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Rhetoren häufig in den sogenannten Dcclamationen, den fingirten Fällen, die sie zur llcbung der Jugend ausstclllc». In dem hier angeführten Falle nun würde sich, nach unserer Schreibart, die ganze Frage, wie in „Figaro's Hochzeit" — um die Stellung eines Komina drehen. — So balle auch der Pater Marlin einem einfältigen Jn- terpunctions - Zeichen den Verlust des Priorats von Azelle zu ver danken, indem er die Aussührunz der gastfreundlichen Inschrift über feinem Kloster: Porta, zraten» esto; »ulli oiaustaris Iwnoslo!") einem unwissenden Schreiber auvcrlraulc, der sic solgendcrgcstakl inser- vunklirtc: Porta, ziati-n, esto nulli; clauduri« l^onesko!"") So das, also, im geraten Widerspruche mit des guten Paters Willen, nicht nur überhaupt Alle, sondern ganz vorzüglich eben die Rechtschaffenen von seiner der Gastfreundschaft gewidmeten Pforte abgewiesen wurde». Aber, als wäre der arme Prior in Folge dieser Nachlässigkeit durch den Verlust seiner Würde noch nicht hart genug bestraft gewesen, mußte er auch noch seinen Namen in einem zweiten Rwmnischcn Werse, der mit seinem eigenen assonnirie, prangen sehen: kro solo ziuncto carnit Uarlinus Eselin. °°°) Und aus dem Doppelsinne des letzten Wortes dieses Werses (der denselben zugleich vollständig unübersetzbar macht) entsprang dann wieder das Quiproquo des so allgemein gebräuchlichen Sprüchwortcs b aute <1 nn zioint Üiarlin ziorüit so» ano — Um einen Punkt verlor Martinus seinen Esel. So bekannt nun wohl dieses Geschichlchcn sevn mag, so wenig scheint es, wie fast tägliche Cilaie beweisen, das Quiproquo in dem Gebrauche der Worte vis comioa, von welchen man gemeinhin glaubt, Julius Cäsar habe sie zuerst, auf den Tcrcnz, in Wersen angewandt, die i->S eine (bald dem SueloniuS, bald dem Aelius Donatus zugc- schricbcne) Biographie ausbcwahrl hat. Doch schon im Anfänge unseres Jahrhunderts Hal Friedrich August Wolf bewiesen, daß die beiden Wörter vis und cow.ica in jenen Versen, nicht nur zufolge der Lateinischen Phraseologie, sondern auch i» Gemäßheit der betreffenden Stellen selbst, ganz und gar nicht auf einander sich beziehen; weshalb denn auch seit dem Lie Gelehrten einstimmig lesen: S, daß dem lieblichen Wort' auch vereinigt wäre die Stärke; Gleich qroß von ComuS die Kraft stritt' dann auch, nicht ungleich an Ehre, Gegen die Griechen! Alles dessen ungeachtet hört man aber noch immer nicht auf, die vis eoiniea frischweg zu cilircn. Und hier sollte doch wahrlich die Kritik dem Mißbrauche Lieser Lateinischen Redensart ein Ende machen, da diese selbst an der einzigen Stelle, an der man sie zu finden geglaubt hat, gar nicht vorhanden ist. Zuweilen indessen wurzelt ein Quiproquo von Worten, indem cs sich in einer Sprache förmlich naluralisirt, dergestalt in derselben fest, daß cs geradezu Thorheit wäre, es ausrottcn zu wollen. Eine Bemer kung, die ich noch nirgend gesehen, und die dennoch schon ost gemacht worden sevn muß, ist diese, daß dec Ausdruck Naturgeschichte (lus- toire naturelle), der in Frankreich nun schon so lange auf die Wissen schaft der Zoologie angewandt wird, offenbar auch ein Quiproquo ist und seinen Grund augenfällig ganz einfach in dem Titel Hal, welchen PliniuS der Aclterc sciucm cncvtlovädischcn Werke gegeben, f) Für seinen.Plan paßte der Titel Ilisloria naturalis ganz gut; dann aber bat lediglich das besonders eifrige Studium des zoologischen Theiles seines Werkes die Gewohnheit bcrbcigcsübrt, der Zoologie selber den Namen des ganzen Werkes bcizulcgcn. Später jedoch ist man weiter gegangen und Hal gesagt Naturgeschichte dieses oder jenes Tbic'rcs, soll beißen : Beschreibung seiner Organisation und seiner Ge wohnheiten. Gicbt cs doch auch Schriftsteller, welche die Naturge schichte des Aristoteles angeführt haben. Das Werk, Las sie meinten, ist aber betitelt: Geschichte der Thicrc (wobei noch über dies zu bcmtrkcn, daß auch unser Wort Geschichte dem Griechischen nicht durchaus entspricht). Hat also daS Buch des PliuiuS Lurch seinen Titel dieses Mißverständnis; veranlaßt, so verdanken dagegen eines der berühmtesten Bücher des genannten großen Griechischen Philo sophen und die Wissenschaft, die er durch dasselbe begründet Hal, ihren Namen einem äbufiäwn Ursprünge; denn Lie ganz allgemein angenom mene Meinung schreibt den Namen, den wir meinen, einer alten An ordnung der Werke LeS Aristoteles zu, in welcher die Abhandlung von Len Geistes-Tbätigkcitcn, ohne Titel unmittclbar hinter Lie Physik ge setzt, anfänglich durch Lie Worte o-ro (nach der Physik), als Abhandlung, welche aus die Physik folgt, bezeichnet wurde; welche Worte dann später, in ein Wort, Metaphysika, zusammengczogcn, Lem Inhalte der Abhandlung verblieben sind. Giebt cS nun aber unter so vielen sehr verbreiteten Quiproquo's nicht auch einige, durch welche Lie Begriffe bei wichtigen Gegenständen auf eine sehr ernste Art verfälscht werden können ? Mau könnte, glaub' ich, eine ziemlich beträchtliche Anzahl von dergleichen zusammenbringen. Zwei Beispiele werden indcß wobl genügen: Finden wir nicht in der Geschichte menschlichen Geistes eine Quelle zahlreicher Jrrthümer, wie c« früher auch schon in Bezug aus die in die Stcrndcuicrci über- gegangcnen Blanetennameu bemerkt worden? Glaubte ja doch keiner von all den Christen, welche dieser Ihörichwn Wissenschaft sich Hingabe», an Mars, Brnu« oder Jupiter, als an Gottheiten, und dennoch schrie ben sie jedem der Himmels-Körper einen Einfluß zu, der ganz genau dem Charakter der Gottheit, deren Namen die Heiden ihm gegeben, cnlfprach! *) Etwa - Pwric, geöffnet sei, fein; nie zu für Gereckte sollst kenn! Eolglick; Ptvrte, geöffnet fe» fein nie; zu für Gereckte sollst senil! "') Der Sin» ist- Ack, um ein Pünkickcn allein, büßt er Azclle gar em. ff) Die Bemerkung wenigstens ist sckon alt, baß es überbaust, anstatt Natur. Geschickte, besser Natur-Lehre, unb noch besser vielleicht Natur- Beschreibung heißen nicckte. Ein letztes Quiproquo endlich, das wir als allgemein angenommen hier noch ansühren, sicht auf einer solchen Höhe, daß wir in Ler Thal einigen Anstand nehmen, cs hier, unter diesem Titel, figurier» zu lassen. Es zeigt aber alle Merkmale der Galtung, obschon es zugleich eine der ehrwürdigsten Ncligiouslehren betrifft. Man bat nämlich aus dem Evangelium mittelst einer widersinnigen Auslegung, zu der die Aus drücke ganz und gar nicht berechtigen, eine höchst seltsame Maxime ge-' schöpft,' welche die aufgeklärtesten Katholiken sowohl, als Prolcstanicn heutzutage als dem Texte fälschlich zugcschriebcn anerkennen, wicwdbl sie ihm dabei nicht etwa auch eine lind dieselbe Erklärung nutcrkcgen. Wir'meinen Lie so häufig angeführte Stelle des Mallbäus: Selig sind die Armen am Geiste! Hierbei ist vor Allem zu bemerken, daß weder im Griechischen, »och im Laicimschcn und Französische» das Bei wort arni mit einem anderen Worte konstruirl wird, run den Mangel an der Sache, welche das Worl gerade bezeichnet, auszudrücken. Den» wenn wir cs auch wohl bisweilen wirklich in dieser Weise gebrauchen, so ge schieht cs doch immcr nur als Anspülung auf die Art, wie man jenen Vers des Evangeliums verstehen zu müssen glaubt, der so viele beredte Entwickelungen und so viele irreligiöse Spöttereien veranlaßt hat. Nach jenem Widersinne wäre ein Armer am Geiste ein Mensch, dem es an Verstände fehlte.' Sofort hat cs denn auch an Iusammcnstcllungcn mit dem übernatürlichen Charakter, den das Wolk fast überall den Ein fältigen zucrkannt, u. dgl. m. nicht gefehlt. Nach allem dem nun, was man über diese dergestalt verstandene Maxime ehrerbietig und ironisch geredet, geschrieben, gepredigt, gesungen, in Wersen und in Prosa vorgcbrachl, wird man sich wohl verstellen, daß wir uns nicht hcraus- nchmcn, das solennste Recht aus Verjährung, das nur irgend ein Irr. thum dieser Gattung in Anspruch nehmen kann, zu bestreite». Nur so viel wollen wir fcststcllcn, Laß die Bernunst und der Geist Les Evan geliums eben so wohl, wie die Grammatik, anstatt jenes befremdlichen Ausspruches eine von den folgenden beiden, gewiß gleich befriedigenden, Auslegungen durchaus verlangen; nämlich entweder: „Selig sind dieje nigen, welche Arme sind vermöge ihres Geistes" — d. h. diejenigen, welche, ohne wirklich zur Zahl der Armen, jener für das Erbarmen Les Evangeliums Bevorrechteten, zu gehören, denselben doch, ver möge ihrer Demuth, ähnlich werden. — Oder: „Selig sind diejenigen, welche betrübt sind im Geiste." Diese letztere Auslegung ist zwar minder schön, als die erstere, dafür aber vielleicht der besonderen Schreib art nnsers Evangelisten angemessener; denn dieser, da er ja zunächst für die Juden in Alexandrien schrieb, bediente sich der Sprache der Sep tuaginta. Auch haben die Kenner LeS Hebräischen schon die Bemerkung gemacht, daß in jener ersten Version im Volks-Idiome von Alexandrien das Griechische Wort («uz,z,lex, gebeugt, bittend —) dem He ¬ bräischen Ausdrucke, der betrübt, unglücklich bedeutet, sehr ost ent spreche. Mithin ein philologischer Grund zu Gunsten der letzten Erklä rung. Freilich würde man dasselbe Argument nicht auch aus eine Stelle des Lukas anwenden können, da dessen elegante Schreibart von der des Markus und Matthäus in hohem Grade verschieden ist. Und so sollte denn nothwendig eine der Demuth gebotene Palme, oder ein himmlischer, der Betrübniß verheißener Trost an die Stelle einer Apotheose der Gcistcs- armulb treten, und — wird cs doch nicht. B. de.L'ivrcv. Bibliographie. In, Villa Issa stes jarssma ein Vaiican. -Vrdntectnro sie Verro l-igorio. — Won I. Bonchet. 24 Abbildungen in Folio, nebst Teri. 36 -Fr. I-o christlanisnre stemontre zrar los Irsstitlons cstliollgues. — Bon Lachadenede. 2 Bde. Dail,! nratiguo sur los inalastic« «los orFanes Fenito-urinalros. — Won l)r. Civialc. Erste Abtb. 7 Fr. Ilistoiro ot mosteles st>- la litlerature lrantzaisv. — Bon L. Halerv. 2 Bde. Voxazos aux iles >lu Franst oeöan.,,— Bon Mverenbvut. 2 Bdc. ülauzirat. — Roman von George Sand. 2 Bde. IS Fr. Valerie, ou la jouno artlste. — Won Milk. Trcmadcurk. Lssai sur la laNFiie et la zstillozozstue stes lostiens. — Nach Friedrich Schlegel. Mit Anmerkungen und Widerlegungen von A. Mazurc. 7^ Fr. , De I'aFricnlture et sto I'instnstrie. eonsisterees stans leurs rsx>- ziorts avee la zinmstatio» et la uroralitö. — Bon P. Delagarde. S ch w e i z- Genfs historische Bevölkerungs-Zunahme. Nach Ed. Mallet.")' Genf zählte im Jahre Einwohner. Berhältniß der Zunahme. 1404 IO,<M°°) ISNS IZtlM IG, I6S3 16,111 IVI I6S8 16,034 IM I7II 18,8«) 142 1721 20 781 I«<> I78S 21,816 IV8 1781 24,810 I!" 1788 23,800 ,106 I78S 26.140 201 I80S 22 300 171 1812 24,188 186 ' 1 Kee.hrrches hiutorigues et «ar la Population So tSeueve. Uar Itgouarg iUaNot. (Xunaloa a'bv^iene puuliqu» Vttl. 17. ?aris, 1837.) ") Diese Zahl ist nur annähernd -und der der Fcuerstellen berecknct, deren man, damals in Genf 1;W zählte