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550 klapper verursachen, das, man sei» Wort nicht bört. Die Dänischen Mädchen sind leidenschafilichcr als die Polinnen. Ansangs zwar tbun sic überaus schüchtern, doch man darf nur ein wenig mit ihnen geplaudert baden, gleich verlieben sie sich aufs deftigste und zögern auch mit ihrem Bckcniitnisse nicht; ja sic wären leicht im Slande, Valrr, Mutier und Braulschatz zu verlassen und in sremdes Land miizuziehen. — Ihre Lagerstätten haben sie in einem großen Spind, der in die Wand ge schoben werden kann, dort lhürmcn sic Massen von Belten auf. Sie schlafen nackt, wie sie aus Mntterleibe gekommen sind, und tragen kein Bedenken, also neben einander sich an- und auszuziehen. Ja, sie schämen sich sogar vor Fremden nicht, sondern legen beim Licht ihre Kleider, selbst das Hemde ab und hängen dies Alles an Nägeln auf; völlig cnlkleidet verschließen sie dann die Tbür, löschen Las Licht aus und be geben sich j» jenen Spind zur Ruhe. Wir sagten ihnen', das seh eine häßliche Sitte, so zeige sich bei uns auch die Frau vor dem Marnie nicht; aber sie wandten ein, daß der Mensch keinen Grund habe, sich feiner ihm von Golt anerschaffenen Gliedmaßen zu schämen, auch solle cs uns billig genügen, wenn uns die Kleidung und das Hemd den Tag über diene und bedecke, cs müsse wenigstens des Nachts geschont werden ; zugleich, meinten sic, schützten sie sich so vor bösem Gellster, das sie um den Schlaf bringen konnte. Unsere Soldaten spielten ihnen manchen losen Streich, sie ließen aber doch nicht von ihrer Gewohnheit. Oese» sinket man in Dänemark nur in den Wohnungen der reichen Leulc; sie sagten, sie mußten eine hohe Abgabe, bei hundert Thalern jährlich, für einen Ofen an den König entrichten. Dafür haben sie große Kamine, um die sie sich berumsetzen, oder zu noch besserer Er wärmung mitten durch das Zimmer cine Art Krippe, die sie mit Kohlen anfnllen. Die Kirchcn der Dänen sind besonders schön; früher wurde in denselben katholischer Gottesdienst gehalten, und noch heute zeichnen sie sich vor Len Kirchen unserer Polnischen Calvinisten aus, denn man findet Allärc und Bilder in ihnen. Wir wohnten auch zuweilen dem Gottesdienst der Dänen bei, sie luden uns selbst ein, ihre znminliota (wie sic die Predigten imnnlcn) mit anzuhören, ja sie bereitem» sich für uns eigens vor, Lateinisch zu predigen und sprachen sehr behutsam, um unserem Glauben auch nicht den gcri»gsten Anstoß zu geben, und man Halle meinen können, einen Römischen Priester vor sich zu haben. Des rühmten sie sich dann und behaupteten, sie wären mit uns Eines Glau bens, und wir nennelen sie mit Unrecht Schismatiker. — U»ser«Pricster Piekarski sprach, wie zu erwarten war, seinen Tadel darüber aus, daß wir solchem Gottesdienste beiwohnten; Mancher ging aber auch nur hin, um die schönen Mädchen in ihren religiösen Gebräuchen zu sehen. (Schluß folgt.) Frankreich. Ein Wahl-Kandidat für die Deputirten-Kanuner. Vielleicht habt Ihr noch nie von Herrn Trageant, einem gewesenen Deputirten, reden hören? Das wäre nicht so wunderbar, denn Herr Trageant hat weder jemals von sich reden lassen, noch auch in der Kammer einmal gesprochen. Während der kurzen Dauer seiner Functionen hat Herr Trageanl Frankreich mit einer Bescheidenheit und einer Zu rückhaltung repräsenlirt, die einem Philosophen Ehre gemacht hätte. Als die Auflösungs-Verordnung publizirt ward, erboste sich gerade der ehrenwenhe Herr Trageant von seinen parlamentarischen Arbeiten auf seinem Landgule Ligneval bei der Stadl N. Diese Stadl, die in einer unserer südlichen Provinzen gelegen und der Hauptorl einer durch verschiedene gastronomische Produkte berühmten Unleipräfeklur ist, halte den Hrn. Trageanl zum Deputirten erwählt. Die Wähler hatten ihm ihr Mandal uuler gewissen Bedingungen anverlraul, an deren Erfüllung er fast nichl gedachl; daher machle es auch einen höchst unangenehmen Eindruck aus ihn, als er im Moniteur jene Verordnung las, aus die er nichl gefaßt war, so wenig brkümmcrlc er sich um die Dinge der politischen Well. Noch denselben Tag, wo die offizielle Nachricht seiner Entlassung Hrn. Trageant in seinen ländlichen Erholungen störte, bekam er den Be such des Doktor Forgcac, des einflußreichsten und unruhigsten Menschen der Stadt N., eines Arztes, der sich durch sein Talent, in den politischen Krisen zu operiren, und durch seine Gewandtheit in der Wahl-PrariS auszeichnctc. Gewöhnlich pflegen die Aerzte gern den Social-Körper als einen ihrer Kranken anzusehcn, dem sie es nicht an Consultalionen und Rezepten fehlen lassen. Der Doktor Forgeac war der politische Arzt der Sladt N.; in dieser Eigenschaft halte er ihr Herrn Trageänt zum Depulirlcn verordnet. „Ich dachte mir, daß Sic beute krank sehn würden, lieber Freund", sprach der Doktor zu seinem Klienten, „darum komme ich, Ibncn eine Visilc zu machen. Ich kenne Ihr Tempcramcnl, und ich weiß, welche traurige Wirkung das Journal von beute Morgen auf Ibrc Gesundheit hervorbringen müßte. Nun sagen Sie mir, wie Sic sich füblcn, und sprechen Sie ganz offen mit mir." — „Unter uns gesagt, Doktor, ge stehe ich Ihnen aufrichtig, daß mir nicht sehr wohl zu Muche ist. Stell' ich mich wieder auf die DcputaiiouS-Listen, so werden mich die Wähler fragen: Was hast Du gelhan? was hast Du gesprochen? und in der Thal, ich muß Ihnen bekennen, ich habe weder etwas gelhan, uoch gesprochen." — „Ja! das weiß ich sehr wohl." — „Hätte ich nur wenigstens cine kleine Rede gehalten!" .... „Das wäre noch nicht da« Aergste. Man zürnt Ihnen nicht, daß Sie nichl gesprochen haben; da« habe ich scheu ins Reine gebracht: ich habe gesagt, daß Sie während der Sitzung an der Brust litten, und daß die Pariser Aerzte, in Uebereinsiimmung mit mir, Ihnen die Rednerbühne unlersagl und das tieste Schweigen auferlegt hätten. Diese Entschuldigung hat bei allen Wählern Eingang gesunden, außer bei einigen Mitgliedern des Athenäums, die es gern gesehen, wenn sie unserer Sladt ein Kunststück von Beredsamkeit geliefert bältcn. Was man Ihnen aber nicht verzeiht, das ist, daß" Sie nicht Ihre Ver sprechungen gehalten, daß Sic nicht alle mögliche Verbesserungen für unsere Stadl durchgesetzl haben. Denn Sie können sich keine Vorstcl- lung^machen, lieber Freund, was Sie Alles versprochen, oder vielmehr, was "wir Alles in Ihrem Namen versprochen haben. Die Sladl cr- warlcle zwei Regimenter, einen Königlichen Gerichtshof, eine Rcchls- schulc und Golt weiß was! Lon allem dem ist nichts gekommen. Und doch kann man den Ministern anlicgen und ihnen Gunstbezeugungen abdrinqcn, ohne sich die Brust zu ermüden." „Ja, Ihr glaubt gewöhnlich Alle, daß das so leicht ist, und daß ein gut gesinnter Dcpulirler, der sein Volum abgicbt, nur zu fordern brauchl, um zu bekommen .. .." „Erlauben Sie, mein geehrter Freund!.... Werfe» Sie mich nichl mil Ihren Verleumder» zusammen. Ich babe mich nicht über «ic zu beklagen, denn das, was Sic mir insbesondere versprochen, haben Sie gehalten. Was die klebrigen bctriffl, so sag' ich Ihnen nur so viel, in» Sie über die öffentliche Meinung aufzuklärcn und über Ihre Stellung als Kandidat bei den nächsten Wahlen. Ich darf Ihnen nichl verhehle», daß die Aussichten Ihnen »jchr günstig sind. Sie werden zwar von dem Ministerium unlerstützl, das ist sehr gut; aber da muß man erst wissen, von wem das Ministerium unterstützt wird. Wenn übrigens hier eine Kandidatur unlerstützl werden soll, so ist es nichl genug, daß sie von dem Telegraphen und dem Unlerpräfeklen empfohlen wird. Sie kennen viclleichl nichl die Sladl, die Sie rcprä- senliren? Bei uns giebl es nur wenig Wähler und wenig Parteigeist. Der beste Fürsprecher für unseren Kandidaten wird immer sein persön licher Werth sehn: man wird mehr für den Mann, als für das Prinzip stimmen. Die Majorität ist schwankend; man kann sic einzeln und durch geschickte Manöver gewinnen. Wenn Sic Ihre Wahl durchsetzen wollen, so müsse» Sie der ganzen Well schmeicheln und sich eine Farbe bilden, die aus mehreren geschickt verthcilttn Nuancen zusammengesetzt ist; dann werden Sie Jeden, das Prisma von der guten Seite zeigen. Gewiß, die Taktik ist schwer, höchst kitzlich, und Ihre Freunde werden viel zu thun haben; aber Sic wissen, was solche Dienste werth sind, und wir werden nichl zu viel sorden. Was mich bctriffl, so werde ich mein Möglichstes lhun, aber Sic müssen mir zu Hülfe kommen." „Nichts billiger als das. Was verlangen Sie von mir?" „Deutlicher kann man nichl antworlcn. Ich werde Ihre Präzision nachahmc» und Ihne» ohne Umschweife sagen: Lieber Freund Trageant, Sie müssen sich vor den Wahlen verbeiralhen." „Mich verheirathen? Gut, Doktor, das kommt ja vortrefflich zu Statten; ich hatte eben den Plan." „Ja, ich weiß, daß Sie Fräulein Natalie N. bestachen wollen; aber.... unterbrechen Sie mich nicht und hören Sie mir geduldig zu... . Wenn Sie Depulirter werden wollen, so müssen Sic dieser Heiralh entsagen. Fräulein R. ist hübsch, reich, liebenswürdig, sic ge fällt Ihnen, sie liebt Sie, aber ihre Familie ist ohne Einfluß. Noch mehr, Fräulein Natalie wird von ihrem Cousin Aristide geliebt, der bei einer großen Anzahl von Wählern viel gilt. Wenn Sie dem Cousin Aristide zu versiehe» geben, daß Sie sich zurückzichen, um ihm den Platz zu überlassen, so gehört er ganz Ihne». Vergesse» Sie nicht, daß seine Hülfe bei Ihrer Wahl unentbchrlich ist. Ich weiß, cs ist schwer, einer vorlhcilbaflen Heiralh zu entsagen; aber zum Glück habe ich eine andere Partie Ihnen vorzuschlagen oder vielmehr zur Pflicht zu machen, denn Sie werden ganz gewiß nichl gewählt werden, wenn Sie nichl Frau von Rieuville hcstalhen. Ich habe Sie vor einem Jahre bei dieser schönen Witwe sehr osl gesehen, und Sie haben mir gesagt, daß Sic wegen ihres schlechten Charakters und einiger nachlhei- liger Berichte, die Ihnen unter dem Schleier der Anonhmilät zugckom- men wären, nichts von ihr wissen wollten. Doch, das sind ja Baga tellen! Welches Weib ist frei von Fehlern und entgeht der Verleum dung? Frau von Rieuville ist arm, aber sie gehört cincr hochgestellten Familie an. Es ist cine Frau von Geist und Gewandtheit; sie bat ihren ersten Mann zum Französischen Pair gemacht, und sie wird nichl weniger für den zweite» tbun. Bis dahiu, wo sie eine ihrer würdige Bühne wieder betritt, spielt Fran von Rieuville cine einflußreiche Nolle in der Provinz; sie regiert, sic übt cine Autorität aus, der sich nichts entziehe» kann. Ihr Betragen gegen sie hat sie zu Ihrer Feindin ge mach!, sie bal geschworen, daß Sie nichl crnannl werden sollen, und sie wird Wort hallen, wenn Sie sic nichl schnell besänflige», indem Sie zu ihr zurückkehrcn. Ich kann Ihnen versichern, daß sic zur Milde ge stimmt ist; sie wird nichts weiter verlangen, als Ihre Frau zu sehn, und dann die Frau eines Deputirten.... Denken Sie über Alles nach, was ich Ihnen gesagt habe; „Schn oder Richtsch», das ist die Frage." Zch kehre in die Stadl zurück, wo ich Sie inorgcn erwarte; denn Sie dürfen nichl länger auf dem Lande bleiben, Sie müssen sich zeigen und auf dem Schlachtfeld agiren." Dcr Doktor Forgeac ließ den Kandidaten in großer Verlegenheit zurück. Bor zwei Jahren, da die Stadt N. einen Deputirten zu er nennen Halle und keine große Zahl von Nolabilitalen unler ihren Einwohner» besaß, war Herr Trageaitt anfgclrelen; er war jung und ziemlich reich; er war i» der Provinz bekannl und angese hen; er halte gute Präzedenzie», viele Freunde und keine gefährliche Konkurrenlen: er ward erwählt. Seitdem hatte sich Hr. Trageaitt an seine Deputirienstellung gewöhnt; dcr Ehrgeiz war gekommen; er hatte sich eine glänzende Zukunft ausgemalt, nach der er langsam und all- mälig hinstrcbte, gestützt auf den Arm dcr höchsten Gewalt und von dem politischen Garten nur die Blüthen berührend. Hr. Trageant konnte die Vorstellung nicht ertragen, sich gleich bei den erste» Schrit ten auf dieser so lockenden, schönen Lausbahn gehemmt zu sehen. Nach einem Kampf von wenigen Minuten trug dcr Ehrgeiz über die Liebe den Sieg davon; der Kandidat unterdrückte die Stimme scines Herzens und sprach: „Ick will Frau v. Rieuville hciraibcn!"