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Wöchentlich «scheinen drei Ikummern. Pränumeralivns- PreiS 22j Sgr. (^ Thlc.) vierteljährlich, 3 Lhlr. !ür da- ganze Jahr, ohne Er höhung, in allen Theilen der Preußischen Mcnargne. Magazin für die Man rrinumcrirt auf diese« Steil lait der llllg. Pr. Staat-, Acuung in Sterlin i» der Cxvediiieu (Mohren-Straße Nr. 34); in der Provinz so wie im Auilande bei den Wohllöbl. Pest - -cmtern. Literatur des Auslandes. 57. Berlin, Freitag den 12. Mai 1837. England. Hallam's Europäische Literatur-Geschichte. Lorenzo von Medici. — Macchiavell. lieber die Vorzüge und Mängel de- oben genannten Werke- ist bereits j» Nr. SO geuriheiit worden. Aber die ersteren sind doch immer bedeutend genug, um noch einige Partieen aus diesem Buche heraus» heben zu können, wo Hallam mit offenbarer Liebe bei einigen Gegen ständen verweilt und es recht augenscheinlich ist, daß er gern sich noch länger bei denselben ausgehalteu haben würde, wenn nicht der von Natur so inhaltsreiche Gegenstand in einen so engen Raum hätte zusanimen gedrängt werden müssen. Line solche Stelle ist die über Lorenzo von Medici. „Unler seiner Herrschaft", sagt der Englische Geschichtschreiber, „war di; goldene Zeit de- Florentinischen Staate«, wie dem Leser aus einem verdienstlichen Werke von großer Ausdehnung") hinlänglich bekannt scvn wird." Darauf werden die philologischen Bestrebungen seiner Freunde Landino, Merula, Calderino und Poliliano kurz, aber gut gewürdigt und Lo renzos eigenes Verdienst gepriesen. „Sein Einfluß aus dir Literatur", heißt es weiter, „erstreckte sich von I47U bis zu seinem im Jahre 1492 erfolgten Tode. Und es war nicht bloß die Wort-Philologie, die ein so edler Geist zu besördern und zu verbreiten strebte. Denn er sah in der alten Literatur noch etwa« weit Höheres, als eine bloße, wenngleich nolhwendige Wort-Kritik. Aus seiner Villa, die sich über den Mauern von Florenz auf den steilen Abhängen de« stolzen Hügels, wo einst die Mutterstadt Fäsulä gethront Halle, erhob, verlebte er in reizenden Gär ten, uni die ihn wohl Cicero beneidet hätte, in der Gesellschaft von Ficino, Landino und Poliliano seine Mußestunden in den Ideal- Schöpfungen der Platonischen Philosophie, auf da- herrlichste von der sommerlichen Ruhe de« Italiänischcn Himmel« begünstigt. Und nicht leicht konnte die Seele de« Philosophen und des Staatsmannes ange nehmere Eindrücke in sich ausnehmen, als in dieser anmuthige» Zurück gezogenheit. Zu seinen Füßen lag Florenz, nicht allein in all der Pracht, mit welcher es der letzte Mediceer geschmückt hatte, sondern auch auSgestattel mit den Denkmalen der Frömmigkeit früherer Zeiten, die her Stadl eine so unübertrefflich schöne Ansicht verleihen. Ein Mann, das Wunder seiner Zeit, Brunele-chi, Halle die anmulhsvolle Stadt mit der erhabenen Kuppel ihre« Dom- geziert, ein Bau, der i» Italien, bi- dabin ungekannt gewesen war und nicht leicht übertroffen worden ist. Mitten unter den zusammengedrängieu Tbürmen kleinerer Kirchen, scheint er ein Bild der katholischen Hierarchie unler ihrem Oberhanple zu sepn; majestätisch, ungebrochen, uncrschülleri, wie die ewige Roma, wirft er seine Strahlen gleichmäßig nach allen Theilen der Erde und strebt himmelan in seinen kühnen Umrissen. Und welch« andere Meisterwerke umschließt die schöne Stadl mit ihren Mauern, da« Battisterium mit seinen ehernen Thoren, die eine« Paradiese« wür dig wären, das schöne und reichgeschmückle Glockenhans von Giollv'S Meisterhand, die Kirche zu St. Carmine mit den Fresken von Masacrio, die von Santa Maria Novell«, schön wie eine Braut, und Santa Croce, die nur allein der Kathedrale an Pracht weicht, die von St. Marco und San Spirito, ein zweites Denkmal von Bruneleschi's schöpferischem Genius, und alle die zalstreichen Klöster, die sich innerhalb der Mauern der Stadt erheben oder in der unmittelbarsten Nähe derselben wie um- bergestrenl sind. Von ihnen wendet sich da« Auge zu den Trophäen der' republikanischen Regierung, und dann wieder eben so schnell zu dem fürstlichen Bürger, der sie überlebt hat, zu dem Palazzo Vecchio, wo einst di, Signoria von Florenz ihre Nath«-Versammlungen hielt, oder zu dem neuen noch unvollendeten Palaste, den Brunelekchi für Einen au« der Familie Pitli bestimmt batte, bevor die« Geschlecht in dem fruchtlosen Kampfe gegen die Mediceer unterlag, und der nachher der Aufenthalt der siegenden Partei wurde, gleichsam als ob er durch seinen Namen da« Gedächlniß jener Revolution verewigen sollte, welche den Mediceern ihre Macht verschafft batte." „Der Blick von einer Anhöhe aus eine große Stadt, die schwei gend vor un« ausgebreitet liegt, ist nicht weniger schön als höchst er greifend, so daß es sär ein edle« Gcmülh nicht leicht „was Erhabenere« geben kann. Aber wie weit ernstere Betrachtungen mußte diese Aus sicht in der Seele desjenigen Manne- hervorrusen, der durch die Ge walt der Umstände und den großherzigen Ebrgcij seines Hauses und seinen eigenen in Lie gefährliche Nothwendigkeil versetzt war, ohne ein ') RoScoe's Lorenzo voo Medici. Recht und, so gut es gehen wollte, auch ohne den Schein von Macht zu regieren, der cs wußte, wie rachsüchtig seine Feinde waren, und wie sie vor keinem Mittel zurückdcblen, um ihn von seiner Höbe zu stürzen. Wenn solche Gedanken wohl Lorenzo'« klare- Auge umdüstern konnten und ihn oft vergeblich in seiner Einsamkeit da« suchen ließen, wa« er von derselbe» gehofft halte, so konnte er doch seine Heiterkeit durch die anmulhigcn Bilder, welche er in seinen Gärten vor sich sab, neu de» leben. Waldgckrönte Berge, die in den verschiedensten Schaltirungen erglänzten, begränztcn aus allen Seiten in nicht zu großer Entfernung den Horizont; kleine Landhäuser und Meirrhofe, die Lorenzo » Eigen« lhuw waren, beleblcn die Ebene, deren Bevölkerung mit vielem Eiser die landwirlhschasilichen Verbesserungen unterstützte, in denen Lorenzo, »eben der Beschäftigung mit klassischer Literatur, die edelste Erholung von seinen Slaalsgcschäftcn fand. Derselbe regsame Geist, der ihn ver mocht halte, seine Gärten in der Villa Careggi mit den ausgesuchteste» ausländischen Blumen des Osten zu füllen (cs ist die« da« erste Bei spiel eine« botanischen Gartens ui Europa), reranlaßic auch die Ein führung einer neuen Tbicrgaltung aus derselben Himmelsgegend. Hrerden von Büffeln, die mit ihren schallenden Husen, gebogenem Nacken, ge krümmten Hörnern und finsterem Antlitz gegen die weißgraue Farbe und das sanftmülhige Ange der Toskanischen Stiere sehr abstachen, weideten in dem Thale, durch welches der Arno sein gelbe« Gewässer in Viel sachen Krümmungen still und schweigend dem Meere zusührt." Eine« anderen ausgezeichneten Florentiners, Nicolo Macchiavelli„ gedenkt Hallam ebenfalls ausführlicher, und wobl besonder« in der Ab sicht, das Urtheil derer zu berichtigen, die im Fürste» des Macchiavell! eher „ein unglückbringende« Meteor" al- „ein wohlthätige« Gestirn" sehen. Nachdem er in der Kürze Macchiavelli'S Schicksale berichtet hat, zeigt er, daß man »ach dessen eigenen Aeußeruugen nicht in Zweifel sepn könne, c« fev seine Absicht gewesen, bei Iulian von Medici, der zu jener Zeit da« Haupt von Florenz war, eine Anstellung zu erhalten, und daß er seine Abbandlung geschrieben habe, um sich diesem Fürste» zu empsehlen. Es ist allerdings »ach dem allgemeinen Charakter der Macchiavellischln Schriften wohl anzunehmen, daß er e« vorgezoge» haben würde, in einer Republik zu leben, al« der Unlerlhan eines Für sten zu sepn, aber zu jener Zeit blieb ihm keine Wahl übrig, und es war nach seiner Ansicht besser, einem Herrn zu dienen und im Staate nützlich zu sehn, al« sein Leben in Armutb und in Unbedeutendheit hi»» zubringen. „Wir können also", sährl Hgllam fort, „dem Macchiavell wobl Glauben schenken, wenn er in jener begeisterten Ermahnung im letzten Kapitel de« Fürsten den Iulian zu der edel» Unternehmung aus« ruft, den Boden Italien- von den Barbaren zu reinigen. Seit zwan zig Jahren war die« schöne Land die Beute sremder Heere gewesen, vo» denen sich abwechselnd jeder einheimische Staat halte demütbigen oder gewaltihätig behandeln lassen müssen. Macchiavell « Scharfblick sah leicht ein, daß republikanische Institutionen niemals im Stande sevn würden, eine Vereinigung zusammenzubriugen, um dies Zoch abzuschüt« teln. Daher bildete sich bei ihm der Gedanke, daß die« nur einem Für« sten gelingen könne; aber e« müsse ein Fürst sevn, der erst neuerlich sich zu dieser Macht emporgeschwungen bade, La keiner der Erbsürste»- Familicn in Italien hierzu lauge; Einer, der durch ein National.Heer sich behaupten könnte, da er jede Zuziehung von Mietb-Iruppen als ein Unglück ansah; endlich Siner, dem bei einem so großartige» Unterneh men, als die Bcfreiung Italien« sehn würde, alle Städte gern und willig Gehorsam leisteten. Daß er die Aussicht aus eine solche Be freiung einem Manne eröffnete, wie Iulian von Medici war, dessen Fä higkeiten nicht hingereicht haben würden, eine solche Aufgabe zu lösen, mag einigermaßen als Schmeichelei erscheinen." Weiler untersucht Hallam die Wahrheit de« Vorwürfe«, al« ob Macchiavell so beimlückisch gewesen seh und die Mediceer habe inS Verderben stürzen wollen, indem er ihnen auf alle Weise eine lvran« nisÄc Regierung-Verfassung anprie«. „Ich will nicht", sagt er, „die unedle» Stelle» de« Buches beschönigen, aber da- ist gewiß, daß nicht leicht ei» Buch mehr Mißdeutungen erfahr«» hat, als der Fürst von Macchiavell. Es ist der Wahrheit ganz und gar nicht angemessen, wenn man ihm vorwirfl, daß er eine tyrannische RegicrungSform der Fürsten anräih, oder eine solche, die allgemeinen Widerstand erregen muß; «« gilt dies nicht einmal von solchen Fürsten, die, wie er sic aus Ersahrüng kannte, erst so eben aus den Herrscherthron erhoben waren und sehr darauf bedacht sevn mußten, sich diese Macht zu erhallen. Er schärft e« vielmehr zu wiederbolien Malen ein, daß ein Fürst Alles vermeide» müsse, was ibn verächtlich oder gehässig machen könne, besonders aber Ungcrechligkeilen gegen die Ehre und da« Vermöge» der Bürger. Wen» sie jh» lieben oder wenigstens nicht hassen, so ist die- die einzige Bürg-