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Wichrnilich erschelmn brii Nummern. PränumerctionS- Prci« ?2j Sgr. (j Thlr.) vierteljährlich, 3 Thlr. für das ganze Jahr, ohne Er tz Shu ng, in allen Theilen der Preußischen Monarchie. M a g.a z i n für die Man pränumerirt auf dieser Beiblatt der Allg. Pr. SiaatS- Zeitung in Berlin in der Expedition (Mohren-Straße Nr. 34); in der Provinz so wie im AuSlande bei den Wohllöbl. Post-Aemtern. Literatur des Auslandes. 131. Berlin, Mittwoch den I. November 1837. MS Moldau und Wallachei. Die Zigeuner der Moldau und Wallachei. Nach M. v. Kogalnitschan. °) Alle europäische ehrouiken besagen, daß das Nomaden-Volk der Zigeuner zuerst in der Moldau sich gezeigt. Um von Indien, seinem Stammlandc, nach Europa zu kommen, mußte es ja auch da« Schwarze Meer pasflren, bis zu welchem die Moldau damals sich erstreckte. Die ersten Zigeuner-Horden erschienen daselbst >4)7, im neunzehnten Jahre von Alexander s Les Guten Negierung. Bon diesem Fürftcmhum aus verbreiteten sie sich dann in die Wallächei, Transsylvanien, Ungar» und endlich über das ganze übrige Europa. Mit Benutzung des Irrwahns der damaligen Zeit in Bezug aus geheime Künste, legten sic sich einen Aegyplischen Ursprung bei; und eben daher schreibt sich auch, daß die Ungakn sie den Pharaonen-Stamm, die Franzosen, Engländer und Spanier k^zitien!,, O^zniivs und Oitano» nennen. Selber ohne einen eigenen Kultus, übten sie immer scheinbar den des Landes, in das sie gerade hinein wollten, und wußten auf diese Weise überall Duldung zu finden. In größerer Anzahl, als in allen anderen Ländern, blieben sie in der Moldau, wo Alexander der Gute ihnen Lust und Land zum Durch streifen und Feuer und Eisen zum Schmieden gewährte, und in der Wallachei. Doch verloren sie daselbst das köstlichste aller Güter, die Freiheit. °°) Sie und ihre Abkömmlinge wurde» Sklaven, wie sie es noch heute sind, so daß in den beiden Fürstenthümern ihr Name sogar gleichbedeutend mit der Bezeichnung von Sklaven geworden ist. Der Eivil-Kodex der Moldau von 1833 spricht von ihnen im Wesentlichen, wie folg«: Obgleich die Sklaverei dem natürlichen Rechte der Menschen zu- widerläufl, besteht sie dennoch in diesem Fürstenlhume schon von alten Zeiten her, indeß nicht in dem Sinne, wie bei den allen Römern; denn hier erstreckt sich die Gewalt aus dem EigenthumS-Rechte an Sklaven unter keiner Bedingung bis aus das Leben, sondern nur über das Bcrmögen derselben, und auch über dieses bloß, wenn die Sklaven entweder keine rechtmäßige Erben, als Aeltern oder Kinder, nachlassen oder ihrer Herrschaft durch Vergehungen irgend einen Verlust zugezogen habe». Demnach werden bei uns die Sklaven keineswegcs wie Sachen behandelt, sondern so weit ihre Handlungen und Vertrage, ihre Rechte und Verpflichtungen Jedermann (ihre Herrschaft ausgenommen) ange- hen, gellen sie für Personen, und stehen als solche nicht nur unter der Verbindlichkeit, sondern auch unter dem Schutze der Landes-Gesetze. Zwischen Freien und Sklaven kann keine rechtmäßige Ehe stattsinden. Ist zwischen solchen dennoch, aus Unkenntnis; des gegentheiligen Stande«, eine Verbindmig geschloffen worden, so soll sie nicht aufgelöst werden, wenn der freie Theil der Herrschaft des unfreien Kontrahenten, binnen 30 Jahren nach dessen unrechtmäßigem Austritt auS dem Eigenthum seiner Herrschaft, den Werth erstatten will oder kann. — Ist solche Verbindung aber vom freien Kontrahenten mula liäv eingegangen, so wird nicht nur diese aufgehoben, sondern der schuldige Theil auch mit Erlegung des WcrtheS seine« Milkontrahentcn an die Gnadenkasse""), zur Strafe, angesehen, und der Sklave seiner Herrschaft zurückgegeben, wenn diese vorher weder ibn freilaffen, noch seinen Preis vom anderen Gatten (damit die Verbindung nicht ge- lrennt würde) annehmen gewollt. — Ist dagegen eine solche Verbindung erweislich mit Einwilligung oder auch nur mit Wissen der Herrschaft des unfreien Kontrahenten geschloffen worden, so soll die Herrschaft nicht nur den Sklaven verlieren, indem dieser srei und die Ber- bindung nicht getrennt wird, sondern, de« Beispiels «egen, auch mit einem Verweise angesehen werden. Alle Kinder ans einer jede», gleichviel, ob gültig oder ungültig befundenen, Verbindung zwischen Freien und Unfreien sind srei; denn die Freiheit de« einen Gatten soll für überwiegend angesehen werden und die Menschenliebe in solchem Falle, aus Grund des Kirchen- wie de« Naturrechier, verwalten. ") Bgl Nr trn des Magazins, wo wir zuerst aus besten L-qui««« »ar le« Oigaio« «»»merksam gemach». Gegenwärtig ist nun auch desselben BerfasserS „Geschichte der Moldau und Wallache!" erschienen, aus die wir später noch juriickkvmmen werden. ") Während ste in Ungarn schon »*« unter eigenen selbstgewätziten Häuptern und Richtern Maile») standen, deren überhaupt der vom Palatine selber aus ihnen erwählte Woywod, mit dem Ungarischen EdelmannS-Titel EgregiuS, war In der Moldau diejenige StaatS-Kasse, weiche die Pensionen sür alte Beamte und deren Witwen oder überhauvt an alle Hülssdedürstig« auSzahlt. Die aus fremden Staaten zu uns gekommenen Sklaven, die, nach einem alten Landes-Gebrauch, der Regierung sie jure gehören, werden srei, sobald ste sich mit einer freien Person verheiralhet haben, gleich viel, ob derselben ihr Stand bekannt gewesen, oder nicht. Ihre Ver bindung ist gültig, und Niemand soll es wagen, sie anzufechtcn. Eme Hciräth unter Sklaven kann nur mit Bewilligung ihrer Herr schaft staltbaben. Der Preis von Sklaven ist, nach Maßgabe des Alters, der Ge schicklichkeit und Anlagen, vom Tribunale zu bestimmen. Ist eine Sklavin die Beischläferin ihres Herrn gewesen und von diesem bei seinen Lebzeiten nicht seeigclasscn worde», so soll sic nach seinem Tode frei scyn. Eben so ihre mit ihm erzeugten Kinder. Die Eigenthümcr von Sklaven und ihre rechtmäßigen Erben düt- sen immer und von Jedermann ihre flüchtig gewordenen Sklaven vin- dizireu; denn die Verjährung tritt sür Sklaven i» unserem Fllrsten- thume nicht ein. Freigelassene dürfen ungehindert mit Freigeborenen sich verhcirathen, nur weder mit einer Tochter, Nichte, noch anderen Verwandtin ihrer gewesenen Herrschaft, noch mit der Tochter eines Adligen. Der Sklave darf ohne Wissen seiner Herrschaft eine Erbschaft weder auSschlagcn, noch annebmen. Haus, Garten und Scheune dagegen darf er, vermöge Gewohnhcitrcchls, zu eigen haben, aber weder Pachtungen, noch große Ländereien. Fast dieselben Gesetze bestehen auch sür die Sklaven in der Wal lache!. In beiden Fürstenthümern sind alle Sklaven entweder Kron- oder Privat-Sklavcn. Die Familien-Zahl der ersteren beträgt in der Moldau 3851, in der Wallachei 3300. Die Kron Zigeuner zuvörderst zerfallen in vier Klaffen: I) Die Rudari oder Aurari, mit dem ausschließlichen Rechte, das Gold aus dem Fluß- und Berg-Sande auftusuchcn, wofür ein Zeder von ihnen drei oder vier Dramen (Drachme? Romänisch äruiuu, ckramuri), d. h. oder einer Oca, als Nadelgeld an die Fürstin zahlt. Zur Zeit des Fürsten Kaniemir empfing die Fürstin der Moldau aus solche Weise 1800 Dramen oder 4 Oca reinen Goldes; und die Gemahlin Stephan Racovizza's von der Walachei erhielt im Jahre 1764 von ihren 240 Auraren 1254 Dramen feine» Goldes, oder etwa 3^ Oca. Heute aber ist dieses Gewerbe so einträglich nicht mehr. 2) Die Ursari oder Bärenführer, auch uns bekannt, wie sie mit ihren in den Karpathen ganz jung eingefangenen Bären überall umberziehen, um deren Künste im Tanzen u. s. w. für Geld sehen zu lassen, nachdem ste den Thieren, um Schaden zu verhüten, die Zähne und Klauen abgefeilt und die Augen, mittelst Feuers, ein wenig ge blendet haben. Diese Ursari, von denen einige auch Roßtäuscher sind, entrichten der Regierung eine jährliche Abgabe von 20 bis 30 Piastern (2 bis 3 Thaler). 3) Die Lingurari oder Holzlöffelmacher, welche außer dem Stücke, dem sie ihren Namen verdanken, auch noch jede andere Art von Eeräthschaften in Holz verfertigen und gleichen Tribut wie die Ursari bezahlen. Sie sind die civilisirtesten aller vier Klasse» und fangen sogar schon an, sich feste Wohnungen zu bauen. 4) Die LLi essi, Herumtreiber ohne festes Gewerbe: bald Maurer, bald Schmiede, bald Kammmacher. Diese sind die verworfensten aller Zigeuner und dennoch die unbeschränktesten; denn sie dürfen das ganze Zürstenthum durchziehen und habe», gegen Entrichtung eines jährlichen Tribut« von 30 Piastern an den Staat, die Freiheit, ihre Pferde bei allen Wegen und Dörfern weiden zu lasse». Die Mehrzahl derselben lebt nur von Diebstahl und Raub; denn, obgleich ungemein geschickt in Allem, was ste vornehme», arbeiten sie doch sehr wenig und ver bringen den Tag lieber mit Schlafe», die Nacht mit Marodiren. Thun ste aber ja einmal etwa«, so baden die Arbeiten in Eisen ihren Vorzug: sie machen Schlösser, Schlüssel, Nägel, Pflugeisen, Ohrgehänge und Fingerringe sür die Bäuerinnen. Zur Verfertigung aller dieser plumpen Arbeiten führe» sie beständig ein tragbares Schmiedereuz mit sich. Früher waren es überhaupt die Zigeuner, welche die Gewehre, Lanzen, Säbel, Bomben und alle« andere Feldzeug anfertigten. — Während die Männer arbeiten oder schlafen, durchstreichcn die Weiber die Straßen, um Traume auszulegen und den Wißbegierigen Geld oder junge treue Gatten zu prophezeien. An allen Sonntagen und den (in der Moldau und Wallach« eben nicht seltenen) Festen besetzen ste die Eingänge der Kirchen, um da« Mitleid der Besucher zu erregen, indem sie kleine Kinder (nicht selten auch nur als solche angezogene Puppens an der Brust tragen und für krank, ja wohl gar tobt auSgeben. Nach der Messe suchen sie dir Paläste der Bojaren und die Häuser der