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Wöchentlich erscheinen drei Nummern. Pränumeration»- Pr-lS 22^ Sgr. (j Thlr.) vierteljöhrlich, 3 Thlr. für das ganze Jahr, ohne Er höhung, m allen Theilen der Preußischen Monarchie. für die Man vrönumerirt auf dics.'S Beiblatt der Allg. Pr. Staws- Zeitung iu Berlin in der Expedition (Mohren-Straße Rc. 34); in bk Prori»; io wie im Antlande bei den Wodllöbl. Post - Aemtcrn. Literatur des Auslandes. 111. Berlin, Freitag den 15. Se'ptember 1837. Schwede«. Die Schwedischen Universitäten.") I. Lund. Wenn das Fahrzeug sich vom Sund oder vom Baltischen Meere her dem Schwedischen User nähert, zeigen die Matrosen schon von wrilem die Stadt Lund, deren Katbedrale ihre beiden viereckigen Thürmc dicht an der Küste emporstrcckl. Bor Zeilen war Lund die kirchliche Metro pole des ganzen Skandinavischen Nordens, der Sitz eine« Erzbischöfe«, zu dessen Sprengel alle Skandinavische Bislhumer gebürten und welcher den Titel Primas de« Reichs führte. Die Kathedrale scheint absichtlich inmitten einer weiten freien Fläche, im Angesichte des Meeres ausgeführt zu sehn, damit sie über Land und Meer, als eine Königin der Kirchen, als eine weit und breit sichtbare Säule der Christenheit emporrage. Die alle kirchliche Herrlichkeit ist jetzt erloschen, die Stadt ist an Größe und Einwohnerzahl nur ein Schatten gegen ehedem, aber die uralte Kirche ist ihr geblieben, und Karl XI. Hai ihr die Universität verliehen. Die Kathedrale zu Lund gebürt zu den ehrwürdigsten und merk würdigsten Denkmalen des Mittelalter«, die uns erhallen sind, und ich wüßle ihr au Slruklur und hohem Aller keinen Europäischen Dom zu vergleichen, außer elwa den zu Bamberg. Der Bau Hal lange ge dauert, so daß man zweierlei Bäu-Slyl und zweierlei Kunst-Epochen Lenllich unterscheidet, die eine, in welcher die Kirche begonnen, die andere, in welcher sie beendet wurde. In der Anlage des Schiffes der Kirche, in dem Abschnitte des Chor«, in dem Säulengange, der außen um den Dom läuft, herrscht noch der Byzantinische Styl in seiner ganzen Strenge; da« Rundgewülbe, dir runve massive Säule, die mit den Pfeilern und Pilastern ein Ganze« macht, da« Kapital mit platten Flächen und leicht abgerundeten Ecken, die glatte Basis, ohne andere Acrzierung, als das einfache Dreieck ihrer Spitzen. Diefe ganze untere Hälfte des Gebäudes stammt offenbar noch aus dem Ilten Jahrhundert. Während der Bau langsam forlrückle, änderte sich der Styl der mittel alterlichen Architektur und ging in den Charakter über, den wir den Golbischen nennen. Dieser macht sich denn auch in unserer Kathedrale, je höher da« Gebäude aussteigt, desto entschiedener gellend; der schwer fällige Bvzantinische Pfeiler "wird in der Hobe schlanker, freier und läuft in kühner geschwungene Linien aus; das drückende Rundgewölb dehn! und erweitert sich zu ovaler Form, und wie ein Baum sich in Aesie vertbeilt, so verzweigen sich die Säulen mit ihren Fortsätzen in her heben Deck- und lausen in deren Mitte zusammen. Die schweren Sleinmaffcn des Grundbaus wollen vergeistigt in die Höbe streben, dec große Stamm der Golbischen Archilcklur entfallet seine Sprossen; der Hobe Spitzbogen verkünde« sich, und bald wird ein Wald schlanker und lcichlsüßiger Säulen in die Lüfle ragen. Dieser noch gebundene, un- erschloffcne Cbarakler Verleibl dec Kirche elwaS höchst Feierliche«, Jm- xosanies, Ehrfurchlerweckendes. Die Kalhcdrale ist, wie alle Kirchen des Mittelalters, in Form eines Kreuze« gebaut: daS große Schiff, zu beiden Seilen von den ge- walligen, schwerfälligen Säulen getragen, in der Mille; daneben zwei kleinere von geringerer Breite und Höbe; im Hintergründe der Cbor, der ebemal« ganz von der Kirche abgesondert war, zu dem aber jetzt eine breite Treppe binauffübrl. Durch eine andere Treppe gelangt man von dem Chor hinab in eine zweite Kirche, die sich unter der ersten befindet. Ein weile«, aber niedriges und dunkles Gewölbe empfang! uns; hier ist die gebeimnißvolle Slätle, die unterirdische, den Todlcn geweihte Kapelle, wo der Trauer. Gottesdienst vor sich ging, wo die Priester alljährlich, am Tage Allerheiligen, die große feierliche Todten- Mcsse lasen. An diesem Tage verließen sie den oberen Raum der Kirche, der den Lebendigen geöffnet ist, und stiegen in diese Katakombe, in diesen Grus,-Tempel nieder, um den Tobten, für die gebclct wurde, näher zu s-y» — Oft bat, wenn der Bürgerkrieg im Lande wülhele, die Katbcdrale innerhalb ihres gottgeweihten Bezirke« der gläubigen, wehrlosen, in des Bischoss Hut gegebenen Heerde Zuflucht und Schutz gewährt. So scsi- Wurzeln batte der katholische Glaube hier in den Gemülbcrn gefaßt, baß noch fünfzig Jahre nach der Reformation, al« ganz Schweden sich längst zur Lehre Lulber'S bekannte, in der unter irdischen Kapelle zu Lund von katholischen Priestern heimlich Messe ge lesen wurde. In die Grabgewölbe flüchtete sich der verdrängte katholische Kultus, gerade wie die ersten Christen nur in Gräbern und Katakomben ihren stillen Gottesdienst zu feiern wagten. P Aus einem an Len ö>ean;öükwen Minister des UnterrichtSwesenS, Derrn v»n Ealvandn, abacstalteten Bericht res Herrn X. Marinier, der von seinem Ausstiege nach Schweden bereits wieder nach Kopenhagen zuriickqekehrt ist Dieses herrliche Denkmal des Mittelalters Hal in neuerer Zeit durch eine Feuersbrunst beträchtlichen Schaden gelitten, und ein Professor an der Universität zu Lund, Brunius, bat an der Wiederberstellung sechs Jabre mit solcher Liebe und so gewissenhaftem Eifer, so ganz n, der Gesinnung und im Geiste eines Baumeisters jener Zeilen und mit so gründlicher Einsicht in den Sivl und Cbarakler dieser Archileklur gc- arbcilel, daß die von ihm rcsiaurirlen Parliecn sich von dem Werke der ursprünglichen alten Mcisier gar nicht unlerscheidcn lassen. Durch eine büchst genaue und lehrreiche Beschreibung der Kathedrale (Beskrifning ösver Lunds Domkyrka) hat der wackere Künstler und Gelehrte seinem Verdienste die Klone aufgesetzt. Keiner allen Kirche darf ihre Legende fehlen. Die hiesige knüpft sich an zwei Figuren, die in der unterirdische» Kapelle aus Stein ge hauen sind: rechtshin aufrecht stehender Mann, der einen Pfeiler mit aller Kraft umschlingt; links ein Weib am Boten kauernd, ein Kind auf ihrem Schoß, mit beiden Armen eine Säule fassend, als wollte sie da« Gewölbe einreißcn. Die Sage lautet, daß eines Tages Finn, ter Schwedische Niese, zum heiligen Laurentius kam und sprach: „Ich will Dir eine große, prächtige Kirche bauen; dafür verlange ich, daß Du meinen Namen wissen mußt, wenn sic fertig ist, wo nicht, so mußt Du mir entweder die Sonne und den Mond, oder die zwei Augen aus Deinem Kopfe geben." Sankt Laurentius war's zufrieden, und Finn ging gleich an die Arbeit. Ein Wunder war's, zu sehen, mit welcher Kraft und Schnelligkeit er die mächtigsten Sieine herbeisckleppie und einen über den anderen lhürmle. Die Mauern standen schon fertig, das Dach begann, sich zu wölben, und noch wußte Sankt Laurentius des Riesen Namen nicht. ES war nicht so leicht, ihn zu erfahren, wie er gedacht batte. Er erkundigte sich bei allen Engeln im Paradies, bei allen Priestern,, bei allen Bauern in Schonen, — keiner wußte zu sagen, wie der Riese bicß. Dem Heiligen wurde ängstlich zu Mulbc, denn die Kirche wuchs von Slundc zu Stunde um ein groß Stück in die Höbe. Da ging er eines Abends über Feld und sah ein Weib mir einem Kinde vor der Schwelle ihres Hauses sitzen. Das Kind weinlc, die Mutter sprach: „Sev still, Baler Finn komm! bald und bring« Dir die Sonne und den Mond mit, oder die beiden Augen vom beiligcir Laurentius." Deß war der Heilige srob und ging in den Himmel zurück. Ein paar Tage sväler kam der Riese und mabnle ibn an sein Versprechen. „Laß gut sevn, Zinn", sprach Sankt Laurentius, „die Kirche ist ja noch nicht fertig; später wird sich's finden." Wie der Baumeister seinen Namen aus des Heiligen Wunde bürte, stürzte er ganz wülbend hinunler in da« Gewülb und packle den allcrstärksien Pfeiler, ihn umzuwerfen; seine Fra» kam auch und wollte ihm belscn, aber Sankl Laurcnlius verwandeite sie in Slein. So sind sic untcn an de» Säulen baflcn geblieben, und über ihren Köpfen erbeb! sich vie Kirche de« Heiligen, wie die Religion Christi über der verstcinerlci« Borwell de« H-idenlbumS. Die Universität ist im Jabre 1666 gcflislel. König Karl XI. wie« ihr den größlen Tbeil der Pfründen zu, dir vormals der kalbolischen Geistlichkeit und dem Domkapilcl zu Lund gcbürk hallen, vier Pfarreien, dreißig Präbenden, ucunhundcrl andere Grundstücke. Die Universität Hal sich im Besitze dieser Güler bi« aus den beuligcn Tag erhallen und verwackel sie musterhaft, so daß sic aus eigenen Einkünften ihre Pro fessoren besolde! und den größlcn Tbeil ihrer jährlichen Ausgaben bc. strecket. Die Regierung giebl nur einen geringen Zuschuß. Die l!ni- versilä! erwecken ihre Gebäude und Anlagen, kauft neue Häuser und Grundstücke, bak ibre Pächter, ibre Amtleute und Zntendanlen wie ein reicher Fürst oder Herzog, und führt über ihre Verwaltung, über Aus gaben und Einnahmen doppelte Buchhaltern, wie ein Kaufmannsbaus. Den Intendanten ernennt der Kanzler der Universität auf Borschlaz de« Konsistoriums. Derselbe bat da« gesammle Vermögen der Univer sität zu verwalten; alle Zahlungen gelangen an ihn und geben von ihm au«, — dafür muß er auch jährlich strenge Rechnung abckgen. Was nach Abschluß der Bilanz in Kaffe übrig bleibt, wird auf Zinsen ange legt, nicht in Staalspapieren, sondern auf gute und sichere Hvvolbek zu sechs vom Hundert. So hat die Utlivcrsilät bercil« einen eisernen Fond von 100.000 Reichsbauktbalern anzejammcck, besten Kapital noch beständig «»nimmt. . Die Professoren erhalten ihre Besoldung, wie die« in alten Zeilen üblich war, in Naluralicn; die alleren breibunderk Tonnen Gclraide jährlich, die sich in Geld auf etwa 4660 Franc« abschätzen lassen; die jüngeren etwa« weniger. Dic außerordcnliickcn Professoren mögen sich auf 600 bi« 1000 Franc« jährlich sieben. Die Privaldocenttn bekom men gar keinen Gehalt. Jeder Professor der Theologie bekleide! zugleich als Geistlicher eine