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588 mit ntuer Gluch durchdringe und ihn vor allein unritterlichen Thun behüte. Diese« Gesetz war lei» lodicr Buchstabe, sonder» der Ausdruck der Sitte und Gesinnung, die bei den Spaniern noch herrschend blieb, al« sür Franzosen und Engländer die Zeit de« romantischen Riller- lhums längst vorüber war. Zu, I8len und Isilen Jahrhundert noch er schienen häufig, wie theil« Spanische, »heil« ausländische Chroniken- Schkeiber, die Letzteren nicht ohne Verwunderung, uns berichten, — an den Hoslagcr» Europäischer Fürsten Spanische Rittes die auf Abenteuer zogen durch alle Länder der Christenheit, pour chorcher Honneur et reverence zisr leurs luitu üarmns, wie eure Französische Chronik damaliger Zeil sich ausdrückt. In den Paston I-etters, die zur Zeit König Heinrich s VI. vvn England geschrieben sind, lesen wir, daß ein kastilischer Ritter an de« König« Hof gezogen kam, der die Farben seiner Dame am Arme trug und die Englischen Ritter hcraussorderte: „eine scharfe Lanze mit ihm zu brechen, seiner hohen Herrin und Frau zu Ehren." Der Spanische Chronist Dulgar, der in der zweiten Hälfte de« tüte» Jahrhunderts lebte, spricht von dieser irrenden Ritterschaft al« vvn einer noch zu seiner Zeil unlcr dem jungen Castilischen Adel ganz gewöhnlichen Sache. Oviedo, der noch um'etliche Jahre jünger ist, läßt die Aeußerung fallen, jeder rechte Kavalier müsse verliebt sehn, oder doch sich verliebt stellen, weil sonst seine tapferen Tbaten de« Glanzes und Reize« ermangeln würden. La« merkwürdigste Probestück abenteuerlicher Romantik ist ohne Zweifel da« Turnier, dessen Beschrei bung sich der Chronik de« Alvaro de Luna angehängt findet und in der 1784 durch die Spanische Akademie veranstalteten Ausgabe jener Chronik mil abgedruckt ist. Zehn Ritter verlheidigten, in Gegenwart de« König« Johann II. und seine« HoseS, den Paß zu Orbigo in Galicien, nicht weit von der Kirche und dem Grabe de« heiligen Jakob zu Compostella, und machten sich anheischig, Allen und Jedem den Zu gang mit den Waffen zu wehren. Der Name de« Hauptkämpen unter den zehn ist u»S aufbehalten, er hieß Suens de Quenone«; seine Dame Halle ihm die Verpflichtung auserlegt, alle Donnerstag einen eisernen Ring vor aller Leute Augen um den Hal« zu trage», und wollte ihn dessen nur entbinden, wenn er jene Aufgabe siegreich und mit Ehre» löste. Da« Kawpfspiel dauerte .10 Tage, die männlichen Kämpen führten nicht Schild noch Tausche, ihre Lanzen hatten Spitzen von Mailändischem Stahl. E« sanden 627 Gänge statt, 166 Lanzen wurden gebrochen; da endlich erklärte» die Kampsrichtcr, daß die Sache ausgesochlen und von den Zehn mit Ebre» bestanden sep. (Fortsetzung folgt.) Java. Adschi Soko. Eine Javancslsche Sage.") Als Adschi Soko in Java angekommen war, begab er sich zunächst aus den Berg Ken dang. Darauf sprach er zu seinem Diener Pun- Scmbodho: „Bleibe Du hier allein und bewahre diese« mein krum mes Messer""); ich will nach Mendang gehen. Gieb diese« Messer Keinem, der ce verlangen sollte, e« sep denn, daß ich selbst es ver langte." Adschi Soko machte sich dann aus den Weg nach Mcndang; Pun-Semdodho aber blieb zurück und hütete da« Messer. Als Adschi Soko bis zur Glänze von Mcndang gekommen war, fragte er einen Landbewohner, ob hier da« Land Mcndang sep? Dieser sagte: „Ja; wer bist Du aber, Fremdling?" Adschi Soko antwortete: „Ich bin über« Meer hierher gekommen und will dem Natu (Könige) von Mcndang meine Dienste anbieten." Der Bauer entgcgnete: „Wenn Du diese Absicht hast, so wird es Dir übel ergehen; denn der Natu von Mcndang ist ein Menschenfresser; alle seine Unlerlhancn fliehen ihn, weil er jeden Tag eine« ihrer Kinder verspeist. Auch Fremdlinge müssen ihm zur Nahrung aubgeliescrt werden." Adschi Soko versetzte: „Dem sev, wie ihm wolle; ich gehe doch!" Daraus verwandelte sich Adschi Soko in ein schön und lieblich auesehende« Knäblcin und ging gerades Wege« in die Behausung des Patih (Ministers) von Men- dang. Er trat vor den Minister und sprach zu ihm: „O Patih, ich wünschte, von dem Könige Sang-Noto verzehrt zu werden." Der Paiiv antwortete: „O Knabe, ich staune über diesen Deinen Wunsch! Du willst also sterben? Den» wer Jemande» al« Speise dient, der ist gewißlich de« Lode«." Adschi Soko entgegnete: „Ich habe leine Lust, Mensch (Erwachsener) zu werden; wenn ich jedoch mit dem Leben pa- vonkommcn sollte, so bitte ich um gerade so viel Land, al« mein Kopf tuch bedeckt, wenn ich e« auSbrelle." Der Patih gelobte ihm dies. Darauf wurde Adschi Soko dem Könige zur Mahlzeit für den heutigen Tag ausgeliesert. Al« Sang-Noto den schönen und wohlge staltete» Knabe» sah, freute er sich unmäßig aus diese leckere Speise. Zur Essenszeit brachte man ihm de» Adschi Soko, de» er bi« dahin wohl ausdcwahren lassen, und eben wollte der König voll Gierigkeit zu- greisen — da nahm Adschi Soko plötzlich seine vorige Gestalt — die eines bejahrten Mannes — wieder an und faßte mil der einen Hand die obere, mit der anderen aber die untere Lippe des Königs. Da zer riß dcr Mund des Sang-Noto, und er gab seinen Geist aus. ') Der Tert ist mitgetheilt in dem Lesebuch zu Gericke'« Javanestscher Sprachlehre, S . KZ ff. — Adschi Soko, oder Adschi Saka, vermuthlich eine rein mnthischc Person, wird al« der erste au« Indien gekommene Bildner der Javanesifchen Malaien daracsteltk. Vgl. W. v. Humboldt'« großes Werk: „Die Kamt-Sprache aus der Insel Java", S. 9—19. "> Wa« es mit diesem Instrument cJavanisch propum) sür eine Bewand- niß habe, darüber kann der uebcrscver keine Auskunft geben- Gericke sagt im Wortregister schlechtweg „,eu Als Kompositum bedeutet cKrumm-Mefferi ini Holländischen eine Hippe, auch ein Sebu stcr-Mcsscr. In Malakka und Sumatra beißt eine Hippe, was offenbar mit obigem z-aungoe ein und danelbe Wort ist. Jetzt verwandelte sich Adschi Soko wieder in ein Knäblcin, ging stracks in da« Haus des Patih und erzählte ihm, wie Sang-Noto geendet Halle. Ler Minister staunle sehr, daß e« einem so zarlen Knaben gelungen, den Sang-Nolo zu lödlen; zugleich aber sreule sich sein Herz, denn er hoffte, da« Land Mendang werde nun wieder zur Ruhe kommen und einen Fürsic» erhallen, der kein Menschenfresser wäre, wie Sang-Nolo. Darauf erinnerie Adschi Soko den Palih an sein Versprechen. Dieser breilele da« Kopsluch des Adschi Soko aus und sazie: „Auf einem solchen Slückchen Land kannst Lu nichl einmal schlaft»; begehre Las Hunderlsache: ich gebe es Dir!" Jetzl nahm Adschi Soko sei» Kopsluch und breilele es mil eigener Hand au«. Da« Tuch wurde größer und größer; schon bedeckte es die ganze Stadt Mendang, und »och war sehr viel davon übrig; darauf breitete cS sich über den ganzen Bezirk, und immer blieb noch ein große«, große« Stück. Als das Tuch endlich völlig au«gebreim war, überdeckte e« die ganze Insel Java. Der Patih staunte über die Maße» ob solcher Wundcrkrast. Darauf nahm Adschi Soko seine vorige Gestalt wieder an, worüber der Palih sich enlsetzic, und sprach zu ihm: „Du hast Dich schön verrechne!; sieh! die ganze Insel ist nun mein Eigcnlhum geworden." Al« der Palih sich wieder erhol! Halle, sprach er: „Dem sep also!" Daraus wurde Adschi Soko König von Mendang, und da« Reich kam unler ihm in blühende» Wohlstand. Kurz nach seiner Thronbesteigung erinnerle sich Adschi Soko, daß er sein krumme« Messer unlcr der Odhul seines Dieners Scmbodho aus dem Berge Kendang gelassen Halle. Da rief er seinen nunmehrige» Diener Pun.Lhoro und befahl ihm, dieses Messer zu holen. Pun- Dhoro machle sich auf den Weg und Iras auf dem Berge Kendang mit Scmbodho zusammen. Nachdem sie einander begrüß« hallen, sragle Scmbodho den Pun-Dhoro, was er hier zu Ihn» habe? Dieser sagle: „Ich komme, um da« Eigenlhum meines Herrn abzuholen, welches in Deiner Obhut sich befinde!." — „„Daraus wird nichl«"", enlgeancle Puni-Sembodho; „„denn mein Herr ha! mir ausdrücklich befohlen, dieses Messer keinem Menschen abzulasscn, außer ihm selber."" Die Beiden gerielhen i» Wortwechsel, und am Ende kämpften sie mit ein ander, di« sie Beide ihren Geist ausgabe». °) Adschi Soko harrte lange mit Sehnsucht der Rückkehr seine« Boten. Als schon geraume Zeil verflossen war und dieser immer noch nichl erschien, wurde e« dem Könige bang ums Herz. Er begab sich insgeheim selbst nach dem Berge Kcudang und sand bald die Leichen seiner Irenen Diener. Dcr König versank in liefen Schmerz und fühlle bittere Reue ob seiner Uebereilung. Erst nach langer Zeil ttöstcle er sich mil dem Ge danken, daß dieses Ereigniß eine göttliche Schickung gewesen sev. W. Sch. Mannigfaltiges. — Goelhe in Italien. Bisher war der Dichter gerade in dem Lande, das er doch Jun meisten, außer seinem eigenen, gefeiert hat, am allerwenigsten bekannt. Mit Ausnahme de« Werther und in neuerer Zeil auch des Wilhelm Meister, war — man sollle cs kaum für mög lich hallen! — von Goelhe noch nichl« ins Jlaliänische übersetzt, wäh rend man doch Kotzebue s sämmiliche Theaterstücke und lheilweise auch die von Zfftand längst schon einer solchen Ebre würdig erachtet hat. Gegenwärtig erscheint in Mailand nach dem Muster des vor mehreren Jahren in Frankreich hcrausgekommcncn Phsülre sie IDtranxor ein Uuseo ürammutico unter der Leitung von Giacinto Battaliä, und dieses bat bereits zwei Dramen von Goethe, den Götz von Berlichingen und den Faust, in Uebersetzlmgcn geliefert. Ueber den letzteren war kürzlich in der 6arrett» Piemontese der Anfang eines historisch-kri tischen Aussatzes zu lesen; die Fortsetzung scheint jedoch auf Hindernisse gestoßen zu sehn, denn sie bat bisher vergebens aus sich warten lassen. Die Uebersctzung de« Götz (wir wissen nichl, ob auch die des Faust) rührt von Herrn Francesco Bergan, her und wird von Jtaliänischen Blättern sehr gelobt. — Geographische Differenzen. Es geht doch nicht« über die Genauigkeit, besonders bei statistischen Angaben! Wie erfreulich muß es daher jedem Zeilungsleser seyn, der sich über die Bevölkerung t-er sogenannten Raubstaaten Afrika'« belehren will und nun, nachdem er zur größeren Sicherheit zwei verschiedene geographische Schriftsteller Hochgeschlagen, folgende Tabelle al« Resultat erhält: Bevölkerung nach Hassel, nach Balbi Marokko 14,800,000. 4,800,000. Algier 2,800,00«. 1,800,000. Tunis 4,800,1X10. 1,800,000. Tripoli« 2,8<X),000. «60,000. Zusammen 24,ZOO,000. 8,460,000. Dcr Zeilungsleser Hal also nun zwischen 24 und 8 Millionen die Wahl — allerdings eine «was barte Zumulhung, gber beide berühmte Geo- grapbe» lönnen sich mit Recht daraus berufen, daß man in Afrika keine so genaue Einwohner-Listen a»fciligt, als in de« Zeilungsleser« Wohnorl, und er muß sich daher, fall« er sich hierbei nichl beruhigen will, di« zu dcr Zcit gedulden, wo culwedcr des Sulla»« oder die Französischen Reformen auch in den bercil« sehr ehrlichen Raubstaaicn eine bessere Ordnung der Dinge herbeigtsühn haben. ") Diese tragische Begebenheit soll in den Namen der Javanischen Buch staben verewigt sevn, iür deren Erfinder Adschi Soko gehalten wird- Liest man diese Buchstaben in ihrer alvhadetische» Hrdnung und mit den inhari- rcnden Vokalen, so cnlstehl ungefähr folgender Sinn: „Die Bolen gerielhen in Kampf und fochrcn lavier, bis sic endlich zu Leichen wurden " Hcrauszegebei! von der Ncbaelion der Allg. Preuß. Staals-Heilung. Rcdigirt von I. Lehmann. Gedruckt bei A. W. Havn,