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Bezugspreis r Frei in'« Haus durch Austräger Mk. 1.20 vierteljährlich. Frei in s HauS durch die Post Mk. 1.30 vierteljährlich. Verlag und Druck: Günz Eule, Naunhof. Redaktion: Robert Günz, Naunhof. Ankündigungen: Für Inserenten der Amtshauptmann- > schast Grimma 10 Pfg. die vierge- j spaltcne Zeile, an erster Stelle und für Auswärtige 12 Pfg. Bei Wiederholungen Rabatt. Mit zwei Beiblätter«: Illustriertes Sonntagsblatt und Landwirtschaftliche Beilage. Letztere «lle 14 Tage. Naunhoser Nachrichten. Orts blatt für Albrechtshain, Ammelshain, Belgershain, Beucha, Borsdorf, Erdmannshain, Eicha, Fuchshain, Großsteinberg, Klinga, Köhra, Kleinsteinberg, Lindhardt, Pomßcn, Staudnitz, Threna und Umgegend. Die Naunhofer Nachrichten erscheinen jeden DienStag, Donnerstag und Sonnabend Nachmittag 8 Uhr mit dem Tatum dcS nachfolgenden Tages. Schluß der Anzeigenannahme : Vormittag? 11 Uhr am Tage des Erscheinens Nr. 115.Mittwoch, den 25. September 1901.12. Jahrgang. Bekanntmachung. Nach Abbruch der alten wird mit dem heutigen Tage die neue Ratswaage dem öffentlichen Gebrauche übergeben. Im Betriebe der Waage ist nichts geändert worden, nur werden an Stelle der Wiege scheine von jetzt ab Wiegekarten ausgegeben. Naunhof, den 24. September 1901. Der Stadtgemein-erat. Igel, Bürgermeister. Donnerstag, den 26. dss. Mts. Nachm. 3 Uhr, gelangen zu Klinga 1 Wäscheschrank, L Sopha, 2 Spiegel, 1 Schreibsekretär, 1 einspänniger Kutschwagen, 1 Rennschlitten u. V. m. meistbietend gegen sofortige Baarzahlung zur Versteigerung. Bieter sammeln sich daselbst im Gasthofe. Grimma, am 23. September 1901. Der Gerichtsvollzieher des Königl. Amtsgerichts. Der Goldhunger. An den Krachen der vergangenen und der kommenden Monate ist in letzter Linie wieder einmal die nbprtri ebene Wertschätzung des Geldes schuld. Die Sanden, Erner, Schmidt, Terlinden, Schostag und wie die Betrüger alle heißen, hatten es garnicht nötig, ihre Hände nach Schätzen auszustrecken. Sie hatten in Hülle und Fülle, mehr essen und trinken konnten sie nicht, nur der Wahnsinn des Goldes, die schlimmste Art des Wahnsinns, weil sie zu schwer erkennbar ist, hat sie auf Abwege geführt. Was hat so ein Mann, wie Schostag, besten Leichnam mit Ver wünschungen in die Erde gebettet oder von den Studenten in der Anatomie zerstückelt wird, von seinem Betrug gehabt, was hat ein Terlinden,der zähneklappernd und schaudernd sich mit Händen und Füßen gegen die ihn erwartende Zuchthausstrafe sträubt, was hat der flüchtige Schmidt aus Kastel, der von seinem Gewissen geplagt und aus Angst vor der Strafe, ohne Heimat, fern von seiner Familie, ohne Lieben, ruhelos durch die Welt zieht, von den unterschlagenen, erschwin delten und gegen seine bessere Einsicht ver lorenen Geldern anderer Leute gehabt — nichts und nochmals nichts ist die Antwort. Und trotzdem, überall packt der goldene Wahn sinn die Menschen, ob kleine Stadt, ob Bank oder Fabrik, er läßt sich nicht bannen, und die Opfer, die er jetzt fordert, werden wohl leider nicht die letzten sein. Die Ueber- spekulation hat den Menschen, die Ueber- produktion die Industrie in ihrem Gleichge wicht gestört. Noch ist alte Kaufmannstreue, b edere KaufmannSchrlichkeit genug vorhanden, ober die Vorkommnisse rütteln an den Grund- v sten des Handels, an Treue und Glauben, und es bedarf eines eisernen BcsenS, hier einmal gründlich auSzukehren. Freilich, eene solche Gründlichkeit wird den Verlust hundert fach vergrößern, denn dann wackeln auch die Gebäude, deren Balken morsch sind, und die in Erwartung einer besseren Zeit daran ge gangen sind, diese morschen Balken nach und nach durch gesundes Holz zu ersetzen. Was neues über die jüngsten Krache in» Laufe der letzten Tage eingekommen ist, das läßt so wohl bei Heilbronn als bei Breslau eine Steigerung der Verluste befürchten. Auch hier sieht man wieder, wie wenig Urteil das Publikum bewiesen hat. In Heilbronn war das geschäftliche Gebühren des Direktors be kannt, und niemand sagte sich, daß das nicht mit rechten Dingen zugehen müsse, in Bres lau scheinen vollends die Handelshäuser und Bankiers gegenüber dem schon in Unter suchungshaft befindlich gewesenen Schostag mit Blindheit geschlagen gewesen sein. Zur Dresdner BestechungsaMre. Die von der „Berliner Morgen post" aufgedeckte Bestechung mehrerer Dresdner Journalisten durch die Kreditanstalt für Handel und Industrie in Dresden wird von den sozialdemokratischen Blättern mit großem Behagen zu Angriffen gegen unser heutiges Wirtschaftssystem und die ganze bürgerliche Presse ausgebeutet. Das war zu erwarten, und die näheren Umstände, welche sich an diese Entdeckung knüpften, fordern geradezu zu einer Gegenüberstellung von sozialdemo kratischer und „bürgerlicher" Presse heraus, denn die „Sächsische Arbeiter-Zeitung" war däs einzige Dresdner Blatt, welches sich bei der fsulen und mindestens voreiligen Er klärung des Dresdner Journalistenvereins gegen die „Berliner Morgenpost" ausdrücklich ausschloß. Trotzdem ist die Verallge meinerung und die Anwendung der Handlungs weise der betreffenden Handclsredakteure auf den „Kapitalismus" falsch. Die Sache verdient natürlich nicht die geringste Ent schuldigung. ES ist auch keine Frage, daß seitens der Bestochenen wie der Bestecher nicht nur eine ehrenrührige und moralisch verwerfliche Handlungsweise vorliegt, sondern auch ein direktes Vergehen gegen die Gesetze. Der Paragraph 76 des Börsengesetzes läßt in dieser Hinsicht keinen Zweifel zu: „Wer für Mitteilungen in der Presse, durch welche auf den Börsenpreis eingewirkt werden soll, Vortheile gewährt oder verspricht oder sich gewähren oder versprechen läßt, welche in auffälligem Mißverhältnis zu der Leistung stehen, wird mit Gefängnis bis zu einem Jahre und zugleich mit Geldstrafe bis zu fünftausend Mark bestraft. Die gleiche Strafe trifft Denjenigen, der sich für die Unterlassung von Mitteilungen der bezeichneten Art Vorteile gewähren oder ver- sprechen läßt. Der Versuch ist strafbar. Sind mildernde Umstände vorhanden, so kann auf die Geldstrafe erkannt werden." Dazu mußten die betreffenden Redakteure als gebildete Leute und als Kenner der Verhältnisse unbedingt wissen, daß sie durch die Verschleierung der Thatsachen — und das Moment der Bestechung ipricht ja dafür, daß die Lage der in Frage kommenden Institute bereits eine höchst prektäre war — zahlreiche Personen, eventuell auch viele kleine Existenzen schädigten. Damit belastet ein anständiger Mensch sein Gewissen nicht, ganz abgesehen davon, daß er für solche Gefälligkeitsdienste niemals Geld annimmt. Ferner kommt dazu, daß das Geld, welches jene Herren annahmen im Grunde genommen den Ationären der Kredit bank gehörte, denselben Aktionären, welche sie dafür schädigten. Wenn das Berliner Organ der Sozialdemokratie diese Redakteure als „Opfer der kapitalistischen Ausbeutung" noch in Schutz nimmt, so liegt darin eine voll ständige Verdrehung der thatsächlichen Ver hältnisse; von einer „Notwendigkeit", fremde Gelder anzunehmen, kann hier unmöglich die Rede sein. Hier handelt es sich lediglich um die persönliche Gesinnung, um das Gewissen, also um etwas, was über den Parteien steht. Südafrika. Dewet wieder im Felde. „Daily Erpreß" erfährt, daß Botha selber dem Treffen unweit Utrecht nicht bei wohnte. Dewet befehligte die Buren und führte die Anweisungen Bothas aus, der weiter zurück mit 1500 Mann steht. Es verlautet, Botha gedenke 150 britische Kriegs gefangene als Geißeln gegen die Durchführung der Proklamation festzuhalten. Aus Kapstadt kommt folgendes Telegramm vom 21. d. M.: „Kommandant Kruitzinger drang in die Kapkolonie nahe Herschel ein, erstürmte ein englisches Lager und eroberte zwei Geschütze. Britische Verluste: Brigadier Murray, 4 Offiziere 39 Mann todt, über 150 Gefangene und Verwundete. Dewet mit 2000 Mann leitet den Einfall in Natal. Die allgemeine Lage wird als äußerst bedrohlich gemeldet. General Botha mit 1500 Mann und begleitet von allen hervorragenden Transvaal-Burenführern be findet sich auf dem Marsch von Ermelo ostwärts nach dem Zulnland. Lyttelton befindet sich mit einer starken Streitmacht in der Nähe des Buffalloflusses. Die neuesten Depeschen lanten: London, 23. Sept. Lord Kitchener meldet: Oberst Williams nahm beinahe das ganze Kommando Koch westlich von Ademburg gefangen. Es wurden 55 Gefangene gemacht und der ganze Transport weggenommen. Benson nahm bei Cardina ein Kommando von 54 Mann gefangen, darunter einen gewissen P. Botha und erbeutete 48 Wagen. Kruitzinger versuchte über den Oranjefluß vorzustoßen und das Lager der Schützen LovatS zu überfallen. Die Erzwingung des Ueberganges ist Kruitzinger nicht gelungen. LovatS Verluste sind sehr schwer. Unter den Gefallenen befindet sich Oberst Murray und Hauptmann Murray. Die Buren nahmen ein Geschütz weg, die Engländer erbeuteten es aber in einen schneidigen Angriff zurück. Die Gefangenen, welche in dem Gefecht gemacht wurden, welches Gough bei Utrecht zu bestehen hatte, sind wieder freigelassen worden. Die englischen Verluste bei Blak- fontein betragen 6 Todte, 23 Verwundete und 105 Gefangene, welch letztere aber wieder freigelassen wurden. Rundschau. Berlin. Eine von Neuem vom Ober bürgermeister Kirschner in Sachen einer zweiten Durchquerung der Straße „Unter den Linden" durch die Straßenbahn beim Kaiser nachge suchte Audienz ist von Letzterem endgiltig ab gelehnt worden. Der Kaiser habe nicht die Absicht, irgend welche Vorstellungen in der erwähnten Angelegenheit entgegen zu nehmen. — Berlin. Zum Gumbinner Mordprozeß wird der „Nationalzeitung" geschrieben: Die Militärbehörden scheinen wegen der Maß regelung einiger Gumbinner Unteroffiziere doch einlenken zu wollen, um den üblen Ein druck ihrer früheren Schritte abzuschwächen. Gerüchtweise verlautet, daß Unteroffizier Dominik in ein anderes Regiment versetzt werden soll zum 1. Oktober 1901; und Vizewachtmeister Buppersch soll bei seinem Ausscheiden am 1. Oktober eine Invaliden- Pension erhalten. — Worms. Am Sonnabend kurz nach 4 Uhr stürzte das Haus der Gebrüder Harten bach ein, das bereits unter Dach stand. Fünf Personen, darunter die Gebrüder Hartenbach, wurden verschüttet, allein teils weniger, teils schwerer verletzt aus den Trümmern hervor gezogen. — Hamburg, 23 Sept. Heute früh ist der nach dem Nordseebädern abfahrende, Dampfer „Silvana" bei St. Pauli an der Landungsbrücke mit dem Schleppdampfer „Kirchwärder" zusammengestoßen. Dem „Kirch- wärdcr" wurde der Boden aufgerissen, der „Silvana" die Steuerbordschraube meggerissen. Das Schiff mußte die Reise aufgeben. Die Passagiere wurden mit dreistündiger Ver spätung mit dem Dampfer „Willkommen" befördert. — Neue Postbeamten Stellen. Dem Vernehmen nach soll das Reichspostamt be- absichngen, 4000 neue etatsmäßige Assistenten stellen für das Rechnungsjahr 1902 zu be antragen. Demnach würden in der Zeit vom 1. April 1902 bis 1. April 1903 zirka 1700 Militäranwärter als Post- und Tele graphenanwärter einberufen werden. Die etatsmäßigen Assistentenstellen werden bei der Post- und Telegraphenvei Wallung. nämlich '^7 mit Militär und zu ^7 mit Zivilanwürtern besetzt. Während des Probedienstjahres er- haltm die Anwärter des Einkommens der etatsmäßigen Stelle. — Die ersten deutschen Aerztinneu. Zwei Berlinerinnen, Fräulein Dr. Irma Klausner und Fräulein Elsa v. d. Leyen, die als erste auf Grund deutscher Vorbildung die medi- nische Staats- und Doktorprüfung bestanden, haben sich in Berlin als Aerztinnen nieder gelassen. — Der sozialdemokratische Parteitag in Lübeck wurde am Sonnabend Abend unter großem Andrange des Publikums vom Ab geordneten Beb l Namens des Parteivorstandes eröffnet. Auch aus dem Auslände waren zahlreiche Dclegirte eingetroffen. Zum Vor sitzenden des Parteitages wurden Abgeordneter Singer und Abgeordneter Schwarz-Lübeck ge wählt. Unter heftigem Protest von Dr. Quark- Frankfurt wurde beschlossen, über die Agitation, die Litteratur und die Presse in geschlossener Sitzung zu verhandeln. Ferner sollen die Handelsverträge und der Zolltarif auf die Tagesordnung gesetzt werden. Bebel wird als Referent darüber fungiren. — Ein Fall fortgesetzter ärgster Soldaten- Mißhandlung, der schon wiederholt die Militär gerichte beschäftigt hat, wurde letzter Tage von dem OberkriegSgericht des 10. Armee korps zu Braunschweig in der Berufungs instanz verhandelt. .Ein Unteroffizier von der 6. Kompagnie des Jnf.-Reg. Nr. 91 hatte sich wegen 161 Fällen von Mißhandlungen, Bedrohungen, Körperverletzungen usw. zu ver antworten. Unter Andcnm ließ er Rekruten Gras essen, die Nase in den Sand stecken, zwang sie, durch eine Müllgrube zu kriechen usw. Das Oberkriegsgericht erkannte auf 1*/, Jahr Gefängnis und Ausstoßung aus dem Heere.