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312 wurde, erwärme eine zahlreiche und mächtige Brüderschaft, in den Missionshäusern aufgebäuste Schutze und zu deren Vertheidigung ganze Schauren bewaffneter Indianer aufgestellt zu finden. Statt dessen zogen ibm aus jeder Niederlassung etliche bejahrte Priester mit ehrwürdig grauem Haar demuchsyoll entgegen, und hinter ihnen der Haufe der Indianer unterwürfig, aber in Thränen wegen der Trennung von ihren geliebten Lehrern. Der Statthalter, erzählt mau, war bei dem Anblick selbst zu Thränen gerührt, allein er mußte die Befehle der Regierung voll strecken. Die geistlichen Baler wurden von den Angehörigen ihres Sprengels bis an den Ort der Einschiffung begleitet, und hier erfolgte der Abschied unter allgemeinem Weinen und Schluchzen. Ein großer Theil dieses gutmüthigen Völkchens wollte nach diesem nicht länger in der Heimalb bleiben, weil es den neuen Herrschern nicht lrauie, und zog hinüber nach dem inneren Lande zu den Stamme-brüder» im Osten und Süden; dadurch verminderte sich die Bevölkerung der Halbinsel. An die Stelle der Jesuiten kamen sogleich Franziskaner und später Dominikaner; die Letzteren aber habet, ihren Berus ungeschickt verwal tet, und ihre Missionen sind in Verfall gcralhe». Nur noch zwei Missionshäuser sind von Geistlichen bewohnt, die übrigen liegen in Trümmern bis auf eines, das jetzt als ein Denkmal der versunkenen Größe des Jesuiten-Ordens in der Wüste steht. ES ist dies das ehe malige Central-Missionshaus der Jesuiten, ziemlich mitten aus der Halbinsel, die an der Stelle etwa 60 Engl. Meilen breit ist, an gleicher Entfernung vom Kalifornischen Golf und vom Ocean, in einem rei zenden Thalgrunde gelegen; ein edles und stattliches Gebäude von ge hauenen Steinen, ein Stockwerk hoch, etwa 2I0 Fuß in der Front auf 33 in der Tiefe; die senkrechte Wand l6 Fuß hoch und 6 Fuß dick, das Dach von Steinen gewölbt in einer Dicke von 2^ Fuß. ES steht jetzt öde und verlassen, das Thal ist menschenleer, auf dreißig Meilen im Umkreis keine Hütte." In Ober-Kalifornien zählt man noch gegenwärtig 2l im Lause von etwa fünfzig Jahren gegründete Missionen der Franziskaner. Zu allen zusammen gehören etwa 3'iMO katholische Indianer als Ewgcpsarrlc. Jedes Missionshaus besitzt fünfzehn Ouadratmeilen Landes, das in kleinen Parzellen an die Familien der Eingebornen zur Niederlassung und zum Anbau veriheilt wird. Die geistlichen Vater sind zugleich Priester und Gesetzgeber und überall verehrt und geliebt. Diese» Dank verdienen sie auch für ihr wohltbätigeS Wirken. Sie haben die Sit ten dec Eingebornen gebessert, sie von dec Wildheit zur Sanslmulb und zum Flieden bekehrt und sie in nützlichen Künsten des Lebens unterrichtet. ES gilbt unter den Indianern Gerber, Schuhmacher, We ber, Grobschmiede, tzlcinmctze, kurz Handwerker aller Art bei jedem Missionsbause. Der Boden wird mit Sorgfalt angebaut, die Viehzucht ist reichlich. Wie so habe» diese Missionaire so viel Gutes und lauter Gutes gewirkt? Woher der Kontrast zwischen dem, was in Kalifornien und was an den Rocky-Mountains unter den Crows und den Black stet vorgchl? Liegt ec nicht im Charakter der weißen Einwanderer hier und dort § Hier der Prediger, der fromme Geistliche, der da kommt, wohlzulbu». zu belehren, zu bessern ; dort der Jager und der Krämer, die da kommen, zu mißhandeln, zu rauben, zu verführen und zu ver derben. England. Das hcutigc Englische Thcatcr. Bon fünf Theaterstücken, hie in London mit Beifall gegeben wer den, sind in der Regel vier aus dem Französischen übersetzt. Nur drei oder vier Bühnendichter haben cs in der neueren Zeit versucht, aus eigenen Füßen zu stehen und nicht an die Franzosen sich zu lehnen. Früher begnügte man sich, Shakespeare und seine Zeitgenossen zu ko- piren; so haben Milman, Charles Lamb und einige Andere nichts als mehr oder minder glückliche Nachahmungen dieser Epoche geliefert. Ihre unmittelbaren Stachsolger, Sheridan Knowles und Bulwcr, haben einen Mittelweg zwischen dem aus Frankreich hcrübcrgekommenen Melo drama und dem älteren Englischen Theater einzuschlagen versucht. Herr Bulwcr Hal aber biShrr bloß cin cinzigcs romantisches Theater stück geliefert, in welchem die Liebesgeschichte Ludwig's XIV. und der Herzogin von La Valliörc auf eine wahrhaft burleske Weise travestirl wird. Sberidan Knowles dagegen, als Schanshiclcr mit dem Theater und als ein vielersabrencr Mann auch mit den menschlichen Leidenschaften innig vertraut, Hal ost mit Glück interessante Situationen mit gefühlvol lem Ausdruck zu verbinden und dadurch das Publikum zu fesseln gewußt. Unglücklicherweise werden jedoch die Intentionen dieses Dichters nicht immer ailf poetische Weise zur Erscheinung gebracht. Bald opfert er das dramatische Interesse einigen pathetischen und romantischen Details, und bald wieder dringt er einen Theater-Loup auf Kosten der Wahr scheinlichkeit an. Gewöhnlich holt er in seinen Stücken entweder zu weit aus, oder er weiß nicht zur rechten Zeit auszubören. In seinem Drama „die Mantuanerin" (Vbe ^Vik«) ist der erste Akt ganz übcr- stüssig, und im „Virginius" dient der letzte nur dazu, cin dramatisches Tableau vorzuführen. Der „Bucklige" (Pho Ilnnchhaclc) wird für sein bestes Stück gehalten, während sein letztes Drama „des Strand- räudcrS Tochter" (Phe ^Vrecbeo.8 DauZbwv) ein ganz Deutsches Kolorit und das Ansehen hat, als wäre cs nach dem düstcrn Zacharias Werncr oder nach dem sentimentalen Houwald gearbeitet. Bibliographie. Phe avronzs of tho Oallvv Nation. — Bott IusiuS. 3 Sh. X »eloetiau os latstes. — Von Theresa Tidv- Xunt Dorothy» täte, or l-eralstine ülortan. — 2 Bdt. 21 Sh. Mannigfaltiges. — Italiäiiische Briese aus Deutschland. Ein Italiäni- schcr Gelehrter, Herr Professor Barussi, der im Herbste des vorigen Jahres von Turin aus eine wissenschaftliche Reise durch Deutschland nach Kopenhagen machte, hauplsächltch um die berühmteren Stern warten des Nordens kennen zu lernen, giebt jetzt die Briese heraus, die er auf dieser gleise au seinen Freund, den Ritter Felice Romani, geschrieben hat. Ein Italiäncr reist selten zu anderen als zu Handels- zwecken nach dem nördlichen Deutschland; selbst die Schweiz und der Rhein, aller Deutschen, Englischcn und Französischcn Reisenden Rendez vous, werden doch nur wenig von den Leuten jenseits der Alpen aus gesucht, die überhaupt auch wohl nicht so viel ans Reisen gehen, als der wohlhabendere Theil ihrer Nachbarn. Herr Prosessor Barussi kann daher seinen Landsleuten außer den astronomischen auch noch manche ankere Neuigkeiten aus unserem Baicrlande milihcilen. Er darf noch Verwunderungen aussprechen, die in einem anderen Munde, als dem eines Italiäners, selber Verwunderung erregen müßtcn. So sagt er z. B. in einem Schreiben aus Altona, wo er sich bei dem ge lehrten Astronomen, Herrn EtatSraib Schuhmacher, längere Zeit ans- gchalten hat: „Ich glaubte immer, daß das große Kaffeehaus in Padua und der ungemein elegante Saal unseres Caffö di San Carlo in Turin die schönsten des Universums sepen, weil ich dergleichen weder in Loudon noch in Paris gesehen balle, aber wie erstaunte ich, als ich in die groß- arligeu Säle von Hamburg und Alloua einlrat, da ich mir niemals so viel Geschmack und Pracht in diesen Städten gedacht batte, die so weit von dcncn entfcrnt sind, w c l ch e w i r s ü r d a S C c n- trum der Civilisation halten." Er gebt nun zu einer Beschrei bung des reizenden auf dem hohen Ufer der Elbe gelegenen Rainvillc- schcn Etablissements über und verbindet dasselbe auf recht poetische Weise mit dem nicht weit davon bcsiudlichcn Grabmale des Dichters der Messiade. Eben so schildert er das sogenannte „IoachimSlbal" und die naben Villas der reichen Hamburger und Altonaer Kaufleute mit voller Anerkennung der nordischen Natur und ohne den leisesten Ge danken einer Revanche gegen unseren Landsmann Gustav Nicolai, dessen Werk über Italien er allerdings gelesen bat. Er weiß vielmehr die Verdienste, die sich die Deulschcn, und namentlich Winckelmann, um sein Vaterland erworben haben, vollkommen zu würdigen und rühmt cK seinen Landsleuten als ein Zeichen hoher und nachahmungSwerlhec Geistesbildung an, daß man in Deutschland auch die Dichter Italiens viel studire, und daß sich auf der Universität Halle mehrere Pro fessoren mit dcr Erklärung des Dante beschäftigten, mit welchem sie im vorigen Winter ihren Zuhörer» die langen Abende verkürzt hätten. Herr Professor Schuhmacher Hal in Altona eine Handschrift dcr Divina Gommmsin entdeckt, die wahrscheinlich von, Jahre Iä40 berrübrt und sehr vicle wcrlhvolle Varianten darbictct, weshalb er sie in Italien dem Druck übergeben will. Herr Barussi macht demnächst auch das Ita- liättische Publikum daraus aufmerksam, dak das von Dvrville in seinem Iker 8!cnlum erwähnte, a»S dcm Uten Jahrhundert bcrrührende Ma nuskript dcr Paraphrasen des Theophil, das vor vielen Jahren in einer nicht näher bekannten Sizilischcu Kloster-Bibliothek entwendet und schmerzlich vermißt wurde, zufällig in Hamburg von Herrn Professor Schuhmacher aufgcfundcn und für wenige Schillinge angekansl worden sch. Herr Schuhmacher ist bereit, dieses seltene Manuskript der daraus Anspruch habenden Bibliothek, für die cs von großem Werlhe ist, so gleich zurück zu erstatten. — Spanische Malerschnle in Frankreich. Das Museum dcS Louvre in Paris besaß bisher nur drri berühmte Gemälde dcr Spanischen Schule: den „Armen" von Murillo, die „Anbetung dcr Hirten" von Ribcira und die „kleine Infantin" von Velasquez. Gegenwärtig aber wird in Spanien selbst keine Gallcrie mehr zu finden seyn, die so reich mit den Meisterwerken jener Schule ausgestaltet ist, als die Königliche Sammlung in Frankrcich. Der Baron Taylor, dcr von dem Könige der Franzosen mit dem Auftrage nach Portugal und Spanien geschickt wurde, in den aufgehobenen Klöstern und Stiftun gen so vicle gute Gemälde anzukaufe», als er ausfinden würde, hat nicht weniger als vierhundert Kunstwerke mitgebracht. Der Fran zösische KommiffarinS hat die politischen Wirren und Bilderstürmc- rcien des hcutigcn Spanien trefflich zu benutzen verstanden und für 800,000 Franken eine Sammlung angeschafft, deren Werth mindestens ans drei Millionen geschätzt wird. Es befinden sich darunter zwanzig Murillo s, zwölf Ribeira'S, fünfzehn Velasquez, fünfzig ZurbaranS, achtzehn Alonzo Cano's und eine Menge anderer Meisterstücke von Juan de IouaneS, von Ribatta, von Espinosa, Grcco Villegas, Ca- röno, Carducho, Sanchez Coello, Juan de Toledo, Moralez, Esteban, Melindez, Bergasa, LjaneS, Agala, Castillo, Bälde,, Correa, Orente, BlaS de Prado, Conca, kurz, eine ganze Geschichte der Spanischen Kunst, wie sie mit Pinfelstrichen geschrieben ist von GalcgoS bis auf Goya, jenem phantastischen Schüler des VenetiancrS Tiöpolö, mit wel chem die große Spanische Malerei ausstarb, und der in seinen satiri schen Kunstprodnktcn AllcS, selbst die Mönch« und den Adel »ichj aus genommen, gegeißelt hat. Das mit der heutigen Nummer zu Ende gehende Wonne- ment wird Denjenigen in Erinnerung gebracht, die in dem regelmäßigen Empfange dieser Blatter keine Unterbrechung erleiden wollen. HerauSgcgtbcn von der Redaktion der Allg. Preuß. StaatS-Zeitung. Nedigirt von I. Lehmann. Gedruckt bei A. W. Hayn.