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tanzte leicht dahin; die hohen, schlanken Masten ncigtc» stch »iitec dem frische» Nordostwinde anmuihig vorwärts, und schienen die weißen, schwellenden Segel in das Meer tauchen zu wollen, wie ein Loge! seine Schwingeln Auf einmal blies der Alheni des Windes stärker hinein, die Segel hoben sich wie eine Menschenbrust, bläheten stch auf, und unser Fahrzeug, das eben noch sein Vordertheil, wie der Ei«-Vogel, dessen Name» es trug, seinen Schnabel, in Lie Wellen getaucht, richtete stch, als wie mit einem starken Flügclschlagc, empor, strebte hoch aus wärts und senkte sein Hinlenbcil in die Fluch, die über dem Kiele rau schend zusammenschlug. War mir doch zu Muche, als hätte der schlanke, zierliche, gebrechliche Bau des Fahrzeuges sein eigenes Lebe», und als gehörte auch mein Leben zu ihm und wäre nur ein Theil von seinem. Es schien, als söge und achmetc das Schiff mit seinen Segeln, wie ich mit meiner Brust, die erfrischende, belebende Nachtluft ei». Kaum seit vienwdzwanzig Slunde» ein Gast in diesem schwimmenden Hause, wel ches selbst schon so viel fremder Länder und ferner Gestade Gast ge wesen war, fühlte ich mist, schon heimisch darauf, als nähme ich ein Stück des vaterländischen Bodens mit über Meer. So ist der an die trauliche Heimaih, a» die enge Stadt gewöhnte Mensch, er kann ste nicht verlassen, ebne für das Vcrürfuiß seine« Herzens, seh es in sichtbaren Zeichen der Erinnerung, scv es in Gedanken und Einbildungen, etwas davon mitzunehmen, und selbst wen» er mit entschiedenem und trotzigem Wille» dem Baterlattdc de» Rücken kehrt, hängt seine Liebe noch an jeder Kleinigkeit, die ihn träumend daran zuiühmahnt. Aber ich vergesse ganz, daß die Brigg „Halcyon" schon mehrere Tage im Hasen zu Coruna vor Anker liegt, und sogar bereits im Be griffe steht, wieder abzuscgeln. — Sie Statt Coruna besteht aus zwei sehr merklich unterschiedenen Hälften. Die Altstadt hat ein ganz aristo kratisches und seudales Aussehen, ist rings ummauert, auch da, wo sie an die See stößt, und ihre rolhen Ziegeldächer zeigen stch, vom Hafen aus gesehen, ampbilheairalisch um die Kathedrale und den NegierungS- Palast gruppirt, die den ganzen Umkreis hoch überragen. Die Häuser der Neustadl liegen tiefer am Gestade und bilden einen weite», regel mäßigen Halbkreis um den Hasen; daran schließt stch eine gewaltig große Borstadl, deren letzte Häuser gerade der Citadelle gegenüber liegen. I» diesem untere» Quartier befindet sich auch der große und schöne Leucht- lhurm, der den stolze» Namen Herkulcsthurm sührt. Daß der Phöni zische Herkules, der Haroköl, d. i. der Handelsfahrer, keine Hand au die Mauern gelegt hat, versteht sich wohl von selbst; aber vielleicht liegt in dem seit ältester Feit an dieser Erdenstclle haftenden, und durch die Tradition bis aus unsere Tage erhaltenen Namen eine Erinnerung an die Landungen Phönizischer Schiffer an dieser entlegenen Küste. Denn hochwillkommen mußte den verwegenen Seeleuten von Thrus der schöne, geräumige, aus de» Händen der Natur vollendet hcrvorgegangene Hasen gerade an dieser Stelle sepn, wo ihre Handelsflotten aus der gefährlich weite» Fahrt »ach den nebligen Gewässern Albions, nach den zinnrei- che» Kassiieriden, anlezen und rasten konnten. Vielleicht, wahrscheinlich sogar Hai das Beispiel und der Unterricht Liefer fremden Ankömmlinge in der Bevölkerung Galicien« Leu schlummernden Beruf zur Seefahrt erst geweckt, und sie gelehrt, ihre treffliche Lage für Handel und Schiff fahrt zu begreifen und zu nutzen. Denn alle Punkte Spaniens, Frank reich« und Englands sind von den Galicischen Häsen aus leicht und schnell zugänglich, — Amerika'« gar nicht zu gedenken, von dessen Vor- handeusep» Ler Lyrische Handtlsgott noch keine Ahnung gebabl hat. Der Gott lebt schon lange nicht mehr, aber sein Kultus überdauert ihn an der wohlgewählteu Stelle. Sobald Spanien nur zu einiger Ruhe kommt, ist Coruiia als Handelsstadt zu einer bedeutenden Rolle berufen. Noch jetzt ist sie der Mittelpunkt einer sehr emsigen Küsten schifffahrt, wodurch die Bevölkerung sich in seemännischem Geiste und seemännischer Uebung erhält; beide sind übrigens an dieser Küste seil fast undenklichen Feilen traditionell. Die Stadt ist nur klein, bedeckt gar keine» ansehnstchen Naum, und hat höchstens 18,000 Einwohner; doch gewährt sie einen recht belebten Anblick, besonders gegen Abend. Im innersten Winkel des Golfes liegt die große Cigarren-Manufaktur, iro über 2000 Arbeiterinnen, Frauen und Mädchen, den ganzen Tag über beschäftigt sind. Man sieht sie dah r des Tage« nicht in den Straßen; dafür bat man Abend«, wenn sie nach Hause gehen, das in teressante Schauspiel einer Prozession, worin man Lie weibliche Bevöl kerung jede« Alters und jede« Standes — die Vornehmeren natürlich ausgenommen — Revue passire» lassen und alle Varietäten des Typus studiren kann. Hier die elegante inannla (Griselle), die ihr Haar künst lich geflochten und in zwei lange» Köpfen über den Nacke» hängend, uw Hals und Schultern eine weißt Spitzen-Manlillc und den kleinen Fuß in zierlichen Schuhe» trägt; dort die derbe, robuste, schwarzhärige Galicische Bäuerin, die mit plumpen Beinen auf breiten und kurzen Füßen ejnherstampfl. Dieser Umstand gewährt de» Vortheil, Laß man binnen einer Slunde rine ziemlich genaue Kenntniß von der Phy siognomie der Bevölkerung gewinnen kann, was durch einzelne Beobach tungen vielleicht in einem ganzen Monate nicht zu erreichen wäre. Leider muß ich bekennen, — denn Wahrheit geht vor Allem, — nach dem, was uns alle Abende in der Straße nach Payosa hinaus begeg nete, als Probe zu urtheilen, konnten wir uiiS von den Reizen de« schönen Geschlechtes zu Coruna keinen hohen Begriff machen, und wir wurden es bald müde, da« Vvrbeidefiliren der langen Kolonne abzuwar- len, die überdies aus eine Meile rings umher Alles mit herbem TabackS- bust erfüllte. — Die vornehmeren Coruiieser Damen leben die ganze Woche wie die Türkinnen, zwischen Giasfensiern und GlaSthüren eingc- sperrt, in ihren Miradores, die da« höchste Stockwerk de« Hauses ein- nehmen; da sieht man denn von Feil zu Zeit ein vielversprechende« braune« Köpfchen am Fenster erscheinen und schnell wieder zurück- scklüpfen. Am Sonntage aber gehen sie, wie cs Christinnen gebührt, srüb in die Messe, und Abends auf die Alameda. Dieser öffentliche Spaziergang besteht hier nur au« einer häßlichen, finsteren, unfreundli chen Baum-Allee, die zur einen Seite die Sladtwälle, zur anderen die 434 elendesten und schmutzigsten Häuser von ganz Corufla hat. Was wir in so kurzer Zeit und unter so ungünstigen Umstanden von dem feineren Damen-Publikum habe» wahrnehmen könne», läßt denn allerdings aus etwas viel Besseres schließen, al« a» de» obrafloea» st« labaco zu sehen war. (Fortsetzung folgt.) Süd-Amerika. Robinson'« Insel „Inan Fernandez". (Fortsetzung.) Beinahe vier Jahre waren seitdem vergangen, al« Dampier am 22. März 1084 auf einem anderen Fahrzeuge abermal« im Angesichte der Insel Juan Fernandez vorbeisubr. Da erinnerte er sich an de» arme» Moskito: was mochte aus ihm geworden seyn? lebte er noch? oder hatten die Spanier ihn damals erwischt? Halb aus mitleidigem Gefühl, halb aus Neugierde entschloß Dampier stch, ans Land zu gehen; in einem kleinen Kanoe, in Begleitung eines anderen Moskito, Namen« Robin, stieß er vom Schiffe ab. Und siehe da, wie sie dem Gestade näher kamen, lief ei»e sonderbare menschenähnliche Gestalt, in Thierfelle gehüllt, unter vielen Versuchen, sich dem Fahrzeuge bemerklich zu machen^ und unter großen Freudendezeugungen am User auf und nieder. Robin fuhr wie närrisch von seinem Sitze in die Höhe und war mit Mühe zu halten, daß er nicht aus Lem Kanoe in« tiefe Wasser sprang; auf ein mal war er mit einem lauten Freudengeschrei und mit einem gewaltigen Satze am User, warf stch der Länge nach auf die Erde, und drückte sein Gesicht an des wilden Mannes Füße. Dieser war wirklich kein An derer, als Will: er hob seinen Freund vom Boden auf, umarmte ihn, und warf sich gleichfalls vor ihm nieder, ihm die Füße zu küssen. E« war rührend, die Freude der beiden Wilden zu sehen. Vom Schiffe her kamen nun noch Andere »ach, den wiedergesundene» Moskilo zu be- grüßen und zu umarmen. Will halte mit seinem scharfen Indianer- Auge Las Schiff schon am Tage zuvor, ehe e« bei der Insel Anker warf, auf dem hohen Meere entdeckt; er zweifelte keinen Augenblicks daß seine alten Freunde kämen, ihn abzuholen, und hatte drei Ziegen erlegt und gebraten, um sie zu bewirthen. Er mußte erzählen, wie es ihm ergangen sep, wie er in Ler Einsamkeit gelebt habe, und die ganze Mannschaft erhautc sich an seinen Geschichten. Seine erste und größte Furcht war gewesen, den Spaniern in die Hände zu fallen; als diese Gefahr vorüber war, fing er an, nachzudenken, wie er sein Leben fristen könne. Seine ganze Habe bestand in einer Flinte, einem Messer, ein wenig Pulver und Blei, das beides schnell zu Ende ging. Aber ein Wilder weiß sich in solcher Lage besser Rath als der gelehrteste Mathe matiker und Mechanikus von der Londoner Societät. Will schnitt mit seinem Messer den Schaft seiner Flinte in Stücke, und schnitzle sich aus dem harten Holze Harpunen, Angelhaken, Lanzenspitzen und ein zweites Messer. Mit seinem Flintenschloß schlug er ein Feuer an, da« er Tag und Nacht sorgfältig unterhielt; darin glühte er da« Eisen des Flinienlauses, schmiedete und hämmerte es auf Len Steine», und brachte glücklich noch einige schneidende Werkzeuge zu Stande. Mit diesen rohen Waffen jagte und erlegte er die Fiegen und fing die Fische au« dem Wasser. Angelschnüre» verschaffte er sich, indem er ei»e Seehunds- Haut in feine Riemen zerschnitt. Eine halbe Stunde von der Küste legte er sich eine kleine Hülle an, die er mit Ziegenselle» deckte, und Lie ihm drei Jahre hindurch zur Schlasstälte diente. Im Grunde spürte er keine Entbehrung; er setzte in der Einsamkeit sein Leben sorl, wie er cs in Ler Hcimalh unser seinen Landsleute» gewohnt gewesen. Nach sechzehntägiger Nast ans Ler Insel ging Dampier am 8. April 1684 wieder unter Segel, und brachte von seinen weiten und kühnen Fahrten einen großen seemännische» Ruf mit nach Europa zurück. Die Englische Regierung sendete ibu im Jahre I6SS mit einem Fahrzeuge, „der Rehbock", auf eine Entdeckungsreise nach Neubolland aus, Lie aber unglücklich ablief; da« Schiff scheiterte und versank, im Februar 1701^ an der Küste der Insel Ascension. Aber einem Seeman», wie Dam pier, treibt ei» Schiffbruch Lie Lust zu neuen Seefahrten nickt au«; noch im hohen Alter verschmähte er die Rube. Im Zabre 1704 lief er wieder als einsacher Steuermann, wie er früher gewesen, mit einem Handelsfabrzeuge an«, und »och später finden wir ihn als Begleiter de« Capital» Stradling bei Lessen Expedition nach der Südsee genannt. Hier hatte ec den Schotte» Alexander Selkirk oder Sclcraig — der Leser mag, welche« von beiden er will, für richtig halten — zum Schiffsgesäbricn. Dieser Selkirk war au« Lago in der Grafschaft Fife gebürtig, ein ungeralhener, widerspänstiger Bursche, ein Tb»»ichtgut, aber von Kindesbeine» an mit dcr See vertraut. Damals suchten alle wilden, trotzigen, ungelehrigen Geister, die den Zwang dcr Gesrtze und dcr gesellschaftlichen Ordnung nicht vertragen wollten, auf dem offenen Meere, auf abenteuerlichen Reisen, in fremden Welttheilen eine Zuflucht. Aber auch auf dem Schiffe muß man mit Menschen umgeben, sich ver tragen, fügen und gehorchen. Da« vermochte Selkirk nicht. Er über, warf sich mit dem Capitain, mit allen Vorgesetzten und Kameraden, und gerade zu einer Feit, wo er mit ihnen im übelsten Vernehmen stand, ging das Schiff j» einer Bap ter Insel Juan Fernandez vor Anker, um Wasser einzunehmen. Es war im September de« Jahre« 1704, und in diesen Monat fällt dort gerade der Anfang der Frühlings zeit. Der reizende Anblick Le« Eilande«, und der Gedanke, daß er, wenn er hier bliebe, unumschränkter Herr und Besitzer desselben sepn würde, reizten Selkirk'« Einbildungskraft; er spürte eine große Versuchung zu bleibe», und Capitain Stradling eine noch größere, ihn da zu lassen. Zwar am nächsten Tage wollte Len Trotzkovs die Verabredung schon gereuen; aber der Capitain bestand unbeugsam darauf, setzte ihn an« Land und segelte von dannen. So blieb denn unserem Abenteurer, zur Strafe für seine Wildheit und seinen Ungehorsam, die ungestörteste Ein samkeit und die unbeschränkteste Freiheit. Die Expedition des Capitain Stradling lies gleichfalls unglücklich