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Naunhofer Nachrichten Die Naunhofer Nachrichten erscheinen jeden Dienstag, Donnerstag und Sonnabend Nachmittag 8 Uhr mit dem Datum deS nachfolgenden TagcS. Schluß der Anzeigenannahme: Vormittags 11 Uhr am Tage deS Erscheinen- Nr. 35 Freitag, den 21. März 1902 13. Jahrgang Bezugspreis r Frei in'S HauS durch Austräger Mk. 1.20 vierteljährlich. Frei in'S HauS durch die Post Mk. 1.30 vierteljährlich. Verlag und Druck: Günz L Eule, Naunhof. Redaktion: Robert Günz, Naunhof. Mit zwei Beiblättern: Illustriertes Sonntagsblatt und Landwirtschaftliche Beilage. Letztere Ille II Lag?. Ankündigungen: ( > Für Inserenten der Amtshauptmann- ) schast Grimma 10 Pfg. di« vierge- / spaltene Zeile, an erster Stelle und ! für Auswärtige 12 Pfg. ? Bei Wiederholungen Rabatt. Orts blatt für Albrechtshain, Ammelshain, Belgershain, Beucha, Borsdorf, Erdmannshain, Eicha, Fuchshain, Grotzsteinberg, Klinga, Köhra, Kleinsteinberg, Lindhardt, Pomtzen, Staudnitz, Threna und Umgegend. OtffenMe Ätzung des ÄMgkmeindttlltes zu Naunhof. Freitag, den 21. März 1902, Tagesordnung befindet sich anr-ÄMWitt. Eine Proklamation der Petersburger Studentenschaft. Die „Kreuzztg." veröffentlicht eine Pro klamation der Petersburger Stu dentenschaft aus der Zeit der letzten Studentcnunruhen. Die Proklamation lautet, wie die „Kreuzztg." versichert, in wörtlicher Uebersetzung: An die Gesellschaft. . . . Wenn die freie Entwickelung des menschlichen Geistes gehemmt oder unter drückt werden würde, so müßte vor allem anderen diese Freiheit erkämpft werden, dafür alle- eingesetzt, Blut und Gut geopfert werden, weil, wenn und so lauge sic nicht erkämpft ist . . ., das Menschengeschlecht dazu verdammt ist, ein schmachvolles und zweckloses Dasein zu fristen. Fichte. Das Organisationskomitee der Peters burger Universität hat, von dem Konvent des b. Februar dazu bevollmächtigt, beschlossen, an einer Straßendemonstration teilzunehmen. Man wirft uns seit lange vor, daß wir ins akademische Leben Politik Hineinbringen; daher ist e» unser Wunsch, einige Worte zur Rechtfertigung unserer Handlungsweise zu sagen. Auf dem Gebiete der Volksaufklärnng, und nicht allein auf diesem Gebiete, gehen die Ideen der Regierung und die Interessen des Landes diametral auseinander. Im In teresse der dem Untergang entgegengehendcn veralteten StaatSvcrfassung und der Selbst erhaltung ist die Regierung bereit, die vitalsten Interessen der ganzen Landbevölkerung preis zugeben. Wir bekämpfen dagegen diese Politik im Interesse des Volkes und seiner Rechte, im Namen der wahren Aufklärung und der freien Wissenschaft. Wir tragen unseren Protest deshalb ans den Mauern der Universität auf die Straße hinaus, um uns allen kämpfenden Elementen der russischen Gesellschaft anzuschließen, in denen wir unsere natürlichen Bundesgenossen erkennen. Wir fordern Euch, Bürger Peters burgs, auf, sich uns in diesem Kampfe an zuschließen. Es möge ein Jeder thun, was in seinen Kräften steht. Wer nicht in der Lage ist, sich an der Demonstration aktiv zu beteiligen, möge einfach zu dem Zwecke erscheinen, um al» sympathisierender Zuschauer unseren Mut anzufeuern. Tadelt uns nicht dafür, daß wir, die studierende Jugend, die Initiative in der verantwortungsreichen Sache des politischen Streites auf uns nehmen! Das liegt an Euch. Gern treten wir Euch die Ehre dieser Initiative ab und werden den Tag feiern, an dem eine ganze russische Gesellschaft, da» ganz: russische Volk mit der Forderung seiner Rechte aufstitt. Weiteres von dem Kampf / bei Tweebosch. / Der Korrespondent des „Standard" /sendet folgende interessante Beschrelhung der Schlacht von Tweebosch: „Methuen er blickte die Buren-Reiterei um fünf Uhr Mor gens vier englische Meilen hinter seinem Nachtrab. Er erkannte sie sofort als Bürest. (Von Khaki-Uniformen oder Verräterei erwähnt der Korrespondent kein Won). Drei Meilen entfernt formierten sich die Buren in fünf Linien in offener Ordnung und galoppierten direkt auf den Nachtrab los. Auf 1400 Meter eröffnete der Nachtrab Gewehr- und Granatenfeuer. Die Buren erwiderten mit heftigem Feuer und stürmten vorwärts, Hurrah rufend und ihre Gewehre schwingend. Ihr Zentrum kam direkt entgegen. Ihre Flügel schwangen sich um beide Flanken. Sie zeig ten äußersten Mut und Entschlossenheit, so daß viele mitten in den Schutzgürtel der Kolonne Hineinritten. Als Methuen den Ernst der Lage erkannte, sandte er eine Ab teilung Reiterei zur Unterstützung der Nach hut ab. Diese hielt den Ansturm der Buren nur vorübergehend auf. Die Buren, welche sich mit einer Tapferkeit benahmen, die man nicht zu rühmen Unterlasten kann, kamen abermals heran, ohne auf da» schwere Feuer zu achten. Um halb sieben Uhr wurde der tzauptangriff auf die rechte Flanke und den Nachtrab entwickelt. Die auf der Linken postierten Geschütze der 38. Felddatterie schleuderten ein verheerendes Feuer gegen den heranstürmenden Feind. Die Infanterie, welche zur Unterstützung der beiden Geschütze auf der Rechten abkommandiert war, focht mit der größten Disziplin. Anders jedoch die Reiterei der Nachhut. Entnervt durch den todesmutigen Ansturm der Buren rissen sie geradezu aus, in blinder Panik, nur die berittene Kap-Polizei, die fünfte Deomanry und einige kleine Abteilungen hielten mutig stand; der Rest ging in Verwirrung und zuchtlos auf der eigenen Flanke davon. Sie ließen die Geschütze unbedeckt, die Artilleristen fielen auf ihrem Posten. ES erfolgte dann der Rückzug in einen Kraal. Methuen über gab Major Paris da» Kommando und ritt zu den Geschützen auf d.r Rechten, wo er verwundet wurde. Die Geschütze waren zum Schweigen gebracht, die Infanterie und der Rest der Reiterei langsam zum Rückzug in den Kraal gezwungen, der jetzt umzingelt und unhaltbar wurde. Nur ein Mittel blieb, nutzlose Verluste zu verhindern, die Uebergabe. Rundschau. — Prinz Heinrich ist Dienstag Abend in Cuxhaven wohlbehalten eingetroffen. Nach kurzer Begrüßung durch dem Kaiser reiste er mit diesem nach BrunSbüttelkoop weiter. — Die preußische Eisenbahnverwaltung will Wünschen uno Vorschlägen, die nach der Altenbekener Katastrophe laut wurden, Rech nung tragen. Zur Zeit find nach der „Frankf. Ztg." sämtliche Eisenbahndirektionen der preußisch hessischen Gemeinschaft mit Erheb ungen beschäftigt, ob es ohne größere Ver spätungen und Belastungen der Schnell- und V-Züge möglich ist, ihnen einen Schutzwagen auch am Schlüsse mitzugeben. Dieser Wagen soll unbesetzt bleiben und so den seitherigen Schlußwagen vor Auffahren schützen. — Eine neue Trauerkunde kommt soeben aus Kamerun: Oberleutnant Nolte, ein ver ¬ dienter und in kolonialen Kreisen geschätzter Offizier, der schon seit 1896 der Schutz truppe angehört ist ein Opfer der Einge borenen geworden. Nähere Mitteilungen über seinen Tod liegen, der „Nat.-Ztg." ' zufolge, noch nicht vor. — Berlin. Durch den starken Eisgang ans dem Müggel-See ist die Dompferbrücke von den EiS'chollen völlig zerstört worden. Mehrere Personen hiben sich m t knapp r Not gerettet. fj Dortmund. Die Kündigungen der Bergleute nehmen immer größeren Umfang an. Zu den Entlastungen auf den Zechen „Luise Tiefbau" (164 Mann) und „Kaiser Friederich" (34 Mann) ist heute noch die Kündigung von 74 Bergleuten auf der Zeche „WiendahSlank" in RüdingShauien gekommen Die Bestürzung unter den Bergleuten ist einesehr große. — Torgau, 19. März. Hierselbst erfolgte heute die Gründung eines Komitees her vorragender Großindustrieller Mitteldeutich- lands behufs Einleitung der Vorarbeiten zur Herstellung eines GroßschiffahrtS- wegesBerlin-Riesa-Leipzig. Die Kosten wurden auf 190 Millionen M k. veranschlagt, wovon Preußen und Sachsen zusammen 100 Millionen Mk. und der Inte- restenverband 90 Millionen Mk. tragen soll. jj Bochum, 19. März. Die von Mittel schülern begangenen Sittlichkeitsverbrechen, von denen wir bereits gemeldet haben, sollen derart sein, daß sie auch nicht einmal ange- deutet werden können. Man hat sich an daS Provinzial-Schul-Kollegium um Abhilfe gewandt. Die Ausschreitungen wurden be gangen im Anschluß an Tringelage, die in den berüchtigten Kneipen der Stadt und der Vororte stattfanden. Viel besprochen wird auch eine Affaire, die sich in besseren Kreisen abgespielt hat und viel Aehnlichkeit mit dem Fall Sternberg haben soll. fj Weißenfels. Wegen Sittlichkeitsver- brcchen an einem 12 jährigen Schulmädchen wurde der 77 Jahre alte Almosenempfänger Gottlob Beer verhaftet. Derselbe ist bereits seit 26 Jahren Wittwer und ist schon 2 mal wegen ähnlichen Verbrechens mit Zucht haus bestraft worden. fj BreSlau. Der Tintenmacher Oskar Zimmermann der im Verlaufe eines Streites auf seine Frau eine brennende Petroleum lampe geworfen hatte, infolgedessen seine Frau durch die Explosion der Lampe ver brannt war, wurde vom Schwurgericht zu 8 Jahren Zuchthaus verurteilt. — Die Warschauer Meldungen von der Spionageaffaire, wobei der russische Oberst von Grimm die Hauptperson ist, werden jetzt mit dem Hinweis darauf bestätigt, daß Grimm die MobilmachungS- und Festungs pläne an österreichisch-ungarische Auftraggeber geliefert haben soll. Aus Petersburg wird ferner gemeldet: Oberst v. Grimm, gegen den die Untersuch ung wegen seiner hochverräterischen Hand-' langen ebenso eifrig, wie geheim geführt wird, stand, wie die Untersuchung bis jetzt ergeben hat, schon seit Jahren in österreichischem Solde. Von Grimm ist natürlich sofort verhaftet morden und dürfte seiner Verurteilung zu lebenslänglicher Zwangsarbeit in Sibirien sicher sein. Da» Gerücht, als ob General PuszerewSki, dem v. Grimm zukommandiert war, ebenfalls an den Strafthaten beteiligt sein sollte, ist unwahr. Der General hatte in der Zeit, als v. Griyim verhaftet wurde, eine Reise unternommen. Daraufhin entstand der Verdacht der Mitschuld. — Wien, 19. März. Wie Lemberger Blättern aus Warschau berichtet wird, habe Oberst Grimm von der deutschen Regierung für seine Dienste ein regelmäßiges Jahres- ^ehalt von 12,000 Mk. und eigene Honorare für besondere Dienste erhalten. Der russische Generalstab pflege gleich dem frenMschen fest Jahren den Ausländischen Agenten ab sichtlich gefälschte Militärpläne in die Hände zu spielen. Damit war Grimm betraut, und so konnte er, ohne Aufsehen und Ver dacht zu erregen, den Agenten echte statt falscher Pläne zukommen lasten. sj Wien, 19. März. Der Führer der alldeutschen Abgeordneten Schönerer, hielt heute zur Butgetdebatte eine Rede, die er mit dem Rufe schloß „Hoch und Heil den Hohenzollern!" Derselbe erzeugte naturgemäß im Saale große Aufregung. Die Slaven ließen viele „Pfuirufe" laut werden. Der Präsident erteilte dem Abgeordneten unter der Motivierung, daß er patriotische Gefühle verletzt habe, einen Ordnungsruf. Die All deutschen beantworteten denselben mit einem Hohngelächter und riefen dem Präsidenten zu „Schämen Sie sich! So eine Blamage!" Der Jungczeche Cramarcz hielt hierauf eine Entrüstungsrede gegen den „Hochverräter" schönerer. Er sogt in denselben, es fei die höchste Zeit für die deutschen Parteien österreichischen Gesinnung dieser deutschen Politik entgegenzutreten; während der Rede CramarczS kam es zu heftiegen Zusammen stößen der Alldeutschen Berger und Stein und der Ezechen Reichsstätter, Dr. Lyk und Postpichil. Stein sagte zu Reichsstätter: „Ruhig schwarzer Rastelbinder!" Dr. Dyck zu Stein: Gemeiner ehrloser Kerl!" Der Abgeordnete Berger sagte: „Es wird gleich mit Ohrfeigen regnen!" und Pospichil er« wiederte: „Sie werden solche vielleicht von mir bekommen!" Der Abgrordnete Stein schickte Dr. Dyk seine Zeugen. fj Wien, 18. März. Wegen der Schimpf« scene, welche im heutigen Reichsrate während der Rede des Abgeordneten CramarczS statt- fand, ließ der Abgeordnete Stein den Ab geordneten Dr. Tyk durch die Abgeordneten Schalk und Berger fordern. Als Dr. Dyk es ablehnte, mit den Sekundanten zu ver handeln rempelte Stein den Dr. Dyk in Corridor an und stellte ihn zur Rede, wes halb er ihn einen ehrlosen Lump genannt habe. Dr. Dyk erwiderte, das sei seine per sönliche Anschauung, er gebe weder Genug- thuung noch Aufklärung; daraus schrie Stein: „Sie sind ein ehrloser Kneifer" rannte in den Sitzungssaal und rief während der Rede d.s Abgeordneten Erler über die Hochschulen wiederholt: „Der Abgeordnete Dr. Dyk ist ein ehrloser Schuft und Kneifer, den ich nächstens mit der Hundepeitsche traktiren werde!" Dieser Scene folgte ein großer Spektakel. jj Budapest, 18. März. Die einzige über die Theiß führende mächtige Holzbrücke bei Zenta, die allein die Verbindung mit dem Banat aufrecht erhält, stürzte heute früh ein, wahrscheinlich infolge de» Erdbebens, das in der Nacht stattfand. Im Moment de» Zusammenbruches befand sich unter der Brücke ein mit Waren schwer beladener großer Frachtdampfer. Die schwere Brückenkonstruk tion stürzte mit ungeheuerem Getöse auf da» Schiff, zerschmetterte es vollständig und be grub es in den Fluten de» Strome», Die