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Wöchentlich erscheinen drei Nummern. PrännmeratlonS- Prei« 22j Sgr. sj THIr.) vierteljährlich, Z 2HIr. sür das ganze Jahr, ohne Er hitzung, in allen Theilen der Preußischen Monarchie. a g a z i n für die Man pränumerlrt auf dieser Beiblatt der Mg. Pr. Staat«- Zeitung in Berlin in der Expedition (Mohren-Straße Nr. 34); in der Provinz so wie im Auslande bei den WohllSbl. Post - Äcmtcrn. Literatur des Auslandes. 81. Berlin, Freitag den 7. Juli 1837. England. BulwcrS „Athen". °) Mit diesem Buche bat Bulmer nicht bloß dar Europäische Publi kum, sondern auch seine nächsten Freunde überrascht. Nach seinem bis herigen Auftreten in der Politik und Literatur kommt es jetzt wirklich liucrwartet, daß er ans einmal die Geschichte, und zwar die so entlegene Geschichte Alt-Griechenlands ergreift. Ein Englischer.Kritiker sagt in dieser Beziehung^ „Daß Herr Bulmer klassische Studien gemacht Hai und eine reiche klassische Bildung besitzt, das wußten mir wohl: wozu wäre er auch im „Eollcge" ausgewachsen? Gleichwohl hätten mir uns eher von dem Doktor Wakley eines Traktats über Metaphysik oder zu Herrn Warburton") eines Lehrbegriffs der Theologie versehen, als uns von Bulmer ein ausführliche« und gründlich gearbeitetes Werk über die Ursache von Athen« Grüße und Fall versprochen. Eri seiner leben digen Phantasie, bei der lustigen .Klarheit und Beweglichkeit seines Geistes, bei jeiner satirischen Aussaffungsgabe hätten wir ihm die ern steren, gewichtigeren Eigenschaften eines Geschichtsschreibers kaum zuge- lranl. Hat er so lange Zeil seine Phantasie und seine» Witz lediglich aus gefällige, geistreich anregende Romanschöpsuugen verwendet, wie will er « jetzt zum mühsamen Fleiß des Sammlers und Forschers, wie zu der nüchternen Besonnenheit und lcidenschastlosen Stätigkeit de« Ur- lheil«, zu der streng und gerecht abwägenden Unparteilichkeit de« Histo rikers bringen?" — Nun, Bulmer hat sich auch hier in seinem Talent bewährt; er hat sich, wenn auch nicht als Gelehrter, koch als ein ganz tüchtiger Kenner der allklassischen Literatur und Geschichte gezeigt. Man erkennt, daß er den Griechischen Autoren viele Jahre selbststän dige» Studiums gewidmet hat und in den Geist ihrer Werke eingedrun- qcn ist; er Hal ferner die beste» Englischen und Deutsche» Erklärer zu Ralhc gezogen und in den dunkleren Parlieen seines Gegenstandes zwar nichts Neues ausgehellt, aber das durch Anderer Forschungen ge wonnene Licht glücklich aus die geeigneten Punkte konzenlrirt. Dem zufolge ist sein Werk im Inhalte zwar nicht neu und eigenthümlich, aber in der Darstellung interessant und für die Leser, auf die der Ver fasser gerechnet Hal, in hohem Grade lehrreich. „Nicht sür Schulen und Studirstuben", sagt er in ter Vorrede, „habe ich dieses Buch ge- lchrieben, sondern sür dir Lesewelt im Allgemeinen." Diesen Zweck einer populairen Geschichte erfüllt e« auch vortrefflich. Noch Häher jedoch ist des Verfasser« Verdienst in denjenigen Abschnitten, wo von rer Griechischen Literatur, namentlich vo.i der poetischen die Rede ist. Er behandelt diesen Gegenstand mit großer Liebe und Ausführlichkeit, und namentlich seine Beurtheilung de« Aeschylo« und Sophokles wird nicht bloß bei Laien Bewunderung, sondern auch bei Gelehrten Aner kennung finden. Weniger befriedigend ist seine Darstellung dec Grie chischen Philosophie geralhen; die deutende Mystik des Pythagoras z. B. bat er gar nicht in ihrem Wesen gewürdigt, sondern sie mit dem Argypiischen Aberglauben in tLins zusammcngeworsen. E« hängt hier mit zusammen, daß er auch über den Ursprung, die Entwickelung, das Wesen Griechischer Religion nur sehr Mangelhafte« beigebrachl bat. Die religiösen Traditionen de« Orient« und ihr Zusammenhang mit dem Griechischen Volksglauben sind ihm ein unbekannte« Feld. Die« kann uns jedoch nicht Wunder nehmen. Bedenken wir, daß Bulwer noch im ersten Mannesalter steht, und wie viele anderweitige Beschäftigun gen von seinem Jünglingsalter an seine Zeit in Anspruch genommen haben, so ist eher Grund vorhanden, un« zu verwundern, daß "der Lücken und Mängel so wenige und im ganzen wenig auffallende sind. Ein anderer, gerechterer Tadel trifft den Mangel wahrer Unpartei lichkeit in diesem EeschichtSwcrk. Bulwer hat mit vielen neueren Histo rikern den Fehler gemein, politische Ansichten von heule zur Betrach tung de« Allerthum« milzubringen und die Ereignisse und Personen jener längstvergangenen Zeil durch die gefärbte Brille moderner Vorur- rheile anzuscht». Al« Milsord sich hinsetztc, eine Geschichlc von Grie chenland zu schreiben, konnle man in England nach den Gesinnungen Le« Manne« unfehlbar prophezeien, daß die Athenischen Demokraten in .'s ' te» »»6 sm. «Uk rl<-«- »s ed» ItkerLlure, ndilnxnpdx -n>l ^oeial I» »'v -vetieuiLu people ltv KUv. Hiller, kN t' etc 2 'M. Pql. No. 56 de« „Magazins". , - Beide rekanne als radikale Parlaments-Mitglieder und allerdings die entschieden»«» .tnnv„den aller metavlnMchen Bestrebungen und alles Svirb toalismuy Walle» ist Redacreur der medizmnchcn Zeitschrift Pkc - Mr Palsewahle sur den Londoner Bezirk Kinsburv, ein der "".Agitator, der dc> allen radikalen Meeting» das laute Wort inbet, daß er hier mir dem eleganten, weltmännisch seinen Bulwer in Parallele gestellt wird, i>, eine kleine Mance des Englischen Nezensenteu gegen Letzteren. seinem Buche schlecht wegkomme», die Laccdämonischen Aristokraten alle Gunst bei ihm finden würde»; von Thirlwall ließ sich das Entgegenge setzte voraukscben. Und wie steh» e« um Bulwrr? Es beißt zwar in der Vorrede mit seinen eigenen Worten: „Man hat die Geschichte der Griechischen Freistaaten so oft im Interesse de« hitzigsten Parleigeistck entstellt und auszebcutet, daß die Versicherung an die Leser nicht über flüssig erscheint: wie auch mein politische« Glaubensbekenntniß für die Gegenwart und für England lauten mag, nie habe ich mit Wissen und Willen die große Wahrheit der Geschichlc nach vergänglichen Intcressen und Parlcizwcckcn zu beugen getrachtet. Ost habe ich einen Tadel über das Volk von Athen auszusprcchen, noch öfter es vor verdientem Tadel zu rechtfertigen gehabt; ich war mir dabei keines anderen Strebens be wußt, al« nach gewissenhafter, unparteiisch gemessener Gerechtigkeit. Ich bin weit davon entfernt, in den Verfassungen und Verhältnissen jener Zeit Anspielungen und Deutungen auf die Gegenwart, die übrigens selten recht passen, aufzusuchen; da« hieße seine Richlerwürdc mit einem Advokaten-Amt vertauschen und an die hohe Aufgabe des Historikers mit der niederen Absichtlichkeit eine« Pamphlet-Schreiber« Herangehen." Ganz schön, und wir wollen dein Verfasser auf sein Wort glauben, daß er sich keines anderen Strebens „bewußt" gewesen, als nach „ge wissenhafter, unparteiisch gemcfftliec Gerechtigkeit"; er mag nie mit „Wisse» und Willen" ungerecht geworden seyn, aber geworden ist er'S oft genug, ungerecht im Tadeln, übertrieben im Loben. Den Spar tanern ist er ungefähr eben so abhold, wie Milford den Athenern. Er ist eingenommen und weiß es wahrscheinlich selber nicht, aber die Leser merken «. Er kann einem Solon, einem Aristides seine Bewunde rung nicht versagen, aber wie ganz ander« spricht sich seine Svmpalbic au«, wo von den Organen und Führern der Demokratie, von Themisto- kle« und PeriklcS die Rede ist. (Fortsetzung folgt.) Frankreich. Das Johanmöfeucr im Jahre 1573. Von Früderic Souliv. In einem Winkel der König!. Bibliothek zu Pari« fand ich ei» altes eingebundene« Manuskript, da« au« Pergamentblättern von ver schiedenem Formate besteht. Es enthält die Erzählung der wichtigsten Begebenheiten, die sich in der Familie, der cs einst gehörte, zugelrägen, die Data der Geburten, Todesfälle und Heiralhen, die beliebtesten Ge sänge jener Zeit, Trinklieder, Anekdoten der ('sirnniczuo sca»ch,Iou»e„ darunter wieder politische und moralische Betrachtungen: kurz, c« scheint da« Tagebuch einer Person gewesen zu scvn, die die Gewohnheit halte, Alles niedcrzuschreiben, was ihr des Beachten« und Aufbewabrens wür dig schien. Aus der Listen Seite diese« Manuskripts liest man: „Gestern, am 20. Dezember 1573, ist in der Kirche St. Germain l'Aurcrroi« die Hochzeit der Dame Rose Katharina von Qniqueboeuf und tc« Herr» Pierre du Rn, Eapitain« der Bogen- und Pistolen-Schützt» unserer Stadt, gefeiert worden. Diese Heiraib ist die Folge des berühmten Abeiileiter« mit der galanten Katze gewesen, da« sich am Iobannislagc de« besagten Jahres zugelragen, und da« Pierre du Ru so gewandt zu seinem Vorlheil zu nutzen gewußt." Ich weiß selbst nicht, warum diese wenigen Zeilen meine Neugierde in so hohem Grade reizten, und weshalb ich e« mir in de» Kopf setzte, durchaus etwa« Nähere« von dem Abenteuer der galante» Katze wissen zu wollen. Ein Benediktiner, der den Wunsch gehegt, den Tag, an welchem die Eimbern über den Rhone gegangen, ganz bestimmt angeben zu können, oder der durchaus genau Ort und Stelle wissen wollte, wo die Schlacht bei ChalonS geliefert worden, konnte, glaube ich, in seinen historischen Nachsorschungen nicht eifriger gewesen seyn, al« ich e« war, um jene berühmte Begebenheit kennen zu lernen. Es ward mir nicht schwer, in allen Urkunden Notizen über einen der Helden dieser Geschichte, den Herrn Pierre du Ru, onfzufindeü, und ich wußte bald, daß er bei Gelegenheit de« Iohannisfruere I57Z die große Summe von 25 Son« Tonrnoi« bekommen Halle, nm seinen hun dert Bogenschützen, die an dem besaglcn Tage aus dem Gräve-Platz der Festlichkeit beiwohnen mußten, um da« Volk dort in Ordnung zu halten, damit etwas zu Eule zu thun. Das Feuer muß wirklich n: jenem Jahre ganz besonders prächtig gewesen fty», denn außer mehrere» ungewöhnlich großen Ausgaben, die mich in Erstaunen setzten, fand ich auch unter Anderem, daß mau dem Seiler-Meister Amyol sür eine ge wisse Quantität von Stricken und Hanf, die er zu dem Feuerwerk am Johanni«-Abend geliefert, 0 Livre« Tournoi«, dem Hauptmann der