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die neueste Verlustliste lasse erkennen, daß ein weiteres Treffen stattgefunden hat, worüber bisher weder ein amtlicher, noch ein anderer Bericht eingegangen sei. Der Kampf fand am Doornfluß am 27. d. M. statt, wobei beiderseits ein Mann getötet, zwei verwundet und ein Leutnant mit 17 Mann gefangen genommen wurde. Die Gefangenen wurden später wieder freigelaffen. Es scheinen auch weitere Kämpfe bei Zuurvlakte, unweit James town, am 20., 25. und 28. ds. Mts. statt gefunden zu haben, wobei die Engländer be trächtliche Verluste erlitten. London, 31. Juli. Lord Kitchener tele graphiert aus Pretoria: General Walter Kitchener operiert nördlich von Middelburg gegen Ben Viljoen. Das 19. Husaren- Rcgiment nahm nach scharfem Ritt ein Pom pomgeschütz. Das 18. Husaren-Regiment kam gerade zur rechten Zeit heran, um bei der Wegnahme von 20 Wagen und bei der Ge fangennahme von 32 Buren zu helfen. 5 Buren wurden verwundet, ebenso 5 Mann von den 19. Husaren London, 31. Juli. Die Verlustliste der Engländer in Südafrika vom 30. d. M. verzeichnet 15 Mann tot, 15 verwundet, 2 vermißt, 2 fahnenflüchtig, 5 an Krankheiten verstorbene. 18 freigelassene Gefangene kehrten ins Lager zurück. Aus Stadt und Laud. Naunhof, 1. August. Naunhof. Bei der hiesigen städtischen Sparkaffe wurden im Monat Juli 664 Ein zahlungen im Betrage von 184 534 Mark 84 Pfg. geleistet, dagegen erfolgten 293 Rück zahlungen (an Einlagen und Zinsen) im Betrage von 93302 Mark 26 Pfg. Der KassewUmsotz betrug 799423 Mark 72 Pfg. Einlagen werden halbmonatlich ab 1. und 15. mit 31/2 Prozent verzinst Geschäftszeit: Montags und Donnerstags Vormittags. Außerdem können Einlagen auf neue Bücher an jedem Wochentage während der Erpeditions- zcit von 9 bis 12 Vormittags und 2 bis 5 Uhr Nachmittags bewirkt werden. Naunhof. Das Schützenfest mit seinen rauschenden Vergnügungen ist vorüber, aber — noch sind die Tage der Rosen. Das Gastspieltheater ist noch da. Im sommer lichen Aufenthalt des Gartens zum Stern fand das äußerst komische Lustspiel „Der Herr Senator" von Schönthan statt. Die Aus stattung der Bühne war freilich einfach, aber sachgemäß ausreichend. Wie immer so haben auch diesmal die Darsteller ihre Rollen erakt durchgeführt: der selbstgenugsame Senator und seine dessen würdige Ehehälfte, der geniale, Einfallreiche I)r. Gehring, der zaghafte Schwiegersohn Mittelbach, die zwar einge schüchterten, übernatürlich beanlagten Töchter, die treuherzige Gouvernante bis herunter auf das Dienstmädchen haben alle ihre Pflicht gethan. Im Publikum mar darüber nur eine Stimme. Da nun heute Donnerstag Abend die Bluthochzeit von Paris als Benefiz des Herrn Curt Richter zur Aufführung kommt, 0 wollen wir nicht verabsäumen, darauf auf merksam zu machen. Naunhof. Wie aus den Inseratenteile zu ersehen ist, findet morgen Freitag Abend in der idyllisch gelegenen Waldschänke (G. Kuley) ein großes Gartenkonzert der vollzähligen 42 Mann starken Kapelle des 179. Regiments aus Wurzen unter Leitung ihres bewährten Dirigenten des H. Stabs hoboisten Kapitain statt. Der Kapelle sowohl, als auch ihrem Dirigenten geht ein sehr guter Ruf voraus und kann man wohl erwarten, daß uns cin ganz besonderer Genuß bevorsteht und durch einen recht zahlreichen Besuch be lohnt wird Naunhof. Wir weisen wiederholt darauf hin, daß ein Bote unserer Buchhandlung mit dem Vertrieb des Adressbuches von Naunhof und Umgegend gegenwärtig be schäftigt ist. Das Büchlein wird von Jeder mann der es kennt, als ein praktischer Rat geber in allen Dingen gepriesen. Da die Auflage sich nach und nach verringert, ist es ratsam, ein solches Buch zu kaufen. Der Preis beträgt nur 50 Pfg. Naunhof. Der Verband der Leipziger Bäckergesellen hatte sich gestern unsern Ort zu einer Vergnügungsreise auserwählt. In 4 Kremiern und 3 Wagen kamen etwa 120 Personen und hielten im Gasthof zum goldenen Stern Einkehr. Naunhof. Die großen Festtage, worauf sich so Viele gefreut haben, sind vorbei; das Schützenfest, welches von Jahr zu Jahr immer mehr an Bedeutung gewinnt, liegt nunmehr hinter uns. Das prächtigste, weder durch allzugroße Hitze, noch durch strömenden Regen beeinflußte Wetter mag sehr viel dazu beigetragen haben, daß die Menschen am ersten Festtag, am Sonntag, zu Tausenden nach dem Festplatz wanderten. Ein stattlicher Festzug geleitete kurz nach Tisch, an der Spitze die Festreiter, dann die Bergmannsche Musikkapelle, hinter derselben der König im vollen Ornat, begleitet von Zeinen Ministern, der Hauptmann zu Pferde und die Kompagnie mit den Zielern durch die Straßen der Stadt und hinaus nach dem Festplatz, welcher wie alljährlich recht einladend wirkte. Die Gastgeber hatten reichlich für Hunger und Durst gesorgt, und so nahm es garnicht Wunder, daß sich bald die echte deutsche Schütz enfesilaune einstellte, welche sich denn auch alle drei Tage nicht verdrängen ließ. Während der Montag nicht gar zu viele Besucher aufweisen konnte, war es am Dienstag das Gegenteil; alle Zelte waren ausgestopft voll Menschen, und es ist recht erfreulich, daß unsere Gastwirte nach jeder Richtung hin Sorge getragen hatten, es mangelte, wie schon erwähnt an nichts, und daß die Arbeit keine kleine gewesen, ist daraus zu ersehen, daß ca. 55 bis 60 Hektoliter Bier verzapft, über 5 700 Paar Würstchen vertilgt wurden. Rechnet man nun die anderen Speisen und Getränke hinzu, so kann man mit Recht behaupten, daß ein jeder sein gutes Teil zum Gelingen des Festes bcigelragen hat. Recht lustig und fidel ging es an allen drei Festabenden in dem großen Schützenzelt zu, welches einen regelrechten Tanzboden aufzuweisen hatte. Die „feschen" Kellnerinnen hatten flott zu bedienen, kurzum es war ein Fest wie es schöner nicht sein kann. Geschaffen wurde während des Festes sehr flott. 2583 Schuß, an welchen sich außer der Naunhofer Gilde Herren aus Brandis, Wurzen, Grimma, Fuchshain, Leipzig, Döbeln usw. beteiligten. Den 1. Preis auf Feldscheibe errang sich Schurath- Brandis, den 2. Tritzschler-Naunhof. Auf Standscheibe Zäußler-Brandis und Reifegerste- Naunhof. Den Königsschuß hat Herr Uhr macher Tritzschler abgegeben, zu seinen Ministern zählen die Herren Weidenhammer, Baumeister Oehmichen und Ramm. Zur Proklamation, welche programmmäßig am Dienstag Abend 8 Uhr stattfand, gab der Vorstand, Herr Zimmermeister Kühne einen Rückblick über die Entstehung und Bedeutung der Gilden im Allgemeinen. Herr Maschinist Leine, welcher nach einjähriger Regierungszeit das Szepter mit einer kräftigen Ansprache an das neue Oberhaupt überreichte, fand all gemeinen Beifall, und so war es erklärlich, daß Majestät Tritzschler erklärte, ein Regent sein zu wollen, wie er in ganz Europa nicht zu finden sei. Der Rest der schönen Stunden des Festes gestaltete sich zu einem hoch fidelen. Ein Umzug der Schützen auf dem Festplatz, welcher einen humoristischen Charakter annahm, entwickelte sich später in ein überaus buntes launiges Lagerleben. Naunhof. Unehrlich Volk hat es auch auf dem Schützenfest gegeben. Ein junger kräftiger untersetzter Mensch erschwindelte sich durch Fälschung der Kontrollmarke ein Fahr rad aus der Fahrradhalle welche zum Auf bewahren fremder Fahrräder vorgesehen war. — Ferner ist es einem Gauner gelungen, die Frau eines Naunhofer Schützen um einen ansehnlichen Geldbetrag zu be'chwindeln, der selbe gab an, er komme im Auftrag ihres Mannes, welcher um ein Taschentuch, einige Zigarren und 20 Mk. bäte, da er nicht genügend mitgenommen habe. Beide Gauner konnten bisher nicht ermittelt werden. -j- Die Einlagen bei den meisten Spar- kaffen haben neuerdings eine nicht unwesent liche Steigerung erfahren, während Rück zahlungen weniger beansprucht werden. Noch bis vor Kurzem war bei vielen Sparkaffen Geldknappheit vorhanden, welche die Kassen- verwaltungen nötigte, Gelder zu höherem Zinsfüße zu beschaffen, um der übermäßigen Rückforderung eingelegter Beträge zu genügen. Hierdurch trat eine Schmälerung des Gewinnes ein. welche durch den Kursrückgang einzelner Wertpapiere, die das Sicherungsvermögen der Sparkaffe mit gebildet haben, noch erhöht wurde. Gegenwärtig liegen die Verhältnisse bei vielen Sparkaffen anders. Vermehrte Einlagen und verminderte Rückzahlungen haben eine Erhöhung der Baarbestände mit sich gebracht, die sich darin äußert, das ver schiedene Verwaltungen flüssige Gelder zur Ausleihung auf Hypotheken empfehlen. Da nun aber in diesem Jahre die Bauthätigkeit allerorts viel zu wünschen übrig läßt, kann die Unterbringung der Sparkaffengelder auf Grundstücke nur eine beschränkte sein, und man wird bei Fortbestand der jetzigen Wahr nehmung wiederum mehr zum Ankauf von Effekten verschreiten müssen. f Das Evangelisch-lutherische Landes- Konsistorium hat jetzt bezüglich der Be teiligung der Geistlichen bei Trauerfeiern für solche Perionen, die sich nach ihrem Tode verbrennen lassen wollen, entschieden, daß auch weiterhin den Geistlichen unserer Landes kirche jede amtliche Beteiligung bei der Feuer bestattung selbst, wie auch bei der Unter bringung des Aschenbehältnisses auf einem öffentlichen oder privaten Begräbnisplatze verboten bleibt. Dagegen sollen die Geist- lichen nicht behindert sein, vor der Ueber- führung einer zur Verbrennung bestimmten Leiche den Hinterbliebenen im Trauerhause oder in einer kirchlichen Parentationshalle die seelsorgerische Tröstung durch Gottes Wort, Gebet und Rede zu bieten, wenn dies in einer Weise geschieht, daß die Mitwirkung des Geistlichen bei der Trauerfeier nicht als Billigung der Verbrennungsweise gedeutet werden kann. -j- Im vergangenen Jahre sind in Sachsen acht neue Kirchen vollendet und geweiht worden, nämlich zu Neuendorf, Bräunsdorf, in der König!. Landesanstalt Sachsenburg, die Garnisonkirche zu Dresden, in Krumm hennersdorf, in Leipzig-Connewitz, L.-Seller- Hausen und Börnichen. Nach vollendetem Umbau oder Vollendung größerer Erneuerungs arbeiten wurden wieder geweiht die Kreuz kirche zu Dresden, die Kirche zu Hosterwitz, Leutzsch und Markranstädt, die Kirche der Landesanstalt Hochweitzschen, die Kirchen zu Seifertsdorf, Sitten, Grünhainichen, Kiebitz, Liebschütz, Schmannewitz, Schmorkau, Otten dorf, Beutha, Churdorf, Bielau, Hochkirch und Neugersdorf. -j- Ueber eine neue Sparsamkeitsregel der sächsischen Staatseisenbahnverwaltung wird folgendes berichtet: Bisher waren auf den sächsischen Bahnen die Zugführer bahn seits mit einer guten, richtiggehenden Uhr ausgestattet. Ab 1. August werden diese sogenannten Kursuhrcn eingezogen und haben die Zugführer von diesem Zeitpunkte ab, wie die anderen Bediensteten der StaatSeisen- bahnverwaltung, richtig gehende Eigentums uhren selbst zu beschaffen und im Dienste bei sich zu führen. Die Dienstuhren werden an kauflustige Eisenbahnbcdienstete, in erster Linie an Zugführer und Schaffner bestmöglichst veräußert. 1- Eine Versammlung der Bürgermeister und Gemeindevorsteher Sachsens findet am 24. August in Johanngeorgenstadt statt. Hierbei soll u. 0. auch die Frage wegen Be steuerung der in Sachsen aufhältlichen Aus länder erörtert werden. Auf eine diesbezüg liche Anfrage aus Johanngeorgenstadt hatte die vorgesetzte Behörde geantwortet, daß eine Besteuerung der Ausländer nur durch ein gemeinschaftliches Vorgehen vieler Gemeinden erreicht werden könne. Eine so ergiebige Preißelbeerernte, wie in diesem Jahre zu erwarten ist, dürfte seit langen Jahren nicht dagewesen sein. Die Pretßelbeersträucher hängen jetzt so voll von Beeren, daß es eine wahre Augenweide ist. Es ist nur zu wünschen, daß die Beeren völlig zur Reife gelangen können. -j- Der Nachtschatten ist für die leckeren Kinder die gefährlichste Giftpflanze. Jetzt ist Ais Jagd nach dem Hlück. Humoristischer Roman von Ferd. Tamborini. 40 Und als nach zwei schlimmen Wochen endlich ganz lang sam ein Zustand der Besserung eintrat, da erfuhr Hermine, die fast ausschließlich nm den Kranken war, einen neuen Schmerz. ES schien, als sei die rechte Seite des Patienten gelahmt, ob daS Gehirn regelrecht funktionierte, ließ sich noch nicht einmal fest stellen. Wennder alte Mann mit der schweren, lallenden Zunge einige Worte formnlierte und das Mädchen sich in tödlicher Angst über ihn beugte, um den Sinn zn erhaschen, das war eine tiefe See- lenmarter für sie und die Thränen flossen reichlich. Jedoch allmählich besserte sich das Sprechen, aber nun zeigte eS sich, daß sein Gedächtnis etwas gelitten hatte, früherer Vor gänge vermochte er sich nur teils schwer, teils gar nicht zu er innern. Die eigentliche Veranlassung zu der Krankheit schien er gar nicht zu kennen, und Hermine mühte sich, jede Hiudentung darauf zu vermeiden. So hatte der alte Mann recht friedliche und ruhige Tage während der RekonvaleScenz. Eine dunkle Vorstellung ließ ihn einige Male anf Lydia zu rückkommen, aber er erhielt nur wohl präparierte, beruhigende Antworten. Er lächelte dann und war zufrieden. Einmal jedoch hatte sie nicht den gleichen Erfolg. Lange sah er Hermine forschend an und rieb sich mit der linken Hand die Stirn. „Ich weiß doch, Minchen, oder irre ich mich," er brach ab und erst nach einigen Sekunden setzte er hinzu: „Ich glaube, bei mir thut hier oben die Maschinerie nicht mehr ganz ihre Pflicht." „Bist noch schwach, Vater! Das kommt alles wieder." „Noch schwach," wiederholte er. „Ja,ich bin noch sehrschwach." „Das bessert sich alles, Hartgiß meint dar auch." Der Alte horchte auf. „So, Hartgiß meint es auch? So hat der schon gemerkt, daß eS bei mir nicht richtig." „Aber Vater, versteh mich doch recht. Du bist im Stadium der Genesung, alle Kräfte müssen erst nach und nach zu ihrer normalen Leistungsfähigkeit erstarken. Nur Geduld!" „So so!" murmelte er. „Wird wohl so sein." Er glaubte e» Wenn aber Hermiue draußen war, brach sie in Thränen aus. Was war an» ihm geworden? Wird er je wieder ganz herge stelltwerden? Hartgiß hatte ihr stet- Mut eingesprochen. „Du machst Deine Sache bei der Pflege sehr gut, fahre so fort. Bor jeder Auf- regung muß er geschützt werden, auch ist eS nötig, eintretenden falls ihm über den schlimmen Punkt hinwegzuhelfen. Du ver- stehst mich Im übrigen heißt es, abwarten " Es wurde zwar vor der Hand nicht andere, aber Dr. Bvd- stein fing an, sich an seinen Zustand zu gewöhnen. Die körper liche Unzulänglichkeit hatte er von Anfang an wie ein Held ge tragen; was die Rechte gewöhnt war anzngreifen, da» mnßte jetzt die Linke thun, und zwar erlangte diese «ine ziemliche Ge schicklichkeit in ganz kurzer Zeit. In guten Augenblicken machte er scherzhafte Bemerkungen überdaS Vermögender Anpassung, und er freute sich auf den Tag, wo er das Bett würde verlassen können. Im großen und ganzen war seine Stimmung gut, besonders erfrente ihn, daß er nur mit Hermine zu thnn hatte und sich von ihrer feinfühligen Sorgfalt überall umhegt und getragen fühlte. Wenn das Mädchen in seine Nähe kam, griff er nach ihrer Hand oder zog wohl ihren Kopf zu sich nieder und hielt sie einen Moment still umschlungen, dann lag ein Ausdruck tie- fen Friedens auf seinem blassen Gesicht, sie sah da» und ließ ihn ruhig machen. Eines Tage» erschreckte er sie durch die Frage: „Warum kommt Lydia nicht?" Sofort schrieb Hermine einige Zeilen, die Karl zum Brief- lasten trug. „Sie ist wohl sehr beschäftigt," entschuldigte sie, „Du darfst ihr nicht böse sein." „Ist sie denn engagiert?" Hier war also wieder eine Lücke in seinen» Gedächtni»; aber er hatte das gelinde Aufzncken in Hermine» Gesicht gesehen. „Ich entsinne mich," fuhr er fort, „Du brauchst mir nichts zu sagen, ich weiß schon, weiß schon!" Aber sie wnßtegenau, daß e» ihn» völlig entfallen war, und daß der arme alte Mann in diesen» Augenblicke eine Beschämung darüber empfand. Au» Nachmittag kam Lydia. Sie hatte sich äußerst einfach an- gekleidet. „Keine Aufregung, hörst Du!" sagte Hermine kurz, bevor sie dieselbe zum Vater htnetnließ . „Wo denkst Du hin!" kam es trotzig zurück. Als sie dann am Bette des Kranken saß nnd, in daS bleich« stille Gesicht blickend, seine Linke umschlossen hielt, überkam sie ein tiefer, reuiger Seelenschmerz. War nicht ihre unbegrenzte Genußsucht die Ursache? Neiu, «»ein! Hierher war sie doch nicht gekommen, um Trübsal zu blasen, cmfheitern wollte sie den alten Mann. So plauderte sie zunächst über dies und da», vorsichtig ihn beobachtend. Und als sie nnr Frenndlichkeit und Güte in seinem Gesicht la», atmete sie befreit auf. Nun ließ sie unverzagt die weichste»» und zärtlichsten Töne spielen, streichelte seine Hand und tröstete, so »vnr sie ganz die gute, liebe Tochter. Plötzlich stand Hermine im Zimmer. Sie »nachte der Schwe ster ein Zeichen, daß e» genug sei. Lydia stand anf. „Komm bald wieder, Kind," sagte der Vater; aber er war matt und legte sich auf die Seite, um zu schlafen. Hermine ging mit der Schwester zugleich hinaus. „Du hast zu viel gesprochen," sagte die erstere, „sahst Du dem» nicht seine Abspannung?" „Ich habe nicht Deine»» geschulte»» Blick," lautete die Ant wort. Hermine zuckte die Achsel»», ohne die Anzüglichkeit zu be- achten. „UebrigenS," fuhr Lydia fort, „ist er so gut mein Vater wie der Deine; ich sehe nicht ein, weshalb ich ihn nicht besuchen soll, wie e» mir paßt. Ich habe doch nicht nötig, mir von Dir Be suchsstunden vorschreibe»» zu lassen." Hermine trat dicht vor sie hin und sah ihr streng in die Ange» „Du, Du unterstehst Dich, noch so zu reden! Wer hat das Nanz« verschuldet? Ich schrieb Dir den Brief, »veil er sich plötzlich uv» Dich beunruhigte, sonst hätte ich e» sicherlich nicht gethan." „Vielen Dank! Jetzt weiß ich ja, wie ich dran bin. Ist Mama zu Hause?" „Nein." ! „Der Junge auch nicht?" „Nein." „Dann gehe ich, Fräulein Sittsam! Man regtstch über mich auf, weil ich meinen eigenen Weg gehe; aber daß »»»au selbst seinen eigenen Weg geht, da» zählt nicht." >