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einer weicheren Substanz, die den Wurzel teil des Zahnes gerade so überzieht, wie der Schmelz den Kroncnteil. Der Wurzeltet! steckt in der Jugend im Kisser, im Alter aber schrumpft der Knochen ein und das Zahnfleisch zieht sich zurück. Meist ist schon vom dreißigsten Jahre an ein geringes Zu rückweichen des Zahnfleisches zu bemerken und in diesen Fällen können durch vieles Bürsten in querer Richtung Rinnen in den Zähnen entstehen. Man soll daher nicht nur in querer, sondern vorzugsweise in der Richtung bürsten, wie die Zähne gewachsen sind. * Die Geheimnisse eines griechischen Irrenhauses. Die Entführung eines Arztes aus dem Jrrenhause, in dem er, nach seiner Versicherung vollständig gesund, 14 Monate eingeschloffen war, bildet dort das Tages gespräch. Der von seiner Schwester ^Amalia Kofeski entführte Arzt ist der Sohn des um das griechische Sanitätswesen hochverdienten aus Bayern stammenden derzeitigen General arztes der griechischen Armee, Bernhard Ornstein. Sein älterer Bruder Otto studirte gleich ihm in Paris und Berlin Medizin. Während der ältere sich in Chios niederließ, war der jüngere, Konstantin, in einer kleinen Stadt in der Nähe von Beirut als Arzt thätig. Hier verfeindete er sich jedoch mit dem dortigen deutschen Konsul Christmann, einem intimen Freunde seines Bruders Otto und zwar in so hohem Grade, daß er sich seines Lebens nicht mehr sicher fühlte und neun Monate hindurch sein Haus nicht ver ließ. Er strengte inzwischen gegen Christmann, dqr ihn gedroht hatte, ihn zu tödten, einen Prozeß an und begab sich zu seinem Bruder Otto nach Chios und von dort aus mit ihm nach Athen. Hier erfolgte auf sehr geschickte Art seine Einschließung in das Irrenhaus. Eine Pension von 200 Drachmen zahlte ein dritter, in Deutschland etablirter Bruder Anton. Dieser unterhielt auch die Familie des für irrsinnig erklärten Arztes. Der behauptet nun, ausschließlich auf Veranlassung seines Bruders Otto dem Jrkenhause über wiesen worden zu sein, da dieser erstens mit dem Konsul Christmann aufs intimste liirt sei. Noch weitere Gründe wolle er nur vor dem Gerichtshof darlegen. Er sei keinen Augenblick krank gewesen, wohl aber habe man ihn, nach seiner Auffassung wenigstens durch allerlei Dinge, beispielsweise durch Erschrecken zur Nachtzeit, verrückt machen wollen. Die Befreiung des unglück lichen Arztes geschah in der Weise, daß er, zufällig im Direktionszimmer weilend, im Telephon die Stimme seiner Schwester Amalia Kofeski erkannte. Er beschwor diese flehentlich, ihn aus seiner entsetzlichen Lage zu befreien. Das gelang denn auch der klugen, energischen Frau, die die Sache ihres Bruders bis vor die Königin Olga bringen will. Der befreite Arzt Konstantin Ornstein aber erzählt ganz Schauerliches von der Behandlung vieler Irren, von denen manche infolge brutaler Behandlung gestorben seien. Es herrsche in dieser Anstalt nach seiner Ansicht ein solches System der Grausamkeit daß es bester sei, enthauptet zu werden, als dort weiter zu leben. Er nannte auch mehrere Personen, die völlig gesund von ihren Verwandten nur deshalb dem Irren- Hause überwiesen worden seien, damit ihnen das Vermögen der Eingeschlostenen zufalle. Die öffentliche Meinung verlangt dringend die Einsetzung einer Kommission unparteiischer Fachmänner, die diese beunruhigenden Aus sagen entweder widerlegen oder alles schonungslos aufdecken soll. * Ein Menschenfresser. In einem russischen Städtchen trat eine wandernde Theatertruppe auf. Die Künstler fingen an zu hungern. Da verkündete eines Tages der Theaterzettel; „Während der heutigen Vor stellung wird der neu engagierte Menschen fresser einen lebenden Menschen verschlingen." Abends war das Theater überfüllt. Das Publikum wartete hochklopfenden Herzens auf den „interessanten 8tar. Der Vorhang ging in die Höhe. Nachdem verschiedene Nummern aufgewickelt waren, erschien der Menschenfresserin einer blutroten Gewandung. Ein Beifallssturm brauste ihm entgegen. Er aber sprach: „Meine Damen und Herren! Der Ankündigung gemäß werde ich sofort einen lebenden Menschen verschlingen." — „Bravo, Bravo!" lobte man vor Entzücken. „Aus diesem Grunde bitte ich, daß eines der Herrschaften zu mir aufs Podium kommt." Im Augenblick war das Theater leer. Die schlauen „Künstler" aber konnten sich wenigstens einmal satt essen. Tageskalender für Naunhof. Bürgermeisteramt: Wochcntäglich von 9—12 Uhr Vorm., 3—6 Uhr Nachm. im Rathause, in der Privatwohnung wird nicht expediert. Stadtsteuereinnahme: Mittwoch und Sonnabend von 9—12 Uhr Vormittags 2—5 Uhr Nachm. Stadtkaste: Wochentäglich von 8—12 Uhr Vorm. 2—6 Uhr Nachm. Städtische Sparkaste: Montag und Donnerstag von 9—12 Uhr Vorm. Einlagen auf neue Bücher werden stets angenommen. Krankenkaffe: Wochentäglich von 8—12 Uhr Vorm., 2—5 Uhr Nachm. Die Niederlage der Sächsischen Haubtbibel- gesellschaft befindet sich im Vsarrhause. Der nene Gottesacker ist geöffnet von Ostern bis Michaelis täglich von Vorm. 7 Uhr bis Nachm. 9 Uhr, von Michaelis bis Ostern von Vorm. 9 Uhr bis Nachm. 6 Uhr bez. je bis Sonnen untergang. Kgl. Standesamt im Rathausc: Wochentäglich von 9—12 Uhr Vorm, und von 2—6 Uhr Nachm. Ariedensrichteramt (Forstmeister Bruhm) Eexp- ditionsstunden: Dienstag und Donnerstag von Nachmittag 6 bis 7 Uhr- Kgl. Stenrrrezeptnr, Bahnhofstr. Wochen täglich von 8—12 Uhr Vorm-, 2—6Uhr Nachm. Vereinsvank Nannhof, Grimmacrstraß^ 191, geöffnet vormittags 10—1 Uhr. Kaiserliches Postamt: Der Postschalter ist ge öffnet a) an Werktagen von 7 (im Winter von 8) Vorm, bis 12 Mittags und von 2—7 Nachm., b) an Sonn- und Feiertagen von 7/8 bis 9 Vorm, und 12—1 Äachm. Außerdem für den Telcgraphcndienst von 5—6 Nachm. Der FernsprechVcrmittelungsdieust wird wahr genommen Werktags von 7/8 Vorm, bis 9 Nachm., Sonntags von 7 8 Vorm, bis 1 Nachm. und 5—6 Nachm. Tie öffentliche Fernsprechstelle im Postamt kann nur während der gewöhnlichen Schalterdienststundcn benutzt werden. Einschreibbriefe und gewöhnliche Packete werden gegen eine besondere Gebühr von 20 Pf. für jede Sendung auch außerhalb der Schaltcr- dienststunden angenommen, sofern ein Beamter im Dienstzimmer — Eingang durch den Hof — anwesend ist. Unter derselben Voraussetzung werden daselbst auch Telegramme, die aber vorher schon niedergcschrieben sein müssen, angenommen. Die Bestellung in» Orte beginnt a) für gewöhnt, und Einschreibbriefe: 7*/., Vm., 9V. Vm., l'/, Nm. und 6V4 Nm., b) für Packete, Postanweisungen und Wertsendungen: 9'/^ Vm., 1Vs Nm. und 6'/« Nm. Sonntags finden nur die beiden Vormittagsbest ellungcn statt. Die Abfertigung der Landbriefträgcr findet statt. u) nach Ammelshain, Klinga, Staudtnitz, Erd- mannShain Eicha und Albrechtshain um 7^ Vm. und 1V, Nm-, d) nach Lindhardt während der Zeit des Fremdenverkehrs um 8"/« Vm-, 1V- Nm. und 6V4 Nm., während der übrigen Zeit um 8^ Vm. und 4 Nm. Sonntags werden die Landortc nur einmal — Vormittags — bestellt; Packete werden dabei nicht abgetragen Am Charfreitag, Bußtag, Himmclfahrstag und am ersten Weihnachts-, Oster- und Pfingst feiertag ruht die Landstcllung ganz. Geleert wird der am Eisenbahn-Stationsge bäude angebrachte Briefkasten um 6'° Vm., 8'» Vm., 11° Vm., 12°° Vm., 3" Nm , 5'° Nm. und 8^ Nm- Amtliche Verkaufsstellen für Postwertzeichen befinden sich beifolgenden Privatpersonen: Felix- Steegers Nächst, Langestraße, C. Hoffmann, Markt und Heller, Bahnhofstraße. Kgl. Güterexpedition: Die Expcditionslokalc sind dem Publikum an den Wochentagen im Sommer- Halbjahr von 7 Uhr Vorm, bis 7 Uhr Abends, im Winterhalbjahr von 8 Uhr Vorm, bis 7 Uhr Abends mit Unterbrechung der Mittagszeit von 12—2 Uhr geöffnet. Eilgüter können auch an Sonn- und Festtagen Vormittags mit Ausschluß der Zeiten des Gottesdienstes ausgclicsert bczw. angenommen werden. Geschäftsstelle des Gewerbe-Vereins und Geschäfts stelle des Verschönerungs-Vereins in der Buch handlung von Günz L Eule, Markt 79. > Botenfuhrwerk nach Leipzig. Gustav Ebersbach, Langcstr. Dienstag, Donnerstag und Sonnabend. Annahmeschluß für Sendungen Montag, Mitt woch, Freitag Abends 7 Uhr. Botenfnhrwerk nach Grimma: Frau verw Heßler, Langcstr Mittwoch und Sonnabend. Annahmeschluß an diesen Tagen bis früh 7 Uhr. (:) „Neueste Erfindungen in Bild und Wort." Das zweite Heft dieser mit zahl reichen Abbildungen und vielseitig interessantem Text ausgestatteten, vom Patentanwalt Sack, Leipzig herausgegebenen Zeitschrift ist soeben erschienen. Der Inhalt umfaßt: „Blousen- halter für Damen; Lampenhalter für Näh maschinen; Sattelstützrohr als Behälter für Radfahrkarte; Stuhl mit Sitzbadewanne; Sopha; Küchentisch; Bierschoppenzähler; Brust stütze für Radfahrer; Wand- und Tischbe hälter: Küchenstuhl mit Waschgefäß; Schnür- Verschluß; Universalkeil zum Baumfällen- Trichtermaß; Teigteilmaschine; Blumenbeet- einfafsung; Grünmalzwender; Fülltrichter mit Reinigungssieb; Tcigknetflügel: Schrankthür beschlag; Gabelriemen ; Schütttrichter; Jalousie; Musterbuch; Spundapparat; Unsinnige Er findungen ; Verschiedenes; Beantwortung von Fragen." Einzelne Hefte dieser Zeit schrift werden Interessenten auf Verlangen kostenfrei zugesandt. Professor l)r. B. Schulze-Breslau Uber die durch die verschiedene Düngung hervorgerufeneu Ver änderungen des Gehaltes au Nährstoffen. Pros. vr. Schulze veröffentlicht Untersuchungen über die durch verschiedenartige Düngung hervorgc- rufenen Veränderungen des Gehaltes an Nährstoffen, Phosphorsäure und Kali beim Heu, und kommt da bei zum folgendem Schluß. „Man ersieh! aus diesen Zahlen, daß das Kalisalz bei allen drei Versuchen den stärksten Einfluß auf die Erntemeugen gehabt hat. Die Wirkung tritt am stärksten da hervor, wo das Kalisalz allein oder nur zugleich mit Kalk gegeben wurde. Die Erträge an Kali in den Pflanzen lassen er kennen, daß diese Erscheinung nicht eine zufällige ist, denn in allen Fällen ist gleichzeitig die höchste Ent nahme von Kali aus dem Boden erfolgt. Die Ernten an Portein stehen mit der Düngung nicht in einer bestimmt ausgesprochenen Beziehung, doch nimmt die reine Kalidüngung neben der gemischten Düngung den ersten Rang ein. Im direkten Verhältnis zur Kalidüngung steht je doch unbedingt die Bildung von Kohlenhydraten (stickstoffreichcn Extraktivstoffen und Rohfaser). ES ist namentlich bei einigen versuchen deutlich in die Augen springend, wie durch die alleinige Kalidüngung die Produktion an diesem Pflanzenbestandteile speziell gehoben worden ist. Der Einfluß der Phosphor- säurc oder des Kalkes in einer besonderen Richtung ist nicht crkcnnnar." Aus diesen Worten des Professors Schulze geht wohl genügend hervor, wie unumgänglich notwendig gerade eine Kalidüngung für die Pflanzen ist. Es ist deshalb nur jedem Landwirt immer wieder anzu- raten, seine Pflanzen mit hinreichenden Mengen Kali zu düngen, welches man den leichten Böden in Form des Kainits, den schwereren in Form des 40°/„igeu Kalidüngesalzes giebt. DM- Offene Beinschäden, Krampf adergeschwüre, Hautkrankheiten und Lupus gehören zu den hartnäckigsten, lang wierigsten Krankheiten. Alle, die daran leiden, machen wir an dieser Stelle nochmals ganz besonders auf den unserer heutigen Gesamtauflage beiliegenden Prospekt des Herrn Jürgensen-Herisau (Schweiz) aufmerksam. Selbst gänzliH veraltete Fälle wurden, wie der Prospekt aufweist, völlig geheilt. Man wende sich zunächst schriftlich an Herrn Jürgensen-Herisau (Schweiz). Briefe nach der Schweiz kosten 20 Pfg. Porto. Astronomischer Kalender. Sonntag, den 10. November 1901. Sonnenaufgang 7 Uhr 12 Min. Sonnenuntergang 4 Ubr 15 Min. Mondaufgang 5 Uhr 11 Min. Monduntergang j 3 Uhr 23 Min. — Kennen Sie hier den reichen Ruffen? — Wo denn? Hewotman und verloren. Roman von Feodor Büchner. 29 „Wie meinen Sie das, Herr von Wilbrandt?" frug Lena ein wenig spitz. „Es lag nicht in meiner Absicht, Ihnen durch meine Worte zu nahe zu treten, Fräulein von Weinhold, es ist das nur meine persönliche Ansicht, die ich aussprach, ohne daß ich dafür irgend welche Giltigkeit in Anspruch nehme. Ich meinerseits sehe ein deutsches Mädchen lieber als Gretchen am Spinnrocken, als auf dem Rücken dahinrasender Pferde. Aber über den Geschmack läßt sich nicht streiten, und was Sie selbst anbetrifft, Fräulein von Hauschild, so konnte ich mir allerdings nicht denken, daß das Bild, welches ich mir von Ihnen gemacht habe, mich so getrogen haben sollte. Sie sind keine Amazone." Er sah sie mit einem langen, tiefen Blick an. Eva fühlte das Blut heiß in sich aufsteigen. Einen kurzen Augenblick vergaßen sie beide die Gegenwart Lenas, welche dieses stumme „Sich verstehen" deuten zu kön nen glaubte. Als Wilbrandt sich später von Eva verabschiedete, bat er sie leise um einige von den Blumen, welche sie vorhin gepflückt hatte. Sie hatte dieselben im Gürtel befestigt und zog sie heraus. „Welche?" frug sie uud hob ihr Gesicht zu ihm auf. „Die Gretcheublumen," bat er. „Warum gerade die?" „Weil ich sie sehr liebe, weil ihnen die Eigenschaft des Wahr sagens innewohnt und daun auch, weil sie mich an das erinnern sollen, wovon wir vorhin gesprochen haben." Lächelnd gab sie ihm die Blumen hin. * * Als Wilbrandt mit dem Oberförster auf Lindenthal zuschritt, war er mit sich selbst sehr unzufrieden, daß ihn seine Liebe zu Eva heute zu einer größeren Offenheit hingerissen, als er vor der Hund beabsichtigt hatte. Er war ganz dem Impuls des BugeublickS gefolgt, er hatte heute aus EvaS ganzem Wesen ein wärmeres Interesse für ihn herauszufühlen geglaubt, und so hatte sein übervolles Herz den kühl abwägenden Verstand kurze Zeit zum Schweigen gebracht. „DaS darf nicht wieder vorkommen," sagte er sich. Palmry begann langsam und in fast feierlichem Ton ihm von seiner heutigen Unterredung mit Frau von Lunger zu er- zählen. Wilbrandt hörte gespannt zu, seiue Züge verrieten nichts von dem, was in ihui vorging. „Wenn es denn jetzt schon sein muß, aber ich handle gegen meine Ueberzeugung." „Nein, daS thun Sie nicht, Wilbrandt. Schwere Not, Mensch, seien Sie nicht so verblendet!" fuhr eS dein alten Herrn heraus. „Das Mädel kann doch nicht um Sie anhalten, und wenn Sie den Mund nicht bald aufthuu, heiratet sie Ihnen dieser Krassell einfach weg." „Wenn Fräulein von Hanschild das thut .. nun, daun fühlt st« eben für mich keilt Interesse, uud da ist eS vielleicht über haupt bester. . ." „Sie ziehen sich zurück!" unterbrach ihn der Oberförster. „Jawohl, natürlich! Ich verstehe Sie einfach nicht mehr, mein lieber Wilbrandt; wrnu Sie Fräulein Evchen lieb haben, und darüber können Sie sich wohl rmttlerweile klar geworden sein, so spielen Sie nicht den Unnahbaren, sondern nehmen Sie den Kamps ans; ich habe bis jetzt immer geglaubt, Sie hätte» Mut und Selbstvertrauen. Erst wenn sie Ihnen klar uud deutlich sagt: Ich mag Dich nicht . . daun tragen Sie es eben wie ein Mann." „Aber ihr Vater, der Präsident von Hanschild, wird mir die Thür weisen, wenn ich seiner Tochter keine sorgenfreie Exi stenz bieten kann," warf Wilbrandt ein. „Nun ja, das findet sich schon," entgegnete Palmey beruhi gend. „Meinen Rat haben Sie, nun handeln Sie, wie Sie eS für nötig halten." * 4 * Der Präsident kehrte mit seiner jungen Frau zu Ende des September nach H . .. . zurück. Die ueue Dienstwohnung war im großen und ganzen fertiggestellt und Herr von Hauschild hatte keiue Kosteil gescheut, seine Räume auch im Innern mit einen, gewissen vornehmen Glanz auSzustatten, den seiue Stel- lnug nun einmal erforderte. Elisabeth fand hie und da noch verschiedene» nicht geschmack- voll genug und der Abänderung bedürftig, und der Präsident, der gerade in diesen erstell Wochen nach seinem Urlaub mit Arbeiten stark überhäuft war und daher keine Zeit zur Erledi gung häuslicher Angelegenheiten fand, füg.e sich bedingungslos allen Wünschen seiner jungen Frau; er wußte za, daß sie eilten guten Geschmack und besonderen Sinn dafür besaß, eine Häus lichkeit anheimelnd und doch zugleich vornehm anszustatten. So konnte Elisabeth mit ihrer neuen Lebensstellung recht zufrieden sein und war es auch. Mit Jllusioneu uud sentimen- taten Gefühlen waren beide nicht in die Che getreten, Elisa beth am allerwenigsten. Als der Präsident sie um ihre Hand bat, hatte sie sich keinen Augellblick besonnen, einzuwilligen; sie war bei diesem entscheidenden Schritt nicht ihrem Herzen, sondern lediglich ihrer Klugheit gefolgt. Ihre Erwartungen hatten sich bisher glänzend erfüllt. Hauschild war ihr gegen über ein in jeder Weise rücksichtsvoller Gatte, er hatte ihr mit seinem Namen eine Stellung und einen Rang geboten, welche eS ihr ermöglichten, mich weiterhin eine Rolle zu spielen iu einer Welt, in welche sie ihrer Ansicht nach allein gehörte. Je mehr sie sich au diese Roll; gewöhnte, um so mehr sah sie ein, daß das Los, welches ihr zugefalleu, doch schließlich nur ein Tcibnt war, der ihrer Schönheit und Liebenswürdigkeit dargebracht wurde, und vou diesem Gesichtspunkt aus konnte der Präsident auch ihr eigentlich recht dankbar sein, daß sie ihm so ohne alle Bedenken ihr Jawort gegeben und mit liebevollem Blick über- sehen hatte, daß er ihr gegenüber doch eigentlich ein alter Mann war. Manche andere Dame hätte sich vielleicht besonnen, denn eS waren doch hohe Anforderungen, welche an die Gemahlin des Herrn von Hauschild gestellt wurden. Elisabeth fühlte sich jedoch in ihrer neuen Würde und dem neuen Wirkungskreis bald heimisch. Sie empfand immer mehr, dies allein Ivar die Atmosphäre, iu welcher sie lebeu konnte, und sie begriff nicht, wie sie es in kleineren Verhältnissen bisher überhaupt hatte aushalten köu- neu. Ihr Vater hatte sie zwar oft gebeten, sich mit etwa» Ern sterem zu beschäftigen, sie sei alt genug geworden uud habe das Leben hinlänglich genossen, es biete sich so viel gnte Gelegen heit, sich nützlich zu machen . . Du lieber Gott! Sie mußte lachen. Mau konnte doch wirklich nicht vou ihr verlangen, sich um Wirtschaftsangelegenheiten zu kümmern uud jetzt noch dazu, in dieser Stellung! Wozu waren denn auch die vielen Dienstboten da? ES gab ja außerdem so viel andere Beschäftigung, daß sie oft nicht wnßle, wo ihr der Kopf stand. Elisabeth saß vor dem Kamin, in welchem ein knisternde» Feuer brannte, es war Ende Oktober heraugelmmuen. 93,20