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glauben, daß es mit Religion und moralische» Grundsätzen keine Ge- sahr bei ungleichen Verbindungen gicbi?" — „Schweigen Sie!" winkle sie mir zu; „der General!" — Eben trat er zu uns heran und sragie mit lachender Miene: „Nun, Herr Poer, Hal sich die Pyrenäen-Reise verlohnt? rin hübsches Süsel gesundens" — „Q ja, und ein recht pikanlcS obendrein." — „Was wird's werden? dais ich wissen? ein Lustspiel?" — „Diesmal nicht, Herr General! eine Novelle." — E. Scribe. Australien. Englische Deportationen nach Australien. Die lrtzte Reistbeschreidung des Dr. Wilson verdankt ihre Wichtig keit den Belehrungen, die derselbe über bis jetzt kaum entdeckte Mcercs- gegenden giebt. Man weiß, daß die Geographen nur erst wenig nähere Nachrichten über die Nordküstcn des »»gemessenen Festlandes von Neu- Holland und über die zahlreichen Inseln besitze», mit welche» jene von Europäischen Schiffe» nur selten durchsurchlcn Meere besäet sind. De. Wilson nun dal mit Sorgfalt diejenigen One beschrieben, wo seine Regierung bedeutendere Nicdrrlassunge» versucht hat. Er lehrt uns dir Grünte kennen, welche das Englische, in seinen HandclS-Ent- würfen sonst immer so hartnäckige und methodisch zu Werke gehende Ministerium dahin entschieden haben, die Punkte, die cS auf den nörd lichen Ufer» von Australien inne batte, auszugebcn. Außerdem richten aber auch noch andere, nicht minder merkwürdige nähere Mitlheilungen die Ausmcrksamkeil dec Beobachter auf die Er zählung des Dr. Wilson. Noch bat bisher Niemand die von der Englischen Negierung aus das emsigste wabrgcnommcncn Maßregeln für de» Deporitrteu > Transport mit gleicher Sorgfalt beschrieben. In diesem Kapitel ist seine Ersabrung wahrhasl kostbar. Ini Verlause von acht Ueberfabrtcn nach dem Australischen Festlande begleitete er, in der Eigenschast eines Ober-Wundarzirs auf einem Regierungs-Schiffe, fast 2000 nach Neu-Holland Dcportirie. Alle seine Beobachtungen zeugen oon den, hellsten Verstände und sind frei von jedem Vorunheilc. Ans den Antrag des Staats-SecreiairS lai Departement des In nern taffe» die Lords der Admiralität bekannt machen, daß man die Submissionen sür die Herstellung eines Schiffes von der und der Größe und dazu bestimmt, eine gewisse Anzahl Gesangeuer nach Neu-Süd- Wäles oder nach Vanticmcns-Land überzuführen, enlgegcnnebmrn wolle. Dann wird das Schiff zuvörderst von kompetenten Beamten in Augen schein gtnommen. Hieraus trifft man alle innere Anordnungen. Die Submittenten sind gehalten, das Tatelwcrk und die nöthigeu Vorräthc zu beschaffen. Es ist festgestellt, daß das DepottattonS-Schiff sieben Matrose» und einen Schiffsjungen aus jede hundert Tonne» Naum sichren soll. Lie Besatzung besteht in dreißig Mann, unter den Solda ten des ersten nach Svtney bestimmten Regiments ausgewähtt. Schon ist man so weil gekommen, die mittlere Ausgabe sür irden Vcrurlhlil- len aus die Summe von nur 14 Psd. für die ganze Nebeifahet zu be schränken. Ler Hochbootsmann ist beauftragt, die Nationen von Lc- dtnSmitteln zu vertbeilen, wie aus den Kriegsschiffen. Er benimmt sich mit Menschlichkeit und Hal dann Anrechl aus eine Vergünstigung von 50 Psd. Aitf einem Schiffe, das deporlirie Frauenzimmer an Bord Hal, erhallen der erste uiid der zweile Matrose Gralificalioul» von 20 bis IS Psd, wenn sie vom Ober-Wundarzte Zeugnisse über ihre gute Aus führung beibringeu. Der Wundarzt, immer unter de,, geachmsten Glie dern der Königlichen Marine ausgewäbll, übl eine wahre Diktatur an Bord des Deporliricn-Schiffes. Er vereinigt in sich die Functionen des Friedensrichters, des Proviant-Kommissarius, des Schulmeisters und selbst des Kaplans. Die innere Verwaltung des Schiff« gehört ihm ausschicßlich; alle Verantworllichkeit lastet auf ihm. Mehrmals mit dieser komplizirlcn Gewalt bekleidet gewesen, Hai der vo. Wilson i» seiner Erzählung alle nähere Umstände seiner Verwaltung angeführt. Sobald die Gefangenen au Bord komme», üdcrgiebt man ihnen eine Nummer, gleichlautend mit derjenigen des Behältnisses oder der Hangt« maile, die sie einzunchmc» haben. Mil derselbe» Nummer bezeichne! man auch alle Sache» eines Jeden von ihnen, sowohl um Unordnung zu vermeiden, als auch um der Erhaltung ter Sachen sich zu versichern. Dann lheilt mail sic, wie Soldaten, in Kameradschaften, immer zu sechs Mann, unter dem Befehle eines Ehefs, der mit seiner Person für die gute Ordnung in seiner Korporalschast, sür die Reinlichkeit bei den Mahlzeiten und sür die Aussübrung seiner Kameraden hastet. Die Koche wählt maii unlcr denjenigen Sträflinge» aus, die scho» zu Schiffe gewesen und an die See gewöhn! sind. Einige andere Vcrur- lbeille sind überdies mit der allgemeine» Aussicht und mit der Auf- rechtbaltung der Ordnung im Gefängnisse beauftragt. „Diese Funktionen vertraute ich", sagt Do. Wilson, „jedesmal de» größten Spitzbuben der ganzen Mannschaft am" Sobald mail das Land aus den Augen verliert, nimmt man de» Gefangene», die ans dem Verdecke bleiben dürfen, so lange sie wollen, alle Ketten ab; jeder Akt von Insubordination oder Uuzirmlichkel! zieht aber den Verlust dieser Freiheit »ach sich. Die Mu»d - Vorräthe sind immer, sowohl iu Qualität als Quaulilär, dem Bedürfnisse vollkommen entsprechend. Jedem Veruriheillen glebl man zwei Gallone» (acht Maaß) Wei», für die Diner der ganzen Reise. An Wasser werden täglich sechs Pinien (drei Maaß), wen» man aber die Wendekreise durchschneidel, acht zugcstanden. Die Kr anken-Stube ist sehr bequem; zweimal täglich empsaugen die Kranken den Besuch des Arztes. Unmit telbar nach dem ärztliche» Morgen-Besuch versah ter Do. Wilsvi, seine richterlichen Geschäfte. Er Hörle die Klagen der Gesangenen an und suchte vor Allem jede» inneren Zwist beizulegcn, ohne seine Zuflucht 348 zu Hieben zu nehmen; ein Mittel, da« er im Allgemeinen sür überflüssig oder gefährlich ansicht. „Wenn einmal zwei Gefangene einen Streit mit einander halten und sich gegenseitig chikanirten", sagt der Doktor, „so ließ ich dem Einen wie dem Anderen die Daumschräuben so lange anlegen, bis sie wieder gute Freunde geworden, worauf sie denn auch niemals gar zu lange warten ließen. Machte ein Gefangener etwa Lärm, oder beleidigte er Jemand, so ließ ich ihn auf das Verdeck kom men und nöthigle ihn, aus diesem umherzugehen und dabei sein Bell auf seinem Rücken aiigebunde» zu tragen. Diese Strafe dauerte bei einem ersten Vergehen vier, im Wiederholungsfälle acht Stunden. Aber nur selten hatte ich Gelegenheit, diese Züchtigung, die von den Deporlirie» ungemein gefürchtet wird, zwei Mal anzuwenden; mehrere von ihnen baten mich, sie doch lieber wie Männer zu bestrafen, d. h. sie auspeilschen zu lassen. Nicht minder scheuen sie eine andere Strafe, die darin besteht, einen ganzen Tag lang aufrecht, den Kopf gerade, ohne ein Wort zu sprechen, vor der Schildwache zu stehen, brr e« gleichfalls verboten ist, sie, unter welchem Vorwande es auch sep» möchte, auzureden. Ost auch rief ich einen jungen Delinquenten zu mir, hielt ihm eine lange Rede und schickte ihn dann, ohne seine Ver- theidigilng erst adzuwarlcn, zurück. Dies Verfahren brachte die im All gemeinen mit einer ausschweifenden Zunge»-Eeläufigkett begabte» Lon- doner Spitzbuben vollkommen aus aller Fassung; denn nichts ärgerte sie mehr, als die Unmöglichkeit, ihren Geist und seine Hülfsmitlel vor mir entfalten zu können, und sehr oft haben sie sich über diese grau same Behandlung beklagt. Eine gewisse Klaffe von Gefangenen jedoch macht besonders viel zu schaffen und muß sehr genau beaufsichtigt werden: die der Gerichlsschreiber, Leule, die aus dergleichen Schiffen sehr zahlreich vorhanden sind und mich einige Male zwangen, zu kör perlichen Slrascn zu schreiten. Ich versuhr aber auch immer ohne alles Erbarme», we»» ich sie daraus ertappie, wie sie etwaige Uneinig- keile» heimlich zu nähren suchten. Einen Gerichlsschreiber auspeilschen lassen, ist von wahrhasl wunderbarem Einflüsse zu Gunsten der Ord nung unler den übrige» Gefangenen." (Schluß folgt.) Mannigfaltiges. — Kosmopolitische« Album. Unler diesem Titel läßt der be kannte Französische Bauchredner Alcxqndcr, dessen eigentlicher Familieii- Namc Valtrmare ist, sei» reichhaltiges Stammbuch im Druck erscheinen. Die erste Lieferung desselben, an« Äutograpben, Handzeichnungen, Me daillons und Faksimile« der ausgezeichnetsten chohen Personen und Künstler aller Länder und Zeiten bestehend, ist so eben in Pari« unter der Rcbaclio» des Herrn P. Henrichs erschienen. Wir hatten, als Herr Alexander in Berlin warj Gelegenheit, sei» in der Thal merk würdige» Album im Originale zu bewundern, und können c« daher auch als eine werthvvlle Erscheinung empfehlen. Da« erste Heft enlhäll außer de» Erinnerungen an hohe Personen unler Anderem auch Original- Zeichnungen von Ed. Bendcmann, von dem Fürste» Gagarin, von Karl Schulz i» Berlin und von Koekock in Amsterdam, dessen Schnee- Landschaft auf der letzte» Berliner Kunst-Ausstellung so vielen Beifall gefunden Hal. Ler Preis jeder Lieferung ist aus gewöhnlichem Papier ü und aus Ehinesischeni 10 Franke». — Südpol-Expeditionen. Der Französische Capitain Dumont d'Urville, dessen dreijährige Reise um die Welt ihm einen weilverbrei- ictcn Rus verschafft hat, wird jetzt von Herrn Arago, dem beständigen Secretair der Akademie der Wissenschaften in Paris, al« ein höchst un wissenschaftlicher und den erdkundlichen Ausgaben, die er sich gestellt hat, durchaus nicht gewachsener Mann dargestelli. Herr Dumont d'llr- ville ist von der Französischen Regierung zur Leitung einer Expedition nach dem Südpol designiri worden, und die« wurde zunächst von Herrn Arago als unzweckmäßig bezeichnet. Daraus erhob sich der Erstere mit einer an die Akademie 'gerichteten Nole, worin er mit scharfer Polemik gegen den Secretair derselben austrat, den er unter Anderem beschul digte, seine (des Eapilains) Beobachtungen unterseeischer Temperaluren vier Jahre laug zurückdehallen und sie erst auf eine gegen ihn an gewandte List wieder ausgeliefcrt zu haben. Solche und andere Beschuldigungen konnte der gelehrte Secretair natürlich nicht auf sich sitzen lassen, und so bat er denn jetzt in Französischen Blättern eine Antwort an Herrn Dumont d'Urville publizlrl, die diesen in den Augen der ganzen gelehrten Well völlig vernichtet. Herr Arago sagt, er sey an die Prüfung des ihm von dem Capitain übergebenen Tage buchs gegangen, aber er sey von einer Enttäuschung immer nur zu einer anderen gekommen, denn auch nicht ein einzige« Phänomen sey bcobachftl worden. „Je mehr ich mein Examen sortsetzte", fügt Herr Arago hinzu, „um so mehr schien e« mir auch, daß der Be- sehlshader der „Astrolabc" drei Jahre lang mit verbundene» Auge» und mit zugestoptten Ohre» gereist sey." Gerade die Beobachtun gen uniexsceischer Temperaturen, aus die Herr Dumont d'Urville einen so besonderen Werth gelegt, bezeichnet sein Gegner al« ganz unbrauch bar; aber auch seine magncljschen, meteorologisch,» u«d allgemeinen phy sikalische» Beobachtungen werden al« unbedeutend und al« ohne alle« Resultat dargestelli. Oft Empfindlichkeit de« Herrn Arago sprich! zwar in jeder Zeile seines Schreiben« mil, aber diese« stellt andererseits so schlagende Beweise auf, daß sich darauf kaum Etwa« wird entgegnen lassen. Herr Arago, der sich durch den Eapimin förmlich hcrausgesor- dert fühl!, macht dec gelehrten Welt endlich auch noch Hoffnung, daß er nach einem von ihm selbst entworfenen Plane und mit Hülfe eine« reichen Kaufmannes in Neuen eine eigene Expedition nach dem Süd pol ansrüsten werde, falls die Negierung dabei beharre, Herrn Dumont d'Urville an die Spitze der ihrigen zu stellen. HerauSgegeben von der Redaktion der Allg. Preuß. Staats-Zeitung. Nedigirt von Z. Lehmann. Gedruckt bei A. W. Hayn.