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194 wird der Prophet Zacharias am jüngsten Tage herabkommen, um sich der Frommen vor dem Gerichte Golles anzunehmen. Wir verließen die Moschec, zogen Schuh und Sliefel wieder an, und der Gouverneur geleitete uns zu dem heiligen Stadtquarliec hin aus bis vor seine Wohnung. Hassan Bey, anscheinend ganz ruhig, ohne Gefolge, ohne andere Waffe als seinen Halagan, ging uns durch die engen Straßen voran und ließ den Prinzen nicht von seiner Seite, sein Faltenauge spähte in allen Richtungen umher und schreckte einige Männer von wild verdächtigem Aussehen zurück, die uns unlerweges begegneten. Im Ganzen indeß schien unser abenteuerlicher Besuch in Ler Moschee den Fanatismus der muhawmedanischen Einwobnerschast nicht gar zu sehr ausgebracht zu haben. Wir konnten noch an demselben Nachmittage, ohne Schutzwache und ungefährdet, einen ziemlich langen Spaziergang machen durch das Thal Josaphat, auf den Oelberg und Len Berg Zion. Doch entschied sich der Prinz, auf Hassan Bev'S freundschaftlichen Ralb, seinen Aufenthalt in der heiligen Stadt nicht unnklhig zu verlängern. Am anderen Morgen früh verließen wir Heru- salem und nahmen unseren Weg gen Bethlehem. (k,»v. Ist.) P e r s l e n. Persische Begebenheiten. Bom Baron F. von Korsf. IV. Einzug in Teheran. — Krönung des neuen Schahs. Wir verließen den neuen Schah vierzehn Werst vor Teheran, eine günstige Planeten-Conjunctivu erwartend, um in die Residenz zu ziehen. Endlich erschien der ff. Dezember 18ZS. Im Lager war ein entsetzlicher Lärm; das Putzen der Pferde und der Gewehre halte die ganze Nacht gedauert. Das Hin- und Herrcnnen, die lauten Gespräche, das Geschrei aller Arten von Thicren und das Geklirre von Kelten ließ uns kein Auge schließen. Kurz vor Sonnen- Aufgang verkündeten einige Kanonen-Salven den Rechtgläubigen, daß es dem Schatten Allah'S gefallen habe, sein Roß zu besteigen. Man vergesse alle Europäische Bilder von fürstlicher Pracht und von unseren Feierlichkeiten bei Einzügen gekrönter Häupter in ihre Residenzen und höre — wie der Beherrscher des Reiche« der EhvSroer und Nuschir- waner in seine Hauptstadt cinzog. Der Zug bcweglc sich in folgender Ordnung: cs eröffnete ihn eine kleine Ablheilung Reiterei, versieht sich, irregulairer, und Geschütz aus Kameelcn; ihnen solchen Schnellläufer, die sich durch ihre helmäbnlichen mit bunien Federn geschmückten Mützen auSzcichncten; fast ganz nackte Pcglewan's (Kämpfer), mit ungeheuren Stäben in der Hand, schrillen in allerlei kühnen Wendungen einher und sochlen mit ihren schweren Waffen durch die Luft; Seiltänzer in Hacken von schwerem Seidenstoff tanzten und sprangen aus alle mögliche Weise bei dem Schall der schreiendsten, ein Europäisches Ohr zerreißen den Musik; Ferraschi, die Persischen Gendarmen, mit unbeschreiblich langen Stöcken bewaffnet, schrieen ans allen Kreisten, um zu verkünden, daß der Schah sich nähere; ihnen svlglen einige Pischchidmcl'e. (Kam merdiener) und zuletzt der Mirochor (erster Stallknecht), der eine reiche Satteldecke (Sinpusch) von Tuch trug, die mit Golt, Silber und bunter Seide ausgenähl und mit Edelsteinen bedeckt war. Hetzt erschien der Schal' selbst! Man nehme blaue Brillen zur Hand" um die Augen vor Erblindung zu schützen. In ein Lichtmeer gehüllt, welches den schönsten braunen Hengst der Welt umstrahlte, zeigte Muhamed-Schah sich den erstaunten Blicken der Rechtgläubigen. Er selbst war in einen einfachen Reiseanzug gekleidet, dagegen hielt er in ter rechten Hand eine kurze Peitsche, bestehend au« vier Reiben großer echter Peelen, an einem goltcnen Stiel befestigt, auf welchem vor Diamanten, Smarag den und Amethysten das Gold kaum zu sehen war; der Sattel nebst Schabracke und da« ganze Reitzeug waren ein wahres Wunder von Glanz und Pracht. Zur rechten und linken Seite Sr. Hoheit ritten die Europäischen Gesandten mit ihrem Gesolgc. Hu einiger Entfernung hinter dem Schab zog ein Haufe von Prinzen, die Oheime, Brüder und Reffen des neuen Herrschers; ihnen folgten einige der ersten StaatS- Deamten; den Zug beschloß eine kleine Ablheilung Reiterei mit drei rochen Fahnen. Zu beide» Seiten rillen des Schahs Enlami, um das Gedränge des Volk« zurückznhallen, und lbeillen im Namen des Schabs theils milde Gaben, lheils Peilschenbicbe unlcr Arme und Derwische aus. Eine Agatschi (eine Deulsche Meile) vor der Stadt begannen die Bewillkommnungen. Zuerst erschienen zu beiden Seiten des Weges die Repräsentanten der Stadt-Bezirke; neben ihnen lagen mit gebundenen Füßen Kamcele, Ochsen und Schafe. Als der Schah sich denselben näherte, schnitt man den Thieren die Kopse ab und legte sic mit dem Ausruf „Kurban!" (Opscr) dem Gebieter zu Füßen. Derwische brann ten in metallenen Schalen Wohlgerüche verschiedener Art, desprützlcn die Straßen und die Menschen »», Wasser und sauget, ziemlich unhar monisch, aber um so lauter, Hymnen zur Ebre Allah'S, dessen himm lischer Gnade sie Muhamed-Schah empfahlen. Diese Derwische mack- len einen seltsamen Eindruck auf mich; ihr unordentliches Kostüm, ihr wirres, im Winde fliegendes Haar, ihre wilden Laute, das gel'cimniß- volle Wesen, in da« sie sich hüllten, Alles zusammen wirkte heftig auf die Einbildungskraft. Ich sah dort einen sich umhcrdrebcnden Derwisch, der ans fernen Landen gekommen war und unwillkürlich an ein be rühmtes Spektakelstück erinnerte, das man einmal auf dem PelerS- burger Theater gab und in welchem Herr Dur die Rolle eines ähnlichen Narren spielte. Di« Vorsteher der Kanfmannschasi und alle angesehene Bewohner der Stadt kamen auch Sr. Holwit entgegen; al« sie sich dem Schab »äderten, stiegen sie vom Pferde und verbeugten sich tief; auf ein von ihm gegebene« Zeichen fetzlen sie fick wieder aus und schloffen sich dem Inge an. An einer Seile de« Weges sianden die Musikanten der Sladl und beläubtcn unsere Obren durch das surchlbare Eelöne ihrer langen Posaunen. Unlcr den Mauern der Sladt war regulaires Fuß volk und Geschütz auszestclll. Der Schab rill ihre Fronten entlang und dankte den Soldaten sür die Mühseligkeiten, die sie aus dem Marsche von Tabri« ausgestanden hatten; die Soldaten, die dergleichen in ihrem Leden nicht gehört halten, antworteten mil Enthusiasmus, daß sie be reit waren, ihre Köpfe dem jungen Monarchen zu Füßen zu legen. Nachdem der Schab daraus längs der Stadtmauer biugeritten war, begab er sich in den außerhalb der Stadt, jedoch ganz in der Nähe liegenden Palast Rigarisian (Belvedere). Er gehört z» den Sommer wohnungen de« Schahs und zeichnet sich durch zwei Säle aus; in einem dersclden sind auf den Wänden die Bildnisse der Söbnc Fett' Ali Schah'S gemalt, und in dem anderen enthalten drei Wände folgende Gemälde: die Millclwaud stellt Feth Ali Schah mit der Krone und im vollen Herrscherschmuck aus dem Throne sitzend dar; um ihn her stehen seine Söhne und die vornehmsten Reichsbeamlen; aus den beiden^ an deren Wänden sicht man eine Menge Gestalten in verschiedenen Asiati schen Trachten und vier oder sünf Europäer, eS sind die Gesandten mehrerer Mächte mit ihrem Gefolge, die sich am Hofe des verstorbenen Schahs befanden. Unter den Europäern befinden sich die Bildnisse von Malcolm, Sir Gore Ouseley und Morler, der in seinen Schriften (Hadschi Baba :c.) eine so unterhaltende Schilderung von den Persern und dem Schab geliefert Hal. Bon einer Aehnlichkcil der Bildnisse kann, wie es sich von selbst versteht, keine Rede seyn; dafür aber ist die Malerei ganz erstaunlich schön. Alle Europäer tragen dreieckige Hüte, Uniformen nach allem Französischen Schnitt und wlhe Strümpfe. An Morier Hal sich der Maler sür allen Spott über Persien bitter ge rächt, indem er ihm so krumme Beine gab, als hätte er so eben die Basto- nade erhalten. Hu diesem Saal war der Thron errichtet, den Muha med, die Brust und die Arme mit Brillanten und Perlen und das Haupt mit einer kleinen Krone geschmückt, bestieg und einnahm. Fu seinen Seilen befanden sich die Gcsandlen Rußlands und Englands mil ihrem GesandschastS-Pcrsonal; hinler dem Throne biell der Eunuch und Minister des Hnncrn, Manutschar-Cban, den Säbel Sr. Hoheil, und ein anderer Eunuch, Choßrew-Eban, de» Schild. Mil Ausnahme dieser Personen befand sich im Saale selbst Niemand; den nach dem Garlen hinausgcbcnden Fenstern gegenüber standen zunächst um da« Bassin herum die Prinzen von Geblüt, etwa« weiter der Kaimakam, der Wesir, unser alter bekannter Assisu Do Ulet, „Ler Reichs-Salomon", viele Mu- stufi's u. s. w. Nachdem Heber seinen Platz eingenommen balle, lral ans der Menge ein Molla hervor und sprach ei» kurze« Gebel für den jungen Gebieter; ihm folgte der Hof-Poet und la« eine unendlich lange Ode zu Ehren Muhamed'« ab, in welcher er Letzteren mit Sonne, Mond, Sternen und Gott weiß, womit sonst noch verglich; unglücklicherweise kau» ick keine Uebersetzung verlegen, weil ich Vas Original nicht besitze. Der Schal', ermüdet von der Reise und von der aus ihm ruhenden Huwclenlast, konnte es nicht länger ausbalten, und der Sclam (das Levcr) Halle ein Ende. Alle« begab sich nach Haust zu seinen Tabacks- pscisen. Der wohlriechende Darups de« Tabacks von Schiras wallle um alle Nasen der Slaalsbcamtrn von Hran; nach einer solchen Eercmonic ist es ein wahrer Genuß; ick weiß es aus eigener Ersabrung. lieber die ersten Tage meines Aufenthaltes in Teheran kann ich nichts besonders Hntercffantcs sagen, weil ich nichts sah als das Haus des Englischen Gcsandlen, in welchem Astalischc Bequemlichkeit und Englischer Eomfort sich aus das glücklichste vereint fanden. Nach Verlauf einiger Tage ward ick mit noch einigen anderen Europäern zum Mittagsmahl bei Hussein Ali Eban, einem Oheim des Sckahs Muhamed, eingcladen. Das Malst sollte um sieben Ubr Abends stattfinden. Es war Winter und um die Mille Dezembers; wiewohl cs nicht fror, so war es doch um sieben Ubr schon dunkel, und wir mußten einige Polizcidicncr mil an langen Stangen gebundenen Fackeln nehme», um die Straßen zu erleuchten; außerdem begleiteten uns »ock Leute nm ungewöhnlich großen. Laternen. Nachdem wir auf diese Weise einen beträchtlichen Theil der Sladl zurückgelegt hatte», erreichten wir das Haus Sr. Ercellcuz Hussein Ali Eban'S. Der wür dige Mann kam uns entgegen und führte uns in die zu unserer Aus nahme bestimmten Zimmer. Hn einem großen mil Gold und leuchten den Farben ausgematten und mit kostbaren Teppichen geschmückten Saale war für uns an der Seite ein Tisch »ach Europäischcr Weise gedeckt; j» der Mitte lag sür die Perser, statt de« Tischtuches, ei» großer Kaschmir-Sbawl ausgebrriicl, auf wclchcm drei große Leuchter mit dicken und schiefen Talglichtcrn standen. Bis tcr erste Akt begann, v. b. bis die Tabackspseisen gebracht wurden, suckle der Wind uns mit allen möglichen Sorten von Komplimenten zu dewirlben, wa« übrigens nicht lange dauerte, weil man sich beeilte, die Psciscn zu reichen. Alles schrill zum Rauchen, wie zu einer Sache von Wichtigkeit, die Komplimente hallen ein Ende, und wir erkannlrn, daß Alles in der Welt, sogar dcr Ruhm, nichts al« Rauch ist. Nack Beendigung dieser Feierlichkeit brachte, man uns einige große Schüsseln mit verschjcdcnen ziemlich bitteren Süßigkcilen, die größteutheils au« ciner Mischung von Mehl, Schusselt lind Zucker bestanden. Dieser Akt wahrte indessen nicht lange; den Süßigkeiten folgten bald wieder die Pfeifen, die man uns in de» Mund steckte; auf« neue ward Alle« wieder zu Rauch, die Komplimente des Hausherrn mit einbegriffen. Dann brachte man in kleine» Tassen lieblich duftende» Mokka-Kaffee ohne Zucker, worauf abermals das Rauchen an die Reibe kam, gefolgt von schlechtem und so stark versüßtem Lbec, daß er fast Svrup geworden war. Damit schloß die Einleitung zur Mahlzeit. Nach einem kurzen Zwischenakt begann ein bedrulendes Esse», und woraus dieses bestand, soll in Nach folgendem erklärt werde». Wie Kameele beladen, traten Diener mit Brodle» berei», die so flach wie Eierkuchen wäre:! und wovon sic Hedem eine Portion reich.