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Wöchentlich erscheinen drei Nummern. PränumerationS- Preis 22i Sgr. (- Thlr.) vierteljährlich, Z Thlr. fgr- d-S ganze Jahr, ohne Er höhung, in allen Theilen der Preußischen Monarchie. Magazin für die Man pränumerirt auf dieses Beiblatt der Mg. Pr. StaatS- Zeitunz in Berlin in der Expedition (Mohren-Straße Nr. 34); in der Provinz so wie im Auslände bei den Wohllöbl. Poff-Acmiern. Literatur des Auslandes. 104. Berlin, Mittwoch den 3V. August 1837. Frankreich. Zur Naturgeschichte der Menschen-Racen. Die Anthropologie ist die Wissenschaft, welche von den physiologi schen Verschiedenheiten des Menschengeschlechtes handelt, die, indem sie alle Volker in den unterscheidenden Zügen ihrer Organisation betrachtet, diese unter eine klasflfizirende, mit der für alle Zweige der Naturge schichte angenommenen übcrcinkommende Ordnung dringt. Den Allen war diese Wissenschaft nicht bekannt; wenigstens sind es neue Arbeiten, denen sic sowohl ihre Entwickelung, als auch ihre gegenwärtige Gestalt verdankt. Obgleich das Allerthum den größten Theil seiner gesellschaft lichen Verbände aus Vermischungen von Völkern gebildet sah, die ver möge ihrer physischen Gestaltung, ihrer Sprachen und Sitten höchst auffallend von einander abwiche», so hat cs doch nicht daran gedacht, diese eigenthümlichen Abweichungen zum Gegenstände eines ausschließ lichen Studiums zu machen. ES beschränkte sich darauf, dieselben bald als das Ergebniß einer vom Schicksale verhängten, wohlverdienlcn De gradation, bald als eine rein zufällige Veränderung des UrtypuS der Gattung zu betrachten. Dort wohnten Neger und Weiße, Söhne Cham'S und Söhne Iakob « unter denselben Zelten; hier waren die zu den ver schiedenen Bruchtheilen von Sem s Nachkommenschaft Gehörigen in Stämme eingetheilt, die denselben Gott anbeteten und demfelben Herrn gehorchten. Üeberall Thcilungen, überall Ungleichheiten, Abdrücke jener ursprünglichen Unterscheidung; aber obgleich das Allerchum diese unzähl baren Mannigfaltigkeiten vor sich sah, brachte es dieselben dock nicht in eine vergleichende Tabelle, die einer Wissenschaft hätte zur Grundlage dienen können. Vergeben« würde man die alten religiösen Schriften und kosmogo- nischcn Systeme der Völker zu analysiren suchen: man würde in ihnen, unter symbolischen Formen ohne Zweifel zwar einige Prinzipien der Genealogie, zur Geschichte gewisser Zweige der menschlichen Familie dienlich, entdecken können; Wahrnehmungen jedoch, die sicher und allge mein genug wären, um irgend ein System aus sich ableilen zu lassen, würde man gewiß nicht in ihnen finde». Jedes Volk, das ist wahr, hatte gewisse Glaubensmeinungcn über den Ursprung und die nranfäng- liche VeriheUung der Menschen; allein der Werth dieser Meinungen, als Grundlage für ethnographische Classification, war nicht nur der Un- vMommenheit der geographischen Kenntnisse jener fernen Zeilen, son dern überdies auch noch der engherzigen Richtung eines blinden Natio nalismus untergeordnet. So begriffen bekanntlich die Chinesen Nichts, was jenseit des himmlischen (mittleren) Reiches war. Gleicherweise glaubten Indien und Baktrien die ganze Welt gewissermaßen umschrieben in der Sphäre ihrer theologischen Systeme. Selbst die Bücher Mosts, übrigens so merkwürdig wegen ihres Charakters der Allgemeinheit, ban deln in extenso nur von der Geschichte des Jüdischen Volkes und liefern kaum einige allegorische Andeutungen über die Verbreitung und cjgenlhümliche Beschaffenheit der anderen Völker des Erdballs. Mit einem Worte: die Allen, in ihren ReligionSschristen ihre großen Prin zipien der Genealogie, nach der Ausdehnung ihrer Begriffe von Geo graphie und nach den Verbindungen, in welche sie mit mehr oder minder zahlreichen Gesellschaften getreten, in Formeln bringend, vermoch ten nur exklusive, parzielle Data über die ursprünglichen Verschiedenhei ten der Dicnschen uns zu überliefern. Unsere Absicht ist mdeß hier nicht, diese Meinungen zu analysiren; denn wir würden die vrimilivrn völkerschastlichen Unterschiede, die von den Hindu-Priestern, Chaldäern und Magiern, wie es scheint, angenom men wurden, nur sehr unvollkommen anzeigen können. Wir würden im Allgemeinen die Welt (d. h. den kleinen Theil des Globus, welchem jedes Volk diesen Namen gab —) in drei Haupttheile eingetheilt finden, aus welche dann wieder, dem Geiste der Traditionen gemäß, partikulare Bewohnersiännnc sich dczogen. Dieses System ist nicht nur dasjenige, welches aus der Erklärung der im Zend-Avcsta, in den Veda'S und in alle» Denkmälern orientalischer Bildung dargestclllcn kosmogonischen Tbcoriccn sich erqirb,, sondern es ist auch das der Genesis und der beidnischtN Pbilosopdic. Zn den drei Söhnen Noah'S haben wir die Personificalion der drei großen Racen, welche die Grundlagen zu den ersten gesellschaftlichen Verbänden gelegt, zu sehen: Eine Eintbeilung, welche der in Asien, Afrika »„p Europa, die wir der profanen Geogra- rbie verdanken, entfpricht. Diese alte Gleichförmigkeit der Classification könnte ein starkes Argument zu Gunsten eines Systems der Trinär- Eintbeilung der Haupt-Tvpcn unserer Galtung abgeben: Eine Abstraktion von den Völkern Amerikas und des Oceans gemacht, die, als einer neueren Aera Angehörige, nothwcndig andere Unter-Ablheilungen fordern. Alles dies aber ist am Ende immer noch sehr dunkel; und die Positiveste Folgerung, die man daraus ziehen kann, ist eben die, daß das Alterlhum jede Eintheilung der Verschiedenheiten des Menschengeschlechts, wen» auch nicht ganz und gar mißkannt, so doch mindestens für eine von sehr untergeordneter Bedeutung angesehen Hal. Was nun die Philosophen anlangt, die mit den Farben- und Formen-Verschiedenhei ten, welche die Menschen von einander abzeichncn, beiläufig sich beschäf tigt haben, so brachten diese die innere Kraft der Organisation gar nicht mit in Anschlag; denn sie schrieben allgemein die Erzeugung jener Ver schiedenheiten Umständen, welche der angeborenen Persönlichkeit des Menschen völlig fremd sind, d. h. dem Klima, der Nahrung, den Ge wohnheiten u. s. w., zu. So sprechen mehrere Griechische Dichter von dem allmächtigen Einflüsse der Sonne auf die Bildung der verschiedene» Tvpen. Die Geschichtschreiber, die Geographen, wie Herodot, Strabo und PomponiuS Mela, geben diesen ganz analoge Ansichten zu erkennen. Selbst HippokraleS hatte diesen Theil der Naturgeschichte )o wenig studirt, daß er die Abweichungen der menschlichen Hirn-Bildungen de» von den Hebammen angewandten Kunstgriffen und der sorglosen Kinder-Wartung znschreibt. Der Naturforscher PliniuS endlich hatte ausgesonnen, die Neger färbten ihren Körper und kräuselten ihre Haare durch Bäder in einenz Thessalischen Flusse, der die wunderbare Eigen schaft haben sollte, die physischen Merkmale, die er als allen Gattungen gemeinsam ansah, in solcher Weise zu verwandel». Die Abgeschmackt heit dieser verschiedenen ErklärungSarten beweist also, wie wenig damals der Mensch in seiner Organisation studirt wurde, und wie viele Fort schritte der Naturgeschichte noch zu machen blieben. Nur in einer Epoche, in welcher die Wissenschaft von ihren mysti schen Wickelbändern endlich sich losmachen konnte, geschah es, daß Linn«, den Menschen als das Haupt der Geschöpfe hinstcllend, in ihm den eisten Ring der tbierischen Kette sah. Indem er damals alle seine Kräfte aufbot, um ihn in den hervorstechendsten Zügen seiner Gestal tung zu studiren, konnte er nickt umhin, in dem Schoße seiner Gat tung mehrere Verschiedenheiten, völlig analog denen, welche er unter den niederen Gattungen erkannt halte, wiederzuerkennen. Doch wäre cs nur von geringer Bedeutung, hier die Classification, die er annahm, mitzutheilen: ES ist das Eigenthümliche jeder Neuerung, eben sowohl ihren Theil an der Unvollkommenheit der früheren Begriffe zu haben, als auch immer einen rcagirenden Charakter zu zeigen, den die Wissenschaft, sobald sie zu einem gewissen Grade von Beständigkeit gelangt, verleugnet. Nach Linne überkam es Buffon, die vagen und ungewissen An sichten der alten Philosophen in ein System zu bringen. Ihm zufolge sind die Haupt-Ursache» der Verschiedenheiten in der menschlichen Bil dung erstens das Klima, dann die Nahrung und endlich die Gebräuche. Da er zu Unterstützung dieser Hypothese »Llhig hatte, seine Eintheilun- gen sowohl nach den Wohnorten, wie nach de» Menschen zu bestimme», so besteht sein Verfahre» etwa darin, daß er die Oberfläche der Erd kugel in mehrere Parallel-Kreise tbeillc und jedem derselben eine be sondere durch die Hautfarbe bezeichnete Abweichung zufchrieb. Auf diese Weise stellte er in eine Linie alle Völker der nördlichen Gegenden, dann alle die in den gemäßigten Klimaten und endlich die unter de» Wendekreisen erzeugten. Dabei sucht er darzulhun, daß ihre geogra phische Lage mit den Abstufungen ihrer Hautfarbe und mit allen charak teristischen Zeichen ihrer Race genau zusammentreffe. Diese Theorie ist so einfach und zugleich so für sich einnehmend, daß sie vor jedem Widerspruche gedeckt zu seyn scheint. Und doch fehlt noch Biel daran, daß dem wirklich so wäre. Denn, wären das Klima und die andere» von Buffon aiigesührtcn Umsiände die alleinigen Ursachen der großen Verschiedenheiten unter den Menschen, so würden die in unsere Gegenden versetzten Neger und Negerinnen doch wohl endlich weiß werden, so würbe ihre Nachkommenschaft wenigstens eine gewisse Neigung zur Identification mit uns zeigen — was ja aber in der Wirklichkeit nie der Fall ist, ohne daß eine Kreuzung beider Racen stattgefunden. — Wenn das Klima den ihm zugcschriebene» Einfluß hätte, so würde man ja gar nicht zu erklären wissen, warum Amerika, in seiner ganzen Ausdehnung, Nichts, als mehr oder minder rothe Raren hcrvorbringt; weshalb Ästen in seinen heißen Gegende» gelbe und gelbliche Racen erzeugt; wie so endlich i» den hyperboräi- schcn Regionen, in denjenigen, worin der Einfluß der Sonne am min desten sich empfinden läßt, fast eben so schwarze Völkerschaften, wie die unter der Linie geborenen sind (?) gesunden werden. Wenn Buffon s Hy pothese gegründet wäre, so müßten ja die nun schon seit mehreren Jahr hunderten im südlichen Afrika einheimischen Holländer gegenwärtig bereits Hottentotten seyn; — die Engländer, die das nördliche Amerika bevölkern, die Züge eben der Indianer, welche sie ttnanfhaltsam vor sich her verja»