen." Aber Säcke voll Mebl waren nicht da« einzige Bedürsniß der Französischen Armee: e« fehlte auch an Geld. Ein ggnz einfache« Mittel, diese« auszuvciben, lernen wir au« einer Depesche Napoleon « an da« Direktorium kennen, die beinahe von gleichem Datum ist. »Ich habe in Oneglia Kunst-Gegenstände au« Marmor vorgesun den, die einigen Gcldwcrlh haben. Diese sollen ans meinen Bescbl larirt und versteigert werden; so können wir zu einer Summe von dreißig- bis vierziglausend Livres gelangen." Diese Auction betraf also Pnval-Eigenltznm und außerdem Kunst, werke, einen Artikel, den jeder civilistrie Sieger bi« dabin respektier hatte. Es war sehr natürlich, daß ein von Strapazen und Entbehr»», gen fast aufgeriebeues Heer solchen Beispielen, die seine eigenen Vor- >gesetztm ihm gaben, nicht widerstehen konnte; und wir lesen die bittersten und crgreisendsteu Klagen darüber von Seilen solcher Französischer Generale, in deren republikanischem Schwindel nicht alles Gefühl von. Recht und Unrecht unlergrgangen war. Labarpc schreiet einmal aus Piemont an Bonaparte: „Die Agenten, di- Aussetzer der Magazine u. s. w. machen ihre Requisitionen ganz ohne Fug und Rücksicht; der Bauer wird ruinirt, und der Soldat schmachtet im Elend; nur jene Schurken bereichern sich. Unter solchen Umständen ist cs unmöglich, den Soldaten im Zaum zu halten Wenn diese gesetzwidrigen Requi sitionen forldauern sollen, so lhate man besser, sämnitlichc Einwohner mederzuschießc» und alsdann die Verwüstung vollständig zu machen; denn am Ende.sterben sic doch vor Hunger^" Ein anderer Offizier, Ehambarltzac, schreibt an« derselben Gegend: „ES gicbl keine Exzesse mehr, die unsere Soldaten nicht begingen, und Alles, was ich dagegen Ihuu kann, ist fruchtlos. Ich bitte Sie daher, meine Entlassung an. zunchmcn; denn ich kann nicht ferner bei einem Heere dienen, da« keine Ari von Subordination kennt und jeden Augenblick seine Chef« und Osfizicre bedroht." Bonaparte sah recht gut ein, daß ohne MannSzncht kein Erfolg zu hoffen sep; er erließ Patzer aus seinem Hauptquartier strenge Befehle gegen Meuterer und Marodeur«. Seine Vorstellungen schienen auch die Herre» im Direktorium, wo sein Freund barnot damals die mili- lairischen Angelegenheiten leitete, davon überzeugt zu haben, daß es auf« Acußerstc gekommen setz. Carnol that dem Genera! Bonaparte bei den strengen Maßregel», die er zur Widerherstellung dec Disziplin er griff, allen möglichen Vorschub. In Folge dieser Maßregeln wurde» während der ersten drei Monate des Feldzug« von 1796 mehr Exe kutionen an Französischen Soldaten vollstreckt, als während des ganzen Feldzug« auf der Pyrcnäischcn Halbinsel an Britischen Soldaten. Aber Strafen allein würden das Uebel nicht auSgerollet haben; man wählte deshalb militairischc Beamte zu Commiffairen, damit die Furcht vor dem Kriegsgerichte auch hier das Ihrige thue. Jene Maßregeln waren aber um so schwerer in« Werk zu setzen, al« da« gewissenlose System der offiziellen Plünderung Italiens dcni Soldaten ein gar böse« Beispiel verhielt. So erfahren wie aus einem eigenhändigen Briefe Bonaparte'«, daß er bei Gelegenheit der Plünderung der Ställe de« Großtzerzog« von Toskana fünf schöne Pferde auswählte und al« Geschenk an Car- not schickte. Nur die Hoffnung auf Raub und Beute, der Geist solcher Führer, wie Massen» und Augereau, und da« steigende Vertrauen aus den Ober-General, der im Angesicht dieser Verwirrung und diese« Elends mit fast ununterbrochenem Erfolge die Oesterrcicher zurückwarf und Beaulieu « Pläne schon in ihrem Entstehen vereitelte, konnten ein so unlcnksameS und dcsparate« Gesindel, wie die Italiänische Armee, zu- sammenhaUcn. Monleuoltc, Milesimo und eine Menge anderer mit Blitzesschnelle auf einander folgender Triumphe erzeugten bei dieser rotzen Soldateska einen tollkühnen Unternehmungs-Geist und eine un ersättliche Ruhmbegierde; Bonaparte wurde allmälich ibr Abgott und konnte bald von seinem gewaltige» Einfluß Bortheil ziehen, indem er ein System militairischer Disziplin begründete, das auch den unglück lichen Landbewohnern Schutz und Sicherheit gab. Al« dieser große Zweck endlich erreicht war, konnten die öffent lichen und offiziellen Beraubungen systematischer vor sich gehen. Die Armee erhielt Bekleidung und Beköstigung; der rückständige Sold wurde ausbezahlt, und immer noch blieb zu bedeutenden Sendungen nach Paris und an die Rhein-Armee Geld genug übrig. In einem seiner Briefe bemerkt Bonaparte dem Direktorium, daß sechs Monate aktiven Kriege« der Republik nur 45ll,0W Franken gekostet haben. ES ist wirklich spaßbaft, im Verlaufe dieser Korrespondenz zu lesen, wie einige Französische Generale bitten, daß man doch Männer von wissen schaftlicher Bildung in« Hauptquartier schicken möge, damit sie (die Generale) erfahren könnten, was sür Kunst-Gegenstände wirklich geraubt zu werde» verdienten. So schreibt General Ccrvoni am 17. Mai 1797 von Parma au« an Bonaparte: „Da« berühmte Gemälde Correggio'«, der heilige Hieronymus, wird mit den vier beste» Gemälden, die man außerdem in hiesiger Stadt vorgesunden, tingepackt und morgen früh nach Tortona geschickt werden. In Bezug ans die übrigen Bilder halte ich es für nothwendig, Paß Sie, wenn Sie eine gute Wahl