Volltext Seite (XML)
Naunhofer Nachrichten. Orts blatt für Albrechtshain, Ammelshain, Belgershain, Beucha, Borsdorf, Erdmannshain, Eicha, Fuchshain, Großsteinberg, Klinga, Köhra, Kleinsteinberg, Lindhardt, Pomtzen, Standnitz, Threna und Umgegend. Bezugspreis r Frei in's Haus durch Austräger Mk. 1.20 vierteljährlich. Frei in s HauS durch die Post Mk. 1.30 vierteljährlich. Mit zwei Beiblättern: Illustriertes Sonntagsblatt UNd Landwirtschaftliche Beilage. Letztere «lle 14 Lage. Berlag und Druck: Günz Eule, Naunhof. Redaktion: Robert Günz, Naunhof. Ankündigungen r Für Inserenten der Amtshauptmann« > schäft Grimma 10 Pfg. die viergc- spaltene Zeile, an erster Stelle und f für Auswärtige 12 Pfg. Bei Wiederholungen Rabatt. Die Naunhofer Nachrichten erscheinen jeden Dienstag, Donnerstag und Sonnabend Nachmittag 8 Uhr mit dem Datum dcS nachfolgenden Tages. Schluß der Anzeigenannahme : Vormittags 11 Uhr am Tage deS Erscheinens Nr. 110. Freitag, den 13. September 1901. 12. Jahrgang. Öffentliche Wring des Stadtgenreinderntes zu Naunhof. Freitag, den 13. September 1901. Tagesordnung befindet sich am Ratsbrett. Der Zarenbesuch in Deutschland. Seit gestern früh weilt der Zar in den deutschen Gewässern als Gast unseres Kaisers im Bereich der deutschen Manöverflotte. Werden durch den Besuch an sich ohne weiteres die freundschaftlichenBeziehungen beiderMonarchen dargethan, weist die bekannt gegebene An wesenheit der beiderseitigen Leiter der aus wärtigen Politik auf die politische Bedeutung der Entrevue hin. Dazu traten vor einigen Tagen die ungemein sympathisch für Deutsch land gehaltenen Artikel der russischen Blätter, die bei den bekannten Preßverhältenissen in Rußland nicht ohne Willen der Regierung veröffentlicht sein konnten. Daß die Zusammen kunft thatsächlich eine Folge und eine Be siegelung vortrefflicher politischer Beziehungen zwischen den beiden benachbarten Kaiserreichen darstellt, wird durch eine höchst bemerkens werte offizielle Kundgebung bestätigt, mit der deutscherseits die Ankunft des Zaren begrüßt wird. Sie lautet: Seine Majestät der Kaiser Nikolaus von Rußland wird während der nächsten Tage als Gast Seiner Majestät des Kaisers und Königs den Danziger Flottenmanövern bei wohnen. Der Grundgedanke dieser in unseren politischen Kreisen mit freudiger Genugthuung aufgenommenen Zusammenkunft ist der ver wandtschaftlichen Zuneigung zwischen den Ober häuptern des deutschen und des russischen Reiches entsprungen. Beide Monarchen er blicken den Wert der Tage, die sie gemein sam verleben wollen, vor allem in der Neu besiegelung ihrer persönlichen Freundschaft und in einem von wechselseitigem Vertrauen er füllten, umittelbaren Gedankenaustausch. Es entspricht aber der wesentlichen Bedeutung, die gerade in deutsch-russischen Beziehungen der dynastischen Intimität auch für das staat liche Gebiet nach aller historischen Erfahrung zueikannt werden muß, daß durch den herz lichen Verkehr der beiden Kaiser zugleich ihr Entschluß bekundet wird, an der altüberlieferten politischen Freundschaft zwischen den Häusern Hohenzollern und Romanow, zwischen Deutsch land und Rußland, nicht rütteln zu lasten. In Uebereinstimmung mit einem Wunsch Seiner Majestät des Kaisers Nikolaus ist der Reichskanzler Graf Bülow bei der Zu sammenkunft der beiden Kaiser zugegen. Nicht minder gern wird Seine Majestät der Kaiser und König dort dem verdienstvollen Staatsmanns begegnen, der die auswärtigen Geschäfte Rußlands leitet. Graf Bülow und Graf Lambsdorff dürfen sich als Mitarbeiter einer Politik begrüßen, die sie im Dienste ihrer Souveräne, mit der Ueberzeugung, daß die Interessen ihrer Länder vielfach gleichartig, nirgends unvereinbar sind, zur Verstärkung der Bürgschaften für den Frieden Europas weiterführen werden. Diese Politik verschließt nicht die Augen gegen vergangene oder künftige Schwierigkeiten; sie entnimmt aus solchen nur die Verpflichtung zu erhöhter Rücksicht und Besonnenheit; und sie hält an der Zuversicht fest, daß, wie immer die geschichtliche Ent wicklung sich gestalte, in der weiten Welt die hoffnungsvollen Bahnen der deutschen und der russischen Zukunft einander nirgends feindlich zu kreuzen brauchen. Der letzte Satz enthält offensichtlich eine Reservation, indem darin ein den Absichten beider Teile entsprechender Verlauf der Be gegnung bei Danzig gewissermaßen als Voraussetzung dafür bezeichnet wird, daß man deutscherseits die Weiterreise des Zaren nach Frankreich mit aufrichtigen Wünschen begleiten könne. Bei dem offensichtlich guten Willen beider Teile dürfte jedoch an der Zukunft dieser Voraussetzung nicht wohl zu zweifeln sein, und damit ist eine erfreulich feste Per spektive auf weitere Erhaltung des Weltfriedens eröffnet. Gemeinsame Abwehr des Anarchismus. Als am 10. September 1898 Oesterreichs edle Kaiserin dem Mordstahl deä Anarchisten Luccheni erlag, fuhr die ganze Welt in Hellem Zorn auf und verlangte, daß die Regierung strengere Maßregeln zur Ausrottung der anarchistischen Meuchelmörder ergreifen sollte. In der That fanden denn auch unter dem Eindruck des grausigen Verbrechens vertrau liche Besprechungen zwischen den Kabinetten statt, und mancherlei Vorschläge und An regungen zur Bekämpfung der Gefahr wurden erwogen: doch dabei blieb es auch. Nach außen hin gab man den Mißerfolg dieser Verhandlungen anfangs freilich nicht zu; man scheute sich offenbar, die Stellungnahme einzelner Regierungen einzugestehen, die sich in einem gemeinsamen Vorgehen gegen die Anarchisten abgeneigt zeigten. Sind wir recht unterrichtet, so wollten in erster Linie England und die Vereinigten Staaten von Nordamerika nichts von einem thatkräftigen Feldzug gegen die Feinde der menschlichen Gesellschaft wißen. Und dann kam das Attentat des jungen Sipido auf den damaligen Prinzen von Wales in Brüssel. Und wieder einige Monate später streckte Brescis Kugel den König Italiens nieder. Man erwartetcte, die italienische Regierung werde nun die Frage einer ge meinsamen Aktion aller Mächte gegen die Anarchisten abermals auf die Tagesordnung etzcn, doch in Rom kannte man den Wider- tand, der sich einem solchen Beginnen in den Weg stellte und man verzichtete auf die undankbare Rolle des Mentors. Jetzt hat auch die freie Republik jenseits des Atlantischen Ozeans am eigenen Leibe erfahren, was es heißt, wenn man der anar chistischen Gefahr gegenüber die Augen schließt oder gar ihren Charakter zu verkennen wagt. Jahre lang hat die Regierung in Washington dem Treiben der Anarchisten in Peterson ruhig zugesehen. Man fühlte sich in der „Republik" eben so sehr sicher und wenn eine mahnende Note seitens eines euro päischen Kabinetts cinlief, in der auf das Gefährliche der Situation hingewiesen wurde, so entgegnete man, die amerikanische Polizei sei über alle Vorgänge in Peterson auf das Genaueste informiert und werde nicht ver fehlen, die europäischen Kabinele, falls Gefahr im Verzüge, sofort zu warnen. Eine dieser Warnungen gelangte Ende April ds. Js. durch Zufall in die Oeffentlichkeit und er regte nicht geringes Aufsehen; besagte sie doch, daß ein Anarchist Namens Romagnoli von Paterson abgereist sei, um ein Attentat auf den Deutschen Kaiser und den Zaren, sowie den König von Italien zu unternehmen. Nunmehr ist der Kreis der Staaten, die ein Interesse an der Unterdrückung des Anarchismus haben, geschlossen; selbst die Schweiz dürfte kaum noch in der Lage sein, sich von etwaigen gemeinsamen Maßnahmen auszuschließen. Bereits fordern die Blätter der verschiedensten Parteirichtungen — abge sehen natürlich von denen des äußersten linken Flügels — einmütig die Unterdrückung der Anarchie und das offiziöse Wiener „Fremden blatt" verlangt sogar, daß nicht bloß die That, sondern auch die Aufforderung zur That streng bestraft werde. Auch solle man endlich davon abkommen, den Anarchismus als eine politische Parteirichtung anzusehen und dem- intsprechend zu behandeln. Aehnlich sprechen sich russische, italienische und französische Blätter darüber aus, so daß man annehmen sollte, eine gemeinsame Aktion der Mächte gegen die anarchistischen Meuchelmörder stehe nicht mehr außerhalb des Bereichs der Möglichkeit. Auch den Vereinigten Staaten Nord amerikas wird, wie man dem „Hamb. Korr." von dort meldet, allenthalben die Frage er örtert, wie man die Anarchisten bekämpfen könne. Fast alle dortigen Blätter betrachten den Anarchismus als eine lediglich aus dem Ausland eingeschleppte Gefahr; daher werden die strengsten Maßnahmen gegen die Ein wanderung anempfohlen. Andererseits aber wird auch zugegeben, dies würde sehr schwer sein, weil es fast unmöglich wäre zu sagen, wer Anarchist und was ein Anarchist and was arnachistisch sei. Was aber eine bessere Kontrolle der Einwanderung anbelange, so würde hier eine internationale Mitwirkung möglich sein, aber die Bekämpfung der Arnar- chisten in Amerika durch ein Bundesgesetz sei nicht möglich, weil die Polizei aller Unions staaten souverän sei. Die Verfassung müßte geändert werden, wenn man die Bundes regierung zu Maßnahmen gegen die Anarchisten ermächtigten wolle. Nur wenige amerikanische Blätter nageln die Thatsache fest, daß der Anarchismus, wenn er auch ursprünglich aus dem Auslande stamme, durch die absolut un beschränkte demoralisierend wükende gelbe Preffe groß gezogen sei, daß Amerika seine eigenen Anarchisten besitze, wie Czologsz, welcher ge borener Amerikaner sei. Der deutsche Jnnungstag, der in Gotha zusammengetreten ist, ist so stark besucht, daß eine förmliche Hotelnot herrscht. Etwa 500 Delegierte sind aus allen Teilen des Reiches zusammen gekommen, auch Vertreter von Reichs- und Staatsbehörden nahmen an den Beratungen teil. Schon die Vorversammlung verlief recht lebhaft, da von den verschiedensten Seiten Anträge auf Ver größerung des ohnedies schon 23. teilweoe ehr ausgiebige Punkte enthaltendenden Tages ordnung gestellt sind. Ein Antrag bei Wahlen )ahin zu wirken, daß mehr handwerkerfrcund- liche Kandidaten gewählt werden, ähnlich wie )er Bund der Landwirte, wurde abgelehnt. Eine sehr lebhafte Erörterung hatte der An trag zur Folge, eine Erörterung über die Stellungnahme des deutschen Handwerkertages um Zolltarisentwurf auf die Tagesordnung u setzen. Der Vorstand hatte die Absicht aufgegeben, dieses Thema zum Gegenstände der Erörterung zu machen. Nach langer erregter Erörterung wurde der Antrag, über die Zollfrage zu verhandeln, schließlich abgelehnt. Ueber den Wert oder Unwert von JnnungSausschüffen Meinungen auszu tauschen, wurde eine Kommission niedergesetzt Lebhafte Klage führt der Buchdruckerei ¬ besitzer Mäser-Leipzig über die in der Frage ob Handwerk oder Fabrik ergangenen Entscheidungen des Reichsgerichts, die die Durchführung der Zwangsinnungen illusorisch machten. Die Auslegung, die das Gesetz in Preußen und Sachsen gesunden habe, sei geradezu eine Versündigung gegen das Hand werk. Jeder Groß- und Mittelbetrieb, der sich sträubt, der Innung anzugehören, erhalte heute Recht. An den höchsten Stellen scheine man nicht recht an die kulturelle Bedeutung der Handwerkerbewegung zu glauben, und doch sei das Handwerk das einzige Bollwerk gegen die Sozialdemokratie! Hilfe sei nur noch von dem Kaiser zu erwarten, an den sich die Vertreter des Handwerks wenden müßten. Südafrika. London, 10. Sept. Das „Reuter'sche Bureau" meldet aus Wynburg unter dem gestrigen Tage: Die Kolonnen der Generale Barker und Elliot sind hierher zurückgekehrt, nachdem sie einen Teil der Kolonie gesäubert haben. Barkers Kolonne tödtete 9 Buren, verwundete 7, machte 7 Gefangeue und er beutete 32 Wage, 7000 Patronen, 1500 Stück Vieh, sowie eine große Menge Ge treide und Mehl und brachte mehr als 100 Flüchtlinge ein. Seit dem Dezember hatten keine britischen Truppen dieses Gebiet be treten. Die Buren hatten zum Ackern und Bestellen Zeit gehabt, überall sah man grüne Weizenfelder. Elliot erb.utete alle Wagen- züge der Buren, welche zum Zwecke derVer- proviantirung nachBethlehem unterwegs waren. Seine Kolonne tödtete 2 Buren, nahm 9 ge fangen, erbeutete 300 Wagen und Karren, 8000 Stück Vieh, 1400 Pferde, Taufende von Schafen und brachte 800 Burensrauen und Kinder ein. Rimington erbeutete Haaö- broek's aus 40 Wagen bestehenden Konvoi. De Wet, Steijn, Haasbroek, Fromman und andere Kommandanten hielten am 28. Aug. in Wonderkop eine Versammlung ab. Beim Herannahen der britischen Kolonnen flohen sie nach Reitz, von wo sie jedoch am 5. Sept, wieder von Rimington vertrieben wurden. London, 11. Sept. Von der Ueber zeugung durchdrungen, daß die Proklamation Kitcheners wirkungslos bleiben werde, betonen die „Times" die Notwendigkeit der Ergreifung weiterer praktischer Maßregeln zur schleunigen Beendigung des Krieges. Die dazu erforder lichen Mittel sollen mit äußerster Schnelligkeit und Gründlichkeit abgewandl werden. Wien, 11. Sept. Burenfreunde erhielten aus der Umgebung Krügers die telegraphische Meldung, daß sämtliche Burengenerale die Aufforderung Kitcheners, bi» zum 15. d. M. die Waffen zu strecken, ablehnend beantwortet haben. Kein einziger Burenkämpfer wird die Waffen niederlegen. Rundschau. — Kiel, 11. September. Die aus China zurückkehrenden Truppen sollen wegen der unter ihnen herrschenden ansteckenden Krank heiten zunächst auf der Lüneburger Haide, in der Gegend von Wundstadt, in Baracken untergebracht werden. Die hiesige Firma Friedrich Löck erhielt den Auftrag zehn Eisen bahnwagen mit Materialien zum Bau des Barackenlagers schleunigst abzusenden. — Danzig, 11. Sept. Bei der gestrigen Regatta der Flottenboote errang die Mann schaft der „Kaiser Wilhelm H." den Kaiserpreis. — Breslau, 11. Sept. Das hiesige Landgericht macht bekannt. Die Regierung sichere eine Belohnung von 500 Mk. dem zu, welcher die Ergreifung des flüchtigen Bankiers Albert Holz und dessen Prokuristen