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Wöchentlich «scheinen drei Nummern. Pränumeration«- Preis 22j Sgr. Lhlr.) vierleijädriich, 3 Thtr. klir da« ganze Jahr, ohne Er höhung, in allen Lkeilin der Prenüischm Monarchie. a g a für die Man vränumerirt auf diese« «ieidla» der AUg. Pr. Staais- Leirung in Berlin in der Expedition (Mohren - Straße Nr. 34); in der Provinz so wie im Auslande bei den Wohllöbt. Post - Aemlcrn. Literatur des Auslandes. 70. Berlin, Montag den 12. Juni 1837. England. Zur Naturgeschichte der Affen. Man erzählt von Mazurier, tim berühmten Polichinell, daß er, in TbierseUc eingcnähi, mit bemaltem Gesicht und in möglichst pavian- mäßigem Aufzuge, sich unter die Assemblee der Affen im äurckin sie« z>luntnx mengte und mit großer Geduld und Aufmerksamkeit die Ma nieren dieser Gesellschaft studirte, bi« e« ihm endlich gelang, da« gute Herz einer Aesfin dermaßen sür sich einzunebmen, daß sic einen Apfel, von dem sie aß, mit ihm tbcilen wollte. Loll Freude über diesen Triumph seines Kunsistudium«, rief der Künstler; „Lutin jo suis siaKv!" Die Leser, welche sich noch der scenischen Triumphe dieses unver gleichlichen, in alle Naturen sich schmiegenden Mazurier erinnern, wissen auch, daß er den höchsten tragischen Gipfel seiner Kunst in der Rolle de« Brasilianische» Affen Iocko erstiegen Hal. E« war wirklich ei» großer und rührender Effekt, ein so vollkommene« Schauspiel, wie irgend eines — ja mehr al« ein Schauspiel, die pure, reine Natur. Nur Schade, ein Fehler störte das unvergleichliche Ensemble: Mazurier spielte die Rolle ohne Schwanz. Inmitten der täuschend »achgeahmten Brasilianischen Dekoration und Sccnerie erging sich, zum großen Er- stanneii und Mißvergnügen aller im Parterre anwesenden Zoologen, der simia «znailruinaiius ohne Schwanz. Wenn Einer auf die Reise gebt, sagt da« alte Sprüchwort, so kann er was erzählen; aber so lange die Welt steht, hak noch kein Reisender in Brasilien einen Affen ohne jenes auszeichnende Ornament gesehen. Das Wissen bringt den Menschen um manche Freude. Während das ganze Publikum vor Entzücken und Rührung außer sich war, saßen die Zoologen kopfschüttelnd, und alle Illusion war für sie dahin. Diene cs also allen Affeiimclodramen- Lichlern und Darsteller» für die Zukunft zur Nachricht, daß alle Affen ,n der Neuen Welt, so viel man bisher ihrer entdeckt, ohne Ausnahme Schwänze tragen; nur in der Alten Well, im Lstmdischen Archipel, giebt es menschenähnliche »»geschwänzte Affen. Gleich viel indeß, ob geschwänzt oder ungeschwänzl, von jeher bat der Mensch diese ihm äußerlich zunächst stehende Gattung von Säuge- thieren mit besonderem Interesse betrachtet. Der Anblick eines Affen, seine Geberden, seine lustigen Streiche machen wohl Jedem Bergungen, wenn auch hinterher ein Gefühl de« Ekel«, eine Art Beschämung ein tritt über die häßliche Karrikaiur dec menschlichen Gestalt, die man vor Augen gehabt bat. E« ist natürlich, daß auch der Zoologe sich sür ein Thiergeschlecht besonder« imercssirl, dessen Bau sich dem menschlichen so sehr zu nähern scheint; nur freilich verschwindet dieser Anschein bei der genaueren anatomischen Untersuchung, und e« bleibt eine unendliche, durch keinerlei Uebergänge auszuküllendc" Kluft zwischen dem Thpu« der Licrbändcr und Zweihänder. Die Philosophen unk Naturforscher, die da behauptet haben, es gehe ein Weg der allmäligcn Entwickelung durch unmcrkliche Uebergänge von der Monade im Pslanzcnaufguß durch alle Reihen der lbicrischen Schöpfung hinauf bi« zum Affen et sie »nir» bis zum Menschen; diese Herren, von Monboddv an bi« auf Lamarck und Borv de Saint Bincent, so große Achtung diesen Letzteren in ilsccr Wissens-Hast gebühren mag, muffe» un« schon erlauben, daß wir ihre Argumente nns nicht anfcchlcn lassen. Am wenigsten darf man auf äußere Merkmale geben, wie z. B. aus da« Fehlen de« Schwanzes, oder aus die Zahl, Ordnung und Beschaffenheit der Zähne, die aller dings bei einigen Affe»-Arten völlig dieselbe wie beim Menschen ist, oder aus das Vorbewdensepn eines freien enlgegensctzbaren Daumen« an der Hand. Wer weiß, ob nicht die Bauen, in den Lanckos de« süd lichen Frankreich, die sich von dem Sammeln und dem Verkaufe des Harze« der >ü„us maritima nähren, durch da« beständige Baumklcttern zu der Fertigkeit gelangt sind, die große Zehe am Fuß von de» übrigen weit ab,»biegen; — wird man darum sage», diese Bauern scpen eine dem Affen »überstehende Spccics de« menschlichen Geschlecht« k Welcher unserer Leser etwa nähere Belehrung über diesen Gegen stand suchte, der würde sie finden in einer Vorlesung de« Herrn Owen über den Knochenbau de« Schimpanse und de« Orang-Outang, im ersten Bande der Verbandlunge,i der zoologische» Svcictät zu London. Ein anderer Nalnrsorscher, Herr Ogilby, bat mit Recht darauf angelragen, diese Klaffe von Thiercn nicht" Vierhänder, sondern vielmehr Fußhänder (Otürnzrnäes) zu nennen. An der Thal, ihre vier Füße sind ganz zweckmäßig sür ibc beständige« Leben aus den Bäumen, zum Kletier», zum Fassen, zum Aukiammern; aber wie unendlich weit stehen sic zurück gegen die Hand, diese« wunderlhätige Werkzeug, mit welchem der schwach und hülfloS geborene Mensch vom Schöpfer äuSgestatlet ist und womit er da« Höchste schafft und bereitet, die reichste Befriedigung seiner Be dürfnisse, die Mittel zu unerschöpflichem Genuß, die Versinnlichung der erhabensten Ideen in Kunstwerk und Schrift. Diese Knochen, so ge baut, so gegliedert, sind das Werkzeug, wodurch ihm gegeben ist, „zu herrsche» über die Fische im Wasser, und über die Vögel in der Lust und über alles Lebendige, so da kreucht und regel sich aus Erden." Betrachte» wir de» Arm und die Hand des vollkommensten, des am meisten menschenähnlichen Affen, so finden wir den Daumen bei weitem nicht so frei und beweglich, die Finger nicht so gesondert und gegliedert, wie beim Menschen. Der Affe kann im günstigsten Falle seine Hand nur halb öffnen. In der Regel, je kurzer der Schwanz, desto mehr ist der Arm und die Hand entwickelt, und je länger der Schwanz, desto weniger. Das ganze Geschlecht lebt, wie gesagt, säst beständig aus Bäumen; recht zu Hause sind sic in den tiefen, dichten tropischen Urwäldern, wo sie im Sonnenschein von Wipfel zu Wipfel springen und jagen, von Ast zu Ast sich schwenken und dann wieder vor der brennende» Hitze Schutz suchen können unter dem dichten Laub und Rank.ngcwölbe. Dringt ein Fremder, ein Mensch, zu ihnen in diese Einsamkeit, so erregt er zuerst ihre uuruhige, ganz unbändige Neu gier; bald aber, und besonder« wenn der Ankömmling feindliche Ab sichten zeigt, wird er mit Steinen, Baumästen, mit schweren und harten Baumfrüchtkn bombardirt und ausgelrieben. Robert Lade, welcher am Kap der guten Hoffnung mehrmals auf die Affc»iagd ging, erzählt darüber Folgende«: „Was für Künste und Sprünge die Thiere un« vorgemachl, das kann ich gar mchl beschrei ben, auch wie kreist und neugierig und unverschämt" sie gewesen, der gestalt, daß sie, obwohl wir sie jagten, dennoch immer wieder dicht an uns herangekommen, manchmal so nabe, daß ich ganz gewiß meinte, sie fange» zu können; aber kaum daß ich die Hand ausstrcckte, lbalen sie einen Sprung, wohl auf zehn Schrill, und liefen die Bäume hinauf übcrgeschwind, und von oben zuckten sie herunter, ganz ruhig, und schiene» Freude zu haben an unserer Verwunderung. Ihrer etliche waren so gewaltig groß, daß wir Alle nicht glaubten, uns ihrer erweh ren zu können; aber der Dolmetsch sagte uns, sic wären nicht böse und lhäten nicht«. Konnte uns auch nicht« helfen, al« sie lodtzuschießen, so ließen wir doch unsere Büchsen ruhen; der Capitain aber legte die feine an aus eine» große» Affen, der ganz oben auf einem Baume saß, und war schon lange vor un« hergelaufen. Nun mochte da« Thier an anderen seine« Gleichen schon gesehen haben, was solche Drohung der Jäger« sür schreckliche Folgen hat; darum war e« so erschrocken, daß e- von seinem Aste Herunlerstürzle, regungslos zu unsere» Füßen lag und sich auch greisen ließ sonder Mühe. Al« er aber wieder zu sich kam von seiner Belaubung, da war große Gewalt nölbig nnd Geschick, ihn zu halte». Die Pfoten ba iden wir ihm zusammen, wobei er fo wklhend um sich biß, daß wir ihm Tucker über den Kops werfen mußten." Wer diese bebendesten aller Geschöpfe nur in Menagerieen oder im Zustande der Gcsaiigenschast gesehen bat, der macht sich sreilick keinen Begriff von ihrem wilden, rastlosen Springen und Treiben in den hei matlichen Wäldern; die höchsten Bäume auf und nieder im N», von Wipfel zu Wipfel, nach Früchten oder Vogelnestern suchend — d^nn sie sind die ausgemachtesten Eierdiebe — nie allein, sondern immer zu Schaaren; ein lustig Leben, dem freilich mancher schlimme Feind un versehens und plötzlich ein Ende macht. Am meisten haben sie sich vor den Schlangen zu fürchten, die unter dem dichten Laube zusammen- gerolll verborgen liegen und plötzlich hervorschießend ihre sorglose Beute "umschlingen. Der Mensch, dieser AlldeSpot und Allvcrsvlger, stellt eben falls dem Affen nach, und ofl fühlt der Jäger sich, wenn es schon zu spät ist, von Mitleid bei den Todeskämpfen dieses so fröhlichen und ihm selbst so ähnlichen Thieres ergriffen. „Ein ganzes Rudel von Affen — so erzählt ein Reisender in Süd-Amerika — von uns aufgestört, fchwamm auf dem Flusse vor un« her; nur eine« von den Tbieren, neugieriger als die anderen, blieb sitzen, wiegte sich auf einem großen Aste, der über dem Wasser binaus- hing, und betrachtete nn«, wie wir mit dem Kanoe bcravkame», mit der größten Aufmerksamkeit; e« mochte uns wobl für Riesen von seiner eigenen Gattung halten. Dabei schrie und schmatze es in einem sort und erhielt den Ast, worauf e« saß. durch sein Springen in beständi gem Auf- und Niedcrschweben. Ich legte meine Flinte an, und im nächsten Augenblick war das Thiervon dem Baume gestürzt; ich bolle es aus dem Wasser beraus. Der Anblick war so herzzerreißend, dass ich ihn un. Alle« in der Welt nicht noch einmal bestehen möchte. Das arme Thier war nicht todl, aber tödtlich verwundet; um. nun seinen Leiten schncll ein Ende zu machen, ergriff ich cs mit beiden Händen beim Schwänze und schleuderte es durch die Luft, uni ihm den Kopf