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-7^- Die Naunhofer Nachrichten erscheinen jeden DienStag, Donnerstag und Sonnabend Nachmittag 8 Uhr mit dem Datum deS nachfolgenden TageS. Schluß der Anzeigenannahme: Vormittags 11 Uhr am Tage deS Erscheinens Nr. 95 Freitag, den 9. August 1901 12. Jahrgang Bezugspreis r Arci in'S Haus durch Austräger Mk. 1.20 vierteljährlich. Frei ins Haus durch die Post Mk. 1.30 vierteljährlich. Verlag und Druck: Günz L Eule, Naunhof Redaktion: Robert Günz, Naunhof Ankündigungen r Für Inserenten der Amtshauptmann« schäft Grimma 10 Pfg. die vierge- spaltens Zeile, an erster Stelle und für Auswärtige 12 Pfg. Bei Wiederholungen Rabatt. : Mit zwei Beiblättern: Illustriertes Tonntagsblatt und Landwirtschaftliche Beilage. Letztere «lle I« Lage. Naunhofer Nachrichten. Orts blatt für Albrechtshain, Ammelshain, Belgershain, Beucha, Borsdorf, Erdmannshain, Eicha, Fuchshain, GroUteinberg, Klinga, Köhra, Kleinsteinberg, Lindhardt, Pomtzen, Staudnitz, Threna und Umgegend. Die Heimkehr Waldersees. Auf das dem heimkehrenden Generalseld- mmschall zugedachte Willkommen fallen die Todcsschatten von Friedrichshof. Stiller, als man beabsichtigt, gestalten sich die Empfangsfeierlichkeiten an der Küste und auch der mit der Stellvertretung des Kaisers be traut gewesene Kronprinz bleibt jenen Ver anstaltungen fern; ebensowenig kann der Reichskanzler Graf Bülow in Hamburg dem Empfange Waldersees beiwohnen. Aber der Gruß für den glücklich Zurückgekehrten ist darum nicht minder herzlich, wenn er auch des geräuschvollen Gepränges entbehren muß. Das Militärwochenblatt widmet dem Heim« kehrenden folgende Worte: „In diesen Tagen wird nach beinahe einjähriger Abwesenheit der hochverdiente Oberbefehlshaber in Ost asien wieder heimischen Boden betreten. Mit ihm kehren die Kameraden zurück, die seinen Stab bildeten und ihm getreulich in Freud und Leid — und letzteres ist gerade dem Oberkommando wahrlich nicht erspart geblieben — zur Seite standen. Wie wir stolz darauf waren, daß nach den Ereignissen in Chino, die unsere Herzen in patriotische Erregung versetzten, gerade deutschen Händen das Oberkommando ünvertraut wurde, so sind wir auch stolz auf die Art, wie dieses seine Aufgabe gelöst hat. Freilich lag sie bei der eigenartigen Gestaltung der chinesischen Wirren nur zum Teil auf rein militärischem und operativem Gebiete. Viel schwieriger wohl war der andere Teil: die auseinander gehenden Interessen so vieler Verbündeten Nationen zu vereinen, Reibungen zwischen den verschiedenen Truppen und Führern zu verhindern. Wie schwer das oft gewesen sein mag, welche Anforderungen an nie ver sagenden Takt und unermüdliche Arbeitskraft dort gestellt wurden, das wird im Einzelnen erst eine spätere Generation erfahren, wenn einmal die diplomatische und militärische Geschichte jener merkwürdigen Zeit geschrieben sein wird. Wir alle aber wissen schon jetzt, daß thatsächlich die nach Lage der Dinge gesteckten Ziele erreicht wurden, daß sich da neben ein freundliches und kameradschaftliches Verhältnis selbst mit solchen Truppen heraus gebildet hat, die uns anfänglich wohl mit Mißtrauen und Abneigung gegenüberstanden. Das dankt mit dem allerhöchsten Kriegsherrn und mit den fremden Staatsoberhäuptern auch unsere Armee dem Feldmarschall, der in soldatischer Frische und Rüstigkeit zurückkehrt, wie er hinauszog, um trotz vorgerücktem Lebensalter dem Rufe des Kaisers und seiner hohenVerbündetenzuschwerer,verantwortungs voller Thätigkeit zu folgen. So begrüßen wir in Ehrerbietung den Fcldherrn, in kameradschaftlicher Herzlichkeit seine Begleiter wieder in der Heimat, die sie leider in tiefer Trauer finden. In Wehmut gedenken wir Derer, die nicht mehr unter ihnen sind, die ihr Leben ließen im Dienste des Vaterlandes, mit freudiger Anerkennung aber aller Anderen, die in schwierigen und oft undankbaren Ver hältnissen ihre Pflicht gethan, wie unser Kaiser und Herr es von ihnen erwartet hatte". Aus dem Lebensgang der Kaiserin Friedrich sei kurz Folgendes mitgeteilt: Die Verstorbene ist eine geborene Prinzeß Royal von Großbritannien und Irland, Herzogin zu Sachsen, erblickte am 21. Novem ber 1840 im Buckingham-Palast zu London das Licht der Welt. Sie war das älteste Kind der Königin Viktoria von England und deren Gemahl, des Prinzen Albert von Sachsen-Coburg und Gotha. Im Jahre 1855 verlobte sie sich in Balmoral im schottischen Hochlande mit dem Prinzen Friedrich Wilhelm von Preußen, dem nachmaligen unvergeßlichen Kaiser Friedrich lll. Erst im Jahre 1858, am 25. Januar, erfolgte im St. Jamespalast zu London die Vermählung des fürstlichen Paares. Nach dem Tode ihres Gemahls nahm die Verstorbene den Namen Kaiserin Friedrich an und residierte meist auf Schloß Friedrichshof bei Cronberg. Sie war nicht nur eine kunstliebende Frau, sondern auch eine begabte Malerin und Bildhauerin. Viele wohlthätige und gemeinnützige Stiftungen, über welche sie das Protektorat übernahm, unterstützte sie durch unausgesetzte Teilnahme mit Rat und That. * -i- * Die letzten Stunden der Kaiserin Friedrich. Am Montag war über den bevorstehenden Ausgang der Krisis ein Zweifel ausgeschlossen. Die Kaiserin lag zumeist in Agonie. Morgens kurz nach 5 Uhr trafen der Kaiser, die Kaiserin Auguste Viktoria und der Kronprinz vor dem Schlosse ein. Der Kaiser, der die Uniform der Leibhusaren trug, deren Chef seine Mutter ist, sah übernächtigt und abge spannt aus. Die Kaiserin Friedrich war noch bei Bewußtsein, erkannte die Eintretenden und winkte ihnen zu. Tief ergriffen weilte der Kaiser am Sterbelager der Mutter. Professor RenverS überreichte ihm das Bulletin, das die Abnahme der Herzthätigkeit meldete. Im Laufe des Vormittags war, wie wir einem Berichte des „B. L.-A." entnehmen, mit Aus nahme des Prinzen Heinrich, der auf hoher See weilt, die Familie der Kaiserin auf Schloß Friedrichshof vollzählig versammelt. Die Nahrungsaufnahme war am Montag minimal geworden, aber das Herz schlug noch, und auch dos hie und da getrübte Bewußt sein blieb bestehen. Der Organismus der Kaiserin kämpfe weiter. Die Herrschaften be gaben sich in den Park, um frische Luft zu schöpfen. Der Kaiser schritt in schwerer Sorge auf und ab. Er kühlte sich die er hitzte Stirn und sprach hastig und aufgeregt mit seinen Schwestern. Der Blick flog immer wieder zu den weit geöffneten Fenstern des Krankenzimmers empor, inzwischen wurden alle Dispositionen für die drohende Katastrophe getroffen. Der umfangreiche Komplex des FriedrichShofer Schlosses wurde einer sorg fältigen Bewachung unterworfen. Eine Kompagnie der 80er aus Homburg wurde auf Befehl des Kaiser auf drei Tage in Bürgerguartieren untergrbracht, um das Schloß in weitem Umkreis abzusperren. Vor ihrem Ableben erhielt die Kaiserin auf Wunsch durch den englischen Pfarrer zu Homburg noch den letzten geistlichen Zuspruch; sie betete klar und inbrünstig mit dem Priester ihrer Kirche. Morgens um 8 Uhr wurde das auf den unmittelbar bevorstehenden Tod hinweisende ärztliche Bulletin auögegeben, wonach die Herzthätigkeit zu pausieren begann und der Schwächezustand rapide zunahm. Das Krankheitsbild war im Laufe des Tages zumeist dasselbe geblieben. Lichte Augenblicke wechselten mit Bewußtlosigkeit. Eine weitere Herabminderung der Kräfte machte sich vorläufig nicht bemerkbar. Die kaiserliche Familie blitb nahezu unausgesetzt am Krankenlager. Gegen 4 Uhr Nachmit tags trat eine Verschlimmerung ein, sodaß die Augenblicke der kaiserlichen Dulderin ge zählt schienen. Der Pfarrer der englischen Gemeinde wurde wiederum aus Homburg be rufen. Die Mitglieder der kaiserlichen Familie wichen nicht mehr aus dem Zimmer. Kurz vor 6 Uhr nahm die Kaiserin noch etwas Eis zu sich. Eine Viertelstunde später trat völlige Agonie ein. Die Atemschläge wurden schwächer und schwächer. Um 6 Uhr 15 Min. meldete Professor Renvers dem Kaiser, daß das Herz aufgehört habe zu schlagen. Sanft und schmerzlos sei die Kaiserin hinübergeschlummert. Der englische Pfarrer sprach ein Gebet. In tiefer Ergriffenheit nahmen der Kaiser und alle Familienmitglieder Abschied von der teuren Toten. Weiße Lilien wurden ihr in die Hände gegeben. * Die Beisetzungsfeierlichkeiten. Nachdem der Kaiser gestern Abend gegen halb 6 Uhr mit der Kaiserin, dem Kron prinzen und Gefolge wieder im Schlosse angekommen war, sind gegen 8 Uhr die Be stimmungen über die Trauerfeierlichkeiten herausgekommen. Danach wird die Leiche der Kaiserin Friedrich am Sonnabend Abend nach der hiesigen Stadtkirche überführt und dort aufgebahrt werden. Am Sonntag, den 11. August vormittags, findet sodann eine Trauerfeier in der Kirche statt, an welcher alle anwesenden Mitglieder des kaiserlichen Hauses teilnehmen werden. Am künftigen Dienstag, den 13. August soll nach erfolgter Uebersührung in Potsdam Ue feierliche Bei setzung erfolgen. Nach dem TrauergotteS- dienst am nächsten Sonntag wird das Kaiser paar nach Berlin abreisen. Die Einzelheiten der Trauerseier sind dem Hofmarschallamte überlassen worden, doch hört man, der Kaiser habe selber den Wunsch ausgesprochen, daß die Feier bei aller von der Kaiserin ge wünschten Einfachheit dennoch mit größter Sorgfalt und Würde erfolgen solle. Zum Rücktritt des Staatssekretärs von Puttkamer. Es mehren sich die Stimmen, welche den bevorstehenden Rücktritt des Statthalters Fürsten Hohenlohe ankündigen und als seinen Nachfolger den Grafen Waldersee bezeichnen. Zugleich aber geht die Erörterung der mut maßlichen Gründe der reichsländischen Krisis in der Presse weiter. Mit der Amtsentlassung des bisherigen Staatssekretärs von Puttkamer beschäftigt sich unter Anderem jetzt auch die „Allgemeine Evangelisch-Lutherische Kirchen zeitung in ihrer politischen Uebersicht. Sie schreibt darüber: „Der Staatssekretär von Puttkamer mußte von seinem Amte abtreten. Warum? Das weiß bis jetzt kein Mensch, außer den Nächstbeteiligten. Er war bei dem Statthalter, Fürst Hermann Hohenlohe- Langenburg, persona ßratisLima, was ihm der Fürst noch bei seinem siebzigsten Ge burtstage bewies, wo er ihm ein in Worten hoher Anerkennung und Wertschätzung ge haltenes Handschreiben übersandte. Er war auch im öffentlichen Leben beliebt und an gesehen, und es wurde bei der gleichen Gelegenheit offen der Wunsch und die Zuversicht geäußert, daß er noch lange in seinem Amte bleiben möge und müsse. Man sucht nach Gründen, nach Personen, die ihn über Nacht zu Falle brachten, und kann sie nicht finden, auch in sonst unter richteten Kreisen steht man vor einem Rätsel. Es ist kaum anzunehmen, waS Einige behaupten, daß eben seine Beliebt heit und die ausgesprochene Zuversicht seines längeren Verbleibens im Amt seinen kaiserlichen Herrn veranlaßt habe, zu zeigen, wer Herr im Hause ist, nicht das Volk, nicht der Statthalter, sondern der Kaiser, der erhöhet und erniedrigt, wen er will. Wir können das nicht annehmen, müssen vielleicht unser Bedauern über solche schiefe Stellung der Oeffentlichkeit zu Wilhelm II. aussprechen, die ihm ein so gefährliches Vabanquespiel mit dem Volke zutraut. Denn es ist am Ende doch immer das Volk, das seinen Monarchen hält und wo rauf er sich verlassen muß, wie es zu treffend in dem Liede heißt: „Nicht Roß, noch Reisige schützen die steile Höh', wo Fürsten steh'n; Liebe des Volks allein usw." Mit der Liebe des Volkes zu spielen, wäre ein gefährliches Spiel, und den Willen des Herrschers als „absoluten" durchzusetzen gegen die Besten und Wohlmeinendsten im Lande, wäre ein Unternehmen, das früher oder später bedenkliche Früchte zeitigen müßte. Wir erachten es daher für höchst unangebracht, nur die Vermutung anzu deuten, daß Wilhelm II. ohne gewichtige Gründe den Statthalter der Reichslande seiner besten Stütze beraubte. Wenn die- selben auch noch nicht bekannt sind, darf man sicher sein, daß er nicht anders konnte, als so handeln, wie er gethan. Zu be klagen bleibt nur, daß die Regierung nicht genug Vertrauen zum Volke hat und diese Gründe vorenthält, sodaß allerlei müßiges Gerede entstehen konnte, was nicht zur Stärkung des monarchischen Gedankens dient". Rundschau. — Die Ministergewalt ist in Preußen seit einem Jahrhundert noch nie so niedrig im Kurse gewesen als heute. „Es kann z. B. als feststehend erachtet werden, daß die Nichtbestätigung Kaufmanns ein persönliches Werk des Kaisers ist, ebenso ist es Thatsache und auch aus sicherster Quelle bekannt, daß Herr von Köller xsi-sona §rati8sima beim Kaiser ist, während wohl Niemand annehmen wird, daß Graf Bülow den Ersatz von Putt- kamers durch von Köller betrieben hat. Ebenso dürften die früher schon erwähnten Mut maßungen über das Schicksal des Diäten antrages und die zwischen Kaiser und Kanzler obwaltende divergierende Anschauung über denselben zutreffend sein." — Schon heute läßt sich sagen, daß es auch dem Grafen Bülow nicht gelungen ist, sich als wirklich leitender Minister zu behaupten. Landestrauer in Preußen. Eine Extraausgabe des „Reichsanzeigers" ver öffentlicht eine allerhöchste KabinetSordre an das Staatsministerium, worin nach Bekannt gabe des Hinscheidens der Kaiserin Friedrich eine sechswöchige Landestrauer angeordnet wird. Oeffentliche Musikaufführungen, Lust barkeiten und Schauspielvorstellungen sind bis zum Ablauf des Tages der Beisetzung einzustellen. — Vom Fleischschaugesetze. Wie der „Deutsche Schlachtvieh-Verkehr" vernimmt, sollen die Ausführungsbestimmungen zum Fleischschaugesetz alles mit Borsäure, Schwef- llcher Säure, schweflig- und unterschweflig sauren Salzen, ebenso wie alles mit Farb stoffen behandelte Fleisch für zum Genuß untauglich erklären. Damit wäre die soviel umstrittene Verwendung von Meat-Preserve- Salz und das Färben von Wurst unbedingt verboten. — Berlin. Die „Berliner Politischen Nachrichten" bemerken zu dem Finalabschluß des Reichshaushalts, die Ueberweisungen an die Bundesstaaten werden um 6V2 Millionen Mark hinter dem Voranschlag zurückbleiben. (Das bedeutet einen nicht unbeträchtlichen unvorhergesehenen Ausfall in der sächsischen Staatskasse, der deren ohnehin mißliche Lage noch ungünstiger beeinflussen wird.) — Kiel. Das türkische Kriegsschiff „Jsmir" konnte trotz direkten Befehls des Sultans den Hafen noch immer nicht ver lassen, da die nicht bezahlten Lieferanten,