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Naunhofer Nachrichten : 01.01.1902
- Erscheinungsdatum
- 1902-01-01
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1787848183-190201011
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1787848183-19020101
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1787848183-19020101
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Naunhofer Nachrichten
-
Jahr
1902
-
Monat
1902-01
- Tag 1902-01-01
-
Monat
1902-01
-
Jahr
1902
- Titel
- Naunhofer Nachrichten : 01.01.1902
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hübsches Weib sein, da sie eine so hübsche Tochter hat. Ich kenne Zerlinka nicht weiter, nur ihr himmlisch-schönes Gesicht mit jeden falls entsprechend schöner Seele hatte es mir angethan, und sie liebt mich wieder. Und weißt Du, ich als Schriftsteller brauche ein hübsches Frauengeficht, das hübsch bleibt, wie d«s ihrer Mutter, denn ich will, ich muß sterben im Anblick solch himmlischer Seligkeit!" „Der Wein spricht aus meinen Hans", dachte ich; wir gingen weiter. Da kam mit einem Male eine tief in einen Mantel gehüllte Gestalt hinter uns her gehuscht, die zuerst Hans bemerkte. „Du," phantasierte er auf einmal, „die dort sieht aus wie der Teufel. Komm schneller, laste uns laufen mir gruselt." Wir liefen, ich meinen Hans zu gefallen die Gestalt lief auch. Da sprang Hans, wie von einem Skorpion gestochen, an eine HauSthür, die im Nu von selbst aufzuspringen schien. Mit einem gellenden Schrei aber fuhr er zurück: ein altes, gebrechliches Weib, ein Scheusal in Menschengestalt, grinste uns entgegen! In zwischen war die Gestalt hinter uns heran« gekommen, lichtete den Mantel und sagte: „Mutter, das ist Hans!" Und Hans schrie auf: „Zerlinka, Du, und das ist Deine Mutter?" Er taumelte, ec sank zusammen ... ein Herzschlag! Wirtschaftsgeld in der guten alte» Zeit. Am kurfürstlichen Hofe zu Dresden lebte vor 150 Jahren der Sekretär Hanke, ein witziger Mann, der wegen seines bescheidenen GchaltcS sich nicht selten in Geldverlegenheit befand, aber trotz vielfacher Bitt gesuche doch nicht so glücklich war, eine Zulage zu erhalten. Da kam ihm der Einfall, sich an den Kurfürsten selbst zu wenden, denn er wußte, daß dieser ein ebenso leutseliger als heiterer Herr war. Er schrieb ein Gesuch folgendermaßen: Erhabener Herr, ich bin drin Sekretärin?, Der sich das ganze Jahr, erschrecklich plagen muß, Ich rechne Tag u. Nacht u- quäle mich mit Brüchen, Doch ist vom Monat noch die Hälfte nicht verstrichen, So ist der größte Teil von meinem Geld verzehrt. Wo nehm ich solches her? Ich fürchte mich zu borgen, Und muß doch unbedingt das ganze HauS versorgen. Ich teile fast mit Angst die MonatSgage ein, Doch will das Traktement niemals zulänglich sein. Für 40 Thaler Holz, damit ich nicht erfrier Zwei Thaler wöchentlich für Kaffee Wein und Bier, Für Butter, Fleisch und Brot, für Semmel Salz und Licht Setz' ich vier Thaler an, sie reichen häufig nicht Ein Thaler monatlich nur zum Gc- sindelohnc An siebzig Thaler ZinS, damit ich sicher wohne, Handschuhe, Wäschelohn für Hemden, Strümps und Schuh', Zigarren, Schnupftabak, eS langt weiß Gott kaum zu, Bier Thaler dem Barbier, und dann will auch der Schneider Dm Monat rechne ich 2 Thaler nur auf Kleider Summa 542 Thaler. DaS alles macht beinah' 600 Thaler auS, Und dennoch fehlt mir noch gar mancherlei im HauS. WaS kostet nicht die Frau, waS kosten Band u. Spitzen, WaS Schuh und Strümpfe, Tücher, Hüte, Mützen? WaS kostet nicht daS Kleid, mit Spitzen auSgeziert, Wenn man des Winters sie auf seine Bälle führt? Und wenn man Sommerszeit in einem Garten fährt, Da sind 8 Groschen nur in Kuchen bald verzehrt. Wie oft muß man nicht auch allhier zur Hochzeit gehn, Und wieviel Mal des JahrcS zu Gevatter stehn? Und läßt man endlich gar den Zuwachs taufen, Muß man auch allsobald mit Geld zum Küster laufen WaS kostet Kinderzeug, das teure Ammenlohn? Und stirbt am Ende gar der neugeborne Sohn, So wird man nimmermehr daS Kind umsonst begraben Warum? Die Kirche muß zuvor daS Ihre haben, Kurz: alles kostet Geld und ehe ichS gedacht, Da ist schon wiederum die Kaffe leer gemacht! Wie können so aufs Jahr 600 Thaler reichen? Drum laß, erhabener Herr, meine Bitte dich erweichen, Leg' hundert Thaler zu, denn krieg ich nur ein Blatt DaS deine Gnadenhand selbst unterzeichnet hat, So ist mein Wunsch erfüllt! — Ich stcrb im tiefsten Danke Erhabener Fürst und Herrr Drin treucrgebener Hanke. Der Kursürst lachte über den drolligen Kauz laut auf und Hanke erhielt zweihundert Thaler Gehalts zulage, jedoch mit der Weisung, sich nun mehr einzurichten. Vermischte Nachrichten. *Eine Aenderung der bisherigen Uniform der sächsischen Zoll« und Steuerbeamten soll, wie einer in der „Umschau dem Gebiete des Zoll- und SteuerwesenS" veröffentlichten Nachricht zu entnehmen ist, an maßgebender Stelle beabsichtigt sein. Hiernach soll daS hellgrüne Tuch an den Kragen und Auf schlägen durch ein solches anderer Farbe er setzt werden. Dazu wird dem „Vogtl. Anz." geschrieben: Der Neuerung würde, wenn sie wirklich zur Ausführung käme, von den be teiligten Kreisen mit recht gemischten Ge fühlen entgegen gesehen werden. Galt doch ohne Zweifel diese Uniform bisher als eine der schönsten unter allen sächsischen Beamten kleidungen und nur schweren Herzens dürften sich die betreffenden Beamten von denen ihnen lieb und wert gewordenen Farben, Dunkel- und Hellgrün trennen. Mag auch für die geplante Aenderung die Thatsache maßgebend gewesen sein, daß die zarte hell grüne Farbe des Rockkragens und der Aermel- aufschläge den WitterungSeinflüffen wenig standhielt und leicht ausbleichte, wodurch das ganze Aeußere der Uniform beeinträchtigt wurde, so muß doch dem entgegengehalten werden, daß dies bei den entsprechenden Uniformteilen der Beamten anderer Ver waltungszweige auch der Fall ist. Man ziehe hier nur die Uniformen der Anstalts- und Gerichtsbeamten in Betracht. Man denke ferner an die Sammetkragen der mittleren Eisenbahnbeamten. Indessen wurde aber bisher von den Zöllnern zu Gunsten des äußerst schmucken Aussehens ihrer Uniform gern ein kleines Opfer gebracht. Auch vom Kosten- standpunktc aus wäre eine derartige Neuerung, mag sie auch in schonendster Form zur Ein führung gelangen, den betreffenden Beamten recht wenig erwünscht. * Der Aberglaube in denIWeihnachts- Wochen. In der hochheiligen Zeit der Zwölften (Weihnachten-DreikönigStag) darf nichts rund gehen, nicht gesponnen und gefahren, nicht gebacken und gewaschen, nicht gemistet und gedroschen werden, sonst bekommt das Vieh Ungeziefer. Wer den Zaun bekleidet, d. i. Wäsche trocknet, muß den Kirchhof bekleiden, d. ist. sterben. Bleibt Flachs auf dem Rocken, so kommen die Heiden (Zwerge) und spinnen ihn ab Eggen und Pflüge darf man nicht :m Freien lassen, sonst verbirgt sich Graf Hackelberg mit seinen Hunden dahinter. Wie das Wetter in den „Zwölften" ist, so ist es in den zwölf Monaten des Jahres. Was man in den zwölf heiligen Nächten träumt, geht in den entsprechenden Monaten in Er- füllung. Sie verkünden jedem sein Los, daher ihr Name LoStage. Wenn der Wind in den „billigen" Tagen so recht durch die Bäume geht, so giebts ein fruchtbares Jahr. Werden die Eiszapfen zu Weihnachten recht lang, so wächst auch der Flachs lang. — Mitten in der Weihenacht, wenn das neue Jahr geboren wird und die Winter sonnenwende sich begiebt, steht die Zeit auf eine Weile still. Es ist gleichsam ein Riß, eine Spalte in der Zeit, durch welche die Ewigkeit mit ihren Entzückungen und Wundern hereinschaut. Darum wird jetzt Wasser zu Wein (aber Niemand vermag zu dem Brunnen zu gelangen, weil um zwölf Uhr alle Diebe ihr Wesen treiben), darum können die Tiere reden und weissagen, darum wachen die Toten auf, spuken jetzt alle Geister, steigen versunkene Städte und Reiche empor, blühen und reifen die Bäume, wie die Jerichorose in der Christnacht blühen soll, darum regen sich jetzt die Steine und öffnen sich die Pforten der Unterwelt. Wer hereintritt, kommt vielleicht nach dreißig Jahren wieder heraus und meint, eine kurze Stunde uerlebt zu haben. Bei Tribur, der alten Kaiserpfalz am Rhein, stand ein Apfelbaum, der in der Christnacht in einer Stunde Blätter und Blüten trieb und Früchte brachte. Von solchen Bäumen wird auch aus dem Vogt lande gemeldet. — Es scheint nicht be deutungslos, daß es gerade ein Tannenbaum ist, der als Weihnachtsbaum die wieder kehrende Erdkrafl versinnbildlichen soll, kein anderer ist dazu geeignet als er, der die Farbe den Winter über bewahrt. * Ueber berühmte Junggesellen ver öffentlicht ein amerikanisches Blatt eine interessante Studie, der folgende Einzelheiten zu entnehmen sind: „Alexander von Hum- wldt antwortete einstmals einer Französin, welche ihn fragte, ob er niemals geliebt ;abe: „Meine Liebe hat immer nur der Wissenschaft gegolten!" Wie Humboldt ist auch Leibniz unvermählt geblieben. Er hegte )en Grundsatz, man müsse sich erst vierzig Jahre besinnen, bevor man einen so wichtigen Schritt thue und als er sich endlich genug besonnen hatte, wies die Frau die er heiraten vollte, den Antrag ab, weil auch sie sich besonnen hatte. Ein Junggeselle blieb auch Leibniz' Zeitgenosse Isaac Newton, der sich ogar oftmals seine Mahlzeiten selbst bereitete. Bekannt ist die Geschichte, wie einst seine Haushälterin, die er fortgeschickt, ihn bei ihrer Rückkehr dabei betraf, wie er statt eines Eies, das er hatte kochen wollen, seine Uhr ins kochende Wasser geworfen hatte, während er mit dem Ei in der Hand dabei stand. Auch unter den Politikern gab es viele Zerächter der Eh*. Von den Politikern unserer Tage seien nur Gambetta, Caprivi, Lasker und Windthorst erwähnt. Die drei bedeutendsten Künstler aller Zeiten, Raphael, Michelangelo, Leonarda da Vinci, sind un vermählt gestorben. Echte Junygesellermaturen waren Kant und Beethoven. Kant äußerte sich über das weibliche Geschlecht folgender maßen: „Ein Frauenzimmer soll sein wie eine Thurmuhr, um Alles pünktlich und auf die Minute zu thun, und doch auch nicht wie eins Thurmuhr, sie muß nicht alle Ge heimnisse laut verkünden; sie muß sein wie eine Schnecke, häuslich, und auch nicht wie eine Schnecke, sie muß nicht all' das Ihrige am Leibe tragen." Ganz besonders war<n dem Weisen von Königsberg die gelehrten Frauen unbehaglich. „Sie brauchen," so meinte er, „ihre Bücher, wie ihre Uhren; sie tragen sie, damit man sieht, daß sie eine haben, obschon sie gewöhnlich still steht. Be zeichnend für Kant's Meinung über die Frauen ist auch eine Antwort, die er einmal in der Gesellschaft der Gräfin Königsmark gab. „Können Sie wohl," so fragte die Gräfin, „der Sie ein so großer Menschen kenner sind, gleich beim Eintritt in ein Haus warnehmen, ob der Mann oder die Frau die Herrschaft führt?" — „O ja", versetzte der Gelehrte, „bemerke ich, daß eine große Stille im Hause herrscht und durchaus kein Widerspruch stattfindet, so schließe ich, daß die Frau das Regiment führt." * Die Liebhaberei edler Jagd- und Luxushunde hat der von berufenster Seite geleitete Kynologische Klub Berlin L. V. beschlossen, zum ersten Male in Deutschland eine internationale Winterausstellung von Hunden aller Rassen am 8. und 9. Februar 1902 in den vorzüglich gelegenen, gut zu heizenden, riesigen Räumen des „Luisenhoses" zu Berlin, Dresdnerstraße 34 und 35, abzu halten. Die maßgebensten Fachleute auf diesem sportlichen Gebiete haben als Preis richter zugesagt. Nähere Auskunft erteilt die Geschäftsstelle der Ausstellung, Herr Max Manthey Berlin N., Oranienburger straße 5. Verwertbarkeit einer Erfindung be dingt nicht die Patentfähigkeit. Originalmitteilung vom Patentburean Sack*), Leipzig. Patentschutz. „Patente werden erteilt für neue Erfindungen, die eine gewerbliche Verwertung gestatten", lautet § 1 Abs. 1 deS PatentaesetzeS. Diese Bestimmung wird sehr häufig mißverstanden und zwar nach mehreren Seiten hin. Einesteils wird angenommen eS läge im Wortlaut deS Gesetzparagraphen die Bestimmung, daß daS Patentamt verpflichtet sei, die Prüfung der zur Patentierung eingereichten Er findungen auf die gewerbliche Verwertbarkeit auSzu- dehnen, anderenteils wird zuweilen versucht, auf Grund deS § 1 Abs. 1 eine Nichtigkeitsklage zu konstruieren dahingehend, daß eine patentierte Erfindung „nicht gehe", in Folge dessen gewerblich nicht verwendbar sei und deshalb das Patent zur Nichtigkeit gebracht werden könne. Sowohl die erste als auch die zweite Annahme ist unzurreffend. DaS Patentamt prüft nicht die hatsächliche Verwertbarkeit bez. Brauchbarkeit der Er- indung, sondern eS beurteilt sie nur auf die Möglich- ichkeit einer gewerblichen Verwertung hin, so daß z. B. daS „Perpetuum mobile", bekanntlich eine technische Unmöglichkeit, falls eS zum Patent ange meldet würde, zur Abweisung gelangt. AuS diesem Grundsatz ergiebt sich auch, daß die mangelnde Brauchbarkeit einer Erfindung nicht Grund ein kann, ein Patent nicht zu erteilen. -) Der Dersaflcr ist gern bereit, den Abonnenten der „Naunhofer Nachrichten" kistenlo« Auskünfte auf dem Gebiete des gewerblichen Schulwesens zu erteilen. 40 Thaler, 104 „ 208 ,, 12 „ 70 „ 80 „ 4 „ 24 .. Ai« vsiben KiVylke». Roman von Aug. Bntscher. 12 Die Freitn von Brandenstetten aber hatte sich wieder in aus gesprochen unruhiger Stimmung vom Stall-Andre» heimbeglei- ten lassen. Drunten im Herrenstüble ging e» stille her. Die Herren von auswärts waren weggefahren und nur die Familie vom „dür- ren Ast" mit den» Scholleuhoser und dem alten Schmunzele bei- sammen geblieben. Die Mutter war ganz aufgelöst in Wonne, weil selbst der alte Griesgram, ihr Mann zu seinem Sohne gesagt hatte: „Ein Maulwerk hast Du, das muß man Dir lassen, Du müßtest eben kein Thüringer sein, sie haben alle daS rechte RedhauS gehabt" und weil die beiden Schulkameraden sich wieder gefunden zu haben .. schienen. Sibylle ging wie verklärt umher, und doch wieder sinnend ernst. Den» große»» Tag -u Ehren hatte sie der Alte»» des alte»» Schmunzele einen Krug Beltliner geschickt, und ein bissel wa» zum Beißen. Dies hatte ihn so gerührt, daß er heute seit langer Zeit ein Schöpplein über de»» Durst trank und auf dem Heim wege mit schetteriger Stimm« ein Liedchen sang. AuS der Chronik vom „dürren Ast". Da stand auf dem neuesten Blatt in steifen, ungelenken und schon ein wenig zitte rigen Schriftzügen von der Hand de« alten Thüringer, der in neuerer Zeit sehr viel gegen die frühere Gewohnheit schrieb, aber das Buch jetzt sorgfältig verschloß: „Wir schreiben jetzt das Jahr Siebenzig und ich bin noch einige Krautherbste darüber, ein alter, dürrer Ast, den wohl bald ein Tturmstoß brechen wird. ES grünt und blüht wieder draußen wie alle Jahre, e» ist eigentlich eine langweilige Geschichte, wenn man nichts mehr vom Leben hat al» das tägliche Brot und da» Kopfweh. Wer dem Alter ei»» Loblied singt, muß entweder jnng oder dumm sein. Mir wenigstens gefällt eS nicht. E» nimmt alle- ab, die Auge»» werden glasig, die Ohren blöde, die Glieder zitterig, man spinnt an» letzten Faden und muß jeden Tag gewärtig sein, daß der Tod die Läden z,»macht. Nu»» meinetwegen; ich bin auch so eine Art GsrnichtS, da» fünfte Rad am Wagen. Und noch kann ich mir den „dürren Ast" nicht ohne Thüringer denken nnd meine, ich müßte e» noch erleben, baß mein Norbert wieder umsat telt und seinem Vater als Erbe und Astwirt die Auge»» zumacht. DaS Drandenken ist freilich eine Dummheit, ich weiß es wohl, denn je höher er fliegt, desto weiter hat er auf die heimatliche Scholle, er ist kein Gchollenhofer. Und vielleicht ist der Gedanke, e» müsse mit der Nachfolge in gerader Linie so fvrtgehen, eine noch viel größere Dumm heit, aber so sind »vir Thüringer eben, nur mein Bub mnßte auS der Art schlagen. Nobel, nobel heißt es bei dem und er bringt'» auch fertig, da» muß ich ihm lassen. Den Schollen- hoser hat er freilig vor zwei Jahren nicht gestochen trotz sei ner Rede, die mir selber schier durch Mark und Bein gegangen ist, aber ein anderer Bezirk hat ihn dann gewählt und jetzt sitzen beide in der Kammer und machen sich die Hölle heiß. Und Fi nanzrat ist er auch geworden, wie im Handnmdrehen. Es sott ein nettes Pöstlein sei»» und ich merk' eS wohl, daß meiner Alten der Kamm schwillt, und auch die Junge hat eil» Stölzle auf ihn, daS ist zu merken. Und daß er sie gern hat »vie die Sonne de», Mond, Kuckuck, waS schreibe ich für verrücktes Zeug! Das sieht ein Blinder. Und der andere anch, da» hab' ich lang schon gemerkt, nur kann man »licht darauskommen, ob sie den Nor bert oder den Scholleuhoser vorzieht oder gar keinen ernstlich mag, oder an, Ende alle beide, bei den Weibsbildern ist alles möglich. DaS steht man an der andern Sibylle, die nach beiden angelt und eine alte Scherbe dabei wird. Aber beim Aufsteigen von meinem Norbert, ich kam« ihn eigentlich doch nicht ganz wegwerfell, hat sie jedenfalls einen Finger im Spiel gehabt, wenn nicht am Ende die ganze Hand. Sie hat den Hofmar- schall, der mit der neuen Bahn oft genug gekommen ist, fast gefressen vor Liebe, und ein Rad, das man schmiert, läuft wie besessen, ein alter Kerl wie ich, kennt sich aus, man sieht das sogar in Sonderegg. Nun, fertig hat der Norbert e- gebracht, wie «S zugegangen ist, geht mich weiter nicht» an, ich mein' nur, er hat sein Hütletn ost genug in der Hand tragen müssen. DaS steht einem Thüringer freilich nicht gut an und der Schol lenhofer thäte eS um keinen Preis, nicht einmal um unsere Si bylle, aber die Wett ist eben nicht mehr, wie sie gewesen ist. Aber ein Thüringer ist er doch und zeigt in der Kammer sei nen Widersachern ordentlich die Zähne. Ich werd's anfgeben müssen, zu glauben, daß er zu seinem Bater und zu seinem Heimgut zurückkommt, aber ich bring'« nicht hinunter, e» will mir nicht au» dem Kopf, so wenig al» da» Kopfweh. E» ist mir schon der Gedanke gekommen, ob man nicht al» letzten Trumps unsere Sibylle auSspteleu könnte. Da» Mädel hängt an uns wie eine Klette und gerade so er an ihr, sonst hätte er schon lange geheiratet, es werden nicht viel ledige Finanzräte in der Residenz hernmlanfen. Wem» man nur machen könnte, daß sie sage»» würde: „Ja, ich will Dein Weib werden, wenn Du die ganze noble Geschichte fahre»» läßt und thust, wie Dein alter Bater will." So könnte e» an» Ende noch gehen, denn ein junge», blitz- saubere« Ding hat schon ganz andere Stücklein fertig gebracht. Aber freilich, Finanzrätin werden, ist auch kein Flederwisch für ein Mädel, da« doch immer seine Mucken im Kopf hat. Aller- ding» ist sie nicht »vie andere, sie ist au« besserem Holz und will nicht den Mond langen »vie die kleine»» Kinder, »venu sie eine»» silbernen Teller mit der Hand greifen kann. Wenn sie aber so eine rechte, gründliche Liebe zu ihm hätte! Dann freilich helfe»» all' diese krummen Wege nicht viel, und sie stehe»» eigentlich so eine»»» alten Knochen, der eil» Thürin ger ist, nicht sonderlich an. Und hat sie am Ende den Schotten- Hofer gern, oder eine»» andern, so ist eS überhaupt nicht« und ich kann n»it der ganzen Geschichte einpacke»». Und, weiß der Kuckuck, vielleicht hat er gar der andern einen Berspruch ge macht, daß er die Hände llicht frei hat. Dann ist es wieder nicht«. Daß sie mit Hände»» nnd Füßen schafft, um unter die Haube z« kommen, da« pfeife»» die Mäuse. 94,20 Ihre Mutter ist gestorben, sie kommt in die Jahre, doch hinan« will sie nnd hat bei den Herrische», mehr als eiuen Stein in» Brett, man mnnkelt sogar, sie werde Hofdame oder wie man da« Ding heißt. Und beim Schollenhofer hat sie wohl nicht sonderlich viel Ansstchten, er lacht ihr fast in« Gesicht. Es muß etwas dahiMerstecken, aber ich kann es nicht recht heranSbe- kommen. Anch der alte Schmunzele, der doch sonst das Gra» wachsen hört, zuckt nur die Achseln und macht Sprünge, bei de nen man nachher so gescheit ist wie züvor. Und so schreibe ich mir da die Finger krumm Wege»» Sachen, bei denen ich am Ende so wenig machen kann, al« der Stall-Andre», der der Wett mit Zähneblöcken den Lanf läßt. DaS konfuse Geschreibsel in dem alte»» Buch ist für mich alten Mann vielleicht auch ein« Dnmmheit, aber, ich weiß nicht, wie mir ist, e» krabbelt mir eben in den Fingern, e» ist doch eine Kurzweil und man schreibt sich so allerlei von» Herzen herunter, da» wie ein Alp darauf liegt."
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