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Wöchentlich erschallt» drei Nummern. Pränumi«tton»- Prei« S2j kzr. (j Thlr.) viereeljährlich, ! Thlr. sür da» ganze Jahr, ohne Er höhung, in allen Theilen der Preußischen Monarchie. Magazin für die Man pränumerlrt auf diese» Beiblatt der Allg. Pr. Staat»- Zeitung in Bertin in der Expedition (Mohren-Straße Rr. 14); in der Provinz so wie im Ausland« bei den Wohllöbl. Pog - Acmlern. Literatur des Auslandes. 143. Berlin, Mittwoch den 2S. November 1837. Frankreich. Napoleon als Baumeister. Bon einem Pagen de« Kaiserlichen Hose«. Obgleich es schon an und sür sich zu den Lieblingsgedanken de« Kaiser« gehörte, aus Werke der Baukunst zu sinnen, und riesenhafte Pläne die Augenblicke seiner Muße beschäftigten, so war doch der Ge danke, daß der Flor dec schönen Künste der lauteste Herold einer ge segneten Regierung ist und dem Andenken de« Fürsten, der sie be günstigt, den edelsten Nachruhm sichert, kein geringerer Antrieb dam. „Ein großer Rus", pflegte er zu sagen, „gleicht einer großen Erschüt terung; je stärker, desto weiter vernommen. Gesetze, Sitten, Völker schwinde»; aber ihre Geschichte bleibt und wächst bis in die entferntesten Jahrhunderte, von einer Epoche zur anderen, wie von Felsen zu Felsen hinttberklinqend." Auch hing er mit zu vieler Vorliebe an Frankreich, um nicht für alle Folgezeit seinen Namen mit unauflösbaren Banden an das Land gekettet zii wünschen, und dieser über die Gränzen einer engen Gegenwart hinausstrebende Sinn spricht sich in den mannigfal tigsten Lagen seine« schicksal-reichen Lebens au«. Wie Alexander auf dem Schlachtseide von Arbela seinen Sieg über Darin« geringer an- schlug al« seine Wahl zum Feldherr» der freiheitsliebenden Athener, so äußerte Napoleon in einem ähnlichen Gefühle am Vorabende der Schlacht bei Austerlitz gegen seine Umgebung: „Ich werte zu Pari« von mir reden machen." Kaum war Napoleon erster Konsul geworden, so bcries er die ge schicktesten Architekten und trug ihnen die Wiederherstellung de« Jnva- liden-Hanse« auf. ES mußte natürlich der erste Gedanke eine« Mannes seyn, welcher die höchste Staatsgewalt der militairischcn Laufbahn ver dankte, da« letzte Asyl seiner Gefährten, der Zeugen seiner Thate», auf da« würdigste auszustatten. „ES soll ihr Elysium werden", sagte er bei dieser Gelegenheit, „da« bleibendste Pantheon ihres Ruhmes." — Der Löwe von dem St. Markus-Platze mußte Venedig verlassen, um den schönen Springbrunnen im Vorhose des Hotels zu schmücken'. Die vier Korinthischen Rosse, diese« alte Meisterwerk Griechischen Geiste«, die unsichere Trophäe de« jedesmaligen Siegers, die im Verlauf der Zeiten nach dem Willen der Eroberer die Reise von Griechenland nach Rom, Konstantinopel, Venedig und Pari« gemacht balle, sollte da« Gespann sür den Wage» der Viktoria auf dem dem Ruhme der großen Armee geweihten Triumphbogen de« Carouffel abgeben. Al« Napoleon von seinem ersten Feldzuge in Preuße» nach Pari« zurückkehrle, durchflog er in Eile, ohne sich von der Anstrengung der Reise nur erholt zu haben, die Tuilerieen, um die während seiner Ab wesenheit rorgenommenen Aenderungen und Verschönerungen zu durch mustern. Wie gewöhnlich hatte er Viele« auszusctzen und ereiferte sich gegen die Baumeister, die er im Scherz den Ruin der Staaten nannte. Als er aber zufällig au« einem Fenster de« Marschall«,Saales nach dem Earouffcl blickte, fragte er Herrn von Fleurieu, den Gouver neur de« Schlosse«, der sich nebst den Kaiserlichen Architekten in seiner Gesellschaft befand, warum der Giebel de« Triumphbogen« mit Lein wand verhangen wäre? „Sire, e« sind die Vorrichtungen, um die Statue Ew. Kaiserlichen Majestät in dem Wagen zwischen den beiden lenkenden Genien aufzustellen." — „Was soll da« heißen", rief Napoleon mit Lebhaftigkeit; „da- will ich nicht." Und zu Fontaine gewandt, fuhr er fort: „Befand sich meine Statue schon auf dem Riß, de» Sie mir verlegten?" — „Nein, Sire, sondern die de« Krieg-golles." — „Und warum soll ich den uni seinen Platz bringen?" — „Denon, Sire, hat'« so angeordnet." — „Da« ist Unrecht von ihm!" war Napoleon'« ungeduldige Antwort. „Daß doch die Menschen da« Schmeicheln nicht lasse» können und mir damit einen Dienst zu er, weisen glauben. Die Statue soll fort, verstehen Sie mich, Fontaine? ganz fort! ES ist gegen allen Anstand, sich selbst Bildsäulen zu setzen. Wage» und Genien werde» ausgestellt, aber der Wagen bleibt leer. Basta." — Gesagt, gelhan; dir Statue stieg von ihrem Triumphbogen nieder und ging in die Verbannung nach der Orangerie, die unter der Gemälde - Gallerie des Louvre liegt, wo sie noch am Ende de- Jahre« I8ZÜ i» Blei gegossen und von sprechender Aehnlichkeit zu sehen war- Im Jahre I8N4 war der Kaiser auf den Gedanken gekommen, den Triumphbogen de« Carouffel aufzuführen. Die Bauriffe waren be reit- «»tworsen, die Kostenüberschläge gemacht, aber eine wichtige Fragt noch nicht entschieden, wo da« Monument stehen sollte. Dir unbe rufenen Zwischrnredner, die, ohne gefragt zu sehn, ihre Antwort immer auf der Zunge führen, ließen sich dahin vernehmen, daß der dafür ge wählte Platzt der sich in der Fronte de« Hauptportal- der Tuilerieen »ach der Caronssel-Seite zu befand, schlecht gewählt wäre. Die Einen wollten den Stand desselben nach dem punt-taurnant, die Anderen nach dem Ludwig'«(XV.)-Platze, noch Andere »ach der großen Allee der Champs-Eliser« oder auf den Bastillen-Platz verlegt haben. Alle diese Vorschläge blieben Napoleon nicht unbekannt. „Wunderlich", sagte er, „kommen mir diese Mensche» mit ihrer Furcht vor, daß,der Bogen da« Schloß, oder das Schloß den Bogen in Schallen stellen könnte. Wem soll man « nun recht machen?" — „Sire, die beste Ant wort auf alle Besorgnisse und Einwendungen wäre nach meiner Ansicht, Pen Bau de« Werke« mit Entschlossenheit zu beginnen", erwiederlr Fon taine. — Diese Spracht des Selbstvertrauen« gefiel dem Kaiser, und er antwortete: „Sie haben Recht; wir lassen die Leute Leute seyn, und lhun, was un« gefällt." Napoleon wollte au« Antwerpen einen Hasen mache», wo große Kriegsschiffe landen könnten, und trug einer Kommission von Sach verständigen seinen Plan zur Prüfung auf. Da« Gutachten der Kom mission fiel dahin au«, daß Vließiugen oder Ternense sich weit besser sür dieses Vorhaben eigneten. Napoleon war sür beide nicht. Man stellte ihm vor, daß es unmöglich wäre, die Schelde schiffbar zu machen. Er zuckte mit den Achseln, beharrte entschieden auf seinem Vorsatz, und die Unmöglichkeit verschwand. Die Ingenieure trugen ihre tu diesem Zweck vorgenommenen Messungen aus einer Charte von ungewöhnlichem Maßstabe ein und schlugen diese Leinwand im Kaiserlichen Palaste vor den Augen Napoleon « au« einander. Während der Vorlesung de« Berichtes, welchen eine« der Mitglieder der Kommission hielt, folgten der Kaiser und sein Marine-Minister Döcrüs, aus die Charle gestützt, mit ihren Blicken dem Resultat der stattgebabten Messungen und unter suchten die Punkte, welche wegen ihrer Seichtigkeit und ter Geneigt heit zur Bildung von Sandbänken al« Hindernisse für die Durchführung angegeben wurden, die Napoleon seinerseits beharrlich zu leugne» suchte und nicht sür unübersteiglich gelten lassen wollte. Nach zwecklosen Erörterungen über die Ausführbarkeit oder Unaussührbarkeit de- Plane« hielt man sich an die unerschwinalichen Kosten, welche ein so riesen hafte« Unternehmen verschlingen würbe. Auch dieser Einwurf scheiterte an dem Willen de« Kaisers, und nun sprach der Minister ohne längeren Hehl seine innerste Gesinnung au«: „Wir dürsten e« wagen, Sire, so unermeßliche Opfer sür einen Hasen zu bringen, der einst aufhören kann, Frankreichs Eigenlhlim zu seyn?" — Halb ärgerlich, halb scherz haft erhob sich der Kaiser ungestüm bei diesen Worten, ergriff das Ende der Charte, aus die Deere« sich noch stützte, und sagte, indem rr e« in die übrig« Leinwand einhüllte: „Auch dann thut mir das Geld nicht leid; Antwerpen wird immer einem Feinde Englands gehören." Auch darin fand Napoleon eine Ehre, die Werke seiner Vorgänger sortzusetzen. Al« er mit dem Ausbau des Pantheon beschäftigt war, hatte er die Absicht, e« seiner ursprünglichen Bestimmung wiederzugeben. „Der Hochaltar bleibt der heiligen Genoveva, der Schutzpatronin von Pari«. Außerdem müssen die Sarkophage an« dem Minoriten-Kloster, nach der Reihenfolge der Jahrhunderte geordnet, ihren Platz darin finden; sie kommen au« Kirchen, und e« ist billig, daß sie wieder darin ausgenommen werden." Um dieselbe Zeil bestimmte er, daß die Kirche von St. Denis, welche, nach seinem eigenen An-druck, „ein weiter Sarg voll de« Staube« vergessener Könige" war und damals al« Militair-Lazareth diente, für die Ausnahme de« Kaiserliche» Kapitels geräumt und in Stand gesetzt werden sollte. Er ging noch weiter; er unternahm eine« Morgen« die Besichtigung de« Gebäude« und gab selbst die gewünschten Umänderungen an, bezeichnete die Lage und Auf einanderfolge der Kapellen und hinterließ de» Befehl, daß dir Namen der hier begrabenen Könige nach ihrem Range in Frankreich- Herrscher, Dvnastieen auf Bronze und schwarzen Marmorplatte» eingegraben und ausgestellt werden sollten Endlich entwarf er auch den Plan zu der Gruft, welche die sterblichen Uebcrreste der Kaiserlichen Familie auf- nehmen sollte. Und während sein Blick den höchste» Interessen zugekehrt war und sein Geist aus Unternehmungen sann, die de» Erdkrei« mit dem Ruhm seiner Thaten füllten, schenkte Napoleon gleich Karl dem Großen seine ungetheilte Ausmerkfamkcit Gegenständen eine« engeren Bezirk«, wie sie einem Privalmanne ansteheu würde, und Hing aus da« Detail kleinlicher Verbesserungen «in, bei denen «r nicht im «nlserniesteu daran denken konnte, sie jemals sich zum Verdienst angerechnet zu sehen. Die Prell steine, welche in dtn Straßen von Pari« angebracht sind, um den Fuß gänger gegen die Möglichkeit de- Uebcrsahren« zu sichern, hallen durch die bi- zum Mißbrauch getrieben« Ausdehnung der Schaufenster und Borthüren an vielen Läden schon längst ihrer Bestimmung nicht mehr nachkomme» können. Auf einem seiner Inkognito-Spaziergänge bemerkle